Serien-Besprechung: „The Walking Dead“ Season 10

Dass ist schon ein komisches Gefühl. Einerseits keine Lust weiterzugucken, weil der immergleichen Konflikte müde geworden, fiel es mir schwer mich auf die zehnte Staffel einzulassen. Dann aber wiederum: noch zwei Staffeln und ich kenne das (vorläufige) happy oder unhappy end meiner Lieblingscharaktere. Wie war sie dann nun, die vorletzte Staffel? Enthält Spoiler für Staffel neun und ggf. vorhergehende.

Irgendwas mit Whisperers

Nach der verlustreichen Unterwanderung der Gemeinschaften durch die Whisperers am Ende der letzten Staffel versuchen nun die Hinterbliebenen zu heilen. Besonders schwer ist das für Carol (Melissa McBride), die mit Henry ein weiteres Kind verloren hat und deren Schmerz sie im Verlauf der Staffel so sehr in den Rachefeldzug treibt, dass sie keine Rücksicht auf Verluste nimmt. Siddiq (Avi Nash) hat schwer mit der Verarbeitung seines Traumas zu kämpfen. Die Whisperers, allen voran Alpha (Samantha Morton), zwangen ihn dabei zuzusehen als sie seine Freunde töteten. Selbstredend, dass Lydia (Cassady McClincy) keine leichte Zeit im Gemeinschaftenbund hat. Nicht alle sehen in ihr einen Teil ihrer Gemeinde, sondern v.A., dass sie Alphas Tochter ist und zu den Whisperers gehörte.

Neben der Verarbeitung des Traumas rüsten sich die Gemeinschaften aber auch für den Ernstfall – für weitere Auseinandersetzungen. Die Staffel beginnt mit einer beachtlichen Trainingseinlage. Das ist eigentlich nur ein Was-wäre-wenn, denn eigentlich haben die Whisperers eine Ansage gemacht: niemand darf die Grenze zu ihrem Gebiet überschreiten. Gar nicht so einfach, wenn ein Waldbrand droht. Und bei all dem fragt man sich: wo ist eigentlich Maggie (Lauren Cohan)?

The Walking Dead Season 10 Teaser | ‚Silence‘ | Rotten Tomatoes TV, Youtube

Viel desselben …

… ist das vorherrschende Gefühl in der zehnten Staffel. Erneut werden die kooperierenden Gemeinschaften Hilltop, Alexandria & Co. von einer anderen Gruppe bedroht, die mit Alpha eine (in der Tat) charismatische Führungsfigur hat. Das Schema der Whisperers ist eine Art Indoktrination und festen Glauben, dass die Zukunft den Walkern, d.h. den Toten gehört. Sätze wie „We Are the End of the World“ werden zu geflügelten (und v.A. geflüsterten) Worten. Walker werden von den Whisperers als „Guardians“ verehrt und ihnen fast schicksalhafte Bedeutung aufgedichtet. Dieses Mal ist also „Glaube“ oder sagen wir mal eine „Überzeugung“, der Kitt, der die Gegner zusammenhält.

Im Kern ist der Konflikt aber leider dennoch „viel desselben“, da der Handlungsbogen vom Grundaufbau her letzten Endes eben allen „big bads“ gleicht. Egal ob Governor oder Saviors. Auch hier gibt es mit Beta (Ryan Hurst) „die rechte Hand der Führungsfigur“ und mit Thora Birch als Gamma eine Person, die eventuell bereit ist die Whisperers zu verraten ähnlich Dwight (Austin Amelio).

Selbst das relativ plötzliche Verschwinden Maggies („sie hilft andere Gemeinden aufzubauen“) wirkt wie das frühzeitige Ausscheiden aus der Hauptserie, um die Spin-Offs vorzubereiten. Immerhin gibt es hier eine Überraschung. Was Maggies Rückkehr besonders interessant macht: Negan (Jeffrey Dean Morgan) ist inzwischen frei und „nahezu integriert“ in die Gemeinden. Verträgt sich das?

Mit solchen Aufhängern muss die zehnte Staffel nun inzwischen Punkten, weil zumindest für mich tut es der Whisperers-Arc nicht. Es ist mir allein ein Rätsel, dass die so lange überlebt haben. Denn in besonders menschenfreundlichen Verhältnissen leben sie nicht. Wir erinnern uns: Walker-Matsch auf offenen Wunden führt ja angeblich zum Tod wie man uns vor wenigen Staffeln weismachen wollte. Was hilft um der zehnten Staffel etwas abzugewinnen: die vereinzelten wirklich guten Episoden mittendrin. Episode 10×07 „Open Your Eyes“ (übrigens von „Abraham“ aka Michael Cudlitz gedreht) ist quälend schmerzhaft, weil Zuschauende ahnen, warum Alexandria von einer Krankheit heimgesucht wird und welche Katastrophe sich hier anbahnt. Die Episode ist unheimlich gut gefilmt, zentriert Siddiq und sein Trauma und hat erzählerische Kunstgriffe. Episode 10×18 „Find Me“ wiederum zentriert Daryl (Norman Reedus), seine Schuldgefühle und Suche nach Rick. Außerdem füllt es die Leerstelle während des Zeitsprungs und zeigt, dass er mehr Verluste zu verarbeiten hat als seine Freunde ahnen.

Wie es um die Moral der Gruppe bestellt ist, zeigt auch 10×19 „One More“. In der Episode machen Aaron (Ross Marquand) und Gabriel (Seth Gilliam) während der Suche nach Vorräten eine unangenehme Bekanntschaft. Die Episode zeigt wieder einmal wie schmal der moralische Grat in The Walking Dead ist. Im einen Moment noch sind sie sich einig, dass sie wieder Menschen helfen wollen. Was bleibt davon am Ende der Episode übrig? Staffel zehn versucht dann nochmal zu überraschen und läutet gegen Ende der Staffel einen neuen Story Arc ein, bei dem wir Bekanntschaft mit neuen Charakteren machen. Die auffälligste davon dürfte Princess (Paola Lázaro) sein. 😉 Das Staffelfinale wiederum ist dieses Mal allerdings wohl das lahmste. (6/10)

sternchen-6

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Alles ab zehn Staffeln ist vielleicht ein Fehler. Gibt es irgendeine Serie, die nach zehn Staffeln noch wirklich gut ist und nicht nur ihr shtick abspielt? Wie auch in „Supernatural“ ist mein vorrangiges Gefühl in der vorletzten Staffel: eine noch und dann „geschafft“. So will man ja aber eigentlich nicht Serien gucken, ne? Wie waren eure Gefühle zur zehnten Staffel?

2 Antworten

  1. Okay. Ich bin tatsächlich schon bei Staffel 9 ausgestiegen. Deine Schilderungen hier sagen mir nämlich nix… 😀

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ah … dann bist du jetzt vermutlich mild gespoilert mit irgendwas? Hattest du noch Lust TWD weiterzuschauen?

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