Fantastischer Film ist dieses Mal wörtlich zu nehmen. The Yin-Yang Master: Dream of Eternity (DoE) entführt uns in ein China von vor einigen Jahrhunderten, in dem Magie und Dämonen zum Alltag gehören. Meister ihres Fachs verfügen über Techniken um Dämonen zu besiegen oder zu verbannen. Ying-Yang-Magie ist darin ein Zweig, der sich stark an den natürlichen Elementen orientiert und dem Glaube an die Balance zwischen Yin und Yang. Schauplatz ist nun die Kaiserstadt, in der einst ein mächtiger Schlangendämon versiegelt wurde und nun auszubrechen droht. Vier Meister sollen die Siegel stärken, die die Schlange halten und dafür in die Kaiserstadt reisen. Darunter der Yin-Yang-Meister Qingming (Mark Chao). Bei seiner Ankunft verscherzt er es sich direkt mit der Stadtwache Boya (Deng Lun), nichtsahnend, dass auch er einer der Meister ist, der am Versiegelungsritual teilnehmen muss. Entgegen ihres schlechten Starts müssen sich beide zusammenraufen als sie in eine Intrige laufen.
„The Yin-Yang Master: Dream of Eternity | Official Trailer“, via Netflix Asia (Youtube)
The Yin-Yang Master: Dream of Eternity (DoE) ist ein chinesisches Historien-Fantasy-Spektakel, das vier Jahre lange aufwendig produziert wurde (direkt inklusive eines bisher nicht veröffentlichten Sequels) und im Dezember 2020 in den Kinos landete. Der Rest der Welt kann sich seit Januar auf Netflix davon ein Bild machen. DoE hat alles. Wuxia-angehauchte Kämpfe (wenn auch wenige), witzige Wortgefechte und Bromance, Charakterentwicklung, eine Liebesgeschichte, moralische Denkanstöße in eine komplexe Fantasy-Welt verpackt, fantastische Schauplätze, atemberaubende Kostüme und Maske. Das zumindest für mich beste an dem Film ist neben der Ausstattung aber wohl wie nahtlos alle Elemente ineinandergreifen. Neben der großen Storyline um die Versiegelung der Schlange gibt es einige kleinere Nebenhandlungen, bei denen nicht klar ist, ob sie damit im Zusammenhang stehen oder nicht. So beispielsweise einen Mordfall, der das Vorhaben der Versieglung der Schlange ins Wanken bringt. Aber auch diverse kleinere Begegnungen mit Dämonen, in denen alle Meister ihr Können zeigen. Was anfangs wie „viel“ wirkt, wird aber meisterlich eins um’s andere aufgelöst. Der Film beginnt mit der Phrase, dass Namen die wohl kürzesten Zaubersprüche der Welt sind. Was man nach über einer Stunde Film fast vergessen hat, wird aber doch noch sehr wichtig und rundet den Film ab.
Alle diese Nebenhandlungsstränge geben Qingming und Boya genug Gelegenheit aneinanderzugeraten, dann doch zu erkennen, dass sie sich ähnlicher sind als sie glauben und zu Freunden. Man möchte sogar sagen im jeweils anderen einen Seelenverwandten zu erkennen. An ihnen wird vom Kostüm (der eine in Schwarz, der andere in Weiß) bis hin zu Mentalität (Qingming ist wortgewandt und gelassen, Boya ein Hitzkopf aber sehr mutig) das Prinzip von Yin und Yang demonstriert. Alle bis dahin gestreuten Handlungsfäden kommen ähnlich ihrer anfangs schwierigen Beziehung (mit herrlichen Wortgefechten und kleineren Kämpfen) zu einem verblüffend runden Ende. Was der Film herausfordert ist seine eigenen Denkmuster zu durchbrechen und zu hinterfragen.
Je nachdem wie man den Film schaut, bekommt man den Eindruck, dass die Bromance aber durchaus auch Queerbaiting sein könnte. Denn wie stark Boya und Qingming im Laufe des Films zusammenwachsen und schlussendlich für einander ins Messer springen ist zwar noch glaubwürdig, aber schon schon eine sich schnell und tränenreich entwickelnde Beziehung. Man kann darüber streiten, ob die Seelenverwandtschaft Schubladen bedarf oder publikumsförderliches aber wenig mutiges Lockmittel ist („Sind sie? Oder sind sie nicht?“). Letzten Endes ist Homosexualität in China zwar entkriminalisiert, aber viel mehr auch nicht (gleichgeschlechtliche Ehe ist nicht erlaubt, über Zensur in Medien kann man sich online belesen). Verbannt wurde der Film letzten Endes aus anderen Gründen aus den Kinos.
