Nach einer kleinen Horrorctober-bedingten Pause geht’s weiter mit dem #MCUAufholen. Ich gestehe – ich war nur bei Spider-Man: Far From Home noch weniger enthusiastisch. Was „Black Widow“ betrifft, bin ich einfach nur das MCU müde. Warum kam der Film so spät? Warum verdiente ScarJo weniger als die anderen Stars? Aber wenn man beginnt hinter die Kulissen zu blicken, kann einem das nur den Spaß verderben. Also habe ich über ein Jahr gewartet bis ich den Film endlich geschaut habe. Hat es geholfen? ^^ Und wie steht es um Shang-Chi, der die Origin-Story desselbigen im MCU erzählt? Die Besprechungen sind spoilerfrei.
Black Widow
Da kann man sich schon Mal an The Americans erinnert fühlen, wenn die Familie der jungen Natasha in der Eröffnungssequenz fluchtartig ihr Zuhause in Ohio verlässt. Nur kurze Zeit später fällt der Groschen, dass sie russische Spione sind. Schläfer, die in den USA als „typische“, amerikanische Familie im Vorstadtidyll lebten. Nur dass ihr Vater nicht ihr Vater ist, sondern Alexei Shostakov alias Red Guardian (David Harbour) und ihre Schein-Mutter Melina Vostokoff (Rachel Weisz) eine begnadete, sowjetische Wissenschaftlerin. Die Mission ist beendet, Natasha und ihre Schwester werden an General Dreykov (Ray Winstone) und seinen Red Room übergeben und zu Widows ausgebildet. Cut. X Jahre später ist Natasha (Scarlett Johansson) auf der Flucht vor Strafverfolgung (irgendwo zwischen Civil War und Infinity War) und bekommt ein Lebenszeichen von der Frau mit der sie damals als Schläfer aufgewachsen ist, die aber auch nicht wirklich ihre Schwester ist: Yelena Belova (Florence Pugh). Das Black Widow-Programm war nicht gut zu ihr. Ihr Bewusstsein wurde bis vor Kurzem kontrolliert und sie weiß daher nur allzu gut, dass es Natasha damals nicht gelungen ist den Red Room zu vernichten, bevor sie zu den Avengers und S.H.I.E.L.D. stieß. Zwar vertragen sich die beiden noch immer mäßig und haben einige alte Rechnungen miteinander zu begleichen, aber eins ist klar: dieses Mal wollen sie den Red Room endgültig vernichten.
BLACK WIDOW Trailer German Deutsch (2021), KinoCheck, Youtube
Die Agenda ist schon ziemlich in your face. Junge Mädchen, insbesondere Waisen, werden in dem Film wortwörtlich als überflüssig bezeichnet und der Red Room entschuldigt seine Taten damit ihnen einen „Zweck“ zu geben. Dass jedes Leben gleich wertvoll ist, scheint hier nicht zu gelten. Natasha und Yelena versuchen die anderen Widows zu befreien, was damit gleichkommt ihnen ihr Leben zurückzugeben. Die Metapher auf Ausbeutung, Verschleppung, Menschenhandel und Zwangsprostitution ist erkennbar, aber noch relativ unwirksam. Laufen doch letzten Endes die meisten in hautengen Kostümen und es wird sehr viel wert darauf gelegt, dass sie auch hübsch aussehen, statt funktional ihre Aufgabe erfüllen. Wer gar nicht erst soviel darüber nachdenken mag, sieht hier natürlich vorrangig einen mit unglaubwürdiger CGI-Action durchseuchten Film. Auch das ist wahr. Als all das ist der Film solide und weiß Schauwerte wie auch Male Gaze publikumswirksam einzusetzen.
Wenn das alles so wenig überrascht, was gibt es dann noch zum freuen? Zum Beispiel über das Gezanke zwischen Yelena und Natasha. Florence Pugh hat nicht nur den besseren, falschen russischen Akzent als die anderen, sondern auch die besseren Lines, in denen sie sich über Natashas Posen lustig macht. Und außerdem hat sie eine wirklich praktische Weste! 😉 Letzten Endes verliert sich der Film aber einigermaßen in Beliebigkeit, kommt zum fatal falschen Zeitpunkt und weiß die Historie der Figur Nataschas nicht einzusetzen. Natashas Zeile „I got red on my ledger“ war mal starke und symbolträchtig. Die habe ich hier vermisst. Überreizt zwischen CGI und denn ach so vielen Charakteren geht das eigentliche Trauma leider unter. Da hilft auch nicht mehr die feministisch gemeinte Metapher auf Frauen, deren Leben gestohlen wurde.
