Serienlandschaft: Impressionen eines Star-Trek-Newbie Teil V – TOS Season 3 Review

Da sind wir wieder. Vor einer ganzen Weile ließ ich mich von meinem Freund dazu überreden gemeinsam „Star Trek“ zu schauen und meine massive Nerdkultur-Wissenslücke dahingehend zu schließen. Wir reden hier also nicht von „Discovery“ oder so. Richtig von Anfang an. Mit „Raumschiff Enterprise“ bzw „Star Trek: The Original Series“ (TOS). Es war nicht immer einfach. Ihr habt meinen Schmerz eventuell in früheren Ausgaben mitbekommen. TOS ist ein Kind seiner Zeit und funktioniert am besten, wenn man es eher früher als später gesehen hat. So lief das Schauen anfangs eher schleppend. Ungefähr in Season 2 meinte ich ja die Formel entdeckt zu haben wie ich besser dranbleibe … eine Episode pro Woche. Aber als dann mit Season 3 das Ende in Sicht war, ging es doch alles etwas schneller.

It’s getting personal …

Die dritte Staffel lässt sich nicht lange bitten und macht genau das, was die Serienschöpfer im Laufe der Zeit als wirksame Formel entdeckt haben und was heute Serientheorie 101 ist: Charaktermomente. Episodenübergreifende Entwicklung und persönliche Handlungsbögen sind dankbarerweise wiederkehrendes. Wenn man sich über vierzig Episoden mit Kirk, Spock & Co. durch das Weltall gekämpft hat, dann ist man als Zuschauer schon durchaus emotional gebunden und am Schicksal der fiktiven Charaktere interessiert. Man darf an der Stelle spekulieren, was das ausmacht, wenn man sich durch 15 Staffeln Supernatural arbeitet … . Auch ich habe die Staffel wegen der charakterzentrierten Episoden als spannender empfunden. So beginnt die dritte Staffel mit der Episode 3×01 Spocks Gehirn, in der die Crew ihres Mister Spocks beraubt wird und Spock selbst dessen, was ihn wohl am meisten ausmacht: seines Verstandes. Bones wiederum stellt sich selbst in 3×08 Der verirrte Planet eine verheerende Diagnose. In 3×03 Der Obelisk ist Kirk dran – er verliert sein Gedächtnis, heiratet und lebt ein glückliches Leben bis die Crew der Enterprise vor der Tür steht. Insgesamt wird in der Staffel mehrfach das persönliche Glück gesucht, Checkov, Bones, Kirk, sie alle werden sich mehrfach in einer Beziehung wiederfinden oder zumindest mit der Aussicht auf eine. Happy-End in Sicht?

Kann man so nicht sagen – es gibt weder ein Happy-End, noch ein Unhappy-End. Aber wie auch schon zuvor in der Serie werden die gerade beliebten Muster oft wiederholt und bis zum Erbrechen ausgereizt. In Staffel 2 war es beispielsweise das Motiv der sich verirrenden Autoritätsperson: die Staffel wimmelte nur so vor ehemalige Starfleet-Captains, die abtrünnig geworden sind und mit durchwachsenen Ergebnissen auf fremden Planeten „ihr Ding durchziehen“. In der dritten Staffel sind es eben die Beziehungen und Charaktermomente. Wie oft sich Kirk unsterblich verliebt ist ab dem dritten Mal genauso schwer zu akzeptieren wie der unglaublich offensichtliche MacGuffin von Bones‘ unheilbarer Krankheit. Weh mir. Natürlich fand ich es spannend! Aber irgendwann dann halt auch nicht mehr… . Dass die meisten dieser Konflikte und Handlungsböden gemäß des Case-of-the-Week-Formats innerhalb einer einzigen Episode abgespult werden, wirken alle diese normalerweise recht einschneidenden Charaktermomente dann leider nach hinten raus auch immer eher flach und frei von Konsequenzen. Es fühlt sich ein bisschen so an als ob man einen frühen Feldversuch in Serien-Theorie beobachtet. Das ist nicht respektlos gemeint – im Gegenteil. Und ja, wer es schon ahnte: das ist aus Sicht eines Fans von seriellem Erzählen geschrieben.


