Howard Beale (Peter Finch) ist Nachrichtensprecher des Senders Union Broadcasting System (UBS) und erfährt, dass er entlassen werden soll. Die Bewertungen und Einschaltquoten sind schlecht, es soll umstrukturiert werden und er passt nicht mehr in das, was bei der Umstrukturierung rauskommen soll. Er setzt sich also vor die Kameras im Studio und kündigt wie geplant an, dass die nächste seine letzte Sendung sein wird. Was nicht geplant war: dass er ankündigt sich in seiner letzten Sendung das Leben zu nehmen. Plötzlich ist das Medien-Echo enorm und die Einschaltquoten sind sagenhaft. Die UBS-Programmchefin Diana Christensen (Faye Dunaway) wittert eine Chance und leitet es sogar in die Wege, dass Beale eine eigene Show bekommt. Beale gilt mit seinen unkontrollierten Hassreden gegen die Medien und die Welt plötzlich als Sprachrohr des kleinen Mannes. Sein ehemaliger Programmdirektor und Freund Max Schumacher (William Holden) beobachtet das Ganze skeptisch bis es zur Katastrophe kommt.
Sidney Lumets Meisterwerk prangert die Medien und den Sensationsjournalismus an. Es ist obszön wie Christensen Beale ausnutzt. Ihn einerseits als Sprachrohr des einfachen Volkes darstellt und vermarktet, ihn gleichzeitig aber ausschlachtet und quasi missbraucht, da klar ist, dass Beale Hilfe braucht. Noch empörender ist nur wieviele Leute anfangs nicht hinschauen und wieviele zum Schluss hinschauen, aber nicht handeln. Als Beale seinen Selbstmord ankündigt, sitzen im Sender zahlreiche Leute und hören nicht mal richtig hin, was der Mann auf der Mattscheibe da eigentlich sagt. Als sein Vorhaben und auch seine psychischen Probleme auf der Hand liegen, sind dann endlich alle Augen auf ihn gerichtet. Aber die wenigsten schreiten ein. Viele sind skeptisch, schweigen aber lieber und zelebrieren die Quoten und den Medienrummel. Dass die Quoten steigen und die Leute wissen wollen, ob Beale ernst macht, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Noch fader ist aber wie sich Faye Dunaways Charakter als seelenloses, leeres, quoten- und skandalgetriebenes Etwas entpuppt, das die Emotionen gar nicht kennt, über die es „Fernsehen machen“ will. Nach Peter Finchs Szene „I’m mad as hell“ ist William Holdens Abgesang auf Christensens Charakter eine der besten des ganzen Films bis zum bitteren Ende.
„Network (1976) Official Trailer – Peter Finch Movie“, via Movieclips Trailer Vault (Youtube)
Das verrückte an diesen tragenden Szenen, insbesondere „mad as hell“ ist letzten Endes aber, dass sie in uns allen diesen wunden Punkt ansprechen, diesen Wunsch einen auf Howard Beale zu machen und auszubrechen und alles rauszulassen, was in einem schlummert. Über die Welt. Über all das was an uns nagt. Den Ärger, den andere an uns auslassen und den Terror, der in der Welt herrscht. Und plötzlich wird uns bewusst: das die Welt wahrscheinlich schon immer etwas verrückt war, wenn man bedenkt, dass der Film aus dem Jahr 1976 ist. Network ist so scharfzüngig und gesellschafts- und medienkritisch, dass man gut und gerne behaupten kann: solche Filme werden heute gar nicht mehr gemacht. Maximal im Indie-Kino. Es ist ein Film wie ein scharfes Messer, das durch Butter geht und in dem fast jeder shot und jede Einstellung perfekt zu sein scheint.
Network, USA, 1976, Sidney Lumet, 121 min
„Network – „I’m as mad as hell“ speech [english subtitles]“, via Onipsi (Youtube-Channel)
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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