Between war 2015 ganz vorn dabei in der Regie der von Netflix koproduzierten Serien. Die Prämisse klang spannend. In einer Stadt sterben alle Menschen, die älter sind als 21. Ich als grundsätzlich geschichtenverliebte Neugierige will jetzt natürlich wissen, warum? Wie lösen die Geschichtenerzähler das? Mir kam die Idee spannend vor, aber dann kamen die ersten Reviews und die sahen nicht gut aus. Es dauerte bis Ende 2016 und dann siegte die Neugier doch (und mein Freund und ich waren absolut unentschlossen, was wir als nächstes schauen sollten). Und was soll ich sagen, liebe Leser, ihr kennt mich inzwischen gut. Wenn ich eine Serie nicht besonders gut, sondern relativ nichtssagend empfand, dann habe ich meistens keine Lust darüber zu schreiben. Das heißt … sie ist auch nicht ’schlecht‘. Aber lest selbst. Hier bin ich nun und habe den Spaß monatelang vor mir hergeschoben. Reviews sind spoilerfrei. Aber die Besprechung zu Staffel zwei enthält leichte Spoiler, also im Zweifelsfall lieber auslassen.
„Between“ Season 1
In der Stadt Pretty Lake fallen eines Tages die Menschen einfach tot um. Vorher scheinen sie eine Art Infarkt, Anfall oder plötzliche Atemnot zu haben. Dann wars das. Aus ihren Mündern läuft Blut. Verdächtig ist die Frequenz, die Bewohner sind geschockt. Innerhalb kurzer Zeit hat es schon viele geliebte Menschen dahingerafft. Auffällig ist, dass es scheinbar nur Erwachsene trifft. Kinder und Teenager sind davon nicht betroffen. Außer was den Schock, die Verzweiflung und Trauer um ihre Eltern, Freunde und Verwandte betrifft. Mittendrin ist Wiley (Jennette McCurdy), die schwanger ist und eigentlich so einige Vorkehrungen getroffen hatte was ihren Nachwuchs betrifft. Wer der Vater ist, weiß niemand. Ihr zur Seite steht ihr bester Kumpel Adam (Jesse Carere). Beide beobachten den Wahnsinn um sie herum. Und dann scheint die Gewissheit da zu sein: es trifft absolut und ausschließlich Menschen ab dem 22. Lebensjahr. Und die Seuche oder wie auch immer man das nennen will betrifft nur das einstmalig idyllische Pretty Lake – die Stadt wird vom Militär abgeriegelt und die Kinder und jungen Erwachsenen sind auf sich gestellt.
Die Prämisse ist nicht schlecht und verspricht Spannung und Dramatik, alles andere als Stillstand und Langeweile. Da fallen Leute um, die gerade 22 Jahre alt geworden sind und man ist als Zuschauer konstant auf der Suche nach einer sinnigen Erklärung was dort vor sich geht. Man will detektivisch soviel Details wie möglich erfahren. Auf der anderen Seite steht die hermetische Abriegelung des Ortes (und die ist sehr konsequent). Daraus ergeben sich alle möglichen Spannungen. Woher soll Nahrung kommen? Wird der Ort von den Kommunikationskanälen abgeschottet? Es sind alles Kinder – was, wenn sie mal einen Arzt brauchen? Man muss Under the Dome und ähnliche Szenarien nicht kennen, um zu wissen, dass die Abschottung von der Außenwelt Konflikte zwischen den Bewohnern hochschaukeln lässt. Man sieht gar (bedingt durch die Rotzlöffel) Anarchie vor sich. Und das bekommt man, aber in soap-opera-ähnlichen Dosen und den einfachsten Mitteln die man als Erzähler aus dem Ärmel ziehen kann. Die Suche nach Hinweisen was es mit der Epidemie auf sich hat, ist zäh und kaum spürbar. Der Fokus liegt auf den zwischenmenschlichen Dramen. Und die sind nicht besonders authentisch, wirken herbeigeführt. So wie beispielsweise Wileys Schwangerschaft, die immer wieder als Aufhänger dient, aber letztendlich sehr lau und dröge aufgelöst wird. Und so ist es mit zahlreichen Nebenhandlungen. Das gesellschaftliche Experiment von Kindern, die man sich selber überlässt, kann nur missglücken und das ist offensichtlich. Die Geschichten derer, die sich für den neuen Bürgermeister halten oder denen, die ihre Gewaltbereitschaft jetzt nach Strich und Faden ausleben können, ist nicht neu und verläuft höchst vorhersehbar. Die Logik hat keiner von denen mit einem Löffel gefressen. Das ziellose Umherirren der einzelnen Charaktere langweilt auf die Dauer und wirkt belanglos. Es führt zu keinem Ziel und erzeugt nur ein seichtes Drama nach dem anderen. Es wirkt nicht wie echte Emotionen über die verzweifelte Lage, sondern wie ein Abziehbild der Realität wie man sie sich in dieser Situation vorstellt. Und darauf wurde die ganze Serie reduziert. Die Suche nach den Schuldigen, nach Hinweisen was es mit der Epidemie auf sich hat, bekommt man gegen Ende der Staffel. Aber das Wieso und Warum nicht. Wer das sucht, muss wohl die zweite Staffel schauen. Wie ein Esel, dem eine Karotte vor die Nase gehalten wird.
