Fundstücke? Ja irgendwie schon. „Weihnachten in Büchern“ ist offenkundig durchaus ein Motiv. Es gibt Tonnen an Weihnachtsbüchern. Da das Fest vor der Tür steht, bietet es sich an, mal ein paar zu besprechen, die im Blog bisher keine Erwähnung gefunden haben, die aber wie ich finde, besonders gut zum Fest passen. 🙂 Oder wie in einem Fall (ratet mal welches gemeint ist) eine schöne Abwechslung sind.
„Die Schneeschwester – eine Weihnachtsgeschichte“ von Maja Lunde & Lisa Aisato
Für Julian und seine Familie wird Weihnachten nicht so wie in anderen Jahren sein. Seine große Schwester ist verstorben. Die Eltern und er trauern, fühlen sich hilflos und erschüttert angesichts des ersten Weihnachtsfests ohne sie. Julian hat an Heiligabend auch Geburtstag und fühlt sich umso fürchterlicher, weil er das Gefühl hat, dass seine Eltern ihn vor lauter Trauer nicht mal mehr sehen. Da trifft er Hedvig, die Weihnachten genauso liebt wie er und die ihn von all dem ablenkt. Aber manches rund um Hedvig scheint nicht ganz zu passen. Was verbirgt sie vor ihm?
Zum Fest der Liebe nehmen wir den Verlust und die Abwesenheit derer, die uns nahe stehen besonders schmerzhaft wahr. Inmitten von Winterkälte, Verlust, gegenseitiger Entfremdung von Familie oder Freunden und der dunklen Jahreszeit scheint das Leben zu erstarren und für Julian und seine Familie einzig in Grau getränkt zu sein. Depression hingegen ist sicherlich noch aus zahlreichen anderen Gründen eine Gefahr in der besinnlichen Zeit. Egal welche Gestalt die Traurigkeit annimmt, das Buch erinnert uns an den unumstößlichen und tröstenden Fakt, dass es nie nur das ist. Nie nur das Grau. Gemessen an Julians Beispiel erinnert es uns daran, dass es die lieben Menschen gegeben hat und sie in unserer Erinnerung weiterleben. Die Schneeschwester findet einen einfühlsamen Weg mit dem Verlust umzugehen, ohne ihn zu verneinen oder zu verdrängen und erzählt davon neue Freunde zu finden, Schmerz zu teilen, die Herzen zu öffnen. Die Geschichte Maja Lundes bereitet diesen Weg zartfühlend, abwechslungsreich und rührend in 24 Kapiteln auf und die wunderbaren Illustrationen Lisa Aisatos (er)wärmen das Herz. Ein großartiges Weihnachtsbuch!
Besprochene Ausgabe: ISBN 978-3-442-75827-2, btb Verlag
„Escape Room. Der erste Escape-Adventskalender“ von Eva Eich
Zwar finde ich solche Betitelungen wie „Der erste …“ nicht so charmant, aber das sonstige Versprechen wird gehalten. Wir müssen in dem Spiel- und Rätselbuch erstens entkommen und zweitens 24 Rätsel lösen. Die Geschichte des Escape-Buchs handelt von einem Mann, der in einem Keller gefangen ist. Offenbar wurde er von einem Entführer verschleppt, der es auf Weihnachtsmänner abgesehen hat. Denn als solcher arbeitet er um die Weihnachtszeit. Das Buch besteht in jedem Kapitel aus einem Stück Handlung und Geschichte und einem Rätsel. Löst man es, bekommt man einen Hinweis darauf an welcher Stelle es im Buch weitergeht und muss dort eine perforierte Seite auftrennen. Das funktioniert reibungslos und es besteht eine geringe Gefahr die Seiten zu zerreißen. So kann man auch später nochmal in dem Buch blättern und es wiederverwenden, wenn man sich ein bisschen zusammenreißt und an die Regeln hält. 😉
Die Qualität der Rätsel in Escape-Games ist ja quasi nie wirklich messbar. Für denen einen leicht, für den anderen schwierig. Ich konnte einige intuitiv schnell lösen, bei anderen habe ich viel zu kompliziert gedacht, andere fand ich unlogisch. Wild gemischt. Aber in jedem Fall hatte ich was zu rätseln. Man kann das Prinzip des Buchs aber leider sehr sehr leicht austricksen. Die Antworten der Rätsel führen zu dem Bildausschnitt der Seite, die man als nächstes auftrennen muss. D.h. im Umkehrschluss kann man auch einfach das Buch aufmerksam durchblättern und entdeckt dadurch die Lösungen. Falls man nicht weiterkommt, ist hier natürlich leicht Abhilfe geschaffen. Zumal auch keine Lösungen im Buch stehen. Die Geschichte ist eher aufgeklärt als besinnlich-verklärt-weihnachtlich. Der Protagonist ist kein großer Weihnachtsfan und auch andere auftretende Charaktere verbinden nicht nur Gutes mit Weihnachten. Es geht schon deutlich in die Richtung Krimi. Ein bisschen Weihnachtsspirit wird aber gegen Ende doch noch versprüht. Die Bilder im Buch sind stimmungsvoll und unterstreichen das düstere, krimihafte sehr gut. Für die mal etwas anderen Weihnachtsimpulse.
