Christmas Specials! Ich liebe sie! Sie können viel, aber es ist nicht unbedingt einfach dranzubleiben. 2015 habe ich vor Weihnachten, zu Weihnachten und noch danach ein paar gesehen und möchte die reviewen, obwohl ich das sonst bei einzelnen Episoden nie tue. Und außerdem noch etwas darüber sinnieren wo die Stärken und Schwächen liegen. Es gilt – wie immer – spoilerfrei für die Staffel/Episode, die ich reviewe. Nicht spoilerfrei für vorangegangene Staffeln.
Leise rieseln … die Christmas Specials
Warum liefern die Produzenten überhaupt Christmas Specials zu des Publikums liebsten Serien? Spekulieren wir mal. Zum Einen sind zu den Feiertagen die Leute mit anderen Sachen beschäftigt als Fernsehen zu gucken. Da muss es schon was anderes sein als die tausendste Wiederholung ein und derselben Weihnachtsklassiker, die inzwischen alle auswendig kennen. Außerdem hilft es lange Pausen zu überbrücken, wenn die neusten Serienstaffeln auf sich warten lassen. Man nehme nur mal Sherlock oder Black Mirror als Beispiel. Gerade bei Sherlock wird’s eng durch den Zeitplan der inzwischen stark gefragten Stars Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, aber auch Steven Moffat hat mit anderen Projekten wie Dr Who alle Hände voll zutun. Es wird behauptet man könne im Frühjahr 2016 anfangen die vierte Staffel zu drehen … . Staffel drei wurde im Frühjahr 2014 ausgestrahlt, es kommt einem vor wie eine Ewigkeit. Aber nur, weil sich auch unsere Sehgewohnheiten geändert haben. Eine Staffel pro Jahr ist heutzutage quasi normal. Alles was aus der Reihe tanzt, sorgt für Stirnrunzeln bei Serienfans.
Wir wollen unsere Serien immer um uns haben, jetzt wo wir dank Streaming die Möglichkeit haben, sowieso immer drauf zugreifen zu können. Und da ist es natürlich wie ein kleines, nettes Geschenk für Fans auch zu Weihnachten was von unseren Lieblingen zu haben. Fast so als wären sie immer da, zu allen Jahreszeiten. Und wenn es mal nicht ganz so viel mit Weihnachten oder dem Winter zutun hat, dann können wir das auch ab … . Bei manchen Serien ist es schon Tradition und quasi nicht mehr wegzudenken. So beispielsweise bei Downton Abbey und auch bei Doctor Who. Jede Staffel bekommt seit Jahren zuverlässig ihr Christmas Special. Dass die die Gemüter bewegen hat vor einiger Zeit Downton Abbey bewiesen. Sie ließen im Weihnachtsspecial 2012 einen Hauptcharakter sterben und zeigten das mit einer Deutlichkeit und Kompromisslosigkeit, die keinen Zweifel bestehen lassen sollte, dass der Darsteller/die Darstellerin in Zukunft nicht mehr dabei sein wird. Und das nachdem man mit der Person einiges durchgemacht hat. Das sorgte für einen Aufschrei. Zu Weihnachten wollte das kein Fan sehen. Umso gespannter waren aber sicherlich alle, als es einige Monate später weitergehen sollte.
