7ème art: Kosmischer Horror im Film

Was die Literatur betrifft, gründete H.P. Lovecraft quasi das Subgenre des kosmischen Horrors. Kosmischer Horror wird nicht umsonst häufig als Lovecraftian Horror bezeichnet. 🙂 Wie das unten verlinkte Video zeigt, liegt der Reiz kosmischen Horrors darin, das unerklärbare abzubilden. Und die Quelle des Unerklärbaren liegt für viele scheinbar im Weltall. Allerdings nicht nur! Aber wie bildet man das Unerklärbare ab? Denn wenn es schon schwer ist dafür Worte zu finden, wie gießt man all das in Bilder, vermittelt die Atmosphäre des Unbekannten und Unbenannten? Es gibt eine Menge Filme, die das versuchen. Eine Menge, die Lovecrafts Stoffe adaptieren oder zumindest davon stark beeinflusst sind. Auch einige der sieben Filme, die ich mir für heute rausgepickt habe, tun das. Vielleicht dient es euch auch etwas als Einstimmung auf Halloween. 😉


„Why Cosmic Horror is Hard To Make“, via Screened (Youtube)

Das Ding aus einer anderen Welt

Tierschützer auf die Barrikaden: einer Gruppe amerikanischer Forscher läuft in ihrer Basis in der Antarktis ein Hund zu, der mit Waffen und Hubschrauber von Norwegern verfolgt wird. Warum wollen sie das Tier mit solcher Härte und Entschlossenheit töten? Die amerikanische Forschungsgruppe hält sie für nicht ganz bei Trost und handelt in Notwehr. Der Hund bleibt. Zu dumm nur, dass das Fellknäuel bald zu einer amorphen Bestie mutiert. Das und die Überreste der norwegischen Forscher, die offensichtlich etwas aus dem Eis geborgen haben, formen bald ein grauenerregend klares Bild. Was auch immer die Norweger gefunden haben: es ist in der Lage die Gestalt anderer Organismen zu imitieren und sie zu absorbieren. Nun die Frage aller Fragen: Wer aus dem US-Forschungsteam ist eventuell schon nicht mehr er selbst?

John Carpenters Film ist selbst zwar selbst bereits ein Remake eines Films aus dem Jahr 1951 und erfreute sich zur Zeit seiner Veröffentlichung 1982 keiner großartigen Einspielergebnisse (E.T. lieferte derzeit ein freundlicheres Bild von Außerirdischen), aber er ist ein zeitloser Klassiker mit einem feinen Gespür für Body Horror und Suspense. Die Szenen voller Unklarheit über die eigene Crew und ihre Absichten sind oft imitiert, die Bodyhorror-Effekte und Masken von Rob Bottin sind noch handgemacht und nicht minder wirkungsvoll. Das Team rund um den wackeren Kurt Russell als Mac schlägt sich auch rein logisch nicht schlecht. Nur mit der Physik hapert es etwas. Bei -40° im T-Shirt rausgehen, wirklich John Carpenter, wirklich? Ich denke nicht. Davon mal abgesehen ist es ein atmosphärischer Klassiker des Horrorfilms, der einfach fast alles richtig macht. Nur manche Szenen erfordern einen starken Magen, denn Body Horror ist hier genau wie das, wonach es klingt.

Das Ding aus einer anderen Welt (OT: John Carpenter’s The Thing), USA, 1982, John Carpenter, 109 min, (9/10)

Sternchen-9

Event Horizon – Am Rande des Universums

Bevor Regisseur Paul W. S. Anderson in den Resident Evil-Kosmos abrutschte, drehte er Event Horizon. Der Film ist scheinbar aus dem Kosmischen Horror nicht wegzudenken und wird stets in einem Atemzug mit mit dem Genre erwähnt. Darin bricht die Besatzung der Lewis & Clark in die Untiefen des Alls auf, um das Schiff Event Horizon zu bergen. Für diesen Sonderauftrag stößt zu der Crew unter Captain Miller (Laurence Fishburne) auch der Forscher Dr. Weir (Sam Neill) hinzu, der sich kurze Zeit später als Erbauer bzw Planer der Event Horizon outet und preisgibt, dass das Schiff nicht nur wegen der Crew geborgen werden soll. Viel mehr beherbergt das Schiff eine bis dahin einzigartige Technologie, die die Antimaterie eines schwarzen Lochs als Antrieb nutzt. D.h. das Schiff selber ist in der Lage ein solches Portal zu öffnen. Was die Crew der Lewis & Clarke noch nicht weiß, ist dass durch eben dieses Wurmloch irgendwas auf die andere Seite kam, das schon die Crew der Event Horizon in den Wahnsinn trieb und das Leben kostete.

