Ja, zur zweiten Staffel gibt es schon mehr als fünf Sätze zu sagen. Die haben mir bei der ersten Season gereicht, um zusammenzufassen wie ich die Serie fand. Dass ich überhaupt so spät zur Party erscheine, liegt daran, dass ich gerade „Death Stranding“ spiele und immer wenn ich dort Norman Reedus sehe, beschleicht mich der Verdacht irgendwas verpasst zu haben. Ich arbeite dran. Tatsächlich war ich nie besonders neugierig auf „The Walking Dead“ (TWD) während es gehypt wurde. Zum Einen gerade weil jeder darüber geredet hat und zum anderen, weil ich nicht denke, dass die Serie dem Zombie-Genre etwas neues hinzufügen kann. TLDR; das denke ich immer noch. Aber ich musste entdecken, dass es andere Gründe gibt die Serie zu gucken und unterhaltsam zu finden. Die Besprechung ist spoilerfrei.
„Caaarrrrrrrrrrrl“
Nach den jüngsten und sehr ernüchternden Geschehnissen im CDC-Gebäude, macht sich die Gruppe auf nach Fort Benning, nur um in einem von Walkern versuchten und von Autos blockierten Highway stecken zu bleiben. Aufgescheucht und bedroht durch die Walker, verschwindet die kleine Sophia (Madison Lintz) im Wald. Ihre Mutter Carol (Melissa McBride) ist aufgelöst, die ganze Gruppe rund um Rick (Andrew Lincoln), Shane (Jon Bernthal) und Daryl (Norman Reedus) sucht oder versucht auf andere Weise zu helfen. Während die einen auf dem Highway auf Nachricht warten, finden die anderen die Farm des zurückgezogen und bewusst isoliert lebenden Hershel Greene (Scott Wilson) und seiner Familie. Hershels Farm könnte der Unterschlupf sein, von dem sie seit der Zombie-Apokalypse nur träumen konnten. Was folgt ist der Zwiespalt zwischen der Suche nach Sophia und dem Ringen um einen Ort zum Bleiben. Wie lange kann Sophia alleine da draußen überleben? Die Lager spalten sich, es ist mehr als nur ein diplomatischer Akt, mehr das Aufeinanderprallen von Sichtweisen. Schließlich muss sich die Gruppe mit Hershel und seinen sehr speziellen Grundsätzen abfinden.
The Walking Dead – season 2 trailer, Zoltán B, Youtube
Dramaserie vs. Gier nach Schockern = Zombie-Telenovela
Die Konfrontation der Gruppe mit Hershel birgt eine Menge Spannungspotential. Denn während Hershel bisher abgeschirmt war und von Walker-Angriffen offenbar weitestgehend verschont blieb, hat er eine ganz andere Einstellung. Noch dazu kommt seine humanistische Denke als (Tier)Arzt, nach der er deklariert: Walker sind auch nur Menschen. Sein Grundstück, seine Regeln. Für die Gruppe um Rick ist es mehr als wünschenswert sich in die Farm integrieren zu können. Medizinische Versorgung und Ressourcen gibt es, genauso wie zur Abwechslung mal ein richtiges Bett. Da Hershel dort nicht allein lebt, vermischt sich auch die Gruppe und sieht mal andere Gesichter, was einigen (Steven Yeun als Glenn 🙂 ) gut tut. Andere wie Shane würden den Laden am liebsten sofort kapern und ihre eigenen Gesetze machen. Erneut ist The Walking Dead die Menschheit in einer Nussschale. Der moralische Konflikt und die verschiedenen Sichtweisen mögen schnell polarisieren und die Zuschauerschaft spalten, aber sind einerseits schon eine deutliche Bereicherung. Sie machen die Suppe etwas nahrhafter, etwas fetter. Denn es gibt auch wieder reichlich, was die verwässert zugunsten billiger Schockereffekte und weitaus einfacher erkaufter Konflikte.
