Serien-Besprechung: „The Walking Dead“ Season 8

In meiner Besprechung zur siebten Staffel von „The Walking Dead“ (TWD) schrieb ich, dass ich den Respekt vor der Serie verloren habe. Ich schrieb auch, dass ich später dann auch noch die Geduld mit TWD verlor. Und das hat auch mit dieser Staffel zutun. Enthält Spoiler für Staffel sieben und ggf. vorhergehende.

Rick the Prick, the Widow & the King

Klingt wie der Titel von einem Tarantino-Streifen, soll vielleicht auch so. Was im Finale der siebten Staffel begann, wird hier fortgesetzt. Rick (Andrew Lincoln), Maggie (Lauren Cohan) und King Ezekiel (Khary Payton) setzen ihren gemeinsamen Kampf gegen Negan (Jeffrey Dean Morgan) und die Saviors fort. Das wird kein Unterfangen für eine Episode. Sondern mehr für über eine Staffel in der versucht wird die Saviors weiter aufzulösen und beispielsweise in den Savengers und Jadis (Pollyanna McIntosh) doch noch Verbündete zu finden.

Die achte Staffel schiebt den großen Endkampf vor sich her. Nicht vollkommen unglaubwürdig. Denn die Saviors waren schließlich gut genug organisiert, dass sie lange ein brutales Regime führten. Das fördert trotzdem Ungeduld, aber lässt zumindest Raum für Charakterentwicklung. Ezekiel beispielsweise muss herbe Verluste verbüßen und sich fragen, ob er den Königstitel zu recht trägt. Eugene (Josh McDermitt) gibt einem besonders viel zu denken. Hat er doch der Gruppe um Rick und Rosita (Christian Serratos) sein Überleben zu verdanken und arbeitet nun für Negan. Wirft ihn das nicht in emotionalen Tumult? Tut es, auch wenn er selber das nicht so schnell realisiert. Dass Rick seine moralischen Werte das eine oder andere Mal umstürzt, kennen wir ja schon und ist der Grausamkeit um ihn herum geschuldet. Aber die Einsichten in Negans Lebensgeschichte verändern wenig.

… und soll man jetzt Mitleid haben?

Priester bzw. Pfarrer haben vielleicht sowas an sich, dass man ihnen alle Sünden und die eigene Lebensgeschichte erzählen will? Als Negan auf Gabriel (Seth Gilliam) trifft und das tut, fällt es angesichts der vergangenen Monstrositäten aber schwer das zu glauben. Es ist zum Einen nüchtern gefilmt, zum anderen ist Negan ein guter Redner. Zu dem Zeitpunkt hätte es mich nicht gewundert, wenn es im Stile von Nolans Joker-Figur noch mehr Geschichten geben würde, warum Negans Baseballschläger Lucille hieß. Noch mehr Episoden, die jetzt Mitleid schüren sollen. Man kann zu diesem Zeitpunkt kein Mitleid mit Negan haben, es ist ein verschenkter Versuch. Einige Staffeln später finde ich das immer noch, aber sehe, dass es zumindest wichtig war mal zu erwähnen, dass es eine Lucille in Negans Leben gab.

Interessanter ist da aber wiederum, dass er mal erklärt, was er unter dem Saviors-Credo versteht und warum seine Morde so brutal sind: Opfere wenige, rette viele. Als Retter würde ich sie trotzdem nicht bezeichnen. Retter hätten schließlich keinen Grund Angst zu säen und zu erniedrigen. Oder kennen Mittel um ohne Gewaltakte zu helfen.

THE WALKING DEAD Season 8 TRAILER (2017) amc Series, Series Trailer MP, Youtube

Etwas besser funktionierte das „Old Man Rick Intro“. Als die Staffel erschien, wimmelten Film- und Serien-Webseiten und -Blogs nur so vor Spekulationen. Was hat das zu bedeuten, dass Rick zu Beginn der Staffel als älterer Mann mit Rauschebart in einem Bett liegt? Alles weichgezeichnet, hell und freundlich. Eine der verbreiteten Theorien war, dass Rick vielleicht damals im Krankenhaus nie aufgewacht ist und alles nur ein Koma-Traum war. Ein schönerer Kniff ist dann der in der Serie – es ist der Traum von jemand anderem, der am Ende der Staffel eine große Rolle spielt und für ein Umdenken sorgt.

