7ème art: Wuxia-Filme

Eigentlich wollte ich zuerst Martial Arts und im Speziellen Kung-Fu-Filme nachholen, bevor ich mich an noch spezifischere Subgenres wage. Aber dann habe ich letztes Jahr mit Begeisterung The Yin-Yang Master: Dream of Eternity und den fatalerweise ähnlich klingenden „The Yin Yang Master“ (s.u.) gesehen, die beide Martial Arts Elemente beinhalten, aber eben auch mythologische und fantastische Motive. Da war ich am Haken und beschäftigte mich mit fortan mal eine Weile mit „Wuxia“ (eigentlich 武俠 bzw. 武侠,“Wǔxiá“). Dieses Filmsubgenre floriert insbesondere seit den 60er Jahren, reicht aber weit bis in die 20er Jahre zurück. Wie unterscheidet man „Wuxia“ und „Martial Arts“? „Wuxia“ hat 1. Kampfkunst-Elemente, 2. fantastische Elemente (kämpfen mit übermenschlicher Präzision, wortwörtlich fliegen können statt „nur“ hoch zu springen, unvm.) und 3. die Protagonist*innen haben ritterliche Züge und hohe Moral- und Ehrvorstellungen. Ggf basiert die Handlung sogar auf einer Legende. Insbesondere wegen der „Ritterlichkeit“ wird Wuxia oftmals auch mit anderen Subgenres unter dem Begriff „Eastern“ zusammengeschmissen. Wir können ja mal schauen, ob wir das alles in den nachfolgenden sieben Wuxia-Filmen wiederfinden. 🙂


„What is Wuxia?“, via Fandor (Youtube)

Das Schwert der gelben Tigerin

Im englischen Verleih eher bekannt unter dem Titel Come Drink With Me ist es einer der ersten Filme der Shaw Brothers, die Wuxia-Filme maßgeblich bekannt machten und in den 60er und 70er Jahren einen Wuxia-Hype auslösten. Der deutsche Titel erschließt sich mir eher wenig – aber hey, immerhin gibt es den Film hierzulande, was mir gar nicht so selbstverständlich erscheint. Das Schwert der gelben Tigerin beginnt mit der Entführung des Sohns des Gouverneurs durch eine vom perfiden Jadetiger (Chen Hung-Lieh) geleitete Bande. Der Gouverneur entsendet seine Tochter Goldene Schwalbe (Cheng Pei-pei) um ihren Bruder zu befreien.

Aufgenommen habe ich den Film tatsächlich in meine Liste, weil damit geworben wurde, dass er der erste Wuxia- und Martial-Arts-Film sei, der eine Protagonistin hat. Und tatsächlich ist Cheng Pei-pei eine sehr ausdrucksstarke, gleichzeitig elegante Protagonistin, die eine Menge actionreiche Kampfszenen abliefert. Letzten Endes verschiebt sich aber der Fokus immer mehr zu Hua Yueh als „Betrunkene Katze“. Anfangs tritt der mehr als Nebencharakter auf, der Goldene Schwalbe einige Male warnt und mit unauffälligen Kniffe aus der Patsche hilft. Später wird er aber als Kampfkunstmeister geoutet und die Handlung kippt zu seiner persönlichen Vergeltungsgeschichte. Dieser Shift ist sowohl was Empowerment betrifft als auch erzählerisch nicht hilfreich und wirkt etwas ungelenk.

Lässt man das außer Acht ist Das Schwert der gelben Tigerin an und für sich ein spannender und kurzweiliger Film. Der krankt als Kind seiner Zeit natürlich vor einigen Banalitäten und Mustern, die man auch hätte skippen können („Oh, Goldene Schwalbe, du wurdest vergiftet, ich muss die Wunde aussaugen“ ah ja, mhm). Den Kampszenen, auch den fantastischeren, sieht man ihre Mittel nicht an. Hier werden Steine mit einem Finger gehoben. Man sieht nicht wirklich Drähte, Seile, Trampolin, aber natürlich die Speedcamera 😉 Was das betrifft ist der über 50 Jahre alte Film echt beispielhaft und handwerklich gut bis beeindruckend. Es sind die anderen, kleinen Dinge, die zum Schmunzeln bringen. Das leuchtend tomatenrote Blut oder die Wassereimer, die von links und rechts in die Szene geschüttet werden, wenn … was? Die Darsteller*innen im Regen stehen sollen? Das ist schon aus heutiger Sicht eher witzig.