Ich gestehe: der Film ist schon alleine deswegen ein Guilty Pleasure, weil man hier u.a. Laurence Fishburne und Jason Isaacs als noch relative Jungspunde auf der Mattscheibe sehen darf. Fishburne hat aber seinen genervten Seitenblick schon hier zur Perfektion beherrscht. 😉 Ansonsten hat Philip Eisners Drehbuch deutlich spürbar einige gedankliche Väter bspw. Solaris. Die Schauwerte lenken von der erklärungsarmen „Es ist halt so“-Lösung des Horrors ab. Kosmischer Horror hat sicherlich die Note des Unerklärbaren, aber musste es so unerklärbar sein? In Event Horizon akzeptiert man bereitwillig, dass irgendetwas durch das Wurmloch gekommen ist. Aber muss man auch akzeptieren, dass es bei dem irgendetwas bleibt und der Horror keinen Namen bekommt? Auch bestimmte Tropen ringen dem einen oder anderen Zuschauer nun nach über zwanzig Jahren ein müdes Lächeln ab. Wenn zum Beispiel der in Latein gefaselte SOS-Funkspruch etwas misinterpretiert wird wie sich später herausstellt: Man sollte wegbleiben, nicht zur Event Horizon aufbrechen. Trotzdem ist es ebenso leicht verständlich, dass der Film vor zwanzig Jahren Einschlug wie eine Granate. Gore-ige Schauwerte sind durchaus gegeben. Dankbarerweise werden sie nie zu plastisch gemacht, sondern immer nur über wenige Frames hinweg gezeigt, was deutlich reizvoller ist. Die Architektur der Event Horizon erinnert in manchen Szenen an HR Giger und drückt schon alleine kosmischen Horror aus – top! Dafür muss man nur einige Tropen verschmerzen.

Event Horizon – Am Rande des Universums (OT: Event Horizon), UK/USA, 1997, Paul W. S. Anderson, 92 min, (6/10)

Sternchen-6


Event Horizon (1997) Trailer #1 | Movieclips Classic Trailers, Rotten Tomatoes Classic Trailers, Youtube

Der Nebel

Regisseur Frank Darabont ist gut darin das Potential von Stephen King Romanen auszuschöpfen. So adaptierte er neben Die Verurteilten und The Green Mile auch Stephen Kings Novella The Mist, dt. Der Nebel. Als man in der Eröffnungssequenz den Protagonisten David Drayton (Thomas Jane) in seinem Beruf als Maler ein Filmposter (offensichtlich für Stephen Kings Dark Tower mit Roland in Clint Eastwood Manier) anfertigen sieht, hängt dort im Hintergrund auch das Poster von Das Ding aus einer anderen Welt. Damit ist dann auch klar, was uns erwartet. Das Szenario beginnt wie so oft denkbar einfach. Ein grausiger Sturm treibt am nächsten Tag die Leute eines kleinen Örtchens in den Supermarkt um sich wieder mit Lebensmitteln zu versorgen. Der Strom ist immer noch ausgefallen und bei manchen liegen die Nerven blank. Auch Drayton ist dort mit seinem Sohn Billy (Nathan Gamble) als sich plötzlich ein dichter Nebel ausbreitet, Sirenen aufheulen und ein blutender Mann aufgeregt in den Laden läuft und alle anherrscht die Türen zu schließen und nicht rauszugehen. Im Nebel wäre etwas gefährliches. Und das bestätigt sich bald.

