Serien-Besprechung: „Black Spot“ Season 1 & 2

Einerseits schätze ich es ja auch gerade an Netflix, dass sie so viele Serien aus verschiedenen Ländern im Programm haben und auch kleinere Produktionen, die die allgemeine Aufmerksamkeit noch nicht auf sich gezogen haben. Da gibt es einige Perlen und Trüffel, die im Angebot vergraben sind. Aber eben auch jede Menge Trash. Und wenn man mal nicht auf die großen, gehypten Produktionen Lust hat, die eh schon alle bis zum Erbrechen durchanalysiert haben, dann wird man trigger happy und schaut einfach mal was, wovon man noch nie gehört hat. Ging das bei „Black Spot“ gut aus? Reviews sind spoilerfrei.

„Black Spot“ Season 1

Es wird mir ehrlich ein Rätsel bleiben, warum man die Serie auf dem nicht-französischsprachigen Markt in Black Spot umbenannt hat. Die französisch-belgische Mystery-Serie heißt im Original Zone Blanche, was soviel wie weiße Zone oder weiße Region bedeutet. Um eine breitere Zuschauerschaft anzusprechen ist es vielleicht noch verständlich einen englischen Alternativtitel zu wählen. Aber wäre da nicht Dead Zone kohärenter und weniger widersprüchlich? Schließlich zielt der Titel auf den Handlungsort der Serie, die entlegende französische Kleinstadt Villefranche, und sein spezielles Merkmal ab. Villefranche ist nämlich von einem Wald umgeben, in dem merkwürdige Dinge vor sich gehen und es auch keinen Mobiltelefon-Empfang gibt – trotz vorhandener technischer Ressourcen. Wir begleiten in Black Spot die Polizisten der örtlichen Gendarmerie bei ihren Einsätzen und einigen recht seltsamen Fällen. Einer davon ist das Verschwinden von Marion, der Tochter des Bürgermeistern von Villefranche (Samuel Jouy). Die Chefin der Gendarmerie, Major Laurène Weiss (Suliane Brahim), fühlt sich an ihr eigenes traumatisches Erlebnis erinnert – bei dem der Wald eine signifikante Rolle spielte.

Beim Mystery-Feeling muss Black Spot wohl noch etwas aufholen. Der Wald ist noch lange nicht in alle Fälle involviert und manchmal wirkt es so als ob man einfach irgendwie vergessen hätte den einzubinden. Ab und zu spielen die Tiere verrückt und weisen seltsames Verhalten auf, aber all das ist noch etwas zu wenig. Es muss ja nicht gleich auf Twin Peaks Niveau sein, aber ein bisschen mehr hätte der Serie gut getan. Einer der größten Pluspunkte sind wohl die diversen und teilweise etwas schrulligen Charaktere. Die Serie beginnt beispielsweise mit dem von zahlreichen Allergien und Unverträglichkeiten geplagten Staatsanwalt Franck Siriani (Laurent Capelluto), der in Villefranche eine Untersuchung führen soll, weil die Mordrate dort sechs mal höher als im Rest des Landes. Schon vor dem Ortseingangsschild („Lächle! Willkommen in Villefranche“) erleidet er einen fast tödlichen allergischen Schock. Wenn das mal kein Foreshadowing ist.

Davon mal abgesehen hat Major Weiss Unterstützung vom Hünen Martial „Nounours“ Ferrandis (Hubert Delattre), der ein ziemlicher Softie sein kann und seine Homosexualität in der Serie etwas wunderbar normales. Zumindest, wenn der Herzenspartner das auch so sehen würde. Es bleibt also auch ein wenig Zeit für Abwechslung von den großen Handlungsfäden für kleinere, parallele Subplots. Episodenübergreifend verfolgen wir hauptsächlich die Spurensuche von Major Weiss nach ihrem Peiniger und der Suche nach dem verschwundenen Mädchen. Die „cases of the week“ wissen manchmal mehr, manchmal weniger zu überzeugen; erklären aber deutlich, dass Villefranch tatsächlich nicht der Ort ist, der die längste Lebensspanne verspricht. Was Villefranche und die Serie aber durchaus kann, sind atemberaubende bis urige Landschaftsaufnahmen, die für reichlich Atmosphäre sorgen. Black Spot ist vielleicht nicht der große Wurf, aber hat genug Merkmale um Neugier zu entfachen, zumal das Finale der ersten Staffel eine gute Balance zwischen Geschlossenheit und Cliffhanger für eine zweite Staffel findet. Worüber ich aber nicht hinwegkomme ist das Auftreten einer Figur, deren Style mir doch nur allzu bekannt aus der Serie Hannibal vorkommt. Aktuell überlege ich, ob Major Weiss Nachnahme noch etwas mit dem Originaltitel Zone Blanche zusammenhängt.  (7/10)

Sternchen-7

Offenbar ist die Serie so unbekannt, dass ich nicht mal einen deutsch- oder englischsprachigen Trailer finde …


„Zone Blanche“, via olivier ogneux (Youtube)

Die Besprechung zur weiten Staffel enthält leichte Spoiler.