Das Schwert der gelben Tigerin (OT: 大醉俠 „Dazui Xia“, auch „Come Drink With Me“), Hongkong, 1966, King Hu, 91 min, (5/10)

Sternchen-5


„A Touch of Zen (1971) ORIGINAL TRAILER [HD 1080p]“, via HD Retro Trailers (Youtube)

Ein Hauch von Zen

Nicht unter den Shaw Brothers, sondern für Taiwan arbeitete King Hu dann an Ein Hauch von Zen, dem man sehr leicht abnimmt ein Vorbild für Ang Lees Tigers & Dragon (s.u.) zu sein. Es beginnt mit dem Kalligrafen Gu Sheng-tsai (Shih Chun), der zusammen mit seiner Mutter in einem ruhigen Dorf lebt. Fast zeitgleich tauchen in seiner Heimat aber ein mysteriöser Reisender (Tien Peng) und die mittellose Yang Hui-zhen (Hsu Feng) auf, die gegenüber einzieht. Gu Sheng-tsais Instinkt sagt ihm, dass etwas nicht stimmt bei all diesen Zufällen, Mönchen und Sicherheitsbeamten, die plötzlich auf Durchreise sind. Und er soll Recht behalten. Bald schon muss sich Gu Sheng-tsai fragen, wem seine Loyalität gilt. Der schönen Nachbarin, die er sogar heiraten wollte oder dem Staat?

Ich musste ganz schön schlucken als ich die Spielzeit von gut drei Stunden sah. Ein Hauch von Zen nimmt sich viel Zeit, hat aber auch viel zu erzählen ist in vielerlei Hinsicht höchst bemerkenswert. Erst einmal beginnt der Film mit wirklich sehr schönen und stimmungsvollen Aufnahmen des verlassenen Forts, in dem sich der Hauptteil der Handlung abspielen wird. Man erkennt viel Feingeist und Filmkunst in den Aufnahmen der verrottenden altasiatischen Architektur und dem hohen Gras, in dessen Wimpeln sich das Sonnenlicht bricht. Danach muss man erstmal eine Weile aushalten wie sich Gu Sheng-tsai mit seiner Mutter darüber streitet, dass er keine Prüfung zum Beamten ablegen will. Erst nach einer Stunde wird mal jemand ein Schwert ziehen. Der Film streckt sich dahin über Passagen in denen Yang Hui-zhen ihre Geschichte erzählt und leider trotz all der Ausführlichkeit wenig Platz dafür ist zu erfahren wie sie im Kloster bei buddhistischen Mönchen Selbstverteidigung erlernte.

Bis zum erstaunlichen Ende hin, wird Zen, der Schutz des Lebens und die gewaltlose Auseinandersetzung (sagen wir zumindest der Wunsch danach) eine immer größere Rolle einnehmen. Es ist nicht besonders subtil wie der Mönch Hui-yuan (Roy Chiao) goldfarben blutet und immer zufällig die Sonne in seinem Rücken einen Lichtkreis bildet. Wir ahnten auch so, dass er ein Erleuchteter ist. Warum war Gu Sheng-tsais Rolle dann aber so groß? Und war die verfolgte Yang Hui-zhen dann nur ein Mittel zum Zweck? Letzten Endes bildet das alles in seinen Ausschweifungen einen ziemlich schlauen Rahmen, wenn da nur die Dauer nicht wäre. Gu Sheng-tsai Zufriedenheit mit seinem einfachen Leben ist in etwa ein Hauch Zen, wie der Kampf-Mönch Hui-yuan (^^‘) ihn später predigt angesichts der Willkür des Staates, die viele Menschenleben fordert. Zugunsten der Gerechtigkeit lehnen sich Maler wie Mönch weit aus ihrer Komfortzone. Ein Hauch von Zen beeindruckt mit sehr schönen Aufnahmen, Kulissen und einem großen Gespür für visuelle Dramaturgie. Die Kampfsszenen sind nicht schlecht, aber in der zweiten Hälfte deutlich spannender. Was das betrifft ist der Film eben ein Kind seiner Zeit und hat vor 50 Jahren sicherlich besser funktioniert. Sehr spannend ist welche künstlerischen Freiheiten sich der Film erlaubt. Den krassen Wechsel zu Humor in der Mitte, fantastischeren Elementen und ausschweifenderer Symbolik gegen Ende. Es gibt gar farbliche Negativ-Sequenzen und Split-Screen, das hatte ich nicht kommen sehen. Man versteht den Klassiker- und Kult-Status.