Der Nebel hat damit ein denkbar klassisches Setting. Die Zutaten: viele Menschen in Isolieren, Ungewissheit und Angst kommt auch ins Spiel. Die lokale, religiöse Fanatikerin Mrs. Carmody (Marcia Gay Harden) redet von der Apokalypse und trifft damit einen empfindlichen Nerv. Es bilden sich Grüppchen, die Menschen werden nicht minder gefährlich als das was im Nebel lauert. Das ist einerseits Isolations-Horrorfilm 101, aber eben auch sehr effektiv geschrieben. Nicht ganz mithalten können da leider die CGI-Schrecken aus dem Nebel. Der Nebel selber ist natürlich klasse. Das Durchschreiten desselben, nicht sehen zu können, was dort lauert ist erwartungsgemäß effektiv und sieht fantastisch aus. Dass der Film unter der Überschrift Kosmischer Horror besprochen wurde ist wohl auch ein Hinweis darauf, was im Nebel lauert. Man bekommt ab und zu Lovecraft-Vibes. Die Erklärung des Spuks hingegen ist schon ein wenig 0815 und weglassen wäre effektiver gewesen. Das Ende des Films findet sich regelmäßig in der Liste grausamer und tragischer, „most-unsettling“ Filmenden. Ich gestehe ich fand’s auch etwas blöd. Aber es tat mir auch sehr leid.

Der Nebel (OT: The Mist), USA, 2007, Frank Darabont, 126 min, (7/10)

Sternchen-7


Der Nebel – Trailer (deutsch/german), LEONINE Studios, Youtube

The Void

Als Deputy Daniel Carter (Aaron Poole) auf der Straße einen Mann aufschnappt, der wortwörtlich panisch aus dem Wald gekrabbelt kommt, denkt er an nichts böses. Wahrscheinlich ist er betrunken – aber auch verletzt. Carter bringt ihn in das nächstgelegene Krankenhaus, in dem auch seine (Ex?)Frau Alison (Kathleen Munroe) gerade Nachtschicht schiebt. Was gewöhnlich beginnt, mündet ins Extreme. Plötzlich ist das Krankenhaus von Vermummten umzingelt, die alles abstechen wollen, was nicht bei Drei auf dem Baum ist. Im Krankenhaus selber treibt ein grausiges Monster sein Unwesen, das nach und nach alle um sich herum schnetzelt, ein Bewaffneter stürmt mit seinem Kumpel in das Krankenhaus und will den eingelieferten Junkie umbringen und zu guter Letzt steht eine Schwangere kurz vor der Geburt ihres Kindes in dem inzwischen von der Außenwelt abgeschnittenen Krankenhaus.

The Void ist ambitioniert und bringt eigentlich die genau richtigen Zutaten für einen lovecraftschen Horror mit. Effekte und Maske sind irre gut und alptraumhaft. Der Mix aus Body Horror, kosmischem Einfluss und Sekten-Alptraum erinnert an H.P. Lovecrafts Universum des Grauens. Optik und Ambition sind da. Was nicht mehr so gut funktioniert ist der restliche Nonsense und der Verlust von Logik. Ja, es tut mir leid, ich komme einem Unterhaltungsmedium (noch dazu im Horrorgenre!) mit Logik. Aber zu vieles ist strunzdoof von mangelndem physikalischen Verständnis (Benzin, anzünden, Zigarette? Ähm, nein?) bis hin zu plötzlichen Veränderungen im Verhalten der Charaktere, viel zu viel panischem Rumgerenne und zuvielen Personen, die gern was erschießen wollen. Das sind leider etwas billige Stilmittel, die bei so wenig emotionaler Unterfütterung wenig für Isolations-Settings tun. Krasser Gegenvergleich oben: Der Nebel. V.A. mindert es die Wirkung des eigentlich gewichtigen Themas Verlust eines Kindes, das irgendwie darin mit rumschwebt, aber durch all den anderen Blödsinn und die nervigen Charaktere gar nicht seine volle Wucht entfalten kann. Im Disc- und Stream-Release ist zudem der Ton nervtötend. In der einen Sekunde dröhnend laut, in der nächsten leise bis hin zu kaum hörbar. Vielleicht habt ihr aber mehr Glück als ich – zumindest mit diesem Aspekt des Films.

