WordBUZZz hat neulich über starke Frauen in Serien geschrieben. Und da ich bei der scheinbar inoffiziellen Blogparade über starke Frauen in der Literatur schon dabei, dachte ich, dass ich wordBUZZz still folge und auch weitermache … ich glaube, dass es eigentlich nicht als Blogparade gedacht ist. (Oder?) Denn ich habe den Eindruck, dass Serien sich vieles trauen dürfen, was Filme nicht können. Weswegen hier Frauen auch öfter die Hauptrolle spielen dürfen. Wir erinnern uns … es passiert nicht selten, dass Frauen-Hauptrollen in Drehbüchern umgeschrieben werden zu Männern, weil das Publikum das angeblich lieber sehen will. Analog zur Blogparade Starke Frauen in der Literatur gibt es heute also die stärksten in der Serien- und Fernsehwelt. Ach so … Best Heroines gab es übrigens auch schon mal vor einer Weile im Blog. 🙂
Die Reihenfolge ist übrigens nicht wertend …
Jessica Jones (Marvels „Jessica Jones“)
Jessica Jones hätte ich eventuell wegen ihrer Bärenkräfte in diese Liste aufnehmen können. Tatsächlich fällt mir bei ihrer aber v.A. eher ihre Bad-Ass-I-Don’t-Give-A-Fuck-Attitüde ein und wie sehr sie sich aber einsetzt, sobald ein Fall ihre Aufmerksamkeit erregt. Denn ob sie es zugeben will oder nicht, sie nimmt die Fälle an, die nach ihr rufen und die nicht jeder andere P.I. annehmen kann. Sie ist ein typischer Fall von harte Schale, weicher Kern und bereut ihre Taten der Vergangenheit, obwohl sie dafür nicht mal was kann. Deswegen verweigert sie das H-Wort auch so vehement (ihr wisst schon, dass das mit „H“ anfängt und „eldin“ endet). Sie gibt einen scheiß auf das nette Mädchen-Dasein und hat trotzdem ein hohes Moralgefühl. Für mich ist sie wirklich eine Heldin, auch wenn ihr das gar nicht gefallen würde.
„Jessica Jones Clip – Jewel’s a strippers name (Spoilers)“, via Maria McArthur (Youtube)
Elisabeth/Nadezhda („The Americans“)
Es gibt bei fast jeder anspruchsvollen Figur etwas, dass man gut und etwas das man nicht so knorke findet. In Elisabeths Fall frage ich mich immer, wann der Moment kommt, an dem sie ihre ihr eingeimpfte Ideologie überwindet. Aber der Grund warum sie in dieser Liste ist, ist v.A. der dass sie wie eine Löwin für ihre Sache kämpft. Auch wenn mir „ihre Sache“ manchmal nicht so schmeckt. Und v.A. steht sie wie eine Löwin für ihre Familie ein. Dass sie diese Seite entwickelt und auch emotional lebt war übrigens ein sichtbarer Kampf mit allem was sie von ihrem Leben glaubte erwarten zu dürfen. Vorstellung vs Realität. Ideologie vs. Emotion.
Prairie („The OA“)
Starke Frau bedeutet nicht zwingend, dass sie in der Lage sein müssen jemandem eine reinzuhauen. Dafür ist Prairie wohl das beste Beispiel. Nicht alles was sie unternommen hat ist schlau, nicht alles erschließt sich der Logik oder dem Verstand. The OA handelt von Near-Death-Experiences und Überzeugungen. Dafür, dass sie Überzeugungen hat und lebt und dafür mit soviel Audauer einsteht ist sie in dieser Liste. Ihre innere Stärke. Sie ist als Blinde losgezogen um ihren Vater zu suchen und hat auf der Straße gelebt. Sie hat unendlich viele Tode gestorben. Und sie ist bereit Grenzen zu überschreiten ohne zu wissen, was sie am anderen Ende erwartet. Vielleicht ist sie damit von dem Standpunkt aus gesehen stärker als viele andere in dieser Liste.