Ein Hauch von Zen (OT: 俠女 „Hsia Nu“, engl “ A Touch of Zen“), Taiwan, 1971, King Hu, 200 min, (7/10)

Sternchen-7

Tiger and Dragon

Im Kaiserreich des Jahres 1779 bittet der Meister Li Mu Bai (Chow Yun-Fat) seine Freundin Yu Xiu Lian (Michelle Yeoh) darum das legendäre „Grüne Schwert der Unterwelt“ mitzunehmen und einem Bekannten abzuliefern. Yu Xiu Lian ist selbst eine versierte Kämpferin und kommt der Bitte nach, das Schwert kommt am Bestimmungsort an. Dort macht sie die Bekanntschaft der jungen Yu Jiao Long (Zhang Ziyi), die einige Wunden aufreißt, die Yu Xiu Lian gut zu verstecken weiß. Während die junge Frau bald heiratet und das eigentlich nicht möchte, hat die ältere Schwertkämpferin ihre Aufgabe und Berufung der Liebe zu Li Mu Bai vorgezogen. Dann aber wird das legendäre Schwert gestohlen. Die Verfolgung des Diebes beginnt und hat weitreichende Folgen, in die sich Verlust, Rache und das Streben nach Freiheit mischen.

Alle Achtung, man schaue sich die Produktionsländer an – hier haben mal alle zusammengearbeitet, die gern auf dem Eastern Markt unterwegs sind oder sein wollen. Tiger and Dragon ist ein außerordentlicher Wuxia-Film und Hommage an das Genre und seine klassischen Vorbilder. Nicht nur, dass „Goldene Schwalbe“ Cheng Pei-pei (s.o.) hier die Rolle der auf Rache sinnenden Jadefuchs spielt, Zhang Ziyis Rolle der Yu Jiao Long darf hier in einer sehr ähnlichen Szene auch den Männern in einer Schenke zeigen was sie drauf hat. Zhang Ziyis Figur hat aber eine viel persönlichere Agenda, die bald den Film dominiert. Sie begehrt das Schwert und hat es gestohlen. Nicht aber des Schwertes wegen, sondern weil sie es kann und es als rebellischen Befreiungsschlag gegen die Pläne sieht, die man mit ihr hat. Etikette-gemäß heiraten? Nein, sie will frei sein. „Nur das Schwert wird bestimmen, wer ihm recht ist“ sagt sie und meint damit mehr sich. Aber auch die unausgesprochenen Gefühle zwischen Yu Xiu Lian und Li Mu Bai sind Thema.

Lohnt es sich das ganze Leben der Berufung oder einem höherem Zweck zu widmen? Tiger and Dragon hat atemberaubende Szenen großer filmischer Fertigkeit. Ich denke da an die Sprünge über den Teich, den Kampf am Wasserfall und wie sich Chow Yun-Fat und Zhang Ziyi auf einem Bambusstrang(!) gegenüber stehen. Schade nur, dass die Figurenzeichnung abgesehen von Zhang Ziyia rebellischer Heldin etwas eindimensional geraten ist und gegen Ende aufgrund mangelnder Instrospektion nur den Schluss zulässt, dass es für die, die Frieden, Glück und Berufung wollen kein Happy-End gibt?

Tiger and Dragon (OT: 臥虎藏龍 „Wòhǔ Cánglóng“ dt etwa „Kauernder Tiger, Verborgener Drache“), Taiwan/Hongkong/USA/China, 2000, Ang Lee, 115 min, (8/10)

Sternchen-8


„HERO (2002) – HD Trailer Deutsch“, via Kinoschmiede (Youtube)