The Void, Kanada/USA/UK, 2016, Steven Kostanski/Jeremy Gillespie, 90 min, (4/10)

Sternchen-4

The Endless

Nach ihrem Erfolg mit Spring legten Justin Benson und Aaron Moorhead einige Titel ähnlich modernen Horror-Verständnisses nach, u.a. The Endless. In dem spielen sie die Brüder Justin (Benson) und Aaron (Moorhead) Smith, die vor Jahren einem UFO-Todeskult entkommen sind. Ihre Flucht wurde auch von den Medien aufgegriffen. Besonders Justin sieht den Kult als gefährlich und hat dort von den Praktiken und dem Glauben der Anhänger:innen berichtet. Aaron hingegen erinnert sich nur an harmloses und sieht die Gruppe eher als eine Kommune. Viel frische Luft, gutes Essen, harmonische Gemeinschaft. Als Justin nachgibt, kehren sie zurück in eine auf den ersten Blick tatsächlich friedliche Gruppe. Dann ist da aber auch das Gerede von der Entität, die sie beobachtet; von dem Tag des Aufstiegs und scheinbar sind die anderen Mitglieder überhaupt nicht gealtert, seitdem Aaron und Justin geflohen sind. Das war vor zehn Jahren.

Der Film beginnt mit u.a. dem Zitat, dass Geschwister sich erst auf dem Todesbett von ihren Gefühlen erzählen. Im Falle von Aaron und Justin könnte das stimmen. Aaron leidet darunter, dass Justin alle Entscheidungen für sie beide trifft. Justin denkt, dass er sie treffen muss, weil er der Ältere ist. Dementsprechend bleibt Justin der Skeptiker des Kults. In vielen Gesprächen versuchen beide Brüder herauszubekommen, was es mit ihren seltsamen Beobachtungen auf sich hat, was die Leute antreibt beim Kult zu bleiben, etc. Die Gespräche habe ich als lohnenswert, introspektiv und empathisch wahrgenommen. Allerdings zieht sich der Film dadurch auch sehr stark und hat eher die Atmosphäre eines Dramas mit einigen Spitzen, die ins mysteriöse ausschlagen und sobald man darüber nachdenkt versteckter, fein dosierter Horror sind. Und zudem durch interessante Ideen und Szenen glänzen, die The Endless zu einer Indie-Perle machen und viel Diskussionsstoff bieten.


THE ENDLESS Trailer German Deutsch (2018), KinoCheck, Youtube

Wer den Trailer schaut, bekommt zum Einen den Eindruck, dass der Film schneller oder spannender ist als er dann tatsächlich ist (leider). Wird aber bestimmt auch bei der Seil-Szene hängen bleiben. Ob dort nun wirklich eine Entität lauert oder nicht, wird beantwortet. Wie die Antwort ausfällt, sei hier natürlich nicht verraten. So oder so spielt Bensons Drehbuch mit der fabelhaften und grauenerregenden Idee eines höhen Wesens, einer grausamen Entität, die mit der Gruppe Menschen spielt und sie beobachtet. Da kann man schon mal Gänsehaut bekommen. Viele der Ideen aus The Endless machen am Ende auf grausige Weise Sinn, erklären aber nur unzulänglich was eigentlich mit Justin und Aarons Eltern passierte. Davon abgesehen krankt der Film sehr an dem Tempo und man sollte putzmunter sein, wenn man ihn schaut. 30 Minuten weniger hätten’s auch getan. Schon wieder enorm cool: er ist ein Sequel zu Benson and Moorheads Film Resolution.

The Endless, USA, 2017, Justin Benson/Aaron Moorhead, 116 min, (6/10)

Sternchen-6

Die Farbe aus dem All

Richard Stanley adaptiert hier die gleichnamige Geschichte H.P. Lovecrafts. Ein Meteorit schlägt auf dem Grundstück der Gardners in einer ländlichen Gegend ein. Die haben sich dort erst vor Kurzem niedergelassen und wollen nach der schweren Krankheit von Familienmutter Theresa (Joely Richardson) zur Ruhe kommen. Ihr Mann Nathan (Nicolas Cage) plant Geschäftsideen rund um Alpakas auszuleben bis durch den Meteorit nichts ist mehr so wie es war. Dessen auffällige Farbe findet sich fortan ständig auf dem Grundstück wieder, scheint überall zu sprießen und die Familie förmlich zu infizieren. Nathan sagt er hätte so eine Farbe noch nie gesehen. Nun ja, ich würde sie Magenta nennen!? 😉

Es wird sehr body-horror-lastig und ein bunter Strauß aus seltsamen Entscheidungen getroffen. Oh das Auto fährt nicht, hm, vielleicht mal loslaufen und Hilfe holen? Ach nein, warum auch!? Über Logik darf man nicht anfangen zu diskutieren. Dafür glänzt der Film wortwörtlich im Visuellen. Richard Stanley hat sich wie auch Huan Vu in seinem Die Farbe für Magenta als die Farbe entschieden, die sich hier wirklich nach und nach einschleicht und überall durchzieht. Besonders mochte ich wie sie manchmal ganz subtil als leichte Spiegelung oder Färbung im Trinkwasser zu sehen ist, manchmal aber in einem psychedelischen, nicht zu übersehenden Farbfeuerwerk mündet.

Allerdings ist Nicolas Cages Rolle so gaga und voller Overacting, dass ich inzwischen doch denke, dass die Leute ihn absichtlich für solche Rollen casten und das Overacting auch von ihm erwarten. Auch aus den Wicca-Ambitionen von Tochter Lavinia (Madeleine Arthur) hätte man mehr machen können oder es bleiben lassen sollen. So muss sie dafür herhalten, dass mit dem Necronomicon nun doch einige der typischen lovecraftschen Motive in der Adaption auftaucht (was jetzt gar nichts mehr mit Wicca zutun hat), obwohl sich Color Out of Space ja eigentlich dadurch auszeichnete, das weder Cthulhu oder große Alte, noch das Necronomicon auftauchen. In dem Punkt ist das je nach Flügel der Lovecraft-Fanbase also genial oder höchst umstritten. Auch ansonsten hat sich Stanley auf ganz andere Aspekte der Geschichte rund um den Meteoriten verschrieben als Lovecraft in seiner Kurzgeschichte. Die Wissenschaftskeule wird gar nicht geschwungen und sich stattdessen stark auf die Familie konzentriert. Dafür gibt es reichlich Body Horror. Das finde ich gut, mit einigen der anderen Entscheidungen bin ich nicht übermäßig zufrieden. Alles in allem setzt der Film aber das Motiv der alles verändernden Farbe gut in Szene.

Die Farbe aus dem All (OT: Color Out of Space), USA, 2019, Richard Stanley, 113 min, (6/10)

Sternchen-6


COLOR OUT OF SPACE Official Trailer, via RLJE Films , Youtube

Underwater

Wie? Was? Underwater und kosmischer Horror? Wo ist denn hier der Kosmos? Der Teil der Überschrift „Kosmischer Horror“ liegt in dem Subkosmos Tiefen des Ozeans begründet. Schließlich gibt es dort immer noch nahezu unerforschte oder wenig erforschte Areale. Meerestiefen sind schließlich auch ohne technische Hilfen menschenfeindliches Gebiet. Das muss in der Fiktion auch die Crew der Kepler-822-Station, einer Bohr- und Forschungseinrichtung am Marianengraben, merken als die nach einem Erdbeben über ihren Köpfen einzubrechen droht. Norah Price (Kristen Stewart) ist dort Maschinenbauingenieurin und entkommt einer tödlichen Druckwelle gerade so. Sie und ein paar andere Überlebende versuchen in hochdrucktauglichen Tauchanzügen über den Meeresboden zu wandern und die nächstgelegene Station ihres Unternehmens zu erreichen. Dabei bemerken sie allerdings auch, dass sie nicht alleine sind. Das Erdbeben hat etwas geweckt.

Oder hat dieses Etwas das Erdbeben ausgelöst? Underwater kann dem Gerne über die ersten Minuten wenig neues hinzufügen. Man fühlt sich unweigerlich an Filme wie Alien, Life oder Sunshine erinnert, in denen eine (immerhin!) divers zusammengewürfelte Gruppe, verbunden durch die Arbeit und Isolation, mit einer lebensgefährlichen Bedrohung umgehen muss. Dabei werden ihre Beziehungen auf die Probe gestellt und einer nach dem anderen dezimiert bis vielleicht irgendwer überleben darf. Was Underwater gut gelingt: die Crew sehr menschlich darzustellen. Nicht alle von ihnen sind es gewöhnt in Druckanzügen über den Meeresboden zu laufen. Was Underwater noch besser gelingt: den Meeresboden als unheimlich zu inszenieren. Wenn sie da so in die tiefste Schwärze des Meeresbodens laufen, dann wirkt das mindestens so unheimlich, schwer greifbar und verunsichernd wie eine Horrormär aus dem All. Wo William Eubank dann etwas weit ausholt ist die Ansage nach Veröffentlichung des Film, dass es sich bei dem Schrecken um Cthulhu, einen der Großen Alten aus Lovecrafts Horrorgeschichten, handelt (Quelle: Screenrant, 2020). Am besten ihr macht euch selber ein Bild. Denn ich sehe das nicht so richtig. 😉