„Black Spot“ Season 2

Nach den Geschehnissen der ersten Staffel versuchen alle Charaktere wieder zum normalen Leben zurückzukehren. Manches ist einfacher einzuordnen, anderes nicht. So etabliert sich Gerald Steiner (Olivier Bonjour) als „Bösewicht“, dessen Pläne für Villefranche es nun letzten Endes vielleicht sind, die den Wald und seine darin hausenden Entitäten stören. Über eben diese wird nun etwas mehr bekannt. Der Gott des Waldes bekommt einen Namen und auch öfter ein Gesicht. Nach einem geschichtlichen Exkurs und Rückblick in die Zeit der Römer, steht nun fest, dass die Entität und der Beschützer des Waldes schon einige Jahrhunderte in Villefranche umhergeht. Laurène Weiss (Suliane Brahim) will das immer noch nicht so richtig glauben und geht den Hinweisen weiter nach, aber mit zunehmend weniger Rücksicht auf Verluste. Derweil erfahren wir so langsam, warum Franck Siriani (Laurent Capelluto) so verbissen hinter den Steiners her ist. Er bekommt unter Umständen Unterstützung durch Delphine Garnier (Marina Hands), eine Mitarbeiterin des Umweltamts. Was natürlich nicht ausbleibt ist der normale Wahnsinn von Villefranche. Bienen, die Menschen scheinbar gezielt angreifen; eine Vollmondnacht, in der gefühlt alle durchdrehen. Besuch von Geistern der Vergangenheit ist da noch das am wenigstens außergewöhnliche.

Leider verrennt sich die Serie im Bemühen das Unvermeidliche aufzuschieben und Material zu strecken. Bei der Aufgabe sich unbedingt den großen Twist für das Ende der zweiten Staffel aufzuheben, werden die cases of the week beliebig und ereignislos. Siriani darf wieder für viel Comic Relief sorgen und wird mein geheimer Hauptcharakter der Staffel, aber die offensichtlichen Mechanismen der Serie kann er kaum überspielen. So müssen wir wieder einmal Episode für Episode Major Weiss dabei zusehen wie sie im Alleingang nachts durch den Wald stapft und mysteriös tut, während andere versuchen ihr zu helfen und dabei fast (oder manchmal tatsächlich) ihr Leben lassen. Sie zeigt dabei erschreckend wenig Mitgefühl. Sie zeigt aber auch allgemein wenig Gefühlsregung. Es ist als ob ihre Charakterzeichnung pausiert. Ein unangenehmer Trend, der letzten Endes die gesamte Serien ad absurdum führt. Andere Nebenhandlungen sind da ähnlich. Die Kinder von Arduinna erleben ein revival. Was sie erreichen wollen war selten klar, jetzt noch weniger. Dieser unangenehme Trend schmälert schöne und atmosphärische Bestandteile der Serie wie die Episode um eine blinde Pianistin und die fantastischen Bilder der Region und satten Wälder. Die wirken so plastisch, dass man meint den kühlen, nassen, moosigen Wald riechen zu können. Schade um die immer kruder und beliebiger werdende Handlung. Es hätte ein nächstes Twin Peaks werden können. (4/10)

Sternchen-4

Würde es eine dritte Staffel zu „Black Spot“ geben, ich würde sie wohl nicht weiterschauen. Oder wenn ja, dann würde ich jedenfalls nicht viel erwarten. Die Bestandteile waren ja wirklich gut und ich mochte das Flair der Serie sehr, aber ich kann Major Weiss einfach nicht mehr bei rücksichtslosen, nächtlichen Alleingängen zuschauen oder Steiner junior bei seltsamen Befreiungsschlägen gegen seinen Vater. Wer die Mischung aus Krimi, Folklore und Ökothriller mag, dem empfehle ich stattdessen einfach Jordskott zu schauen. Richtig tolle Serie. Was war euer letzter Zufallsgriff auf Netflix oder den Streamingplattformen? Etwas, das ihr einfach aus Dusel und ohne jegliches Vorwissen geschaut habt? Macht ihr das überhaupt?

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