Man warf Regisseur Guo Jingming Plagiarismus vor. Leider hat er eine Geschichte was das betrifft. Ob die Vorwürfe auch im Fall von The Yin-Yang Master: Deam of Eternity berechtigt sind, kann ich nicht gut einschätzen, weil es mir an nicht-chinesischsprachigen oder gut belegten Quellen fehlt. Angeblich liegt es daran, dass ähnliche Symboliken wie in Marvels Doctor Strange benutzt werden. Aber andererseits hat der diese wiederum aus asiatischer Folklore und Religion, weswegen ich den Vorwurf misgerichtet finde. Andere Ähnlichkeiten drängen sich mehr auf – nämlich die zu Naruto. Wenn die Riesenschlange entfesselt wird, fühlt man sich enorm an Orochimaru erinnert, um nur ein Beispiel zu nennen. Vielleicht wird auch nur ein Exempel am Regisseur statuiert und es schmerzt zu sehen, dass das bei diesem Film mit seiner tollen Crew passieren muss.
Vor Allem deswegen, weil der Film so konsequent gute Zutaten hat. Neben den wirklich unglaublich tollen Kostümen, der Maske und den Kulissen, hat er zudem auch noch einen Soundtrack von niemand geringerem als Kenji Kawai (Ghost in the Shell). Neben der Handlung um Boya und Qingming, die lernen, dass Gegensätze sich auch ergänzen und bereichern, statt sich gegenseitig abzustoßen; hat mich auch sehr das zweite übergreifende Motiv berührt. Der Film handelt auch davon zu beschützen, was einem lieb ist und stellt die Frage wie weit man bereit ist dafür zu gehen. Ich gestehe, dass mir der Handlungsfaden das eine oder andere Tränchen abgerungen hat. In den Nebenrollen glänzen Olivia Wang als die Princess Changping und Wang Duo als undurchschaubarer He Shouyue.
Ein kleiner Bruch mit dem bis hierhin gesprochenen Gesamtpaket ist die etwas hakelige Übersetzung. Je nachdem, für welche Version (englische Synchro, Original in Mandarin, deutsche oder englische Untertitel) man sich entscheidet, ergeben sich unterschiedliche Widersprüche. Was würde ich dieser Tage darum geben Mandarin verstehen zu können. Außerdem stellt sich die Frage, ob es wirklich soviele shirtless fights am Ende brauchte. Aber hey, ich werd‘ mich nicht beschweren. 🙂 Cool, aber an der Grenze zu Stilbruch und gewöhnungsbedürftig sind die Kampfsequenzen, die einen regelrechten Videospiel-Look haben. Der Film kann übrigens leicht verwechselt werden mit einem weiteren Fantasyfilm aus dem Jahr 2021: The Yin Yang Master, auch auf Netflix zu finden. Der ist von der Tonalität aber weitaus mehr Comedy und setzt den Fokus eher auf Qingming.
Dream of Eternity ist insgesamt dramatisch, verfügt über eine sehr klug komponierte Handlung und erzählt von Vermächtnis, Beziehungen und davon jedes Leben zu schätzen, statt Vorurteile zu kultivieren. Die Beziehungen entwickeln sich natürlich, gene ans Herz und der Film besticht durch einen Mix aus Fantasymotiven und Eleganz bis in jede Faser. Zwar hat der Film Wuxia-Elemente, d.h. also welche klassischer Darstellung von Kampfkunst, aber mündet am Schluss in ein CGI-Spektakel ohne Wuxia, dass sich aber sehen lassen kann. Wer auf den Stilmix mit der asiatischen Folklore auch nur annährend Bock hat: unbedingt schauen!
The Yin-Yang Master: Dream of Eternity (OT: 阴阳师: 晴雅集), China, 2020, Guo Jingming, 134 min
„[Deng Lun Multi Subs] The Crew and Cast behind The Yin-Yang Master: Dream of Eternity 晴雅集班底介绍“, via Deng Lun Fan Club in North America (Youtube)
Header image uses a Photo by Kilyan Sockalingum on Unsplash
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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