Eigentlich wollte ich die Kategorie hier im Blog ja nicht ausschließlich mit Game-Besprechungen vollspamen. Aber andererseits ist Halloween noch nicht lange her und vor uns liegen die Monate des Jahres, in denen es früh dunkel wird und irgendwie scheint da ein Horror-Rollenspiel wie „Call of Cthulhu“ gut reinzupassen. Wie kann ich da widerstehen? Besprechung ist spoilerfrei.
Erstmal ein schöner Ausflug nach Darkwater Island!
Im Jahr 1924 versucht sich der Kriegsheimkehrer Edward Pierce als Privatdetektiv über Wasser zu halten. Sein Kriegstrauma bekämpft er mit Alkohol und Schlaftabletten. Die Arbeit lenkt ihn jedenfalls nicht ab, denn er hat kaum Fälle. Da steht der Vater der Künstlerin Sarah Hawkins in seinem Büro und bittet um die Ermittlung in ihrem Todesfall. Sie, ihr Mann und ihr Sohn sollen angeblich bei einem Brand ums Leben gekommen sein. Ihr Vater hat aber Zweifel, v.A. wegen eines kürzlich aufgetauchten Gemäldes. Pierce setzt nach Darkwater Island über. Einen Ort, der sich hauptsächlich durch Fischfang finanziert und auf dem Sarah als Malerin unheimlicher Bilder bekannt war. Die Anwesenheit des Privatermittlers wird nicht unbedingt geschätzt. Die Leute auf Darkwater scheinen lieber für sich selbst zu sein. Man begegnet ihm abschätzig und misstrauisch. Der Fall wird aber persönlicher als erwartet, als Pierce auf dem Anwesen der Hawkins ein Bild findet, auf dem niemand geringeres als er abgebildet ist – obwohl er noch nie auf Darkwater war und Sarah Hawkins nicht kennt.
„CALL OF CTHULHU Final Trailer (2018)“, via GameNewsOfficial (Youtube)
Lovecraft-esque
Die Handlung entwickelt sich dahin, dass wir als Edward Pierce abwechselnd ermitteln und uns durch schaurige Kulissen auf Darkwater durchstealthen oder auch in actionreicheren Kapiteln gegen grausige Kreaturen kämpfen müssen. Und die Kapitel haben es in sich – Stichwort Shambler bzw im Deutschen der Schlurfer. Da bekommt man durchaus ordentlich schwitzige Händchen am Controller und hat schon mal Anlass sich zu erschrecken. Neben dem Survival-Horror-Aspekt des Spiels, ist auch Psychologie und Wahnhaftigkeit ein Thema. Muss sich Pierce beispielsweise in einem Schrank verstecken, verschlechtert sich seine Sicht, engt sich ein, der Charakter beginnt schwer zu atmen und nach Luft ringen und der Herzschlag beschleunigt sich. Auch gibt es eine Anzeige der psychischen Gesundheit unseres Ermittlers – und v.A. ab einem gewissen Punkt im Spiel nimmt die leider stark ab. Ob das aber große Auswirkungen auf den Spielverlauf hat, konnte ich nicht feststellen.
Man kann als Ermittler Fähigkeiten wie Redegewandtheit, Psychologie und Ermittlungstaktik ausbauen. Andere wie okkultes Wissen und Medizinische Kenntnisse kann man nur durch Sammeln von Objekten wie Medizinische Bücher erlangen. Schafft man das, stehen einem mehr Antwortmöglichkeiten in Dialogen zur Verfügung. In den meisten Fällen kommt man aber auch so weiter. Das Spiel führt zu vier möglichen Enden, und einige Entscheidungen führen zu anderen Pfaden und Trophäen im Spiel. Letzten Endes gibt es aber nur wenige Dialoge und Situationen, in denen die Fähigkeiten das wirklich lenken. Die Mischung aus Kapiteln zum Ermitteln und Rätseln oder Actionsequenzen ist dabei ausgewogen. Und vor Allem ist sie eins: wahnhaft und atmosphärisch.