„Funny Spock Lines and Moments from Season 3“, via Pelagia911 (Youtube)

… und kontrovers

Was TOS wiederum gut kann ist Kontroversen anzuschneiden. In einigen Punkten ist TOS regelrecht revolutionär. Man nehme alleine die Prime Directive und die Aura der friedlichen Abenteurer oder das Casting einer Person of Colour als Offizierin: Uhura (Nichelle Nichols). Aber dann sind da wieder die anderen Aspekte, die einem einen Cringe geben. Die kurzen Röcke und der mysogyne Unterton mancher Episoden. 3×01 Spocks Gehirn ist ein gutes Beispiel für eine solche Episode, in der ein guter und kontroverser Gedanke ordentlich schief lief. Er handelt von einem Volk, dessen Gesellschaft zweigeteilt ist. Die Frauen sind zwar die Befehlshaber, aber sie sind komplett ungebildet und tun nur, was ihnen eine Maschine sagt. Das ist zwar ein Plädoyer für (gleiches) Recht auf Bildung und das Hinterfragen seiner eigenen Lebensumstände, aber die Ausführung hinkt und wirkt regelrecht frauenfeindlich. Ähnlich schwierig ist die Rolle, die man Chekov (Walter Koenig) zugedacht hat. Schon in der zweiten Staffel wurde der nicht nur sympathisch charakterisiert, sondern als etwas verschroben und vaterlandsstolz. In der dritten wird noch eins drauf gesetzt bis er sich sogar (nicht ganz Herr seiner selbst muss man dazu sagen) in der Episode 3×07 Das Gleichgewicht der Kräfte gewaltsam einer Klingonin aufzwängt.

Die Episoden in denen der moralische Exkurs besser gelungen ist, adressieren alle möglichen Themen vom Gottkomplex bis hin zu Kritik an Diskriminierung und Rassismus. Besonders gut hat mir u.a. die Episode 3×10 Platons Stiefkinder gefallen in der psychokinetisch begabte Humanoide sich quasi zu Göttern erheben und Kirk, Spock & Co. wie lebensgroße Marionetten benutzen. Das jagt einem wahrlich einen Schauer über den Rücken bis der Spieß auf angenehme Weise umgedreht wird. Ebenso großartig: Episode 3×15 Bele jagt Lokai in der die Enterprise zwei Humanoide aufliest, die vom selben Planeten stammen aber offenbar zu sich feindlich gesinnten Ethnien gehören. Die eine unterdrückt die andere, die andere neigt zu Gewalt, beide geben sich die Schuld für den Krieg auf ihrem Planeten. Wodurch sie sich unterscheiden? Hier kommt die herrliche Metapher. Durch ihre Hautfarbe. Der eine ist schwarz auf der rechten Körperhälfte und weiß auf der linken; beim Anderen ist es umgedreht. Ein Unterschied, der Kirk und seiner Crew anfangs nicht mal auffällt. Wie das eben so sein sollte mit Hautfarben … . Auch spannend ist das Konzept der Unsterblichkeit und Einsamkeit in 3×19 Planet der Unsterblichen und die in 3×21 Die Wolkenstadt dargestellte Klassengesellschaft. Aus 3×12 Der Plan der Vianer fällt es mir schwer etwas zu machen, aber es war spannend zu sehen, dass zur Abwechslung mal eine Frau die Heldin ist – wenn auch mit einer Fußnote, die schwer zu verkraften ist. Ebenso wie in 3×05, wo man anhand von Dr. Miranda Jones Geschichte beginnt die allgemeine Vorstellung von Schönheit zu hinterfragen und die nebenbei ein großartiges Plädoyer gegen Albeism darstellt.


„Star Trek – Committed to Hatred“, via CBS (Youtube)

Fazit zu TOS Season 3

Ja so reihen sich großartige Konzepte aneinander in denen Star Trek seiner Zeit voraus war. Der Umstand, dass die Serie nicht alleine damit überzeugen kann ist eben, dass sie schlecht gealtert ist. Umständlich erzählte Handlungsbögen, Cases of the Week ohne Konsequenz auf andere Episoden und das stete Wiederholen der immergleichen gerade erfolgreichen Muster machen, dass auch ich immer noch nicht „Hurra“ schreie, wenn jemand „TOS“ sagt. Aber der fortschrittliche Charakter und die Ideen sind jedenfalls etwas, das Wertschätzung verdient. Die Recherche zeigt, dass die dritte Staffel fast nicht entstanden wäre, weil die Einschaltquoten und Ratings nicht so gut waren wie es sich das Network erhofft hat. Durch die überwältigende Resonanz des Fandoms wurde Star Trek aber doch verlängert. Danach war dann aber Schluss … . Erstmal. Der Preis für die seltsamste Übersetzung eines Episodentitels geht übrigens an 3×17: von That Which Survives zu Gefährliche Planetengirls. Oha. (6/10)

