Solange ich noch TOS (The Original Series) aka Raumschiff Enterprise schaute, war es valide eine eigene Reihe daraus zu machen und die zu nennen „to boldly go where no Miss Booleana has gone before“. Jetzt ist das deutlich mehr „boldly“, aber weniger „never gone before“. Inzwischen kenne ich mich ja schon ein bisschen im Star-Trek-Universum aus. Und die Erkenntnis war: TOS muss man früh sehen, damit es begeistert. Wenn man noch nicht von tolle(re)n Effekten, CGI und episodenübergreifendem Storytelling „versaut“ ist. Umso mehr freute ich mich jetzt mit TNG weiterzumachen. Und hält es, was ich mir davon versprochen habe? Besprechung ist spoilerfrei.
Sogar noch mehr als das. Zwar ist die Pilotfolge genauso wie ich vorgewarnt wurde (danke Anette) etwas seltsam, weil voller Plot Devices, die man erstmal einfach nur akzeptieren muss. Wenn Q im Piloten mit Hut und Feder auftritt, einfach mal zu allem fähig ist und mehr weiß als alle anderen, denkt man, dass der Unfug aus TOS fortgesetzt wird. Bald ist auch klar, dass man Q nochmal sehen wird. Aber das ist natürlich nicht alles. Am auffälligsten ist bereits im Piloten, dass die Crew voller divers angelegter Charaktere mit allen möglichen Konditionen, Abstammungen und Merkmalen ist. Und im Laufe der Staffel merkt man auch, dass die Serienschöpfer hier viel offensichtlicher Charakterentwicklung vorantreiben und ihre Cases of the Week erzählen können.
Die Serie beginnt vordergründig erst einmal mit der Ankunft des „Second in Command“ Commander William Riker (Jonathan Frakes) auf der Enterprise, einem neuerem Modell als das was wir aus TOS kennen. Captain der Enterprise ist Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) und der und sein im Folgenden oftmals „Number One“ genannter First Officer Riker kennen sich bisher nicht. Wie gut sie zusammenarbeiten wird direkt zu Beginn auf die Probe gestellt, aber auch die Beziehungsgeflechte angeteasert. So scheinen sich Riker und Counselor Deanna Troi (Marina Sirtis) zu kennen. Troi ist als Beraterin Picards tätig, die Empathin ist und dafür insbesondere in diplomatisch prekären Situationen unverzichtbar. Außerdem Teil der Crew ist Geordi La Forge (LeVar Burton), schwarz, resolut und von Geburt an sehbehindert, aber mit einer technischen Sehhilfe ausgestattet, die es ihm erlaubt spezifische Analysen zu machen (und die fancy aussieht).
„Original Star Trek The Next Generation Trailer“, via TrekCore (Youtube)
Brent Spiner spielt den Androiden Data, der erwartungsgemäß sehr rational und logisch handelt, aber die menschliche Denke und Emotionen durchdringen will. Seine Versuche zu lächeln, zu niesen oder Witze zu reißen wie seine menschlichen Kollegen sind ungewollt komisch und der Satz „wenn ein Blinder (la Forge) einem Androiden das Malen beibringt [wissen wir, dass wir in der Zukunft angekommen sind oder so ähnlich]“ ist einer meiner liebsten Comic-Relief-Momente der Staffel. Sobald Data den Mund aufmachte, war klar: „Das ist also der mit dem wir wahrscheinlich den meisten Spaß haben werden“. Und der von Picard wohl neben „Engage“ am häufigsten gesagte Satz „Thank you, Mr Data“ dient dazu sein Geplapper und die schier endlose Aneinanderreihung von Informationen aus Datas Mund zu unterbinden. 🙂 Großes sympathisches Charakter-Kino. All diese Abgrenzungen und die Unterschiedlichkeit der Charaktere werden stets auf positive Weise gehandhabt. Jeder nutzt seine individuellen Merkmale und es herrscht gegenseitige Akzeptanz, was ich als eine starke Botschaft sehe. Umgekehrt herrscht diese Akzeptanz nicht immer, wenn Gäste auf der Enterprise zu gegen sind – daraus entsteht dann meist die moralische Unterfütterung und der Konflikt der jeweilen Cases of the Week.
Was die Charaktere betrifft, hört der Spaß natürlich noch lange nicht auf. So wird mit Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden) direkt ein Love Interest für den resoluten und strengen Picard etabliert. Dr Crusher bringt ihren Sohn mit an Board. Picard macht allerdings gleich im Piloten klar, dass er mit Kindern nicht so gut kann (und auch nicht will). Ihr Sohn Wesley (Wil Wheaton) ist ein Enterprise-Fanboy und schleicht sich recht häufig auf die Brücke. Vermutlich soll seine Figur als Identifikationspunkt für junge Zuschauer dienen. Dass er aber so oft eine Extrawurst gebraten bekommt, erklärt mir nun nach so vielen Jahren endlich den Hass (und Running Gag) um Whil Wheaton in The Big Bang Theory. 😉 Davon mal abgesehen ist sehr schnell Denise Crosby als Sicherheitsoffizierin Tasha Yar einer meiner Lieblingscharaktere geworden und ich hätte gern mehr über ihre Vergangenheit erfahren. Dass sie als Badass-Nahkampf-Expertin etabliert wird, hat mich mindestens genauso beeindruckt wie der Fakt, dass mit Worf (Michael Dorn) auch ein Klingone Teil von Picards Dunstkreis ist. Einmal volle Inklusions-Keule schwingen, bitte! Danke.