Das heißt nicht, dass Between grundsätzlich schlecht ist. Die Serie bietet eine ganze Latte an verstörenden Bildern, die man in der Form garantiert nirgends gesehen hat und die erschüttern. In den ersten Folgen, bevor die Soap-Opera Fahrt aufnimmt, ist die Serie sehr innovativ und schockierend. Da fallen die Leute reihenweise um und lassen ihre Lieben, genauso wie die Zuschauer fassungslos zurück. Es stapeln sich die Menschen und es gibt humanitär und moralisch fragwürdige und diskutable Szenen wie die, in der die Obrigkeiten die Leute aus Pretty Lake dazu aufrufen, dass sie alle Leichen verbrennen sollen. Da sieht man Bilder, die einem an die Substanz gehen und ganz still werden lassen. Gerade wegen dieser fassungslos machenden Prämisse ist es schwer die Belanglosigkeit des Treibens in Pretty Lake danach anzuschauen. Was man gesehen hat, macht einen doch wütend, hat einen berührt und fassungslos gemacht. Aber Between spielt lieber mit Plattitüden um die Familie, die gern Drogen vertickt und die, mit denen sie sich anlegen. Ich bin nicht gern ein Esel, der der Karotte nachläuft.
(6/10)
„Between | official trailer (2015) Netflix“, via moviemaniacsDE (Youtube-Channel)
„Between“ Season 2
Nach dem Finale der ersten Staffel wurden dem Zuschauer einige recht einfache Lösungshinweise vor die Füße geworfen. Wie es der Zufall (eines nicht besonders gut geschriebenen Skripts eben so will), ist Adams Vater an der Entwicklung des Stoffes beteiligt gewesen, der das Sterben in Pretty Lake ausgelöst hat. Adams DNA ist Teil des Stoffes, weswegen er immun ist (bitte an der Stelle einfach die Logik ausschalten und das so hinnehmen, weil mehr bleibt einem ja eh nicht übrig). Aber er hat einen Weg nach draußen gefunden und will mit Wiley einen Fluchtversuch unternehmen. Dabei haben sie ständig die Angst im Nacken, dass sie möglicherweise jemanden anstecken und damit zum Tode verurteilen. Inzwischen geht jeder mit der Situation in Pretty Lake anders um. Die Kinder haben Allianzen gebildet und leben in einem eigenen Arreal in so einer Art Herr-der-Fliegen-Mentalität und gehen Handel mit den patrouillierenden Militärs ein, während der Rest von Pretty Lake hungert und sich die Situation langsam zuspitzt. Als auch noch eine Kommune am Rande von Pretty Lake entdeckt wird, die ebenfalls Essen hortet ohne den Notleidenden etwas abzugeben, sind neue Spannungen vorprogrammiert. Und die Suche nach dem Warum ist ebenso lieblos wie in der ersten Staffel. Stundenlang beschäftigt sich die Serie mit dem Thema wer wen umgebracht oder hintergangen hat. Neue Allianzen werden geschmiedet, es gibt einen Verrat, die neue Allianz wird als Fehler angesehen und so plätschert die Serie vor sich hin. Interessante Prämisse – aber die Umsetzung stammt vom Drehbuch-Reißbrett. Das Tüpfelchen auf dem i ist noch als einer der Hauptcharaktere beginnt einen Verwandten zu sehen, der bereits verstorben ist und mit ihm redet.
Auch hier gilt aber wieder: es ist nicht alles schlecht. Die Serie treibt das Spiel der Anarchie unter der Kuppel, äh in dem abgeriegelten Pretty Lake ziemlich konsequent. Gerade was sich die Kinder für ein Geschäft aufbauen ist frappierend und wie hilflos die Älteren versuchen Verantwortung zu übernehmen. Aus einem psychologischen und gesellschaftlichen Aspekt ganz interessant, wenn man mal das „Wer mit wem“ weglässt. Dazu kommt die Kompromisslosigkeit der Serie was ihre Charaktere betrifft: die werden nicht geschont. Und lieb gewonnene Charaktere können innerhalb von Sekunden verschwunden sein. Was die Serie gut beherrscht ist zu schockieren. Da offensichtlich feststand, dass die Serie nicht verlängert wird, gibt es ein mehr oder weniger rundes Ende. Die Erklärung was zu der Seuche in Pretty Lake führte ist aber mehr als banal und dürftig. Wenn man sich hinsetzt und mal scharf nachdenkt, was da wohl in Pretty Lake vor sich geht, kommt man auf eine sehr einfach gestrickte Lösung ohne die Serie zu schauen.
(6/10)
„Between Season 2 Official Trailer – JustJennette.com“ – via Just Jennette (Youtube-Channel)
Ich bin mir nicht sicher, wem ich ‚Between‘ empfehlen sollte. Eigentlich niemandem. Es sei denn man findet die sozialen Geflechte in einer abgeriegelten Zwangs-Gemeinschaft wahnsinnig spannend. Wenn es um die Frage geht, was Pretty Lake passiert ist und warum oder sogar noch eine wissenschaftliche oder sinnige Erklärung sucht, der lasse die Finger von der Serie. Was nicht zu verachten ist: die Wirkung der sehr grenzwertigen Bilder und der Prämisse. Einige der Punkte die da oben stehen beruhen darauf, dass mich die Serie ziemlich gut mit seiner Kompromisslosigkeit geschockt hat an der einen oder anderen Stelle. Wie siehts bei euch aus: habt ihr die Serie schon gesehen oder mit dem Gedanken gespielt sie zu schauen?
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