Das Drama um Lori (Sarah Wayne Callies), Rick und Shane war schon in der ersten Staffel nervtötend und ist es noch in der zweiten. Zwischenzeitlich denkt man, dass einige Aspekte doch gut gehandhabt wurden. Es wäre peinlich, wenn die Serie noch länger um die Affäre der Beiden mäandert hätte, wo es hier zwar dann endlich mal deutliche Ansagen gibt. Leider werden die durch wohl eine der schwächsten Drehbuchentscheidungen wieder relativiert und führen nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip zu einer Katastrophe. Und wenn dieses Drama von der Qualität einer Vorabend-Telenovela nicht reicht, dann muss Carl noch tun, was Kinder eben tun und reichlich Blödsinn verzapfen, der dann wiederum andere Katastrophen heraufbeschwört. Das macht schon etwas müde. Wäre es doch nur manchmal weniger redundant gehandhabt. Das klingt nach viel Drama, das ist es auch. Natürlich verschweige ich euch aber die großen Katastrophen, Twists und blutigen Überraschungen der Staffel. Und die gibt es. Angefangen bei der ersten Episode, endend mit der letzten. Ich will euch eben nicht spoilern. Aber das „Nein, sie haben doch nicht etwa …?“ und das „Er wird doch wohl nicht ….!?“ ist definitiv da. Und jetzt weiß ich: deswegen guckt man TWD. Der Twists wegen und um zu sehen wer diese aufgeskripteten Katastrophen überlebt.
Sprunghafte Weiterentwicklung, aber ja nie zu viel
Was die zweite Staffel trotzdem deutlich besser beherrscht ist eine runde und gut ineinandergreifende Story zu entwickeln, statt dem Geholper von Plot Point zu Plot Point in der ersten Staffel. Die Konflikte greifen ineinander, sind moralischer und entwickeln die Charaktere deutlich. So hat das Geschehen der ersten Folge bis zur letzten der Staffel Auswirkungen. Man nehme nur mal Daryl, der sich für rational hielt und so eigenständig, dass er niemanden braucht und ihm auch für das Überleben das Schicksal anderer egal ist. Nicht nur, dass durchschimmert wie er aufgewachsen ist, sondern auch, was das Verschwinden einer aus ihrer Gruppe für ihn bedeutet. Auch wenn er sich dagegen einigermaßen sträubt, verbindet ihn dadurch viel mit Carol. Die moralischen Dilemmas triggern sie alle auf bestimmte und schlüssige Weise. Schockmomente wie auch Comedy und Gore wechseln sich gekonnter ab. Zudem gesellen sich einige Zwangslagen, in die sich Menschen in einer Zombie-Apokalypse eher nicht begeben wollen. Wenn da nur dieser Hauch billiger, emotionaler Verwicklungen nicht wäre, die manchmal aus heiterem Himmel auftauchen oder die kleinen Logiklücken, die insbesondere gegen Ende der Staffel Fragezeichen aufrufen. Man ist gewillt einiges davon zu vergessen, weil einem die Staffel viele Gefallen tut. Das ändert aber nichts an der Nährwertetabelle. Denn soviel ahnt man: TWD bleibt vielleicht nicht so gehaltvoll. (7/10)
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Wenn ich oben in der Einleitung immer von spoilerfrei rede, dann kommt meist der Kommentar, dass man darauf doch nicht mehr achten müssen, weil das inzwischen eh schon jeder kennen dürfte. Nein! Unter bewusster Rücksichtnahme nicht. Denn wie dieser Beitrag ja beweist, habe auch ich bis vor Kurzem die Staffel nicht gekannt. Ich erzähle noch mehr: ich habe „The Walking Dead“ u.a. auch deswegen nie geschaut, weil damals meine Kommilitonen alle darüber geredet haben und alles mögliche gespoilert haben. Mein Gedächtnis (für Serien und Filme) ist erschreckend gut und an manche Details erinnere ich mich leider bis heute. Zum Beispiel an die Sache mit der Scheune. Daher hat die Staffel sicherlich einiges weniger an Überraschungspotential für mich gehabt. Ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass man Spoiler immer und zu jeder Zeit versuchen sollte zu vermeiden. Es ist so einfach Dinge zu umschreiben. Wie hat euch die zweite Staffel gefallen? Und bei welcher Serie wart ihr später dran als der Hype?
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