Fantastischer Film: Petite Maman

Die kleine Nelly (Joséphine Sanz) hatte nicht die Gelegenheit sich von ihrer Großmutter zu verabschieden. Sie und ihre Eltern räumen nach dem Krankenzimmer auch das Haus der Großmutter aus. Nelly beginnt ihre Mutter Marion (Nina Meurisse) als jemanden zu sehen, der nicht einfach nur die „Mutter“ ist, sondern auch mal das Kind einer Mutter war. Und die kleine Nelly sieht den Abschied und dessen Schwere. All die Erinnerungen, die Spielzeuge von Marions Mutter, der Gehstock der Oma, eine geteilte Trauer. Und zumindest für Marion eine Zeitreise in die eigene Kindheit, in das was vergangen ist. Eines morgens aber ist Marion überraschend in die Stadt zurück gefahren und lässt Nelly und ihren Vater (Stéphane Varupenne) zurück. Während Nelly durch den Wald stromert, begegnet ihr ein kleines Mädchen, das ein Versteck bauen will und sich als Marion (Gabrielle Sanz) vorstellt.

Die kleine Nelly hat nach der metaphorischen Zeitreise eine wirkliche gemacht und begegnet ihrer eigenen Mutter als sie in ihrem Alter war – acht Jahre. Vorsichtig tritt Nelly in Marions Leben. Clever wie sie ist, verhält sie sich fast so als ob sie schon zwanzig Zeitreisefilme gesehen hätte. Sie tritt leisen Schrittes in das Leben der achtjährigen Marion, linst vorsichtig um die Ecken, erhascht einen Blick auf die eben verlorene Großmutter und wird Marions beste Freundin. So als ob sie ein Herz teilen. Petite Maman erfüllt die Sehnsucht danach die eigene Kindheit zurückzubringen und das was so flüchtig ist, zu behalten. Weiß Nelly schon unterschwellig, dass sie eines Tages auch Marion auf ihren letzten Schritten begleiten wird, um sich für immer verabschieden zu müssen? Halt es noch ein wenig fest.


PETITE MAMAN – Official Trailer – In Theaters April 22, Neon, Youtube

Ich kenne bisher genau zwei Filme von Céline Sciamma und beide sind bisher in Fantastischer Film gelistet worden, wegen ihrer puren Perfektion und Schönheit. Vor Allem auch der Fähigkeit die innerste, schwerwiegendste Emotion einzufangen und uns zu zeigen. Das trifft. Auch bei Petite Maman – haltet die Taschentücher bereit. Der Film hat die Bescheidenheit seine Geschichte in genau der richtigen Dauer zu erzählen. Mit nur 72 Minuten Spieldauer hallt er deutlich länger nach und gibt uns plötzlich ein Stück Kindheit zurück, wo wir sie am wenisgtens erwartet hätten. Auch wenn wir kein Versteck, keinen Wald hinter dem Haus, kein Haus, vielleicht auch keine Mutter hatten. Petite Maman versteht aber dem Wunsch Bild und Ton zu geben, mit dem wir ein Stück Kindheit oder Heimat festhalten wollen. Wie auch die Sehnsucht nach dieser einen Seele, die uns immer versteht als ob wir Zwillingsschwestern wären wie es die Jungdarstellerinnen Joséphine und Gabrielle Sanz sind.

Petite Maman, Frankreich, 2021, Céline Sciamma, 72 min

Header image uses a Photo by Kilyan Sockalingum on Unsplash

Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆

Eine Antwort

  1. Hach ja, ein wirklich wunderbares filmisches Kleinod hat Celine Sciamma da geschaffen…

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