An Terrence Malick scheiden sich die Geister. Und vor Allem deren Meinungen. Der Kino-Philosoph nimmt sich gerne der gewichtigen Themen an, hüllt diese in ein Filmerlebnis mit bombastischen und ätherischen Bildern, macht aber die Handlung zu einem Wirrwarr aus Emotionen und Momentaufnahmen, dass man bewusst fühlen muss. Das ist für die meisten zu verkopft oder zu wenig verkopft, für andere verschwurbelter Mist, wenn dann bei Themen wie dem Leben und Sterben plötzlich Dinos auftauchen. So gesehen in ‚The Tree of Life‘ Ich scheine zu beiden Fraktionen zu gehören, denn ich bin bei Terrence Malick hin- und hergerissen. Als eine liebe Freundin ‚Song to Song‘ sehen wollte, konnte ich erstens nicht nein sagen und zweitens war meine Neugier zu große. Vielleicht würde der Film ja mal dafür sorgen, dass ich mich dafür entscheide, ob ich seine Filme gut oder schlecht finde. Review ist spoilerfrei.
Leben von ‚Song zu Song‘. Das ist es, was Faye (Rooney Mara) tut. Sie hängt sich an den Musikproduzenten Cook (Michael Fassbender), um mit seiner Hilfe vielleicht was aus sich zu machen. Und weil sie nicht weiß, wo sie sonst hin soll. Hat keinen Platz im Leben. Dann begegnet sie BV (Ryan Gosling), einem aufstrebenden Musiker. Es ist irgendwie Liebe auf den ersten Blick, zwischen den Beiden ist was. Und wie das eben so ist im Leben: eine Weggabelung tut sich auf, welche Route soll man einschlagen? Die echte wahre Liebe, die BV verspricht, vielleicht aber auch nicht? Ist das ‚echt‘, was zwischen den Beiden ist? Oder vertut sie eine Chance, ist Cook am Ende ehrlicher und direkter, der Blick und die Wegsuche nicht durch eine rosarote Brille getrübt? Der Film fängt die Reise der drei Hauptcharaktere ein und die Beziehungen, die sie eingingen bevor und nachdem sie sich gegenseitig kennengelernt haben. In weiteren Nebenrollen sind u.a. Natalie Portman, Cate Blanchett und Bérénice Marlohe zu sehen. Und wenn man sie alle in Summe betrachtet, decken sie verschiedenste Formen von Beziehungen ab. Heterosexuelle wie homosexuelle, oder auch verzweifelte Beziehungen, erfüllende, wenig erfüllende, Zweckbeziehungen, obsessive Beziehungen, schädliche und glückliche – alles da. Das passiert in kurzen Momentaufnahmen, die dafür aber in großer Fülle das Miteinander der jeweiligen Paare kennzeichnen. So tänzeln Faye und BV umeinander als ob ihr Leben irgendwie etwas leichter wäre, solange sie zusammen sind, während die Gestik zwischen Cook und der von Natalie Portman gespielten Rhonda von Abhängigkeit und Unterdrückung erzählt.
Emmanuel Lubezki ist wieder mit von der Partie und packt all diese Emotionen in Bilder fundamentaler Schönheit, wenn sie schön sein sollen. Und in Bilder fundamentaler Dreckigkeit, wenn sie dreckig sein sollen wie beispielsweise im Festival-Trubel. Seine Weitwinkel-Bilder tragen uns über Fayes Gefühlswelt hinaus nicht selten in den Himmel oder das Meer oder lassen unseren Blick über die Weite Mexikos schweifen. Voyeuristisch wird das (mit Sicherheit zu großen Teilen improvisierte) Miteinander der Darsteller aufgenommen und uns in viele kleine Häppchen komprimiert verpackt. Durch den Fokus auf diese Erzählweise und die inneren Monologe der Figuren, die aus dem Off erzählt werden, wird klar, dass wir hier keinen Detektivkrimi mit Handlungsbogen zu erwarten haben, sondern Kino zum Empfinden. Und das kann je nach Erwartungen des Zuschauers auch den Geschmack nicht treffen. Auch die schönen Bilder sind irgendwann schwer zu akzeptieren, wenn gefühlt alle reich und berühmt sind. Oder wenn Faye eigentlich nur Gelegenheitsjobs hat aber sich ihr Leben irgendwie von selbst finanziert (oder von Cook) und sie in schönen Häusern gastiert. Oder Musikerin werden will, obwohl man sie nicht einmal aktiv Musik machen sieht, sie nur zwischendurch mal mit der Gitarre rumstehen sieht. Dann mischen sich plötzlich die Momente des Fühlens mit den Momenten des Unverständnis‘ und was man eben noch für Kino der echten Empfindung hielt, wird zu Kino, dass sich immer weniger real anfühlt. Aber gute Nachricht: das schlussendliche Ergebnis ist sehr echt. Schlechte Nachricht: das hätten Faye die meisten Menschen vorher sagen können.
Trotzdem kann und sollte man sie (und den Film) nicht verurteilen, denn wir waren alle mal jünger und weniger weise als wir es jetzt sind und hatten da unterschiedliche Vorstellungen vom Leben. Insbesondere wenn uns das Leben verschiedene Weggabelungen präsentiert. Aber ja, die Handlung ist etwas mauer als die Handwerkskunst des Films. Dafür hat der Film aber ein schönes Gimmick. Malick nahm es sehr ernst den Film in der Musikszene spielen zu lassen. Die Kamera gastiert auf einigen Festivals und man erlebt eine Menge Musiker mal so nebenbei. Lykke Li, Red Hot Chili Peppers die sich wunderbar rumbalgen, Iggy Pop und Patti Smith, um nur ein paar zu nennen. Der Soundtrack des Films ist bunt gemischt. Klassik, Rap, Electro, Rock – alles da.
Song to Song, USA, 2017, Terrence Malick, 129 min, (6/10)
„SONG TO SONG Exklusiv Clip & Trailer German Deutsch (2017)“, via KinoCheck (Youtube)
So und gefallen mir jetzt Terrence-Malick-Filme? Zumindest kann ich sagen, dass ich verstanden und gefressen habe, was mir bei ‚The Tree of Life‘ noch Probleme gemacht hat. Nämlich zu verstehen, dass es Kino zum reinen Empfinden ist. In ‚Song to Song‘ empfand ich die inneren Monologe und dieses konzentrieren auf Empfindung und das Innere der Charaktere auch sehr gut. Was mir aber Probleme macht ist die Darstellung der Charaktere und ihres Umfeldes, das ein wenig zu luxuriös wirkt. Dadurch wirkt der Film als würde er in einer Traum-Blase spielen. Es würde mich daher nicht wundern, wenn viele den Film als pathetisch betrachten. Wie habt ihr den Film empfunden? Wie steht ihr zu Terrence Malicks Filmen?
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