Nicht alles funktioniert so gut wie dieser kleine Aspekt inmitten des Kriegs. Jadis Horror-Zombie-Konstrukte sind ästhetisch und seltsam pleasing. Aber viele Entscheidungen um sie und die Scavengers wirken sehr aufgesetzt. So als ob man nicht mehr so wirklich gewusst hätte, was man mit ihnen anfangen soll. Ein verschenktes Mittel zum Zweck. Wie Gewalt eingesetzt wird, gibt auch in der achten Staffel zu denken. Warum sehen wir ausführliche und furchtbare Tode derer die wir kennen und mögen, „Bösewichte“ aber wie der Mörder von Henrys Bruder sehen wir nur ansatzweise? Das ist, was mir schon die siebte Staffel verleidete. Das effektheischende.

Auch schafft die Staffel nicht alle Logiklücken aufzulösen oder Meinungsänderungen nachvollziehbar zu machen. Plötzlich töten mit Zombieblut besudelte Wunden die Leute – warum tat das bisher keine Tröpfcheninfektion? Die gab es im Gefecht schließlich viele. Während ich darüber schon schwer hinwegsehen konnte, war es mit der Anti-Allianz noch schlimmer.

Die Anti-Allianz

Mir gefällt wie die Staffel endet. Ich mag die Note. Ich weiß, dass es viele nicht so sehen. Nur hat mir die Serie die „Anti-Allianz“ gegen Rick (so nenne ich es mal) nicht nachvollziehbar gemacht. Es gibt mindestens eine Person, deren Sichtweise ich verstehen kann. Aber Daryl (Norman Reedus) und Jesus (Tom Payne)? Unter dem Strich ist die achte Staffel eine bemühte. Das Bestreben ist ganz klar den großen Endkampf mit Negan zu zelebrieren, zu dehnen und einen ikonischen Story-Arc zu einem ikonischen Ende zu bringen. Das mag auf den Anfang und das Ende zutreffen. Das Finale ist wirklich spannend und aufregend. Vieles dazwischen hingegen ist zum Vergessen. (7/10)

Übersicht der Reviews: Season 1 | Season 2 | Season 3 | Season 4 | Season 5 | Season 6 | Season 7 | Season 8 | Season 9 | Season 10 | Season 11

Header Images uses a photo by Chad Madden on Unsplash

Da ich häufig gelesen habe, dass viele Fans des Negan/Saviors-Story-Arcs sind und dass man die Brutalität doch erwarten müsse, habe ich mich oft gefragt, ob das nur mir so geht, dass ich das alles kacke und zweckdienlich finde. Genauso diese sehr lange und gedehnte Abrechnung in der achten Staffel. Wenn man sich mal Rotten Tomatoes anschaut, dann scheint das auch anderen so zu gehen. Es wirkt so als ob es zwei Lager gäbe: die, die TWD wegen Negan richtig abfeiern und die, die mit Negan ausstiegen und keine Lust mehr hatten. Nun, da meine Reviews draußen sind, kann ich ja mit euch darüber diskutieren. 😉 Das soll übrigens nicht heißen, dass ich Negan als Figur nicht mag. Jeffrey Dean Morgan verkörpert den großartig. Ich mag nur nicht wie die Serie „erzählt“ seit dem Negan-Arc.

3 Antworten

  1. Ich bin irgendwann in Staffel 7 ausgestiegen – aus dem profanen Grund, weil es mir zu langweilig wurde.
    Mit dem Governor hatten wir ja schon mal einen Bösewicht, der ein gnadenloses Regime führt. Mit Negan ist das Ganze jetzt NOCH brutaler und NOCH extremer, aber wirklich neu war das ja irgendwie nicht. Und dafür zieht es sich dann viel zu lange hin.
    Mir geht’s also ähnlich wie dir: die Figur Negan ist nicht das Problem (und zudem stark gespielt), aber die Handlung tritt einfach zu lange auf der Stelle. So lange, bis ich das Interesse verloren hatte.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      … und es geht so weiter! Mir stößt das immer weiter auf, am schlimmsten dann nochmal in Staffeln 9, 10, 11. Also: ich sehe, warum du aufgehört hast es zu schauen. Wie oben geschrieben, war ich ja selber kurz davor hier aufzuhören.

  2. […] war überall. Meine andere schlimmste Logiklücke: wie sprunghaft sich in Staffel 8 eine Anti-Allianz aus Daryl, Jesus und anderen gegen Rick bildet. da wurde wenig vorbereitet. Man wechselt einfach […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert