Dafür, dass der Monat schon wieder zu einem Drittel gegessen ist, hänge ich mit meinen drei von dreizehn wohl etwas zurück. Aber noch liegt ja ein bisschen Oktober vor uns. Vielleicht wird’s noch was. 🙂 In jedem Fall waren meine ersten drei Horrorctober-Filme gut durchmischt was das Thema und die Stimmung betrifft. Ein bisschen Sekte, Porno und Geister.
„Apostle | Offizieller Trailer [HD] | Netflix“, via Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz (Youtube)
Apostle
Als Don Pozuelo vor einer Weile schrieb, das in dem Film nichts passiert, wollte ich das gar nicht so recht glauben. Aber er hat Recht. Während der stolzen Laufzeit von über zwei Stunden passiert frappierend wenig. Dabei ist die Prämisse beispielhaft für ein klassisches gothic horror tale. Thomas Richardson (Dan Stevens) reist auf eine walisische Insel um seine Schwester aus den Fängen eines Kults zu befreien. Schnell wird ihm klar, dass die Anhänger und Führer der Glaubensgemeinschaft zu Gewalt und Mord greifen, um zu vertuschen, was auf der Insel passiert. Schwere Strafen, absolutes Gehorsam und Aderlass scheinen Opfer für eine Naturgöttin zu sein, die sie ehrfürchtig nur „Sie“ nennen. Sein Instinkt täuscht ihn nicht, Thomas versucht so lange wie möglich unentdeckt zu bleiben um mehr über die Kultisten zu erfahren oder eine Spur seiner Schwester zu finden. Dass er dabei auch Eingeweihte in Gefahr bringt, scheint vorprogrammiert zu sein und ist leider schmerzlich absehbar. Genauso wie der Umstand, dass er von Dämonen der Vergangenheit verfolgt wird, was Dan Stevens leider schon von der ersten Sekunde an anzusehen ist. Zwar bin ich durchaus überzeugt von Stevens aus anderen Medien, meine aber, dass er hier etwas over-acted oder zu over-acting angehalten wurde. Das macht es schwierig Zugang zu seinem Charakter zu bekommen. Die Figur scheint erst später Format und Umrisse zu gewinnen, wenn etwas mehr über seine Vergangenheit klar wird. Dabei plätschert die Geschichte so vor sich hin. Die Bilder und Eindrücke der Gemeinschaft und ihre kultisch-geprägten Rituale schaffen dabei jede Menge Atmosphäre, die sehr gedehnte Handlung kommt da aber nicht mit. Gegen Ende rettet der Film sich nochmal, indem er uns wenigstens nicht ganz ohne Erklärungen über „Sie“ im Unklaren lässt – letztendlich hätte ich aber genau davon gern mehr gesehen. Das Ende hat eigentlich eine ganz schöne Botschaft, indem es einen Gläubigen heimkehren lässt. Auch Score und Mise en Scene bzw Kamera und Szenengestaltung sind ziemlich cool mit einem Gespür für „Momente“, die das skurrile, ländliche und symbolhafte hervorheben. Aber andererseits besteht der Film eben zu 70% aus Menschen, die irgendwo rumstehen, rumgucken und Dialogen und Konflikten, die ins Leere laufen.
Apostle, USA/UK, 2018, Gareth Evans, 129 min, (5/10)
Cam
Alice (Die aus The Handmaid’s Tale bekannte Madeline Brewer) ist online besser bekannt als Lola_Lola. Sie ist ein Camgirl, zieht sich also für Zuschauer online aus. Die Plattform, auf der sie sich anbietet schürt den Wettbewerb mit Rankings der beliebtesten Mädchen. Und Alice will dazu gehören und lässt sich dafür einiges einfallen. Indem sie die Männer hinhält um mehr Geld für das Strippen oder erotische Einlagen zu bekommen, mit ihnen freundschaftliche Beziehungen pflegt und ihnen für private Chats Geld berechnet. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Eigentlich pflegt sie einige Grundsätze, überschreitet ihre selbst gesteckten Grenzen aber immer mehr. So täuscht sie schon mal ihren Tod vor. Extra blutig. Eines Tages aber sieht sich Alice selbst online. Die Person sieht aus wie sie, redet wie sie, arbeitet wie sie und sendet über ihr Profil als Lola_Lola. Und die Alice, die online ist, überschreitet alle Grenzen. Cam verbindet unheimlich viele Motive: das Verlieren des Selbst durch Identitätsdiebstahl, Datenschutzthemen, moralische Fragen wie die ob Cam-Girl ein Job ist, auf den man stolz sein kann oder von dem man seinen Eltern erzählt. Je nachdem, ob man mit dem Thema Webcam-Model und käuflicher Erotik was angefangen kann, gibt das nochmal extra Diskussionsstoff. Der Horror liegt hier deutlich im unblutigen Thema Identitätsverlust und Datenschutz, obwohl es mehrere sehr blutige und für viele sicherlich grenzwertige Szenen gibt. Bis dahin ist der Film auch ein richtiger kleiner Geheimtipp. Einzig die Darstellung der Männer, die das Angebot der Cam-Girl-Plattformen nutzen ist etwas einseitig unangenehm. Man lernt zwei davon kennen. Einen, der kaltblütig und egoistisch ist. Der andere sozial inkompetent, nervös, weinerlich, getrieben und ein Hobby-Stalker. Leider verliert der Film gegen Ende zumindest für mich gnadenlos, indem er seine so säuberlich inszenierte Botschaft direkt wieder ruiniert.