Hero

Zhang Yimous erster Wuxia-Film wurde auch der erste chinesisch-sprachige Film, der an amerikanischen Kinokassen und -Charts den ersten Platz für sich beanspruchte. Nicht ganz ohne Kritik, da eine entscheidende Botschaft am Ende des Films im englischsprachigen Raum missverständlich übersetzt wurde und von der angedachten Bedeutung abwich. Denn Bedeutungen, Sprache, Schrift und Intention sind ein wichtiges Element von Hero. Der Film handelt von einem namenlosen Kämpfer (Jet Li), der drei gesuchte Attentäter getötet hat und nun am Hofe geehrt werden soll. Der König von Qin (Chen Daoming) empfängt ihn und lässt sich von dem Namenlosen erzählen wie er die drei Kämpfer*innen niedergestreckt hat. Bald schon hat er aber Zweifel an dem Bericht des Kriegers wie die Ereignisse stattgefunden haben.

Nicht selten in Heldenepen anzutreffen und auch ein Merkmal mehrerer Zhang Yimou Filme ist die Rahmenerzählung, die mit einem unzuverlässigen Erzähler beginnt. Wahrheiten und Loyalitäten verschieben sich auch hier mehrmals wie in Yimous zwei Jahre später veröffentlichtem House of Flying Daggers. Sowohl der Namenlose als auch der König geben in ihrem Gespräch mehrere mögliche Szenarien wieder wie der Namenlose die drei Attentäter überwunden hat. Um diese vier Rahmenhandlungen abzugrenzen und ihre Motive greifbarer zu machen, dominieren jeweils verschiedene Farben und Stimmungen: Rot, Blau, Weiß und Grün. Das war nicht ganze ohne die Verwendung von Filtern zu erledigen, sorgt aber für fantastische Optik und bessere inhaltliche Einordnung. Die Kostüme von Emi Wada tragen maßgeblich dazu bei wie auch die Cinematografie Christopher Doyles und die Kampfkunst-Choreografien, die sich auch je nach Charakter unterschiedlicher Stile bedient. Zwar sind erwartungsgemäß nicht alle Effekte gut gealtert (Stichwort Wassertropfen und Pfeilhagel abwehren), aber Hero ist ein Fest für die Sinne! Faszinierend ist aber auch wie sich der Film auf eine Botschaft hinbewegt, die wohl auch heute nichts an Aktualität verloren hat. Was für die einen eine dramatische Erzählung mit viel Botschaft und Schauwerten ist, brachte Zhang Yimou aber auch die Kritik ein, sich pro-totalitär zu positionieren.

Hero (OT: 英雄 „Yīngxióng“), China, 2002, Zhang Yimou, 105 min (Director’s Cut), (10/10)

Sternchen-10

House of Flying Daggers

Im China des Jahres 859 (gegen Ende der Tang-Dynastie) versucht die Polizei die Rebellengruppe Haus der Fliegenden Messer zu stoppen. Sie versuchten bereits einmal den Kaiser zu stürzen. Die Polizisten Leo (Andy Lau) und Jin (Takeshi Kaneshiro) werden auf die Suche nach der Gruppe angesetzt. Ihnen kommt zu Ohren, dass die blinde Tänzerin Mei (Zhang Ziyi) Kontakte zu der Gruppe haben soll. Jin soll also in das lokale Teehaus um den Fall zu untersuchen. Was folgt ist eine verhängsnisvolle Dreiecksbeziehung zwischen Mei, Jin und Leo, die mehrmals die Loyalitäten und Gefühle der Drei in Frage stellt. Jeder Schlagabtausch in Zhang Yimous Film macht deutlich, was mit Kampfkunst gemeint ist, auch wenn oder gerade weil sie gemäß Wuxia die Grenzen menschlichen kontrollierbaren Gefechts sprengt.


„HOUSE OF FLYING DAGGERS, Zhang Yimou, 2004“, via FilmStruck (Youtube)

