So ein Blog ist schon praktisch. Vor Allem wenn man nach einer Weile mit einer Serie weitermachen will und sich nicht mehr so übermäßig gut erinnern kann, was in der letzten Staffel passiert ist. Als ich nun also mit der fünften Staffel TNG weiter machen wollte, suchte ich den Artikel zur vierten und … fand keinen. ^^ Aber immerhin den Entwurf 🙂 Also bekam ich meinen Rückblick und ihr jetzt eine Review, die viel zu lange im Entwürfe-Ordner geschlummert hat. Es sind keine Spoiler für die vierte Staffel zu erwarten, aber für vorherige.
Oh, diese Staffel wird keine leichte sein. Zumindest nicht für unsere Protagonist:innen. Nachdem Star Trek TNG mit dem Finale der zweiten Staffel Cliffhanger für sich entdeckte, setzt es sein Muster konsequent fort. Dankbarerweise wird der Cliffhanger von Season drei zu vier schnell aufgelöst – aber deutlich zu leicht. Im Finale der vierten folgt mustergültig der nächste. Womit Captain Picard (Patrick Stewart) aus diesem staffelübergreifenden Abenteuer und seiner kurzzeitigen Assimilation in den Borg Hive-Mind hinausgeht ist Trauma. Picard muss zu Beginn der Staffel außergewöhnlich viel durchmachen. Er erholt sich von Entführung, überlegt die Enterprise zu verlassen, geht verschütt, ist verschollen in der Wüste und stirbt mehrmals. Tough job! Das veranlasst ihn das erste Mal in der Serien-Chronologie seine Heimat aufzusuchen. Und zwar wirklich aufzusuchen. Nicht als Simulation o.Ä. Für mich ein Highlight, sehen wir doch endlich mal die Erde. Ich hoffe auf weitere Male.
Familie scheint sowieso ein größeres Thema der Staffel zu sein, wo es in der dritten noch Führungsrollen und Weiterentwicklung waren. Jean-Luc steht alte Konflikte mit seinem Bruder aus, Worf (Michael Dorn) trifft seine Erdeltern und hat mehr Familie als er dachte. Wesley (Wil Wheaton) begegnet seinem Vater (auf die eine oder andere Weise) und Data (Brent Spiner) hat auch einiges mit den lieben Verwandten auszustehen. Manches davon ist unerwartet, selten läuft alles rund. Es ist eben Familie. Und viele von ihnen haben erwartungsgemäß eine gemeinsame Geschichte und Konflikte. Dankbarerweise wird v.A. die Familiengeschichte Worfs in dieser Staffel prominent aufgearbeitet und zieht Großes nach sich. Ich bin kein großer Fan der Episoden um klingonische und romulanische Konflikte, aber die hier waren überfällig.
Der nachfolgend eingbettete Trailer enthält ab der Hälfte Spoiler
Star Trek TNG Season 4 Blu-ray Trailer, TrekCore, Youtube
Auch die vierte Staffel ist gut darin persönlichen Konflikte der Charaktere aufzuarbeiten und zwischendrin genug Raum für anderes zu lassen. Ich denke da nur an Wesleys Charakterreise oder auch an Episode 4×05 „Remember Me“, in der die anderen Crew Mitglieder nach und nach von der Enterprise verschwinden und sich als einzige Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden) an sie erinnern kann. Damit findet die Episode eine großartige und zwischenzeitlich regelrecht unheimliche Metapher für Beverlys Verlustängste. Die Tonlage solcher persönlichen Episoden ist dabei ganz unterschiedlich und entwirft ein um’s andere Mal interessante Szenarien, macht dabei spielend die Charaktere konsequent lebendig und greifbar. Mitsamt Hoffnungen, Wünschen, Ängsten und Spleens.
Man bekommt außerdem was zu diskutieren. In 4×23 „The Host“ verliebt sich Dr. Beverly Crusher in einen Organismus, der den Host (Körper) wechselt. Damit einhergehen verschiedene äußerliche Erscheinungen, vielleicht sogar verschiedene Geschlechter anzunehmen. Beverly findet eine gute Erklärung dafür, dass das Geschlecht nicht ausschlaggebend ist. Sie nennt es aber auch human failing, dass sie den Wechsel nicht gut verkraftet. Deanna (Marina Sirtis) wiederum verliert in 4×10 „The Loss“ ihre Fähigkeit zur Empathie. Die Welt ist für sie unvollständig, sie selbst fühlt sich ebenso. Deanna hinterfragt, was nun ihre Rolle an Bord sein soll, was sie nun definiert und ausmacht. Die Episode ist eine ab und zu regelrecht harte Auseinandersetzung mit Identität, Sicht auf unser Selbst und ja, auch Behinderung.
