Manch Hype ist einfach gerechtfertigt. Natürlich wird „The Bear – King of the Kitchen“ nicht alle abholen. Die Serie um eine (Wahl)Familie und die Arbeit in einem Restaurant ist manchmal stressig bis hin zu traumatisierend. 🤯 Dann aber wieder auch so schön und bereichernd. Falls ihr die Serie noch nicht kennt, bitte erspart euch die Spoiler in dem Beitrag hier und schaut nochmal in der verlinkten Besprechung zur ersten Staffel nach, warum „The Bear“ so großartig ist. Übrigens: die zweite Staffel ist noch toller!
„Chef, language!“
Nachdem Carmen „Carmy“ Berzatto (Jeremy Allen White) am Ende der letzten Staffel überraschend all das Geld fand, das sich sein Bruder auslieh, um den Traum vom gemeinsam Restaurant zu finanzieren, will er Nägel mit Köpfen machen. Zusammen mit Sydney (Ayo Edebiri) will er die Leitung übernehmen und ihre gemeinsamen Menüs und Visionen in einem neuen Restaurant mit gehobener Küche umsetzen. Es soll The Bear heißen und an der Stelle stehen, wo zuvor das „The Original Beef …“ stand. Zu dumm nur, dass der Laden quasi auseinander fällt. Und vielleicht nie die erforderlichen Genehmigungen hatte. Mit der Hilfe von Sugar (Abby Elliott) als Projektleitung wollen sie dieses Mal alles richtig machen. Nur brauchen sie noch mehr Geld und alle Genehmigungen und müssen so schnell wie möglich öffnen. Steil.
Schon in der ersten Episode der Staffel fragt der nach den jüngsten Begebenheiten etwas geerdete Richie (Ebon Moss-Bachrach), ob Carmy schon Mal über „Purpose“ nachgedacht hat. Das lässt tief blicken. Nicht nur Richie fragt sich, was seine Rolle in diesem neuen Restaurant sein soll. Aber ja, Carmy und Sydney haben darüber nachgedacht. Sie schicken Marcus (Lionel Boyce) nach Kopenhagen, um von einem erfahrenen Chef zu lernen, der auf Desserts spezialisiert ist. Tina (Liza Colón-Zayas) und Ebra (Edwin Lee Gibson) schicken sie nochmal in die Schule und für Richie und Fak (Matty Matheson) haben sie auch einen Plan. Derweil trifft Carmy seine Jugendliebe Claire (Molly Gordon) wieder.
„Every second counts“
Ja, es gibt etwas Reibung. Natürlich ist es „viel“ für Carmy und alle Beteiligten das alles auf die Kette zu kriegen. Noch dazu mit so einer krassen Deadline. Ob er da mit der Ablenkung durch die Liebe seines Lebens umgehen kann? Dass er ihr anfangs nicht seine richtige Handynummer gibt, ist schon ein Indiz dafür. Trotzdem ist es echt schön anzuschauen wie die beiden umeinander herumtanzen. Aber es wirft natürlich Fragen bei Sydney auf, während der Druck steigt. Überall um sie herum sieht sie Restaurants schließen und Leute sagen „Ich hoffe du hast einen Partner, auf den du dich verlassen kannst!“ Ist Carmy ein Partner, auf den man sich verlassen kann?
Was ich absolut liebe ist wie jede der Episoden ein Stück des großen Ganzen im Auge behält, sich gleichzeitig aber auch den einzelnen Charakteren widmet. Dabei trägt (fast) jede Episode einen Titel eines Gerichts, das entweder eine besondere Rolle in der Episode hat oder am Ende der Staffel haben wird. In der Episode Honeydew ist es Marcus, der durch Kopenhagen reist und von Chef Luca (Will Poulter) gefordert und gefördert wird. Die unheimlich stressige Weihnachtsepisode Fishes erklärt uns hingegen wo die Trigger Carmys, Sugars und Michaels herkommen. Sie ist mit Gaststars wie Jamie Lee Curtis gespickt und mit Abstand die stressigste Episode einer Serie, die ich je gesehen habe. Meine Lieblingsserienfolge auf alle Zeit wird aber wohl Forks, in der Richie seine Sonderbehandlung bekommt. Mit wie viel Liebe die jeweiligen Charakterreisen von Carmy und Sydney (und den Serienschöpfern) für die einzelnen Personen ausgedacht wurden, ist einfach wohltuend und herzerwärmend. Ich habe selten so gejubelt und Gänsehaut gehabt wie bei Forks oder Tinas Szenen im Verlauf der Staffel.
„I wear suits now“
Jaja, es wäre nicht The Bear, wenn hier alles easy peasy und nur kuschelig wäre. Natürlich gibt es Reibung, die ist aber gefühlt wohldosiert und man erkennt besser als in der ersten Staffel woher der Trotz oder die Selbstzweifel kommen. The Bear erzählt uns mit dieser Staffel, dass wir all das überwinden können. Dass wir es verdienen, wenn uns gute Dinge passieren. Dass jede Sekunde zählt, auch die schlechten. Aber manchmal muss man eben ein bisschen aushalten.
Während andere Serien style über substance setzen, ist es bei The Bear andersrum. Die Serie ist nicht dafür gemacht dir die schönsten Einstellungen zu präsentieren, sondern die passenden, um die Stimmung zu erzeugen und der Erzählung zu dienen. Dafür reicht es eben manchmal die vollgesaute Küche der Berzattos an Weihnachten zu zeigen. Dazwischen bleibt Zeit für die Charaktermomente, die auch ohne Dialog viel transportieren wie die traumatisierten Gesichter von Carmy und Sugar bei besagtem Weihnachtsessen von vor einigen Jahren. Oder Momente, um die Metaphern wahrzunehmen wie die vielen Timer bzw. Eieruhren, die in der Küche der Berzattos stehen. Immer nur eingestellt auf das nächste Gericht. Oder die nächste Eskalationsstufe. Und ob bei all dem Chaos am Ende ein Restaurant steht? Überzeugt euch selber davon. (10/10)
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Wow, was für eine Staffel. Ich denke darüber nach sie nochmal zu schauen (wegen der tollen Momente) und gleichzeitig fürchte ich mich davor (wegen der stressigen). Habt ihr die Staffel gesehen? Dieser Beitrag ist Teil des Booleantskalenders 2023, in dem ich kurz vor Jahresende nochmal alles in die Welt schicke, was mir besonders am Herzen liegt oder zu lange im Entwürfe-Ordner schlummerte.
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