Die zweite Woche des Horrorctober lief für mich gemächlich. Gibt nicht viel zu berichten, v.A. hat es sich nicht so sehr nach Horror angefühlt bis ich The Visit gesehen habe. Daher gibt’s hier heute auch dazu eine Review, obwohl der Film nicht auf meiner Horrorctober-Watchliste steht (warum eigentlich nicht? Mist…). Passt ja auch gut zum Thema. 😉
The Host (2006)
Der nichtsnutzige Kang-doo (Song Kang-ho, bekannt aus u.a. Durst und Lady Vengeance) arbeitet mit seinem Vater im Imbiss an einer Flusspromenade. Eines Tages steigt ein riesiges, fischähnliches Monster aus dem Fluss auf und schnabuliert Passanten. Es greift sich auch Hyun-seo (Ko Ah-sung), Kang-doos Tochter. Sie wird von da an für tot erklärt und ihre ganze Familie in die Quarantäne gesteckt, da sie Kontakt mit dem Monster hatten und das Militär erklärt, dass sie Träger eines gefährlichen Virus sind. Als sie einen Anruf von Hyun-seo bekommen, bitten sie um Hilfe. Niemand glaubt ihnen, dass das Mädchen noch lebt und irgendwohin verschleppt und wahrscheinlich gefangen gehalten wird. Also beschließen sie zu türmen und das selber in die Hand zu nehmen.
Bevor ich Bong Joon-hos (Mother, Snowpiercer) Film geschaut habe, musste ich mich immer fragen, warum der Film The Host heißt. Währenddessen dämmerte es mir. Ich vermute Kang-doo ist der Host, also der Träger des Virus, vor dem sich alle so fürchten, den es aber gar nicht gibt. Seine Entwicklung ist auch eins der Hauptelemente des Films. Inzwischen habe ich aber auch gelesen, dass andere den Han Fluss für den Host halten oder dass das mehr eine Metapher anderer Art ist. Man könnte erwarten, dass das Monster mit dem titelgebenden host gemeint ist. Aber ich vermute, dass es das genauso wenig ist wie es nicht der Bösewicht des Films ist. Es ist quasi ein plot device – ein Mittel zum Zweck. Viel mehr ist es das Militär, dass den Leuten zu schaffen macht. Man könnte ja auch erstmal suchen, anstatt alle für verrückt zu erklären, die sagen, dass das Mädchen noch lebt. Aber nein. Stattdessen rücken sie mit Agent Yellow (klingelts da?) an und sie erfinden einen Virus. Bitter, v.A. in Anbetracht der Tatsache, was der Zuschauer in den ersten Minuten des Films erfährt (und ich jetzt nicht verrate).
Militärische Willkür und das Einmischen in die Angelegenheiten anderer Länder – eine politische Aussage in Anlehnung an nicht nur ein historisches Ereignis. Ich hätte nicht gedacht, dass der Film so politisch wäre. Aber es gibt auch (vielleicht gerade deswegen) viele groteske, absurde und witzige Momente. Die Familie ist zerstritten, überlebt gerade so und nicht alle sind die hellsten. Aber sie halten zusammen, wenn es drauf ankommt und lieben sich, auch wenn sie manchmal nur harte Worte füreinander haben. Ich denke da nur an die Szene, in der alle wegen Hyun-seos angeblichen Todes heulen und sich zum Schluss total aufgelöst auf dem Boden wälzen. Das meine ich mit grotesk: manchmal übertreiben sie es. Aber rein technisch und erzählerisch ist der Film sehr gut gemacht. Ich kann den visuellen Effekten so ziemlich gar nichts abgewinnen, aber wie die Handlung in Segmenten zusammengefügt ist, die Schnitte und spannenden Kameraeinstellungen und auch der Wechsel zwischen Action, Dramatik und Groteske hat mich die zwei Stunden erstaunlich gut bei Stange gehalten, während ich anfangs noch dachte „Wuäh, zwei Stunden Monsterfilm … warum habe ich das auf meine Liste gesetzt??“ Trotzdem finde ich, dass die Geschichte ein paar Umwege zuviel macht und die Optik im Zeitraffer hat weitaus mehr zu bieten als das Monster und die schlechten CGI-Effekte. Nichtsdestotrotz wieder einmal ein sehenswerter koreanischer Film, wenn man groteskes Kino mag.