Zu den anderen spannenden Szenarien gehören für mich v.A. auch die Episoden 4×22 „Half a Life“ in der ein interessantes Gedankenexperiment auf uns Zuschauende losgelassen wird. Der Tod mit 60 als festes Ritual der Gesellschaft eines Planeten. Das nicht zu hinterfragen oder gar zu verhindern mag zur Prime Directive gehören, aber kann längst nicht jede:r akzeptieren. Was, wenn man noch viel vom Leben will? Was ist der Wert eines Lebens in Gesundheit wie auch Krankheit? Auch interessant: in 4×15 „First Contact“ wird die Frage aufgeworfen wie man die Existenz außerirdischen Lebens an eine Zivilisation heranträgt, die keinen blassen Schimmer hat. Wir erinnern uns, dass es da eigentlich auch noch diese Prime Directive gibt, aber nun ja. Überraschenderweise wird daran in dieser Staffel einige male gekratzt und die Regeln gedehnt.
Und hier kommen wir auch langsam zu den wenigen Kritikpunkten der Staffel. Ganz frei bin ich leider nicht von Dingen, die mich an TNG nerven. So dachte ich beispielsweise, dass wir mal eine Staffel ohne Q (sorry, John de Lancie) schaffen. Während es in TOS ja in der Natur der Dinge lag sich abstrusen Sci-Fi-Speaks zu bedienen, habe ich TNG doch bisher smarter erlebt. Das meiste macht sogar sehr viel Sinn. 🙂 Aber bei „Warp Space Bubble“ war’s dann doch mal vorbei. Die Robin-Hood-Folge war irgendwie gleichzeitig schlimm anzusehen und witzig (4×20 „Qpid“). Etwas was man im Zeitalter von 8- bis 10-Episoden Serien nicht mehr gewöhnt ist: manchmal muss man einfach aushalten bis es vorbei ist oder sogar abschalten. Denn in über zwanzig Episoden pro Staffel reiht sich schon mal ein Skript, dass man nicht gut findet.
So bereitete mir auch die Episode 4×16 „Galaxy’s Child“ massives Kopfzerbrechen und Face-Palmen. Darin begegnet Geordi (LeVar Burton) seiner Heldin Dr. Leah Brahms (Susan Gibney), die er bisher nur aus Extrapolationen des Holodecks kennt. In seinen Flirtversuchen vergisst er, dass sie sich bisher nicht wirklich begegneten. Dementsprechend endet das gar nicht gut. Versteht mich nicht falsch: das schwierige an der Episode ist nicht Geordis nicht so gut laufende Annäherungsversuche, das ist halt das Leben. Aber die Art und Weise wie das passiert ist sehr schwierig und zeugt von mangelnder Reflektion über die Situation, die ich eher out-of-character für Geordi finde. Auch wenn Geordis schlecht laufende Beziehungsgeflechte scheinbar ein Muster werden sollen. Einige Aspekte der Begegnung bleiben schmerzhaft unadressiert und bestehen vor einem heutigen Publikum eher schwer. Was auch immer man mit der Episode ausdrücken wollte – die Auseinandersetzung und Moral rund um die das titelgebende „Galaxys Child“ weitaus interessanter.
Dass aber Charaktere wieder auftreten und man sie erkennt, zeigt andererseits auch wie stark die Drehbücher sind und deutlich charakterzentrierter. Schmerzlich erinnere ich mich an die hunderte, gesichtslosen, red shirts, die in TOS das Zeitliche segneten und nie wieder beweint werden … . An dieser Stelle eine Sekunde der Andacht. […]. Ähm, ja. Wiederkehrende Charaktere sind beispielsweise Barclay oder oben erwähnte Dr. Leah Brahms. Dankbarerweise hat auch O’Brien (Colm Meaney) inzwischen eine größere Rolle. Dank Kommentaren von Leser:innen des Blogs hier wurde ich schon mal darauf aufmerksam gemacht. Sehr cool wie viele Karrieren TNG einen Warp Speed verpasst hat. 😉 Auch wenn Data eine Katze hat, Steppen lernt und es viele tolle Episoden gab und nicht soviel zu meckern, spüre ich aber den Drang nach neuen Impulsen, größeren Veränderungen und neuen Sub-Arcs. Klar, man liebt die Charaktere und es mangelt nicht an Entwicklung in TNG, aber so ein paar richtig große Sachen würden mir helfen mich mehr auf kommende Staffeln zu freuen. Vielleicht liegt das an der Art Zuschauende, die ich bin und muss nicht notwendigerweise bei euch auch so sein. (9/10)
Und so war es dann auch, dass ich erst nach fast einem Dreivierteljahr wieder Lust fand in TNG einzuschalten, obwohl es (das bestreitet niemand) eine coole Serie ist. Wer weiß … noch bin ich mittendrin, vielleicht kommen diese größeren Entwicklungen, die ich mir wünsche!? So oder so habe ich nur noch 3 Staffeln vor mir, die fünfte eingeschlossen. Wie ging es euch damit? Falls ihr euch daran noch erinnern könnt? 😉 Immerhin bin ich wohl so relativ die letzte, die TNG noch nicht mindestens ein Mal vollständig geschaut hat.
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