Als die Trucker Goro (Tsutomu Yamazaki) und Gun (Ken Watanabe) am Imbiss von Tampopo (Nobuko Miyamoto) halten, wissen sie noch nicht, dass große Aufgaben auf sie zukommen. 🙂 Tampopo wird von ihren Kunden kritisiert, ihre Ramen schmecken nicht. Für einen traditionellen Laden wie ihren eine heftige Klatsche. Ramen sind ein traditionelles japanisches Nudelgericht mit wahrscheinlich sovielen unterschiedlichen Rezepten wie Sand am Meer. Goro mischt sich ein und infolge dessen bittet Tampopo ihn zu unterrichten und zu helfen die perfekten Ramen zu kochen. Das mündet darin, dass die Beiden als infernalisches Duo andere Läden ausspionieren, einen Trainingsmarathon aus Schnell-Nudeln-Schöpfen und Kochtopf-Heben durchführen und sich noch mehr tatkräftige Unterstützung holen. Der Weg zum perfekten Ramen wird der Weg zum perfekten Ramen-Geschäft voller wahnwitziger Sidekicks, die sich in das Unterfangen einmischen.
Ganz nebenbei ist der Film einer der die ganze Esskultur episodenfilmartig adressiert und damit eine der schönsten Nicht-Nebensachen der Welt. 😉 Neben der Haupthandlung um Tampopo und ihr Ramen-Restaurant geht es um ein Paar, das beim Akt gern mit Essen spielt (obwohl sie bestimmt als Kinder auch anderes gelernt haben) oder diverse Neurosen, die arme Teufel vom Essen abhalten. Eine Benimmschule, deren Teilnehmerinnen im Restaurant Grund zur Sorge bekommen, dass ihre Lehrerin ihnen womöglich nicht die echten europäischen Tischrituale beibringt oder es geht um eine Frau, die mit enormer Ernsthaftigkeit ihre Finger in weiche Lebensmittel im Supermarkt drückt und von einem Angestellten verfolgt wird. Und es gibt noch viele Geschichten mehr rund um Essen und Genießer. Ein köstlicher Film, der wahrscheinlich zeitlos ist. Die zahlreichen kleinen Nebengeschichten sind mal witzig, mal tragisch, mal kurios, mal traurig und erinnern uns was Essen ist. Lebensspender, Grund zu Sorge, Ereignis um zusammenzukommen, sinnlich, Statussymbol, Mangelware, Genuss. Auch die Menschen, denen Tampopo und Goro begegnen, haben einiges über das Essen zu sagen. Die meisten Sequenzen lassen sich eindeutig Tampopos Geschichte oder den zusammenhangslosen Episoden zuordnen. Einige versuchen den Spagat und scheitern ein wenig daran, es stellt sich ab und zu auch etwas Ratlosigkeit beim Zuschauer ein.
Übrigens ist der Film nicht nur was das Thema Essen betrifft ziemlich meta. Auch was Kino an sich betrifft. Die Eröffnungssequenz des Films besteht aus einem Kinopublikum und einem der Nebencharaktere, der im Begriff ist einen Film zu schauen – natürlich nicht ohne reichlich Speis und Trank. Dabei aber dem Zuschauer sinngemäß zu verstehen gibt, er solle bloß nicht so laut schmatzen, das geht gar nicht im Kino. Auch Goro, der stets mit Hut unterwegs ist, dessen Lkw western-style umdekoriert ist und der seine Widersacher durchaus zum Prügelduell vor der Tür herausfordert, erinnert an Clint Eastwood. Dabei trägt der Film auch den Beititel A Ramen Western (statt Spaghetti Western) und weiß auf ganzer Linie zu überzeugen. Obwohl in der internationalen Presse bemängelt wurde, dass der Film sich nicht die Mühe geben würde, japanische Traditionen zu erklären. Die Autorin dieser Besprechung sieht das anders: erklären ist gar nicht nötig. Aufpassen, hinschauen, schmecken.
Tampopo (OT: タンポポ „Tanpopo“), Japan, 1985, Jūzō Itami, 114 min, (9/10)
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
Schreibe einen Kommentar