Zhang Yimou – in China kritisiert, machte er den chinesischen Film international (wieder) zu einer Hausnummer. Sein House of Flying Daggers basiert auf einer Sage (besungen im Beauty Song, bzw später betitelt als Lovers) und einem losen historischen Rahmen, der relativ austauschbar bleibt. Im Zentrum der Handlung steht eigentlich die Zerrissenheit Einzelner zwischen persönlichen Wünschen und dem großen Ganzen – der Aufgabe, der Gerechtigkeit, dem Versprechen. Der Konflikt zwischen Jin, Mei und Leo lebt von den Twists und Turns, die sich stellenweise künstlich anfühlen können, aber höchst dramatisch bleiben und an den gestellten Fragen, aber offenen Antworten gewinnen. Wer liebt wen? Hat Mei gegen Ende mit Absicht daneben geworfen? Ist den Tod zu wählen für die Kämpfer die einzige wirkliche Freiheit? Unterschwellig adressiert House of Flying Daggers auch Femizid nach dem Motto: kannst du mir nicht gehören, dann … . Der Score von Shigeru Umebayashi ist kraftvoll und zart, die Optik ein vielfarbiger Traum. Meine liebsten Szenen sind die im Bambuswald. Bis auf die zu überdramatischem Kitsch neigenden letzten Szenen zeigt House of Flying Daggers eine tragische Geschichte mit der genau richtigen Abmischung beeindruckenden Pathos.

House of Flying Daggers, China, 2004, Zhang Yimou, 119 min, (9/10)

Sternchen-9

Kung Fu Hustle

Huch, was hat das denn hier zu suchen? Stephen Chows Actionkomödie ist unübersehbar eine Hommage an Kung-Fu, Wing Chun und Bruce Lee. Tatsächlich wird er aber in seinen übersteigerten Mitteln, dem übermenschliche Können seiner Kämpfer*innen und ihrer Präzision schon quasi zu einem Wuxia. 🙂 In jedem Fall ist es eine Persiflage auf das Martial Arts Genre allgemein. Kung Fu Hustle handelt von dem Aufeinandertreffen einer Gangsterbande und der Bewohner einer Siedlung im Shanghai der 1940er Jahre. Die kamen sich anfangs mehr zufällig in die Haare, aber keiner will die Fehde fallen lassen. Die Siedlung heißt Residenz Schweinestall und die Zustände sind eher chaotisch. Einige der Bewohner*innen geben sich als Kung-Fu-Meister zu erkennen – was für ein Zufall! Die Gangster rekrutieren einen sagenumwobenden Kämpfer nach dem anderen. Mittendrin ist da der Tunichtgut Sing (Stephen Chow), der immer davon geträumt hat ein großer Kämpfer zu sein. Kung Fu Hustle steck voller Gags aller Couleur. Von satirischen und schwarzhumorigen Bemerkungen, hin zu offensichtlicher Persiflage des Genres oder auch hin zu Slapstick. Das eine oder andere hätte man sich aber sparen können. Beispielsweise schlechte Effekte wie die Roadrunner-Einlage Sings und der Vermieterin, gespielt von Yuen Qiu. Die Zeit wäre besser in Sings Geschichte investiert , die unrund ist und am Ende gehetzt wirkt. In der Nebenrolle des Schneiders sieht man einen echten Shaolin-Großmeister.

Kung Fu Hustle (OT: 功夫 „Gongfu“), China/Hongkong, 2004, Stephen Chow, 99 min, (5/10)

Sternchen-5

enthält Spoiler

„Kung Fu Hustle Most Outrageous Fights | Kung Fu Hustle“, via Piece of the Action (Youtube)

The Yin Yang Master

Onmyōji oder Ying-Yang-„Magier“ waren im Mittelalter Asiens eine Form von Spiritisten oder Klerikern, die durchaus auch höhere Positionen bekleideten. Ihr Glaube orientiert sich stark an der Vorstellung von Ying-Yang und den fünf Elementen. Im Film The Yin Yang Master ist Qing Ming (Chen Kun) ein solcher Ying Yang Master und arbeitet zusammen mit der aufgeschlossenen und ernsten Bai Ni (Zhou Xun) und ihrem gemeinsamen Freund Ci Mu (William Chan) im Yinyang Büro. Sie beschützen den Adel und das Volk vor bösen Geistern, wenden Magie an um sie zu versiegeln und bewachen magische Artefakte. Als es einen Vorfall gibt bei dem zahlreiche Ying Yang Magier ihr Leben lassen, entbrennen alte Vorurteile und alle sehen in Qing Ming den Schuldigen, denn der ist halb Mensch, halb Dämon.

