Netzgeflüster: Serien, die IT können … „Halt and Catch Fire“

Man kennt das ja. Man schaut eine Serie und früher oder später öffnet der Cousin vom Bekannten des besten Kumpels des Hauptcharakters sein Laptop, hackt sich schnell in irgendein System und rettet den Tag. Einfach so. Es ist manchmal etwas lächerlich wie Informatik im Film dargestellt wird. V.A. ist es zu einfach. Ein Hack erfordert idR viel Vorbereitung, viel Know-How und v.a. viel Diskretion, Recherche oder Social Engineering. Manchmal natürlich auch Brute-Force-Methoden, aber selbst die sehen anders aus als das was man im Fernsehen sieht. Sogar die User Interfaces, also verwendeten Programme, sind manchmal heftiger Bullshit. Eine Konsole, ein blinkender Cursor, weiße Schrift auf schwarzem Untergrund, das erwarte ich eher als irgendwelche fancy Designs und Visualisierungen. Und das sind nur wenige Beispiele für Schwachsinnigkeiten über IT und wie sie in den Medien dargestellt wird. Aber ab und zu gibt es sie, die Silberschweife am Horizont, die es schaffen Informatik nicht zu einem TV-Trope zu machen. Und da ich Serien und IT liebe, warum nicht vereinen? Ab jetzt möchte ich in dieser Rubrik des Blogs ab und zu Serien vorstellen, die „IT können“. Und Filme. Der erste in der Kateorie darf die amerikanische Drama-Serie ‚Halt and Catch Fire‘ sein. Das ganze ist natürlich spoilerfrei und ich beschränke mich nur auf die erste Staffel der Serie.

„Halt and Catch Fire Season 1 Intro/Opening“, via VNStudios (Youtube)

„Halt and Catch Fire“

In den 80er Jahren will Joe McMillan (Lee Pace) auch sein Stück vom Kuchen abhaben. In dem Fall ist der PC-Boom der Kuchen. McMillan hat bei IBM gearbeitet, die den PC-Markt zu der Zeit dominierten und revolutionierten. Aber er kehrte den Männern in den Anzügen den Rücken zu und will seine Vision vom portablen PC verwirklichen. Dazu geht er zu der Firma Cardiff Electric und bringt einige Köpfe zusammen, die nicht minder schwierige Charaktere sind als er. Zum Beispiel die subversive und punkige Studentin Cameron Howe (Mackenzie Davis) für die Programmierung und den Ingenieur Gordon Clark (Scoot McNairy), der die Hardware entwerfen soll. Dass McMillan seine Vision gern auf Kosten anderer umsetzt und sein Selbstbild an Erfolg misst, macht ihn aber zu einer regelrecht unberechenbaren Person. Währenddessen verabscheut Cameron den Gedanken für Anzugträger zu arbeiten, verfällt aber irgendwie doch McMillans Charme und dem Gedanken etwas zu machen, was noch keiner probiert hat. Dass sie dabei einen Tanz an der Grenze zur Legalität aufführen, dürfte ein weiterer attraktiver Faktor für Cameron sein. Gordon hingegen hat schon einmal den Traum aufgeben müssen ein Produkt zu realisieren und auf den Markt bringen zu können. Die Hoffnung ist groß, dass es dieses Mal was wird. Seine Frau Donna (Kerry Bishé) hingegen sitzt in der Rolle einer Ingenieurin fest, die als Bürokraft arbeitet und zuhause für Heim und Herd zuständig ist, obwohl ihr Können sogar in McMillans Vision fließt. Ein Technik-Drama.

„Halt & Catch Fire Season 1 Trailer“, via Entertainment One UK (Youtube)

Warum kann die Serie IT?

Mit dem Computerwettrüsten der 80er Jahre hat sich Halt and Catch Fire eines Themas angenommen, dass trocken für Nicht-IT-Fans klingt, aber das erste Mal so mitreißend und vielschichtig erzählt wurde. Der Spagat zwischen Charaktedrama, Technologie-Krimi und „Lasst-es-uns-erfinden-bevor-ein-anderer-es-erfindet“-Gefühl gelingt perfekt. Serienfans, sollten sich bewusst sein, dass der Stoff in die Richtung Technik und Drama geht, auf vielen Tatsachen beruht und eine ruhige Gangart fährt, deren Spannungspotential in dem Wettrüsten und Charakterdrama liegt. Wer also einen Thriller oder Action erwartet, ist fehl am Platz. Für Tech-Fans wird die Serie spätestens dann richtig interessant, wenn illegales Reverse-Engineering auf Hardware-Ebene gemacht wird, dass so aufwendig ist, dass ich das kaum in Erwägung ziehen wurde.

