Jetzt wird es schaurig. 🙂 Zumindest grundsätzlich enthalten beide heute besprochene Manga Horroraspekte. Der eine bedient aber auch eher dramatisch-tragische Elemente, während der andere eher eine Parodie ist. Na welcher ist wohl welcher? Spoilergefahr besteht nicht, da ich gelobe nicht zuviel zu verraten und außerdem handelt es sich in beiden Fällen um die Auftaktbände von Reihen.
„Der Sommer, in dem Hikaru starb“ Bd. 1, Mokumokuren, altraverse
Erst im Januar wurde Der Sommer, in dem Hikaru starb veröffentlicht. Der Klappentext erzählt von den beiden Schulfreunden Yoshiki und Hikaru. Yoshiki findet, dass Hikaru sich seltsam verhält, seitdem er an einem Wochenende einen Wanderausflug auf einen nahe gelegenen Berg unternahm. Ist der Titel des Manga ein Spoiler? Ja. Ist es schlimm? Nein. Dankbarerweise macht der Manga schon auf den ersten Seiten klar, was hier Fakt ist. Yoshiki fragt darin nämlich Hikaru, ob der echte Hikaru tot ist. Und er bekommt eine Antwort. Wer oder was ist aber das, was da vor ihm als Hikaru posiert? Und offenbar so dringend Yoshikis Freund sein möchte? Damit ist Der Sommer, in dem Hikaru starb schon treffend als 16+ Titel kategorisiert. Es gibt einige verstörende oder gruselige Szenen. Neben dem Mystery-Genre bedient er aber auch Slice of Life und dort vor Allem das Thema Trauerverarbeitung. Yoshiki versucht sich selbst damit zu beruhigen, dass er ja noch einen Freund an seiner Seite hat, selbst wenn es ein anderer Hikaru ist. Aber Schuldgefühle und Verlust bleiben nicht aus. Der Konflikt lässt sich nicht vermeiden, die Fragen werden immer mehr. Was ist mit dem echten Hikaru passiert? Und dann verschwinden auch noch Menschen in ihrem Dorf.
Wo wir gerade bei Genre waren, gehen wir doch mal zu der Zielgruppe. Je nach Quelle wird er ab und zu mal als Shounen-Manga angegeben, laut Manga Passion wurde Der Sommer, in dem Hikaru starb vom japanischen Publikum zum „besten Manga für das männliche Publikum 2023“ gewählt. Ich finde solche Clusterungen sehr zwiespältig. Wer Freude an anspruchsvollen Mysterytiteln hat, kann zu dem Manga greifen. Stand heute ist die Reihe auf mindestens drei Bände ausgelegt bzw fortlaufend. Erschienen ist sie in Deutschland pünktlich zum Sommer, womit das Feeling des Manga ausgekostet werden kann. Denn das Zirpen von Zikaden und klassische Sommergeräusche und -eindrücke dominieren neben den Mystery-Momenten, Mutproben und den Erkenntnissen rund um Hikaru, was er ist, oder was nicht. Das Artwork ist großartig. Mokumokuren schafft atmosphärische und kontrastreiche Szenen, die auch ohne Gore und Splatter Schauer erzeugen. Das Characterdesign ist routiniert und facettenreich. Dramatische Spitzen sind manchmal surreal gezeichnet und fassen Yoshikis Dilemma und Gefühlswelt perfekt ein. Manchmal fühlt er sich als ob die Schwere der Ereignisse an ihm zieht. Für das Cover im deutschen (und internationalen?) Verleih wurde für Band 1 nicht das stärkste Motiv ausgewählt. Es ist das einzige ungelenke Bild Mokumokurens, das ich gesehen habe. Insgesamt erscheint Der Sommer, … unheimlich, dramatisch und echt stark. Hier geht’s zur Leseprobe bei Altraverse.
„Night of the Living Cat“ Bd. 1, Hawkman/Mecha-Roots, Panini
Eine Pandemie zieht über den Globus (aha). Alles was Katzen berühren, wird selber zur Katze (aha!). 🙂 Schlechte Zeiten für Katzenliehaber, wenn man nicht selber zu einer werden will. Kunagi und Kaoru, beide ehemalige Betreiber:innen eines Katzencafés fliehen vor den Katzen, die inzwischen in großen Mengen die Straßen unsicher machen und die Gegenden eingenommen haben. Zu Beginn von Band 1 mussten beide hilflos zusehen wie ihr Kumpel selber zur Katze wurde. Ab dem Zeitpunkt erlebt man in dem Band erstmal rückblickend wie es mit der Pandemie überhaupt angefangen hat und wie im Speziellen der sanfte Katzeliebhaber Kunagi und die resolute Kaoru die Auswirkungen der Pandemie bemerkten.
Der deutsche Beititel des Manga ist Alles wird verkatzt und wäre vielleicht nicht mal nötig gewesen. Im japanischen Original ist der übrigens ニャイト・オブ・ザ・リビングキャット, gelesen als Nyaight of the Living Cat. Das Nyan ist quasi das japanische Äquivalent zu Miau. Und jede Menge Miau ist hier auch Programm. Die Katzen sind halt schon echt gut getroffen. Wie das meiste in dem Band sind sie realistisch gezeichnet und sehen sehr flauschig aus. :3 Der Widerspruch zwischen Gefahr und Niedlichkeit zieht sich einmal komplett durch den Stil, den Ton, die Zeichnungen und den Witz. Nicht selten werden von „Mecha-Roots“ Winkel gewählt, die die Katzen besonders dramatisch darstellen, zum Beispiel durch bestimmte Posen und Fokus auf die Krallen ihre Räuber- bzw Jägernatur hervorheben. Echt gut gemacht. Die Parodie bedienend ist der bullige Muskelmann Kunagi ein totaler Katzennarr, der sie eigentlich lieber streicheln würde. Nebenbei gibts immer mal wieder ein paar Fakten rund um Katzen, die teilweise nicht mal ich als ebenso lebenslanger Katzenfan wusste. XD Trotz des Witzes, bleiben die Zeichnungen stets dramatisch und düster. Gute Wahl, denn ansonsten würde es wohl ins alberne abdriften. So hält sich eine coole, parodistische Atmosphäre. Der Clou sind die späteren Szenen, die an einige berühmte Horrorstreifen wie Alien und Der Nebel erinnern. 🙂 Wer einzig und allein wegen der Katzen reinschaut, muss eben prüfen, ob der ansonsten recht markige Zeichenstil passt. Irre gut gemacht, ich bin gespannt wie es weitergeht.
Welche der beiden Prämissen wäre eher euer Ding? 🙂 Katzen-Horror-Parodie mit Flauschfaktor oder Horrordrama mit Trauerverarbeitung? Ich bin gespannt. Entscheiden könnte ich mich nicht zwischen den beiden. „Night of the Living Cat“ gibt es übrigens auch noch mit einem Variant Cover in limitierter Auflage – das ist auch die, die ich erstanden habe.
In „angelesen“ sammle ich die Eindrücke von Buchreihen, die ich lese. D.h. insbesondere von Manga und Comics, die ich noch nicht abgeschlossen habe und deswegen nur als Teil eines Ganzen betrachten kann. Wer andere Literatur sucht und die Meinung zu abgeschlossenen Reihen, findet die in ausgelesen, einer weiteren Rubrik hier im Blog. 🙂
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