Soviel verrät der Rückblick. Der Film thematisiert die meiste Zeit den inzwischen erwachsenen Qing Ming, der sich abseits der Yingyang Garde eine Existenz aufgebaut hat und zusammen mit anderen Ausgestoßenen an der Grenze zwischen Menschen- und Dämonenwelt lebt. Als ein mächtiges Artefakt entwendet wird, kreuzen sich erneut seine und Bai Nis Wege. Ebenfalls mit der Suche beauftragt wurde die Stadtwache Yuan Boya (Qu Chuxiao), der zuvor schon von Qing Ming ausgetrickst wurde und naja, sagen wir mal, es geht um seine Ehre als Stadtwache. ^^ Im Zentrum des Films steht dabei stets das Band, das Menschen und Dämonen knüpfen können um letztere als Schutzgeister an sich zu binden und die Versprechen und Pflichten die damit einhergehen. So manche werden im Laufe des Films gebrochen oder auch neu geknüpft.

Das fröhliche Mischmasch aus individuellen Zielen wird von einigen Kämpfen begleitet, die sich Wuxia zuordnen lassen. Der Fokus steht aber auf Fantasy, Comedy, Effekten und Kulissen. Natürlich profitiert der Fantasy-Aspekt wie auch die Effekte von der „Welt“ und Magie der Yin Yang Garde, die alle Elemente mit einbezieht. In den weniger als zwei Stunden sollte man nicht versuchen sich das Gesehene und die Regeln der Yin Yang Magie zu erklären, sondern einfach zurücklehnen und der sagen- und fabelartigen Geschichte zuschauen. The Yin Yang Master wird viel dafür gescholten, dass es wohl eine Menge Aspekte der Literaturvorlage außer Acht lässt und v.A. dass es nicht mit dem zweiten parallel veröffentlichten Ying-Yang-Master Film zusammenpasst. Diejenigen, die bereit sind loszulassen, werden aber mit einem spanenden und spaßigen Fantasy-Wuxia belohnt. Klar: an vielen Stellen wäre weniger mehr gewesen. Es wirkt etwas beliebig wie Namen und Fakten fallen gelassen werden. Magischer Schuppenstein hier, magisches Schwert da … . Das etwas einzudämmen hätte dafür gesorgt, dass man nicht so von Details und Regeln erschlagen wird. Sehr spannend empfand ich auch u.a. die Nebencharaktere, die einige bekannte Figuren der Folklore darstellen wie Wang Zixuan als Schneekönigin, die an die weiße Frau/Schneedame der auch japanischen Folklore erinnert.

The Yin Yang Master, China, 2021, Li Weiran, 113 min, (8/10)

Sternchen-8

Wieviele „Wuxia“ habt ihr gesehen ohne den Begriff zu kennen? Oder kanntet ihr den schon lange? Was sind eure Empfehlungen für das Genre? Einige waren nicht besonders einfach einzuordnen, aber spätestens wenn jemand bei den Sprüngen nahezu fliegt, erledigt sich das eigentlich. 😉 Über „Kung Fu Hustle“ in dieser Liste, kann man sich gern streiten. Aber das müssen wir gar nicht – er ist mehr Kung-Fu-Persiflage als Wuxia. Aber er hat auch die Werkschau sehr aufgelockert. Sehr angenehm ist mir aufgefallen wieviele Frauen auch schon früh prominente Rollen im Wuxia eingenommen haben. Jetzt stellt sich wohl auch noch die Frage, ob ich den klassischen Martial Arts Film, insbesondere Kung-Fu-Filme (Bruce Lee! Jackie Chan! Mehr Jet Li!) auch nachhole. Auf jeden Fall! Eure Tipps?

„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.

11 Antworten

  1. „Hero“, „Tiger & Dragon“ und „House of Flying Daggers“ habe ich vor ein paar Jahren gesehen und fand sie ganz toll, wusste aber nicht, dass sie in das Genre „Wuxia“ gehören – ich kannte sie nur unter der Bezeichnung „Martial Arts“.