„The OA Netflix | The Violin Piece | Intro to The OA“, via WorldVideos (Youtube)
Lily („Penny Dreadful“)
enthält Spoiler für Penny Dreadful Staffel 2 und 3
Lily war nicht eine meiner Lieblingsfiguren von Penny Dreadful, woran hauptsächlich ihre Hass-Predigt gegen Männer in der dritten Staffel schuld ist. Irgendwann muss man es schaffen das Thema starke Frau auch zu definieren, ohne es ständig an Männern zu messen. Das macht auf Dauer müde und ist auch wieder ein Rückschritt. Aber was Lily bzw. Brona widerfahren ist, haut einen um. Sie war eine Prostituierte, eine Frau die versucht hat sich und ihr Kind durchzuschlagen und sich dafür verkauft hat. Das Leben hat ihr in den Arsch getreten, sie wurde krank und als sie gestorben ist (und wir erinnern uns wie das passiert ist, hmmm Victor!?) wurde ihr jedes Anrecht an ihrem Leben genommen und sie zu dem geformt als was man sie gerne haben möchte. Was auf eine ganz andere Art perfide ist. Und sie ist ein bisschen zum fürchten, wenn sie offenbart, dass sie schon lange Bescheid weiß und sich über diese ganzen Männer hinwegsetzt, die ihr sagen wie die Welt funktioniert und wie sie zu sein hat. Das konnte ich für diese Liste nicht ignorieren.
„Penny Dreadful 2×08 – Lily’s Rage“, via princesskagome100 (Youtube)
Sun („Sense8“)
Sun ist in der Serie Sense8 eine starke Frau in allen Belangen. Sie führt ein großes Unternehmen, ist geschult in Kampfkunst … eine schöne Botschaft, dass eine der Hau-Drauf-„Sensates“ (Sensate = Mensch, der sich mit anderen Sensates synchronisieren und geistig ihren Platz einnehmen kann) gerade eine Frau ist. Die Botschaft gefällt mir. Sun hat aber für meinen Geschmack einen sehr mutigen Schritt gewagt. Undzwar steht sie für ihre Familie ein, obwohl die korrupt ist. Sie opfert sich quasi. Ich saß zwar vorm Fernseher und hätte „NEIN!“ schreien wollen angesichts dieser Ungerechtigkeit, aber ihre Tat zeugt von wahrer Größe und Selbstlosigkeit.
Donna („Halt and Catch Fire“)
Donna vereint in der IT-Drama-Serie Halt and Catch Fire soviele Probleme von Frauen in der modernen Gesellschaft, dass es fast weh tut. Die Serie spielt nämlich eigentlich in den 80ern. Sie muss sich als Frau in der männlich dominierten Technik-Branche durchsetzen und droht anfangs mit einem Sekretärinnen-Job zu versauern und ihr eigentliches Potential unausgeschöpft zu lassen. Das tut weh. Später mischen sich in ihren Konflikt viele weitere. Wie ist sie als berufstätige Frau auch weiterhin eine Mutter, die für ihre Kinder da ist, wenn sie dringend ihre Mama brauchen? Wie behauptet sie sich im Arbeitsleben, insbesondere in einer sogenannten Männerdomäne? Und sie stellt auch ein bisschen die Frage in den Raum was es bedeutet als Frau über den eigenen Körper zu verfügen oder das nicht mehr alleine entscheiden zu können bspw. was Schwangerschaft betrifft und die daraus entstehenden Konsequenzen. Wenn eine schöne Sache plötzlich die Frage nach der beruflichen Weiterentwicklung gefährdet.
„Halt and Catch Fire’s Kerry Bishé on How To Fix The Gender Pay Gap“, via uInterview (Youtube)
Misato („Neon Genesis Evangelion“)
Neon Genesis Evangelion demonstriert wie soviele Serien wie unperfekt Menschen zwangsläufig sind und sein müssen und doch Kreaturen sind, die uns ans Herz gehen und die wir verstehen. Vor Allem und gerade weil man ihre Menschlichkeit so spürt. Misato trägt eine ganze Menge Ballast mit sich herum, aber wir suchen hier auf keinen Fallen die perfektesten Charaktere. Denn perfekt ist in Bezug auf Charakter ein Label, dass wahrscheinlich das aller-unnützeste ist. Sie ist für mich eine starke Frau, weil sie einen großen Willen besitzt, der dafür sorgt, dass sie harte Entscheidungen trifft und Fakten ausspricht, wo es sich die meisten nicht trauen würden.