Underwater, USA, 2020, William Eubank, 95 min, (8/10)

Sternchen-8

Fun-fact aus dem Making-of des Beitrags hier: ich habe extrem oft „komischer Horror“ statt „kosmischer Horror“ geschrieben. 🙂 Zumindest bis zum Korrekturlesen. Auf andere Weise auffällig ist, dass ich John Carpenter noch einige Male hier aufführen könnte. Und dass ich leider keine Regisseurin in der Liste habe und sie US-lastig ausgefallen ist. Vielleicht habt ihr Tipps für Kosmischen Horror von anderen Kontinenten? Unterschlagen habe ich übrigens u.a. Auslöschung, den ich sehr gelungen finde. In (fast) allen hier aufgeführten Filmen funktioniert der Horror im Kosmischen Horror für mich tatsächlich besser, wenn er nicht weiter benannt oder erklärt wird. Eine Ausnahme ist für mich „Event Horizon“ aus oben genannten Gründen. Seht ihr das ähnlich? Welche Filme, die Kosmischen Horror bedienen, kennt ihr und mögt ihr? Und ja, ich habe auf andere Lovecraft-Adaptionen wie Dagon verzichtet, weil ich daran unheimlich wenig Spaß habe und der Kosmische Horror da auch nur sehr unzulänglich funktioniert.

„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.

8 Antworten

  1. Ich habe hier ständig „komisch“ statt „kosmisch“ gelesen, ganz gleich, was da wirklich steht. Ich hab vielleicht zu viel Jeff Strand gelesen ^^

    Zu den Filmen: gleich die ersten drei (The Thing, Event Horizon & The Mist) gehören zu meinen absoluten Genrelieblingen, und das Ende von The Mist feiere ich nach wie vor als eins der konsequentesten, die mir je untergekommen sind. Ich hasse es, wenn Regisseure am Schluss den Schwanz einziehen, und das war hier eindeutig nicht der Fall. Harte Liebe dafür!

    The Endless hat mich nach der Durststrecke der ersten halben Stunde doch mit seiner ruhigen Erzählweise und den kleinen Seltsamkeiten fasziniert, ist halt kein klassischer Horrorklopper, den manche wohl erwartet haben.

    Die Farbe aus dem All ist der letzte Film im Reigen, den ich kenne, und kann mich deiner Einschätzung voll und ganz anschließen. Und ohne Gaga-Cage hätte der mir auf jeden Fall nicht halb den Spaß gemacht, den ich damit hatte!

    Selber kann ich keine kosmisch horriblen Filme empfehlen, mir fehlt trotz meiner sehr speziellen Liebe zur Horrorliteratur einfach die Ader für Lovecraft und Querverweise auf sein Universum. Mich nervt sein unfassbar floral überbordender Schreibstil zu sehr, um mich durch sein Werk zu kämpfen, dagegen liest sich Poe ja fast schon wie eine nüchterne DPA-Meldung aus dem Ticker.

    Aber danke, jetzt hab ich wieder die Qual der Wahl, welchen Film ich heute Abend schauen werde…

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das hat es bestimmt um einiges witziger gemacht das zu lesen! 😉

      Wow – alle Drei!? Klasse! Sehr spannende Lieblinge 😀
      Von dem Standpunkt aus gesehen hat The Mist auf jeden Fall das konsequenteste Ende.

      Ja. jemand kennt The Endless! 🙂 Ich war ja sehr hin- und hergerissen, ob ich da nicht mehr Tempo möchte. Vielleicht. Aber die Bilder und die ganze Idee sind schon faszinierend. Es muss halt immer mal Filmschaffende geben, die sich trauen einen anderen Weg einzuschlagen, „irgendwas“ anders zu machen. Sonst würde es ziemlich langweilig werden.

      Lass mich wissen, worauf deine Wahl gefallen ist 😉

      Vielleicht muss ich mir Lovecraft mal wieder zu Gemüte führen. Als sehr floral habe ich den nicht in Erinnerung. Eher so als ob man den Twist auf zehn Meilen kommen sieht, wenn man erst mal zwei Geschichten von ihm gelesen hat.

