Alle Welt weiß: Bären und Mäuse können nicht miteinander. Die kleinen Mäuse lernen bereits früh, dass sie die Lieblingsspeise der großen, bösen Bären sind. Die Maus Célestine (Paulina Rümmelein) hat Märchen wie diese und die Unterwelt der Mäuse satt. Sie leben versteckt in einer Stadt unter der Erdoberfläche und Waisen wie sie gehen als Beruf der Tätigkeit des Zähnesammelns nach, da Mäusezähnchen schnell ausfallen und man schließlich Ersatz braucht. Und wenn sie groß sind, dürfen sie vielleicht sogar Zahnärzte werden. Eigentlich würde Célestine aber lieber Malerin werden … . Auf einem der Streifzüge an der Oberfläche, wo die Bären leben, bemerkt sie auch, dass die sie eher für Parasiten als für Futter halten. Als der Bär Ernest (Hartmut Neugebauer) aus dem Winterschlaf aufwacht und vor Hunger am liebsten alles futtern würde, auch Célestine, ist die Maus resolut, sagt einfach „nein“ und stattdessen helfen sie sich gegenseitig aus der Patsche. In der sitzen sie nämlich, weil Célestine zu wenig Zähne mitbringt und die Polizei Ernest bereits als hungrigen Unruhestifter und Süßigkeitendieb auf dem Kieker hat. Plötzlich sind beide polizeigesucht und flüchtig. Eine Allianz, die scheinbar die Gemüter mehr erzürnt als die eigentliche Straftat.
„Ernest & Celestine – Trailer“, via StudiocanalUK (Youtube)
Basierend auf Gabrielle Vincents Kinderbuchreihe (die in Deutschland u.a. unter dem Namen „Mimi und Brumm“ erschien) haben die Regisseure Stéphane Aubier, Vincent Patar und Benjamin Renner eine Geschichte so alt wie die Welt geschaffen. Sie führen zusammen was nach irgendwelchen alten, eingestaubten Vorstellungen angeblich nicht zusammengehört und zeigen: in Wirklichkeit gibt es keine Grenzen bei dem, was eine Familie ist, was zusammengehört und was füreinander geschaffen ist. Ernest und Célestine verbindet bald eine enge und rührende Freundschaft. Nicht nur, weil beide bemerken, dass sie andere Ansichten über das Leben haben als ihre Umwelt. Ernest wollte nicht Anwalt werden, Célestine keine Zahnärztin. Sie sind beide Künstler – Ernest spielt viele Instrumente und dichtet dazu witzige Texte, Célestine malt für ihr Leben gern. Eine Freundschaft, die bald schon entlarvt wie gleich nicht nur sie, sondern auch Bären und Mäuse ticken. Denn beide suchen ihre flüchtigen „Verbrecher“ und stellen sich dabei ähnlich doof an.
Es gibt eine Szene in der das Pochen auf diese alten Werte die jeweiligen Gerichte fast das Leben kostet, was eine schöne Metapher für die Sturköpfigkeit und Starrsinnigkeit alter vorurteil-behafteter Werte ist und ein zielsicheres Plädoyer für ein offenes Weltbild. Und dazu noch kindgerecht aufbereitet! Der französisch-belgisch-luxemburgische Animationfilm ist aus Einzelbildern zusammengestellt und per Flash animiert. Er hält sich dabei zwar nur lose an Vincents Stil, erweckt aber den Eindruck man würde durch das Buch blättern. Eine wunderbare Ode an das Kinderbuch und traditionell-geprägte Animationskunst.
Ernest & Célestine (OT: Ernest et Célestine), Frankreich/Belgien/Luxemburg, 2012, Stéphane Aubier/Vincent Patar/Benjamin Renner, 80 min
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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