Netzgeflüster: Game-Besprechung ‚Until Dawn‘ (PS4)

Was wäre der Oktober im Blog ohne eine anständige Halloween-Ausgabe? 😈 In der Vergangenheit gab es an der Stelle schon mal Podcast-Empfehlungen für Liebhaber von schaurigen Geschichten. Letztes Jahr habe ich hingegen mit Oxenfree auch schon ein PS4-Game empfohlen. Mein Hang zu gruseligen Spielen setzt sich fort – heute geht es um „Until Dawn“, einen spielbaren Film, wenn man so will.

Teenager, Eifersucht, abgelegene Hütte, Killerclowns

Klingt nach dem Erfolgsrezept von Slasherfilmen? Geht auch bei Games. Eine Gruppe Teenager reist zu ihrem jährlichen Winterausflug in das Ferienhaus von Joshs (Rami Malek) Familie in den Blackwood Pines am Mount Washington an. Darunter die sportliche und quirlige Sam (Hayden Panettiere), Mädchenschwarm Mike (Brett Dalton) und seine Flamme Jess (Meaghan Martin), seine Ex Emily (Nichole Bloom) und deren Neuer Matt (Jordan Fisher). Außerdem die schüchterne Ashley (Galadriel Stineman) und der Quasi-Klassenclown Chris (Noah Fleiss). Sie alle versuchen das Trauma ihres letzten Ausflugs zu verarbeiten, bei dem Joshs Schwestern Hannah und Beth (Ella Lentini) nach einem fiesen Streich die Hütte verließen und nie wieder auftauchten. Das Verschwinden der Beiden hat einen Keil in die Gruppe getrieben, über den niemand gern redet. Schon während der Anreise der einzelnen Freunde wird aber schnell klar, dass jemand die Gruppe ins Auge gefasst hat und bereit ist über Leichen zu gehen. Wie es sich für einen Horrorstoff gehört, sind sie von der Außenwelt abgeschnitten und ihr ohnehin schon fragiles soziales Gefüge aus Exfreunden und -freundinnen, Love Interests und Beziehungskonflikten wird auf die Probe gestellt.


„Until Dawn – Launch Trailer | PS4“, via PlayStation (Youtube)

Rennen, Button, rennen, springen, Button, rennen …

Der Spieler schlüpft während aller Kapitel des Gameplays in unterschiedliche Charaktere und spielt in der Third-Person-Perspektive, d.h. der Draufsicht mittels eines unsichtbaren Dritten. Das Spiel ist als spielbarer bzw interaktiver Film angelegt und das spürt man auch. Die Charaktere wurden mittels „Motion Capture“-Verfahren von mitunter bekannten Schauspielern aufgenommen. Neben den oben erwähnten spielt so beispielsweise auch Peter Stormare als Psychiater eine Rolle in recht stimmungsvollen Einspielern. Man kann durchaus sagen, dass die Modellierung von Lebewesen, insbesondere menschlichen Charakteren ein Spiel schnell in punkto schlecht gealterter Grafik verrät. In Until Dawn kann sich aber Charakterdesign, Mimik und Gestik sehen lassen, wirkt angenehm dynamisch und selten hölzern. Einzig die sowieso immer schwierige Darstellung von Haaren ist ab und zu nicht ganz auf dem Niveau des Rests. Auch wirkt die Mimik nicht bei allen Charakteren gleich ausgefeilt. Insgesamt kann die Computergrafik aber selbst nach 4 Jahren noch gut mithalten. Die aus Film und TV bekannten Gesichter tragen ihr übriges zu dem Film-Feeling bei.