Dabei ist schon alleine der Name der Serie eine Verbeugung vor Techies. Halt and Catch Fire bezeichnet Assembler-Befehle, die die CPU so stark auslasten, dass nur ein reboot die Maschine wieder in einen arbeitsfähigen Zustand versetzen kann. Übrigens greift die Serie den damaligen Konzepten voraus. Sowohl die Idee der intelligenten Maschine, des personalisierten Computers, der mit seinem Anwender interagiert kommt zum Tragen, genauso wie die Herausforderung die Hardware in einem portablen Format zu designen, wobei interessante und witzige Ideen aufkommen. Dazu kommen die fast unergründbaren und daher nicht immer sympathischen Hauptcharaktere. Der Eine ein Visionär und Anzugträger, der erschreckend weit geht für seine Idee und unter dessen Haube ein Vulkan schlummert, der am Brodeln ist – McMillan. Dann Cameron, die sich in ihrer Anti-Attitüde extrem selber im Weg steht (Ich erinnere an die Sache mit der Diskette). Und Gordon, der selber bemerkt wie sehr er seine Familie vernachlässigt und aus seinen Gedanken und seiner Welt ausschließt. Extem gut ist außerdem, dass gleichwertig viele sehenswerte und anspruchsvolle Geschichten über Frauen in der IT erzählt wurden wie Geschichten über Männer. Letzten Endes sind es sogar die Frauen, die aus ihren Mustern ausbrechen und die wahrscheinlich größte Entwicklung durchmachen. Und für die Retro-Computer-Fans unter euch gibt es außerdem viel zu Bestaunen und einen kleinen Aufschrei als um Ende der ersten Staffel ein Mitspieler auftaucht, mit dem Kenner rechnen könnten. Apple.

Was haltet ihr von dem Thema? Kennt ihr besonders haarsträubende Beispiele für IT und wie sie in Serien dargestellt wird. Übrigens … jetzt wo ich das so scheibe … IT ist weiblich! DIE IT! Yessss. Davon mal abgesehen möchte ich euch eine Webseite empfehlen, die verdeutlicht wie stark IT in Serien verballhornt wird und wie leicht es sich Filmschaffende mitunter machen uns irgendwelchen Code ohne sinnvollen Bezug auf die Screens zu legen: der tumblr Microblog Moviecode erklärts an zahlreichen jüngeren und älteren Film-Beispielen.

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen rund um IT, Forschung, Netzwelt, Internet und eben auch Gerüchten widme. 🙂

7 Antworten

  1. Das könnte eine Serie für mich sein, kommt auf die Liste. Danke für den Tipp 🙂
    Spannende neue Reihe die Du machtst, gefällt mir. Tipps marinieren noch. Liebe Grüße…

  2. Das klingt großartig und ich habe die Serie ohnehin schon länger auf meiner Liste. Stelle sie mir immer etwas wie „Mad Men“ in der IT-Branche vor… 😉

  3. Ich weiß nicht, ob die Serie was für mich ist, aber die Tumblrseite Moviecode ist ja wahnsinnig interessant.

  4. Die Serie steht schon seit Ewigkeiten in meiner Amazon-Prime-Watchlist! Aber wenn es wie „Mad Men“ in der IT-Branche ist, wie bullion oben sagt…Ich wollte „Mad Men“ wirklich mögen, aber es hat mich einfach nicht mitgerissen.

  5. […] Originalität der Serie hält sich nicht so hart an die Fakten wie bei anderen Serien (bspw. Halt and Catch Fire oder Mr Robot), aber in punkto Originalität macht ihnen keiner so schnell was vor und sie ersparen […]

  6. […] der wirkliche Trekkie von uns Beiden). In Netzgeflüster gibt es auch eine neue Reihe – Serien, die IT können. Bis jetzt durfte Halt and Catch Fire ran. Tolle Serie! Außerdem habe ich mal angefangen meine […]

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