(7/10)
The Visit
Die Geschwister Rebecca (Olivia DeJonge) und Tyler (Ed Oxenbould) besuchen das allererste Mal ihre Großeltern. Sie haben sie noch nie gesehen, da ihre Mutter (Kathryn Hahn) damals mit ihnen im Streit auseinanderging und den Kontakt abgebrochen hat. Nach vielen Jahren haben ihre Eltern sie nun aufgespürt und gefragt, ob sie ihre Enkel kennenlernen dürfen. Und die Kinder möchten das. Rebecca will daraus eine Doku drehen und erhofft sich davon, dass Gefühle hochkochen und ihre Mutter und die Großeltern wieder zueinanderfinden. Auf den ersten Blick sind die Beiden auch Großeltern wie man sie sich eben vorstellt. Oma (Deanna Dunagan) bäckt viel, Opa (Peter McRobbie) macht viel in Haus und Hof, sie werden verwöhnt … aber halb 10 abends fangen sie an sich merkwürdig zu verhalten. Es sind eben alte Leute, sagt ihre Mutter. Aber SO sind nicht alle alten Leute.
Tja. Blogger zerreißen den Film, Kritiker kündigen die Rückkehr Shyamalans zu alter Form an. Wie soll man das jetzt deuten? Bei den enttäuschten Stimmen vermute ich, dass es daher rührt, dass sie einen reinen Horrofilm erwartet haben. Ich nicht. Es ist ganz klar eine Horrorkomödie. Kritiker sind wahrscheinlich begeistert, weil Shyamalan sich von dem esoterischen Pfad wegbewegt, mit dem die breite Masse nichts anfangen kann und sich offensichtlich regelrecht bedroht gefühlt hat. Kopfschütteln. Und die wollen alle so schlau und weltgewandt sein? Kommen sie sich belehrt vor? Oder ertappt? Wie auch immer. The Visit ist tatsächlich der am Einspielergebnis des Kinostarts gemessen erfolgreichste Horrofilm des Jahres. Ich mochte das was Shyamalan gemacht hat eigentlich immer ganz gerne und fand es traurig, dass die Masse der Kritiker sich abwendet – und ich empfand es auch als ungerechtfertigt. Er ist anders, hat einen klar erkennbaren Stil – und ja, auch einige schwache Filme. Aber ich mag sein Werk im Großen und Ganzen. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt denken soll, dass er kuscht und die Kritiker einfach befriedigen will. Andererseits hat auch dieser Film seine Handschrift. Über all das kann ich aber nur Vermutungen anstellen. Ich sage soviel: 7/10 heißt bei mir: habe ich gern geschaut, war ein guter Film, kann ich euch empfehlen, wird kein Reinfall. 8/10 würde bedeuten: gucke ich mit hundertprozentiger Sicherheit nochmal. Jetzt wisst ihr wie ihr das zu nehmen habt. Ich habe den Film sehr gern geschaut, und ich erkläre euch auch im Detail warum.