Ohne die entsprechende Atmosphäre würde es wohl kaum funktionieren. Pierce erlebt eine echte Tour de force in Darkwater. Er muss Monster besiegen, wird Visionen haben, in einer psychiatrische Klinik gefangen gehalten, wird mit Menschenversuchen und einem irren Kult konfrontiert. Und natürlich den großen Alten, im speziellen Cthulhu, vielleicht jedenfalls. Ganz smart gelöst an der Stelle: in Pierces Visionen kann Frau auch mal als Frau spielen – ich wollte mich schon beschweren, dass ich keinen weiblichen Detective wählen kann. Geliehen wird hier an einigen Stellen bei Lovecraft: der Cthulhu-Mythos, das Küstenstädtchen im Style Innsmouths, die grausigen Gemälde von Sarah Hawkins, … . Aber abgesehen von Cthulhu (und den Namen der Trophäen) gibt es wenige direkte Bezüge zu anderen Lovecraft-Geschichten. Das Spiel basiert hierbei auf dem gleichnamigen Pen & Paper Rollenspiel und greift hauptsächlich Motive aus Lovecrafts Werken auf. Auch der Shambler und Leviathan sind eigentlich keine Ausgeburten von Lovecrafts Fantasie – zumindest soweit ich weiß.
Nur die Charaktere sollte man nicht so genau anschauen …
Als ich nachlas, dass Call of Cthulhu allen Ernstes 2018 erschien und damit nur ein Jahr alt ist, klappte mir die Kinnlade herunter. Spielmechanik, Handlung und die Spielwelt sind zwar erstklassig, aber das Design der Figuren ist es nicht. Die Körper und Bewegungen sind hölzern, die Gesichter sind wächsern oder proportional unbalanciert. Unser spielbarer Charakter wirkt als würde er nur aus Wangen bestehen und das Rendern von feinen Objekten wie Haaren liegt um einiges hinter dem Standard zurück. Es tut ziemlich weh die Charaktere anzuschauen, die menschlich aussehen sollen, weswegen ich vom Spielerlebnis her erwartet hatte, dass Call of Cthulhu schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat.
„Call of Cthulhu – Gameplay Trailer | PS4“, via PlayStation (Youtube)
Ansonsten sind Modellierung und Gestaltung des Spiels solide bis wirklich gut. Die Spielwelten sind athmosphärisch, die Oberflächen smart visualisiert und auch die Monster sehen im Gegensatz zu den Charakteren richtig gut aus. Die Speichermechanik ist etwas hakelig. Zwar wird ein Spinner als Zeichen angegeben, dass das Spiel gerade automatisch speichert, aber wer nicht die Info abwartet „Spiel gespeichert“ und schon nach Verschwinden des Spinners ausschaltet, droht den Speicherpunkt zu verlieren. Davon abgesehen ist Call of Cthulhu ein atmosphärisches und abwechslungsreiches Spiel, dass viele Aspekte von Lovecrafts Geschichten aufgreift und damit sowohl Lovecraft-Kenner als auch -Neulinge abholt. Zumindest, wenn man nicht dem Wahnsinn verfällt 😉
Bei den Trailern hat man leider nur die Wahl zwischen einem Gameplay-Trailer, der relativ unspektakulär ist, aber dafür zeigt wie wenig ansprechend oder anatomisch korrekt die Charaktere gemodelt sind und einem Trailer, der zwar hübsch aussieht und Atmosphäre erzeugt, dessen Inhalt aber nicht direkt im Spiel vorkommt. Tada. So oder so hat es schon Spaß gemacht „Call of Cthulhu“ zu spielen, wenn man sich grundsätzlich für Horror begeistern kann. Aber die Charaktere sind schon sehr hakelig. Kennt ihr vielleicht das Spiel und habt es ähnlich oder vielleicht gar ganz anders empfunden? Kennt ihr zufälligerweise „The Sinking City“? Das scheint ebenfalls lovecraft-themed zu sein.
Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen aus IT, Forschung, Netzwelt und Internet widme genauso wie Spaß rund um die Arbeit mit Bits und Bytes. 🙂
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