Wenn die Wartezeiten nicht lang sind, ist das sicherlich alles verkraftbar. Das Vereinigte Königreich scheint sowieso die meisten Christmas Specials rauszuhauen, die gerne mal doppelt so lang sind wie übliche Episoden. In amerikanischen Serien beschränkt man sich hauptsächlich darauf eine Episode in den normalen Handlungsverlauf der Staffel einzufügen, die zu Weihnachten spielt. Als Zuschauer in Deutschland guckt man leider oftmals in die Röhre. Bei Doctor Who ist es inzwischen Gang und Gebe, dass in vielen Großstädten die Specials immerhin mal als Event im Kino laufen. Aber erstens ist das noch nicht so weit verbreitet, dass man die überall sehen kann und zweitens ist man meistens zeitlich etwas hinterher. Das Doctor Who Special The Husbands of River Song läuft beispielsweise bei uns am 28. Januar, in England lief es am 25. Dezember. Das Sherlock-Special hingegen läuft nicht mal zeitnah. Weder im deutschen Sherlock-Stamm-Sender ARD, noch im Kino. Eine Enttäuschung für Fans. Gut, wenn die Serien einen Deal mit den deutschen Lizenz-Abwicklern der gängigen Streamingportale haben. Black Mirrors ‚Weihnachts‘-Episode White Christmas aus dem Jahr 2014 ist immerhin inzwischen auf Netflix. Was diese Specials betrifft ist noch Nachholbedarf da. Amazon Instant Video führt alle Downton Abbey Staffeln, die ersten vier sind sogar via Prime ohne Zusatzkosten verfügbar. Die Specials, die eigentlich zwischen den Staffel liegen, aber nicht. Das ist schlecht. Wenn man nämlich nur die Staffeln schaut ohne die Specials, fehlt einem meistens ein entscheidender Teil der Handlung. Was die Weihnachtsspecials und ihre zeitnahe Ausstrahlung betrifft, würden die meisten auf Synchro und Untertitel wahrscheinlich sogar pfeifen. Lizenzen und Paragraphen spielen aber wahrscheinlich eine nicht unwesentliche Rolle. Frohes Fest.
Black Mirror ‚White Christmas‘ (2014)
Black Mirror verkürzt die Wartezeit auf die erst kürzlich angekündigte dritte Staffel mit einer Weihnachtsepisode, die mit zahlreichen Motiven in bester Black-Mirror-Manier und einem genialen Cast aufwartet. Anzumerken ist, dass die Episode auf Netflix aktuell noch als erste Episode der dritten Staffel geführt wird, was nicht ganz richtig ist. Wir sitzen darin zusammen mit Matt Trent (Jon Hamm) und Joe Potter (Rafe Spall) in einer Hütte im Winter fest. Der redselige Matt bereitet ein nettes Weihnachtsessen zu und will seinen wortkargen Kollegen dazu bringen mal einen Schwank aus dem Leben zu erzählen. Als er erstmal anfängt, kommt auch Joe ins Plaudern. Was ihre Geschichten offenbaren ist aber nur halb so weihnachtlich wie der Titel.
Matts erste Geschichte handelt von seinem Job als ‚Date Doctor‘, der über einen Videolink (das sogenannte ‚Z-Eye‘ integriert im Auge des Anwenders) sieht, was sein ‚Schützling‘ sieht und ihm Tipps gibt. Dabei hat es Matt allerdings nicht so mit dem Datenschutz. Oder dem Gesetz. Und der Abend endet auch nicht wie erwartet. In einer nächsten Geschichte offenbart er seinen echten Job. Seine Kundin ist die anspruchsvolle und kühle Greta, gespielt von Oona Chaplin (Game of Thrones, Dates). Und ich möchte nicht verraten, worum genau es dabei geht, um die Wirkung auf den Zuschauer nicht zu vermiesen. Aber auch hier wird wieder ein einzigartiges Beispiel dafür abgeliefert wohin uns unser Umgang mit Technik und dem digitalen Zeitalter hinführen könnte. Auch wenn die Technik in diesem zweiten Teil sehr viel futuristischer ist als die des ersten Teils, die spätestens seit google glasses nicht mehr fern ist. Aufbauend auf dem bisher gesehenen liefert uns das Special auch noch eine dritte Geschichte und wir erfahren mehr über den schweigsamen Joe bis die drei Teile dieser wenig weihnachtlichen, aber sehr aufwühlenden und gesellschaftskritischen Episode in ein Ende mit Knall münden. Wieder eine ausgesprochen gute Folge von Black Mirror, die gleich mehrere Technologien in bester, realistischer Sci-Fi-Manier kombiniert. Was ist das für eine Zukunft? Ich bin mir nicht sicher, ob ich die haben will. Und genau das ist es was Black Mirror versucht uns zu zeigen und was wieder einmal gelingt. Die Darsteller sind durch die Bank weg überzeugend – für Jon Hamm dürfte das Arschloch zu spielen schon eine Paraderolle sein. Verzweiflung lernt er aber auch noch kennen, auch wenn die nur kurz angedeutet wird, ist das mehr als deutlich. Sympathisch die Charaktere hier nicht und wer was nettes, besinnliches und fröhliches zu Weihnachten sucht, macht lieber Halt vor der Episode.