    Die Szene im Bambuswald finde ich ebenfalls ganz stark, aber unter ballistischen Gesichtspunkten darf man den Flug der Dolche nicht für bare Münze nehmen – was ich aber nicht schlimm finde; auf jeden Fall ist das choreografisch gesehen ganz große Kunst.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ich schätze die landestypischen Bezeichnungen für die Genres sind nicht so beliebt. Xianxia gibt es auch noch für Stoffe, die deutlich mythologischer mit Überhang zu Fantasy sind. Oder im Japanischen der Jidai-geki für Historienfilme aus Zeiten von bspw. der Samurai. Mir gehts ja auch so, dass ich mir die Begriffe nicht ganz so gut merken kann … keine Eselbrücken bilden kann o.Ä. Aber so im Nachhinein gesehen, finde ich es schon schade, dass die so wenig benutzt werden. So prägt es sich dann gar nicht ein …

      Ja, die fliegenden Dolche XD Das ist schon was … . Ich schätze das soll ein Ausdruck dessen sein, dass die Kämpfer*innen so gut werfen können, dass sie selbst die Gesetze der Physik aushebeln, haha.

  2. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Tiger and Dragon war mein erster Kinokontakt mit der asiatischen Filmwelt und hat einen prägenden Eindruck hinterlassen. Das Sequel, auch von Michelle Yeoh mitspielt, kann ich leider nicht empfehlen.

    Hero ist fantastisch und Flying Daggers zu lange her. Muss ich unbedingt mal wieder nachholen.

    Aber nur 5 von 10 für Kung Fu Hustle? Skandal ich find den absolut fantastisch. Der ist so herrlich albern und doof, aber bei dem stört mich das kein bisschen.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Witzigerweise waren T&D, Hero und House of Flying … auch meine ersten bedeutungsvollen Erlebnisse mit dem asiatischen Film, bevor es mich jetzt mehr zum japanischen und südkoreanischen Film zieht. Die hatten glaube auch um die 2000er eher den Boom wie ja jetzt das koreanische Kino.

      Ja Kung Fu Hustle finde ich auch sehr witzig, aber manches altert halt nicht so gut wie die Effekte bspw. Und obwohl ich viel Sympathie für den Film habe und wieder sehr viel gelacht, gab es eben auch so Momente in denen ich dachte „das ist jetzt aber auf die Art schlecht, die nicht witzig ist“. Z.B. dass Sings Veranlagung nie so richtic erklärt/aufgebaut wird. Das ist dann halt einfach plötzlich so (ohne Spoilern zu wollen, falls wer hier drüber stolpert).

  3. Ein grosses Kompliment für diesen äusserst sorgfältigen und informativen Blog. Perfekt um sich inspirieren zu lassen!

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Vielen Dank 🙂

  4. Ich mag Wuxia. Weshalb mir z.B. auch der neue Marvelfilm „Shang-Chi“ sehr gut gefallen hat, der ja insbesondere im letzten Part ziemlich magisch war, wenn auch weniger mit Kämpfen der magischeren Art aufwarten konnte.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Shang-Chi stand auch auf meiner Liste, aber ich bin gerade aus den Superhelden-Franchises eher etwas raus und hatte dann doch nicht soviel Lust drauf. Den hole ich aber definitiv in absehbarer Zeit nach. Bei einem aus dem Osten geprägten Subgenre tendiere ich aber schon dazu mal zu schauen, wo da so die Strömungen auf dem Herkunftskontinent liegen.

  5. […] des Online Filmfestivals JFF Plus fort, vielleicht ist das auch was für euch? Ansonsten standen Wuxia-Filme auf dem Plan und aktuell Filme mit einem Score des Komponisten Ryūichi Sakamoto, über den […]

  6. Avatar von BoomHoschi
    BoomHoschi

    Meine ersten Kontakte mit asiatischen Filmen hatte ich schon sehr früh mit den Jacky Chan Filme, besonders die „Drunken Master“- & „Meister aller Klassen“- Filme (die auch irgendwie zu den Wuxia-Filmen gehören, was ich aber in meiner Jugend natürlich noch nicht wußte).
    Hast Du eigentlich mitbekommen, daß er auch in „Das Schwert der gelben Tigerin“ & „Ein Hauch von Zen“ mitspielt?
    Den Begriff Wuxia kenne ich erst seit ca. 1-2 Jahren, aber kann mittlerweile auch etwas damit anfangen.
    Mir gefallen insbesondere die „Detektiv Dee“-Filme und „LiFeng – Die einarmige Schwertkämpferin“(ist angeblich der erste Wuxia Film wegen den unglaublichen Flugszenen).

  7. […] unser Leben – und ich sehe das immer noch so. Richtig viel Spaß hat mir die Werkschau zu Wuxia-Filmen […]

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