Cam, USA, 2018, Daniel Goldhaber, 95 min, (6/10)
„CAM Trailer (2018) Netflix“, via KinoCheck International (Youtube)
„GHOST STORIES Trailer German Deutsch (2018)“, via KinoCheck (Youtube)
Ghost Stories
Professor Phillip Goodman (Andy Nyman) untersucht paranormale Phänomene und entlarvt als Teil seiner Fernsehsendung selbsternannte Hellseher. Eines Tages wird er von seinem früheren Idol mit drei Fällen konfrontiert, die angeblich unwiderlegbar seien. Goodman ist neugierig und besucht den Nachtwächter Tony (Paul Whitehouse), den Teenager Simon (Alex Lawther), der eine Begegnung mit dem Okkulten hatte und den Investment-Banker Mike Priddle (Martin Freeman), der ihm von einem Poltergeist berichtet. Während sich Goodman mit den drei Geschichten und sehr unterschiedlichen Charakteren beschäftigt, häufen sich auch in seinem Umfeld Vorkomnisse, die er sich nicht erklären kann und die ihn zum Wanken bringen. Und das ist des Pudels Kern, denn so unerklärbar wirken die drei Geschichten nicht. Dabei lohnt es sich die ganzen Hinweise zu beobachten, die der Film wortwörtlich von der ersten Sekunde an streut wie das Fenster mit den bleichen Vorhängen oder die wiederkehrenden Zahlen. Das und die eingebetteten Geschichten, die von ihrer Gangart und ihrem Genre her sogar etwas unterschiedlich sind (die zweite ist ziemlich witzig zwischendurch), macht Ghost Stories zu einem sehr sehenswerten Gruselfilm. Da ist es dann auch fast egal wie plausibel die drei Geschichten sind und dass bei ihnen konsequent das Ende fehlt.
Ghost Stories, UK, 2018, Jeremy Dyson/Andy Nyman, 98 min, (8/10)
Und sonst so?
Viel Platz für Filme habe ich zwar scheinbar nicht gelassen, aber das könnte auch daran liegen, dass ich mich dem Grusel auch in anderen Medien gewidmet habe. Aktuell lese ich Shirley Jacksons The Haunting of Hill House, die Literaturvorlage zur Serie, die ich letztes Jahr sehr gefeiert habe. Vorlage und Adaption sind schon recht unterschiedlich. So sind Eleanor, Theodora und Luke Besucher von Hill House, leben aber nicht dort. Und Geschwister sind sie auch nicht. Ich habe über ein Drittel durch und bis jetzt ist es mehr Stoff für die Kategorie „Schauermär“. Es sind mal Türen geschlossen, die offen sein sollten und die Haushälterin und der Hausmeister sind herrlich verschroben. Hill House selber hat auch Atmosphäre – es wird als Monster und unheilvoller Ort beschrieben. Aber viel unheilvolles ist noch nicht passiert. Ich bin gespannt, was da noch kommt und freue mich in die Reihe der Vergleiche auch noch die zwei Verfilmungen zu packen. Als Hörbuch habe ich außerdem gerade Ghostbox von Ivar Leon Menger am Wickel, der den meisten sicherlich noch von Monster 1983 bekannt ist. Obwohl ich mit den Charakteren nicht so wirklich warm werde, finde ich es ganz spannend. Ansonsten spiele ich noch auf der PS4 Call of Cthulhu, oder sagen wir mal wieder. Nach einem eher nervigen Kapitel habe ich auch mal zwei Wochen Pause gemacht. Die letzten drei Kapitel fand ich dann aber schon recht gruselig, die hatten ihre Momente, wo man ziemlich schwitzige Händchen am Controller bekommt … . Und es ist so lovecraft-esque wie man es sich nur wünschen kann.
Zu den bisherigen Artikeln
Ich stelle gerade fest, dass alle der bisher geschauten Filme aus dem Jahr 2018 sind – witziger Zufall. In jedem Fall gibt es die alle auf den gängigen Streaming-Plattformen – in diesem Fall Netflix und Amazon Prime. Falls ihr euch selbst ein Bild von denen machen wollt. 😉 Wie weit seid ihr bei eurem Horrorctober? Welche Überraschungen, negative wie positive, hatte ihr bis jetzt? Und welche „gruseligen“ Spiele oder Bücher könnt ihr empfehlen?
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