Black Widow, USA, 2021, Cate Shortland, 134 min, (6/10)
Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings
Shaun (Simu Liu) könnte friedlich weiter in San Francisco jobben und sich mit seiner besten Freundin Katy (Awkwafina) die Nächte um die Ohren schlagen. Dann aber sind da die Handlanger seines Vaters (Tony Leung Chiu Wai), die ihn angreifen, seine Tarnidentität auffliegen lassen und ihm das Amulett abnehmen wollen. Es ist das letzte, was ihm neben Erinnerungen von seiner Mutter geblieben ist. Nachdem sich also „Shaun“ alias Shang-Chi vor Katys Augen eine Martial-Arts-Einlage mit den Männern seines Vaters geliefert hat, gibt es kein Weglaufen mehr. Er muss zurück zu seinem Vater, dem Anführer der Terrororganisation der Zehn Ringe und v.A. muss er seine Schwester (Meng’er Zhang) finden, denn die hat den anderen Teil des Amuletts und ist zwangsläufig das nächste Ziel.
SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS Trailer German Deutsch (2021), KinoCheck, Youtube
Letzten Endes kommt es bei Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings darauf an, wieviel man abkann, bis einem der Geduldsfaden reißt. Der Anfang ist schon weit ausgeholt, aber noch spannend. Der Film beginnt schließlich damit wie Shang-Chis Vater jahrhundertelang mit den Zehn Ringen die Welt aus dem Schatten heraus eroberte oder manipulierte. Kurzum: im Urschleim, der in vielen Origin Stories ähnlich unscharf umrissen ist. Dadurch, dass Shaun aber schon einige Schritte weiter ist, fühlt sich die Geschichte anfangs nach „mehr“ an. Er hat diese Welt von großer Macht und großer, moralischer Korruption schon schmecken dürfen und sich dagegen entschieden. Muss aber zurück. Was danach kommt wird dann leider sehr beliebig. Mich hat der Film bis dahin gehabt, in der Katy und er nach China reisen, sich seinem Vater und seiner Schwester stellen und sogar bis dahin als sie ein magisches Reich betreten, in dem Shang-Chis Vater dann beginnt rumzuwüten und zu tun, was Bösewichte halt so tun. Dass ich das so lange so spannend fand, liegt wahrscheinlich an meinem Faible für asiatische Kulturen. Folklore galore!
Aufgrund der zunehmend und abwechselnden Reize, kann ich mir aber gut vorstellen, dass viele Zuschauende früher ausstiegen. Und auf jeden Fall, dass jeder irgendwann aussteigt. Seelenfresser, Geheimorganisationen, versteckt lebende Zivilisationen, Sagen und Mythen, dazwischen Shang-Chi und Katy, deren Staunen auch abnimmt. Klar. Wer soviel erlebt… . Dazwischen gibt es zwei (zugegebenermaßen sehr coole und witzige) Aufeinandertreffen mit bekannten Gesichtern. Natürlich muss auch die durch Iron Man 2 entstandene Lücke um den „falschen“ Führer der Ten Rings (Ben Kingsley) geschlossen werden. Es ist viel. Und verbrennt seinen Stoff schnell. Hätte man sich dafür entschlossen all das etwas mehr zu genießen und einzelnen Elementen mehr Zeit zu geben, hätte vieles mehr gewirkt. Denn einiges davon ist auch in seinen Ansätzen gut. Der Kontrast zwischen modernem China und der Welt von Sagengestalten und Mythen – Drachen, neunschwänzige Füchse und was auch immer „Morris“ war. Kultur in den Vordergrund zu rücken gelang außerdem wirklich gut. Demonstriert am Beispiel Katys, verkörpert durch Awkwafina. Für die Amerikaner:innen ist sie zu chinesisch. Für Shang-Chis Vater beispielsweise ist sie schlicht ein „american girl“. Ihr Chinesisch ist nicht so besonders, alle müssen im Original mit ihr Englisch sprechen. Awkwafinas Rolle demonstriert damit sehr natürlich wie kompliziert es ist zwischen den kulturellen Stühlen zu sitzen. Auch werden sonstige Asiat:innen-Klischees umgangen. Leider aber nicht mehr die von Marvel-Filmen: zu voll, zuviel, von allem.
Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings, USA, 2021, Destin Daniel Cretton, 132 min, (6/10)
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Letzten Endes leiden beide Filme unter einem Symptom von Marvels Phase vier, die ich bei den Folgefilmen schon riechen kann. Zuviel desselben in zu viel Spiellänge gestopft. Inzwischen habe ich meine Erwartungshaltungen an „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ und „Thor: Love and Thunder“ schon deutlich nach unten korrigiert. Vielleicht besser so. Habt ihr „Black Widow“ & „Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“ gesehen und wie war euer Eindruck?
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