Brienne von Tarth („Game of Thrones“)
Wahrscheinlich wären Daenerys, Sansa, Arya, vielleicht sogar Cersei (ugh) für die meisten die erste Wahl wegen der Gräuel die sie durchstehen mussten oder der Stärke die sie demonstrieren. Mh. Ich weiß nicht. Ich habe ein kleineres oder größeres Problem mit ihnen allen. Obwohl ich schon ein bisschen ein Daenerys Fan bin. Aber mir kommt bei starke Frau v.A. auch Brienne von Tarth in den Sinn, die einen Scheiß auf das Rollenbild der Welt gibt, in die sie hineingeboren wurde. Man nennt sie hässlich, man nennt sie zu männlich, alles egal. Sie hat ihre Aufgabe gefunden und geht der mit viel Ehrgefühl nach und das finde ich … stark.
Das Video ist trotzdem cool. Enthält potentielle Spoiler für GoT Staffeln 6, 7 … usw.
„xxx vs Brienne Lightsaber Duel | Game of Thrones + Star Wars“, via Omid G (Youtube)
Und das
„We can’t stop watching Brienne of Tarth’s maniacal laugh“, via Meredith Woerner (Youtube)
Mikasa Ackerman („Attack on Titan“)
Mikasa ist, das muss ich leider gestehen, ein bisschen das Juwel und Glanzstück des Animes. Ein TV-Trope und ein bisschen ein Männertraum. Sie ist schön, mutig und anmutig und kämpft wahnsinnig gut. Wir erinnern uns … in dem Anime geht es um eine Welt in der die Menschen von scheinbar unkaputtbaren Titanen bedroht werden. Aber ich kann sie für diese Liste einfach nicht ignorieren, weil sie soviel mehr Mut hat als viele ihrer männlichen Mitstreiter und das Herz am rechten Fleck.
Saga Norén („Die Brücke“)
Kann sein, dass ihr Asperger-Syndrom einer der Gründe ist, warum Saga Norén in dieser Liste ist. Es sorgt dafür, dass sich Saga in den Augen anderer Leute kalt, zu sachlich und zu objektiv verhält. Sie bleibt bei den Fakten, lässt Emotionalität raus und wenn sie Lust hat mit einem Mann zu schlafen, dann gehts sie in eine Bar, sucht sich einen raus und sagt ihm das auch so. Keine Zeit für Bullshit. Das ist manchmal witzig, manchmal befremdlich, aber v.A. setzt sie damit alle Klischees außer Kraft und das ist einfach angenehm anzusehen.
So … das wars. Bei einigen Charakteren bin ich immer noch hin- und hergerissen, ob ich sie in die Liste hätte aufnehmen sollen. Beispielsweise Kate und Juliet aus LOST. Und am allerschlimmsten war mein Zwiespalt, ob ich Vanessa aus Penny Dreadful mit in die Liste aufnehmen soll. Eigentlich ist sie ein Charakter, der eine unheimliche Willensstärke hat und viel aushalten muss. Aber andererseits kann sie ihre inneren Dämonen nicht besiegen und kuscht vor ihnen, was es mir schwer macht. Sie ist ein wunderbar unperfektes und sehr menschliches Wesen. Vielleicht sogar einer meiner Lieblingscharaktere, aber ist sie das was ich unter ’stark‘ verstehe? Ich denke nicht. Das tut ein bisschen weh. Was sind eurer Meinung nach starke Frauen in Serien? Was haben sie für Eigenschaften? Apropos … es passen bei dieser Diskussion keiner Worte besser als die der wunderbaren Björk aus einem Interview im Jahr 1994. Und das was sie sagt gilt noch heute.
„Björk has no time for your sexism bullshit 1994“, via Xenica Ayling (Youtube)
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