Doctor Who ‚The Husbands of River Song‘ (2015) enthält Spoiler für vorangegangene Staffeln!
Das Special ist nach der neunten Staffel anzusiedeln und der Titel sagt schon mit welchem Charakter es ein Wiedersehen gibt. River Song (Alex Kingston), die Frau des Doctors. Die Beziehung der Beiden hat gelinde gesagt Höhen und Tiefen. Ich fand sie immer eher etwas kalt. Da kann Alex Kingston noch so oft ‚Sweetie‘ und ‚No Spoilers‘ zwitschern, aber wie ein Paar haben sie auf mich eher selten gewirkt, was auch an dem Altersunterschied zu David Tennant und Matt Smith gelegen haben könnte. Außerdem hat River mehrmals angedeutet, dass ihre Aufeinandertreffen in Raum und Zeit etwas unproportional angeordnet sind. Jetzt soll es soweit sein, nachdem der Doctor (Peter Capaldi) immer noch einen Verlust zu verdauen hat. Zu dumm nur, dass River ihn überhaupt nicht erkennt. Sie hat seine 12. Inkarnation noch nie gesehen und lässt freudestrahlend ‚einen Doktor‘ kommen, damit er ihren Ehemann(!) behandelt, der im Sterben liegt. Bei dem handelt es sich um einen Diktator und Kriegsherrn, der einen teuren Diamanten im Kopf hat, der entfernt werden muss. Wer River kennt, ahnt worauf das hinausläuft. 😉 Peter Capaldis Doktor-Inkarnation ist nichtsdestotrotz beleidigt und fragt nicht nur einmal, ob sie ihn denn nicht erkennt und er sei schließlich der Doctor. Aber es will nicht klick machen und nachdem er mit noch mehr Ehemännern von River Bekanntschaft machen darf und immer grantiger wird (und das kann er gut), löst sich das geschehen und wir erleben etwas das man durchaus als das erste Date von River und dem Doctor bezeichnen kann. Das Special ist sehr Comedy-lastig und damit nicht unbedingt eine der üblichen Doctor-Who-Episoden die gerne mal zwischen lustig, unheimlich und traurig changieren. Aber es ist eine in der wir mal den Doctor und seine Frau als tatsächliches Paar erleben, das funktioniert und dafür mochte ich das Special sehr. Allerdings muss ich gestehen, dass ich nicht mehr darüber nachdenke, ob sich das Auftauchen von River nicht mit den Andeutungen früherer Staffeln widerspricht. Doctor Who … too much details.
Sherlock ‚The Abominable Bride‘ (2016) enthält Spoiler für vorangegangene Staffeln!
Als angekündigt wurde, dass es ein Sherlock-Special geben wird, wurde ebenso direkt veröffentlicht: es spielt im viktorianischen London. Bei der Serie, die für ihren in der Moderne angesiedelten Sherlock-Ansatz oft gelobt (und zahlreich kopiert) wurde, erschien das wie ein Stilbruch. Die Fans des Sherlock/Dr Who Crossover-Gedankens waren Feuer und Flamme, dass es hier um Zeitreise geht. Die Mehrheit, wie auch ich, haben vermutet, dass es sich dabei um einen Traum oder ein ähnliches Szenario handelt oder eine andere Möglichkeit: dass es einfach ohne Erklärung abläuft und schlicht ein charmantes Was-wäre-wenn-wir-alles-anders-gemacht-hätten-Szenario ist. Was nun zutrifft, das muss jeder selber herausfinden, meine Lippen bleiben versiegelt. Einige Dinge wurden aber mit dem erstem Promobild verspoilert: the mustache is back! Und das ist auch das erste Anzeichen dafür, dass sich ‚The Abominable Bride‘ nicht absolut ernst nimmt und eigentlich als eine Persiflage auf die Serie zu verstehen ist.