Besprochene Ausgabe: ISBN 978-3-8458-3271-5, arsEdition
„Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens
Der Klassiker unter den Weihnachtsgeschichten darf natürlich nicht fehlen. Im Original erschienen unter dem Titel A Christmas Carol in Prose, Being a Ghost-Story of Christmas, wird der Roman im Volksmund häufig einfach als Christmas Carol bzw Die Weihnachtsgeschichte bezeichnet und vertrieben. Charles Dickens war zu ihrer Veröffentlichung 1843 einerseits bereits ein etablierter Autor, litt aber dennoch unter finanziellen Engpässen. Die Christmas Carol adressiert wie einige von Dickens Werken das Leben der Armen und die Klassenunterschiede, aber hier mit dem weihnachtlichen Touch.
Den Inhalt muss man kaum zusammenfassen, denn die Christmas Carol wurde so oft adaptiert, dass jeder irgendeine Variante davon kennt. Ich mach’s trotzdem: Im viktorianischen London wird der Geizhals Ebenezer Scrooge von drei Geistern besucht. Dem der vergangenen, gegenwärtigen und künftigen Weihnachten. Die Reise wird den knauserigen Alten für die Belange seiner Mitmenschen erwärmen und ihm vielleicht zu Seelenfrieden verhelfen. Und das passenderweise zu Weihnachten. 😉 Weihnachten erlebte zur Zeit des Erscheinens von Dickens‘ Christmas Carol gerade ein Revival und eine Neuerfindung. Das trug zum Erfolg und der Aktualität des Buches bei. Und auch zu einem weiteren Happy-End: sie war so schnell ausverkauft, dass anzunehmen ist, dass Dickens finanziell danach erstmal etwas besser dastand. Die Ausgabe aus dem garant Verlag ist eine verhältnismäßig kostengünstige, die dafür sehr schön aufbereitet ist. Alle Seiten sind mit einer Borte illustriert und beinhalten John Leechs Originalillustrationen, wenn auch in einer offensichtlich etwas weniger feingliedrigen Kopie. Der Buchsatz ist von auffällig vielen Absätzen und Leerzeilen durchzogen, deren Intention sich mir nicht so wirklich erschließt. Trotzdem ist es für den Preis eine schöne Ausgabe.
Besprochene Ausgabe: ISBN 978-3-7359-1256-5, garant Verlag
Header image/photo credit: Janko Ferlič
Das habe ich mir etwas aufgehoben. 🙂 „Die Schneeschwester“ war 2019 eins der letzten Bücher, das ich gelesen habe – und eins der schönsten. Danach habe ich mir vorgenommen jedes Jahr ein Weihnachtsbuch zu lesen, von denen es offenbar eine ganze Menge gibt. Dieses Jahr ist u.a. „Das Geschenk der Weisen“ dran. Welches Weihnachtsbuch hat euch sehr berührt? Gibt es vielleicht sogar eins, das ihr jedes Jahr lest? Von welchem kann man getrost die Finger lassen? Hier geht es übrigens zu allen anderen Literarischen Fundstücken.
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