Sternchen-6

Zu den bisherigen Artikeln der Reihe:

Impressionen, Teil I (1. Hälfte TOS Staffel 1)
Impressionen, Teil II (TOS Staffel 1 Review)
Impressionen, Teil III (1. Hälfte Staffel 2)
Impressionen, Teil IV (2. Hälfte TOS Staffel 2 + Review)

So … jetzt noch die Filme, ne!? Tatsächlich heben wir uns die noch ein kleines bisschen auf. Ich war doch inzwischen sehr gespannt darauf wie „anders“ Star Trek: The Next Generation“ (TNG) ist. Und sehr zu meiner Erleichterung mag ich das sogar sehr gern und es fällt mir keineswegs schwer weiterzuschauen. 😉 Übrigens habe ich zwischenzeitlich meine eigene Nummerierung hier in der Reihe verpeilt. Cheers! Es könnte aber auch sein, dass das der letzte Beitrag aus „to boldly go where no Miss Booleana has gone before“ ist. Denn inzwischen kann man das nicht mehr so direkt sagen …

Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).

12 Antworten

  1. Naja wenn du schon den Anfang von TNG magst, wird das so ab Staffel 3 und 4 richtig gut laufen.

    TOS ist halt mittlerweile echt schon ziemlich alt und das kann die Serie schlecht verstecken. Die Kinofilme finde ich dagegen ja ganz gut gealtert. Schade, dass ihr die noch etwas rauszögert.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja ich brauchte von TOS dann doch erstmal ein Päuschen, bevor wir die Filme gucken. Aber das kommt auch noch. 🙂 Na jetzt bin ich ja mal umso gespannter was mich in Staffeln 3 und 4 erwartet … dachtest du an was bestimmtes? Gibt es Stichwörter, die du mir geben kannst ohne zu spoilern?

  2. Ich glaube auch, man muss mit TOS aufgewachsen sein, um die Serie wirklich zu mögen. Ich konnte nie viel damit anfangen, obwoh ich einige der späteren Filme ganz lustig fand, auch Anspielungen in den späteren Serien auf die ursprüngliche Serie sind recht amüsant. Es gibt eine fantastische Folge von Deep Space Nine, in der es um die Tribbles geht inklusive Zeitreise auf die alte Enterprise. Freue mich schon, wenn du die siehst, wobei das ja wahrscheinlich noch etwas dauern wird 😉

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Oh ja, ich glaube auch, dass das noch etwas dauert. XD Habe ganz schön geschluckt, als ich gesehen habe, dass TNG 7 Staffeln oder so sind.
      Aber ja, meine Hoffnung war ja schon, dass in TNG noch Charaktere aus TOS auftreten. Jetzt kenne ich natürlich die Filme noch nicht und weiß nicht, was da noch zu erwarten ist. Aber ich meine Bones war im Piloten!?

      1. Da will ich dich nicht spoilern, Überraschungen sind doch schöner 🙂

  3. TNG kann man ja auch gar nicht nicht mögen 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Den Eindruck habe ich jetzt auch! 😉

  4. Avatar von voidpointer
    voidpointer

    Oh je, auch wenn ich manche Anspielungen bei TOS durchaus geistreich finde und den überspitzten Darstellungen nicht abgeneigt bin reicht schon die Figur des Kirk um an meinen Nerven zu sägen.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das geht mir ähnlich und ich ernte meistens dafür unverständliche Blicke von meinen Mit-Zuschauern, die Kirk durchaus mehr zugetan sind … warum auch immer. 🙂

  5. […] immer gut in Mad Men funktioniert und wird seit jeher lässig in die Handlung eingestreut. Auch Star Trek und Erwähnungen der Rolling Stones, sowie ein verpatzter Backstage-Besuch Dons helfen das Feeling […]

  6. […] ist kein Geheimnis: ich hatte so meine Probleme mit TOS, aber TNG gefällt mir gut. Die Besprechung zur dritten Staffel bin ich bisher schuldig […]

  7. […] Jahre nach dem Ende der Serie Raumschiff Enterprise und einige Jahre vor dem Beginn des Nachfolgers The Next Generation begannen kreative Köpfe die […]

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