Aber zurück zum Anfang. Der Zuschauer wird im Schnellmodus in die Geschichte eingeführt, sodass das Leute, die die Serie nicht kennen ultimativ gespoilert werden, aber immerhin direkt das special schauen können. Anschließend sehen wir wie sich der viktorianische Watson und der viktorianische Sherlock kennenlernen. Direkt danach folgt ein Zeitsprung zu dem inzwischen als Meisterdetektiv (Sherlock) und Autor von Kriminalromanen (Dr. Watson) bekannten Gespann. An sie wird ein Fall herangetragen, den Sherlock scheinbar nicht lösen kann. Die bereits verstorbene und als tot identifizierte Emelia Ricoletti (Natasha O’Keeffe) taucht in ihrem Brautkleid auf, tötet Männer und hinterlässt den blutigen Schriftzug ‚you‘. Zahlreiche Leute wollen sie gesehen haben und die Zahl der Opfer steigt. Als die besorgte Lady Carmichael (Catherine McCormack) um ihren Mann fürchtet und auf Sherlock zugeht, nimmt er den Fall persönlich. Er weigert sich an Geister zu glauben und behauptet fest den Fall quasi gelöst zu haben. Es seien alles Nachahmer … hat er damit Recht? Und was bedeuten die Botschaften, die er findet? ‚Miss Me‘?
Wenn es um die Konstellation der Figuren, ihre Beziehung zueinander geht, ihre Position und bspw. wie sich Sherlock und John kennenlernten, dann erzählt das special nichts anderes als es die Serie tat undzwar in der genau gleichen Dynamik und lockeren Flappsigkeit, nur eben in der Kostümfilm-Variante. Damit schließt sich von vornherein aus, dass das Special eine buchgetreue Inszenierung wird. Entgegen vieler Kritiker sage ich: das wollte es wahrscheinlich auch nie sein. Die Bemerkungen, die zu jedem Zeitpunkt fallen, geben schnell zu verstehen, dass sich die Serie selbst etwas auf die Schnippe nimmt und mit den Motiven vergangener Staffeln und Episoden spielt. Man denke nur an den fetten Mycroft oder die Sache mit dem Hut, genauso wie das Stichwort plot device. Das größere Problem sind aber die Wiederholungen. Das erneute erwähnen von Irene Adler, die erneuten ‚Männergespräche‘ – das kann ja noch charmant sein. Fehler der Vergangenheit wie Marys ‚Beruf‘ (ich fand den Handlungsfaden in Sherlock Staffel 3 ziemlich dämlich, man verzeihe mir die Wortwahl) werden also auch zwangsläufig wiederholt und man muss schon ein Comedy-Liebhaber sein, um das zu mögen. Gags und das Zelebrieren des Schaurigen sowie der Serie allgemein ist aber in der Episode groß geschrieben und damit eindeutig als netter treat für die Fans gedacht. Und als genau das funktioniert es auch! Die Detailverliebtheit, zusammen was die Serie betrifft, weniger aber das viktorianische Zeitalter, fand ich für meinen Teil toll. Zum Beispiel, dass das Motiv ‚Viktorianisches Zeitalter‘ selbst bis in den Vorspann durchgezogen wurde. Schließlich füttert das Special auch die Moriarty-Fans mit genügend Stoff. Mit genügend. Wer aber eine sinnvolle Sherlock-Episode erwartet oder gar eine realistische Inszenierung von Sir Arthur Conan Doyles Büchern wird enttäuscht.
Wie steht ihr zu Christmas Specials oder Serien-Spezialepisoden im allgemeinen? Habt ihr das Glück, dass in eurer näheren Umgebung regelmäßig mal so ein Event stattfindet? Oder pfeift ihr auf das Thema im Allgemeinen? Welche Christmas Specials sind euch im Gedächtnis hängen geblieben? Bei mir sind es wahrscheinlich die von Downton Abbey 2011, das fatale special 2012 und das aus 2015, was das Ende der Serie markiert. (Die Besprechung dazu findet ihr hier – nicht spoilerfrei.) Aber Black Mirror werde ich sicherlich auch nicht so schnell vergessen.
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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