Das Gameplay ist so angelegt, dass Entscheidungen durchaus Leben und Tod einzelner Charaktere beeinflussen. Prinzipiell ist es übrigens möglich alle zu retten. Spielt man es mehrmals (oder schaut sich stattdessen wie ich ein paar Youtube-Videos anderer Handlungs-Pfade) an, dann wird schnell klar, dass das Repertoire an Szenen und unterschiedlichen Ausgängen enorm groß ist. Dabei zählen auch die kleinen Dinge, d.h. welche Verletzungen sich einzelne Charaktere zuziehen und wie ihre Beziehungen beeinflusst werden. Man kann durchaus Kuppler spielen oder dafür sorgen, dass einer der Charaktere mit weniger Gliedmaßen auskommen muss. Währenddessen schaltet man diversen Bonus Content wie Interviews mit den Darstellern frei. Am spannendsten ist aber wohl die Frage wie Actionszenen umgesetzt sind, da die natürlich in einem Slasher nicht fehlen dürfen. Szenen, die dafür sorgen, dass man ziemlich schwitzige Händchen am Controller bekommt, gibt es genug. Dabei sind Flucht- und Actionszenen als Quick-Time-Events angelegt. D.h. die Szenen werden abgespielt und man muss selten auf die Richtung oder Geschwindigkeit achten, die die Charaktere einschlagen, sondern in einzelnen Situationen mittels Button-Klick das Geschehen beeinflussen. Beispielsweise wird während der Flucht vor dem Killer durch den unebenen, dunklen Waldpfad plötzlich eingeblendet, welchen Button man drücken müsse. Die Zeit ist knapp, reagiert man zu langsam, stürzt beispielsweise der Charakter und wird vielleicht erwischt.


„Until Dawn™ Dr.Hill anxious test“, via MegaJoeySA (Youtube)

„Am besten teilen wir uns auf!“

Until Dawn feiert sehr bewusst die Genre-Klischees von Slasher- und Horrorfilmen. Da gibt es eine abgeschiedene Hütte im Wald, leicht bekleidete Teenager, medizinische Experimente, Monster/Killer/Gefahren/Verrückte/was auch immer hinter den Teenager her ist und was auch nicht fehlen darf: nebulöse Indianersagen. Es ist schon ein cooler Kniff, dass auch einer der spielbaren Charaktere (Josh) einen Regisseur von Horrorfilmen als Vater hat. Selbst die Titel der PS4-Trophäen sind Horrorfilmen nachempfunden, was alles insgesamt herrlich meta macht. So kann man es dem Spiel einfach verzeihen, wenn manches etwas sehr gewollt daherkommt wie die damsel in distress, das Aufteilen der Grüppchen oder dass die Lichtschalter selten funktionieren. Horror- und Schocker-Momente gibt es genug. An Splatter und Gore wird nicht gespart. Sensible Gemüter sind hiermit gewarnt: hier kann schon mal ein Kopf rollen. Aber keine Panik, wenn einem ein Ausgang nicht gefällt. Für die PS4 ist es recht einfach seine Entscheidungen rückgängig zu machen. Pausieren und im PS4-Hauptmenü die Anwendung beenden, neu starten und vielleicht glücklicher werden. Hat man mit patzigen Antworten und fragwürdigen Handlungen die Beziehung zu anderen Charakteren beeinflusst, kann sich das auf das Spielgeschehen auswirken und ist daher auch in den Einstellungen und Charakterblättern beobachtbar. Beziehungen können so brüchig sein, wenn erstmal ein Killer hinter einem her ist … .

Fazit

Until Dawn fühlt sich aufgrund der etwas restriktiven Szenengestaltung beim Erkunden anfangs etwas hakelig an, aber dank des durch Motion Capture noch relativ natürlichen Charakterdesigns, Renderings und der üppigen Gestaltung der Umgebung ist das Spiel atmosphärisch und fühlt sich auch tatsächlich wie ein spielbarer Film an. Die Quick-Time-Events sind eine smarte Lösung für die Actionszenen und fordernd genug, auch wenn einem bei dem Konzept viel abgenommen wird. Für action- und hack-and-slay-verliebte Spieler ist das Prinzip eventuell nicht fordernd genug. Wer einen Slasher- oder Horrorfilm zu schätzen weiß, wird hiermit aber seine Freude haben. Zumal es einen recht spannenden Twist gibt, der der Geschichte eine gewisse Metaebene und diverse Überraschungen verpasst, gerade wo man dachte, dass die Handlung in allzu absehbares abrutscht. Großer Tipp für Spieler, die sich gern mal erschrecken lassen.

Kennt ihr „Until Dawn“ bereits? Und habt ihr alle gerettet oder auch ein paar der mehr oder weniger „guten Freunde“ geopfert? Hat euch das Spiel das Fürchten gelehrt oder hat sich euer Herzschlag kaum beschleunigt?

Netzgeflüster ist eine Kategorie meines Blogs in der ich mich immer zwischen dem 10. und 15. eines jedes Monats Themen aus IT, Forschung, Netzwelt und Internet widme genauso wie Spaß rund um die Arbeit mit Bits und Bytes. 🙂

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