      Ich bin übrigens doppelt froh, dass du kommentiert hast. Zum Einen weil du dich offensichtlich mit dem Genre auskennst 🙂 und zum Anderen weil mein Feedreader mir bei Änderungen des Blog-Namens bzw der URL keine Updates mehr liefert. Und so habe ich das erst mitbekommen, dass sich der Name deines Blogs geändert hat.

      1. Oh, vielen Dank für die Blumen ☺️

        Es wurde dann gar kein Film, hatte mich auf Youtube mit ein paar australischen Crimedokus festgefahren. Fang ich einmal damit an, ist das wie eine geöffnete Chipstüte, die kann ich auch nicht zur Seite legen

        Lovecraft betreffend hast du auf jeden Fall recht, dass er sehr schnell sehr einfach zu durchschauen ist. Kennste eine handvoll, kennste alle. Wenn es wenigstens ein Genuß wäre, ihn zu lesen, wäre mir das relativ egal. Aber da, wo ein oder zwei ordentlich konstruierte Sätze perfekt wären, nervt Lovecraft mich mit unnötig verknoteten und aufgeblasenen Formulierungen, die alles auf das doppelte oder dreifache aufblähen. Viele mögen das, ich kann damit nichts anfangen ‍♀️

        Und ein Film oder besser eine Reihe fiel mir dann doch noch ein: Evil Dead! Da stand ich wirklich auf dem Schlauch, in diesen Filmen ist schließlich das Necronomicon an allem Schuld, und mehr Lovecraft geht ja nun wirklich nicht ‍♀️

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Ja das ist auch so eine Sache … das Necronomicon muss in vielen Medien Sündenbock spielen. 🙂 Schon krass wie sich ein einzelnes Element so durch Popkultur ziehen kann.

  2. Avatar von BoomHoschi
    BoomHoschi

    Event Horizont gehört immer noch zu den Lieblingsfilmen von mir.
    The Thing ist ja mittlerweile ein Klassiker, obwohl ich die drei The Blob – Filme immer noch bevorzuge!
    Underwater hat mir auch gut gefallen, aber mit The Mist konnte ich leider gar nichts anfangen. Mir hat auch schon die Vorlage von King nicht wirklich gefallen.

    Wodrauf Du mich aber wirklich neugierig gemacht hast The Endless bzw. Resolution (habe gerade eben mir den Trailer angeschaut). Die Beiden kommen auf jeden Fall auf meine Watchliste.

    Color Out of Space und The Void sind an mir vorbeigezogen und ich werde sie mir wohl auch nicht anschauen.

    Life und Pandorum haben mir auch sehr viel Spaß gemacht und gehören meines Erachtens auch in die Liste der Filme die thematisch in den komisc… ääähhh…kosmischen Horror gehören.

    Frau Blücher hat recht, wenn sie sagt, Lovecraft ist echt schwer zu lesen. Da ziehe ich die Mangas von Gou Tanabe oder die Comic-Trilogie von Alan Moore den Büchern vor.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ich glaube wenn man „Color Out of Space“ und „The Void“ auslässt, hat man auch nicht viel verpasst. „The Void“ hat zumindest einige sehr gute Schauwerte, aber den Rest des Films muted man besser.

      „Life“ und „Pandorum“ sind für mich eher so Weltraum-Slasher 😀 Da fehlt mir noch ein wenig das „Unbeschreibliche“ und „unfassbare“

      Ich habe Lovecraft nicht als so unangenehm zu lesen empfunden – aber es schwankt denke ich auch. Je nachdem was man sich zu Gemüte führt. Welche ich einfach und welche ich zu verkompliziert (oder von oben herab) fand, weiß ich aber nicht mehr.
      Zwei der Manga von Gou Tanabe liegen auch hier.

      Resolution habe ich selber noch nicht gesehen und weiß jetzt auch gar nicht mehr so genau, ob mir das jetzt noch viel Spaß macht. Die Charaktere werden cross-referenziert und ich glaube man sollte Resolution vor The Endless schauen. Falls du das also noch nicht gemacht hast – hier die Warnung. 🙂 Ansonsten bin ich gespannt wie du die findest. Vielleicht erfahre ich das ja.

  3. […] Vor einer Weile ging es hier im Blog im Zusammenhang mit Filmen genau darum. Vor Allem darum, dass Kosmischer Horror schwer abzubilden ist. So läuft das Subgenre oftmals Gefahr sich in Plattitüden und ausgetretenen […]

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