Und nachdem ich mich nun drei Absätze lang über den Cast gefreut habe, wie war die erste Staffel nun? Gut. Wirklich gut. Die Staffel wurde im Jahr 1987 veröffentlicht und ist damit ein niedliches Jahr älter als ich. In punkto Inklusion, Ethik und Moral hat sie im Vergleich zu TOS erfolgreich zugelegt. Die einzelnen Episoden bringen uns u.a. auf einen matriarchalischen Planeten mit einem Plädoyer für Gleichberechtigung, statt Umkehrung der Machtverhältnisse. Die Prime Directive wird präsenter und wichtiger – und v.A. wird sie auch bereits zur Zwickmühle. Es gibt sehr witzige (oder zumindest witzig beginnende Episoden) wie die um die Edo, die nur auf den ersten Blick auf einem perfekten Planeten leben und stark mit der Crew flirten. Es gibt sehr clevere Episoden – und sehr dramatische. Manche widmen sich vorrangig den Charakteren wie Deanna und dem bisher noch Mysterium um Riker („Imzahdi“) und sie oder auch Picards Vergangenheit.
Visuell funktioniert die Serie noch heute wirklich gut, weil das CGI zumindest fortgeschrittener ist als in TOS und dankbarerweise viel auf händisch gebaute und modellierte Kulissen gesetzt wird. Ideen wie das Holodeck sind der perfekte Kompromiss um Zukunft einladend zu gestalten, aber ohne viel CGI umsetzen zu müssen. Auch die Saucer Sep ist ein Konzept, das mir gefehlt hat. Hierbei wird die Battle Bridge von dem „Lebensraum“ der Enterprise getrennt. Ich fand es eh immer seltsam, dass mit sovielen Zivilisten an Board gekämpft wird. Wissenschaftlich wird es auch. Konzepte wie Terraforming werden erklärt. Auch die verschiedenen Lebensformen sind vielfältiger. Den „Traveler“ würde ich gern wiedersehen. Wohingegen mich Q und die Ferengi leider massiv nerven. Aber das ist wohl auch so angedacht.
In punkto Storytelling versucht sich nun „Star Trek“ endlich am Konzept der episodenübergreifenden Handlung, was allem eine Note von mehr Planung und Entwicklung gibt. Ich erachte sowas längst als unerlässlich und bin froh, dass sie in den 80ern dann bereits damit angefangen haben. Am „Wie“ haben sie hoffentlich im Laufe der Staffeln noch gefeilt, denn das wirkt entweder zu zäh oder zu übereifrig. Eine der episodenübergreifenden Handlungen (Stichwort Verschwörung) wurde ein, zwei Mal angeteasert und dann in einer Episode verhältnismäßig überraschend zu Ende geführt. Bei einer Verschwörung hätte ich mehr Implikationen erwartet und dass diese auch sichtbar werden. Die andere episoden- und offenbar auch staffelübergreifende Handlung um Q zieht sich und ich bin bisher nicht mal sehr gespannt auf die Auflösung. Abgesehen von diesen kleineren Kritikpunkten ist die gesamte Staffel zeitgeistiger und ich fühlte mich von der ersten (na gut zweiten) Episode an Zuhause. Selbstredend werde TNG gern weiterschauen. Erkenntnisse am Rande: Rikers Brusthaar, dass er auf Angel One zur Schau gestellt hat, war bestimmt nicht echt. Patrick Stewart hat hier noch Haare (bestimmt echt). Obwohl er Franzose ist, spricht er wie alle anderen seinen Namen „Picart“ statt „Picar“ und jetzt muss ich mich umgewöhnen, denn ich dachte immer er wäre ein „Picar“. Und: Endlich weiß ich mal, wann die Serie spielt: im 24. Jahrhundert.
(8/10)
„Star Trek Tng Blooper Reel Season 1 Sub ITA“, via Qualcunaltro1 (Youtube) – VHS-Zeitalter ahoi!
Allerdings … wie soll ich es sagen: da ich weiß, dass die Serie einige Staffeln lang läuft, habe ich nicht unbedingt das Gefühl, dass sie besser wird. Vielleicht spricht da nur meine Erfahrung mit anderen Langläufer-Serien aus mir (*hust* Supernatural). Aber wer weiß!? Ich kann es jedenfalls nicht erwarten, dass die Borg auftauchen. So da ich ja nun der letzte Mensch bin, der all diese Staffeln noch nicht geschaut hat, hat jeder von euch da draußen mir sicherlich was zu erzählen. 😉 Was hat euch an TNG sehr begeistert? (Bitte spoilerfrei) Welche sind eure Lieblingscharaktere? Welche ist die beste Staffel? Welche eher für die Tonne?
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