Die Horrorkomödie setzt auf wenig Kulisse und wenig Darsteller. Man folgt tatsächlich hauptsächlich Rebecca und Tyler im Haus ihrer Großelten und sieht durch ihre Kameras das Geschehen. Für Found-Footage gibt es aber verhältnismäßig wenige Shaky-Cam-Momente. Stattdessen wird sehr sympathisch mit dem Medium gespielt, wenn beispielsweise der Hobbyrapper Tyler alias T. Diamond Stylus (!) wieder einen zum Besten gibt und die Filmerei nicht mal halb so ernst nimmt wie seine Schwester, die über Mise en Scène philosophiert. Die Kommentare der Beiden sind kindisch, aber auf eine noch sehr sympathische Weise und manchmal zum Wegschmeißen. Ich habe mich selten in einem Film gleichzeitig erschrocken (jump scare, hellooo) und gelacht. Sagen wir’s mal so: für eine Oma ist Oma echt schnell. Der Film schwankt angenehm zwischen Drama, groteskem Mystery und Komödie. Alles wird klein dosiert und in kurzer Frequenz hintereinander abgefeuert – es ist nie langweilig. Denkt man darüber nach, merkt man, dass es Shymalans Film mit dem bisher geringsten Budget sein muss. Aber man sieht es nicht. Er hat den Film mit seiner Gage von After Earth selbst finanziert. Der Film hatte zeitweilig den Arbeitstitel Sundowning, was die mit zunehmender Uhrzeit eintretende Verschlechterung des Zustandes von Demenzkranken bezeichnet. Heißt: desto später am Tag, desto mehr lassen die geistigen und körperlichen Fähigkeiten nach. Die Erklärung für das seltsame Verhalten von Oma und Opa. Inwiefern das zutreffen kann, muss der Zuschauer mal abwägen. The Visit weist auch dieses kleine bisschen „Mehr“ auf, was Shyamalan in seinen Filmen verbaut. Die Kinder suchen für ihre Mutter das Elixier. Nein, wir sind jetzt nicht plötzlich in einem Fantasyfilm. Mit Das Elixier ist Versöhnung und Vergebung gemeint. Die Kinder sehen, dass ihre Mutter unter dem leidet was passiert ist. Und auch die Kinder haben ihr Päckchen zu tragen. Die Szenen können auch wirklich berühren – trotz der großen Gag-Frequenz des Films. Da ich den Twist habe kommen sehen, fällt meine zahlenmäßige Bewertung deswegen nicht ganz so euphorisch aus und ich denke auch nicht, dass der Film beim zweiten Schauen noch so gut funktioniert wie beim ersten Mal. Aber der er hat mir wirklich gut gefallen.
(7/10)
Und die Serien?
Letzte Woche habe ich angefangen American Horror Story (AHS) Season 4 zu schauen und war anfangs wenig begeistert. Ab der 3. Folge empfand ich es dann doch als ganz spannend. Man erfährt mehr über einzelne Charaktere, insbesondere den besonders gruseligen von John Carroll Lynch
gespielten Twisty The Clown. Die Darstellung ist so gruselig und grotesk, dass ein Clown-Verband sogar dagegen protestiert hat. Ich fürchte mich ja nichtmal vor Clowns, frage mich wie es da Leuten geht, die an Coulrophobie leiden 😉 V.A. spart AHS nicht an schnellen Auflösungen. Was mich schockiert hat, ist dass Ben Woolf (spielt Meep), im November 2014 wohl Opfer eines Autounfalls wurde und verstarb. 🙁 Das ist besonders bitter in Anbetracht seines Schicksals und kurzen Auftritts in so einer so grotesken und morbiden Serie wie AHS. Außerdem habe ich Akte X Staffel 1 zu Ende rewatcht – dazu gibt’s aber eine extra Review. Inzwischen gehts munter weiter mit Hemlock Grove Season 2 und Akte X Season 2.
Zu den bisherigen Artikeln
The Beginning (Ankündigung)
Horrorctober 2015 — The Reckoning (Woche 1 Recap)
The Host ist kein klassischer Horrorfilm, sondern ein eher eine Horrorkomödie und politische Kritik. Hatte nicht so ganz dieses Halloween-Feeling. Habt ihr die Filme schon gesehen und wie fandet ihr sie? Habt ihr the Host auch weniger als Horrorfilm wahrgenommen? Und wie interpretiert ihr den Titel?
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