Ganz schön frech, dass ich an diesem Datum etwas zu Star Trek poste, statt Star Wars. Hab ich da was verwechselt? Nein. Darf man das überhaupt? Ich weiß nicht!? Es hat sich einfach angeboten, was man wahrscheinlich erst morgen im Blog sieht. In meiner Besprechung zur vierten Season von TNG schrieb ich nach dem Lob für die Serie: „[…] spüre ich aber den Drang nach neuen Impulsen, größeren Veränderungen und neuen Sub-Arcs.“ Da deutet sich ein wenig Abnutzung an!? Die Review zur fünften Staffel musste dann mit nur wenigen Sätzen auskommen. Hatte ich etwa keine Lust mehr auf TNG? Hmmm. Es sind keine Spoiler für die sechste Staffel zu erwarten, aber für vorherige.
Okay, ich kann das nicht lange aufrecht erhalten, meine eingangs gestellte Frage ist wohl hemmungsloser Clickbait. TNG macht mir nach wie vor viel Spaß, aber bestimmte Muster nutzten sich für mich rund um Staffel 5 ein wenig ab. TNG ist trotzdem großartig. Es gibt keine Serie, die über sieben Staffeln hinweg gleichermaßen begeistern kann. Zumindest ist mir bisher keine begegnet. Soviel kann ich aber vorweg nehmen: die letzten beiden Staffeln sind nochmal sehr sehr gut. In der sechsten gibt es erneut großartige charakterzentrierte Episoden wie auch episodenübergreifende Konflikte, die der Serie auch mal abseits vom Staffelfinale Doppelfolgen abnötigen. Ich stelle mir vor wie gebannt ich vor dem Fernsehen gesessen hätte, wäre ich Zuschauerin von TNG zu Zeiten rein linearen Fernsehens geworden. Wie länge hätte ich warten müssen? Einen Tag? Oder eine Woche??
Ich spreche hier v.A. von den Episoden Chain of Command I und II (6×10-11), in denen die Crew der Enterprise einen besonders empfindlichen Auftrag hat. Captain Picard (Patrick Stewart), Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden) und Worf (Michael Dorn) sollen untersuchen, ob die Cardassianer biologische Waffen auf einem Stützpunkt besitzen und diesen zerstören. Die Cardassianer gehören nicht zur Federation, aber die Art der Mission wirkt trotzdem etwas out of character für Picard & Co. Spionage hatten wir nicht oft. Sie fliegen auf und Picard wird gefangen genommen. Was folgt ist eine der wohl härtesten Episoden, die ich in Star Trek bisher gesehen habe. Picard wird körperlich und mental von den Cardassianern gefoltert. Patrick Stewart darf hier zeigen, was er schauspielerisch drauf hat. Und die Doppelfolgen wirken lange nach wegen der schieren Gewalt, mit der man versucht hat seinen Geist und sein Wertesystem zu brechen. Währenddessen übernimmt Captain Edward Jellico (Ronny Cox) Command über die Enterprise und eckt mit seinem Führungsstil an. Er hat nicht nur eine andere Art zu kommunizieren und mit seiner Crew zu interagieren, sondern fordert auch deren moralische und emotionale Verbindlichkeiten ihrem abwesenden Captain Picard gegenüber heraus. Spannend ist den Unterschied in der Führung zu sehen, aber auch zu erkennen: Jellico muss uns nicht passen, aber er hat nicht in allem Unrecht.
So hat die Begegnung auch abgesehen von Picards Trauma andere Folgen. Kleinere, die nicht weiter adressiert werden, aber doch eine Wirkung andeuten. Nach Kritik von Jellico trägt Deanna (Marina Sirtis) beispielsweise eine normale Starfleet-Uniform statt ihrer beinahe Freizeitkleidung. Das zu werten überlasse ich jeder:m individuell. Andere Doppelfolgen der Staffel fand ich nicht ganz so aufregend. Sehr düster empfand ich aber 6×03 Man of the People in der Willkür gegen Deanna für einen angeblich höheren Zweck ausgeübt wird. Eine starke Botschaft, aber entsprechend schwer anzuschauen. Ganz ohne Vorwarnung wird dann in der Episode 6×16 Birthright I der Spin-Off Deep Space Nine schon angeteasert. Die Folge spielt bereits teilweise auf der Raumstation und leiht Charaktere an TNG. Obwohl Deep Space Nine wohl parallel zu TNG erstausgestrahlt wurde (und Star Trek offenbar im Allgemeinen boomte), wollte ich meine Aufmerksamkeit ganz TNG schenken. Nicht zuletzt weil sich nach der für mein Empfinden schwächeren fünften Staffel soviele spannende Episoden aneinanderreihten.
Und welche mit witzigen Merkmalen und Momenten! Ich hatte noch nie so oft das Bedürfnis einen Screenshot zu machen. Alles war für mich ein Meme, ein potentieller Insider, witzig oder rührend in epischen Ausmaßen. Wann kann man sich schon mal so an Akte X erinnert fühlen wie in der Episode 6×05 Schisms in der „andere“ Aliens die Crew der Enterprise entführen und an ihnen Versuche machen? Das ist für Raumschiff-Scifi-Serien ja schon selbstironisch. 🙂 Wiederum in 6×07 Rascals werden Teile der Crew einschließlich Picard wieder Kinder. Wie Picard später in einer Notsituation feindlicher Übernahme der Enterprise so tut als ob er Rikers Sohn wäre ist göttlich! Schräge Prämissen wandern entlang eines schmalen Grades doofe Folgen zu werden, oder wahnsinnig gut zu unterhalten – so auch in 6×12 Ship in a Bottle, die ich gern untertiteln würde als Moriarty in space.
Auch die Riker zentrierten Episoden 6×21 Frame of Mind und 6×24 Second Chances haben mir sehr gut gefallen, auch wenn die Prämissen keinesfalls neu sind. In der ersten wird Riker augenscheinlich wahnsinnig. Er findet sich mal an Board der Enterprise, mal in einer Gummizelle, in der ein Psychiater ihm erklärt, dass er sich die Enterprise nur eingebildet hätte. In der anderen Episode ist Riker doppelt und die Episode hat soviel mehr Gewicht und Diskussionspotential als die in TOS, in der Kirk doppelt war. Übrigens führte hier offenbar LeVar Burton Regie. Also: ich hatte meinen Spaß.
Auch ganz interessant ist Lieutenant Reginald Barclays (Dwight Schultz) Angst vor dem Beamen in Episode 6×02. Ich finde es gut, dass an ihm auch mal die nicht nur glanzvollen Themen adressiert werden. Wenn Barclay auftaucht, wird es meist interessant. 🙂 Mir fiel übrigens erst in dieser Staffel auf, dass Dwight Schultz nicht nur Barclay spielt, sondern auch Murdock aus The A-Team ist. Davon mal abgesehen bekommen wir hier mal eine First-Person-Perspective wie es eigentlich aussieht, wenn man gebeamt wird. Autor:innen und Kreative hinter Star Trek TNG haben also wieder aus dem Vollen geschöpft. Anspruchsvolle Episoden mit humanistischen Perspektive, Gesellschaftskritik und nachdenklich stimmenden Konflikten reihen sich an Comic Relief und spannende Ansätze aus Sci-Fi. Ganz frei von Kritik bin ich nicht, sonst stünden da unten 10 von 10. So hat natürlich auch Q (John de Lancie) wieder einen Auftritt. Aber was er will, wo er herkommt und wie das „Q sein“ funktioniert hat für mich auch die Episode 6×06 True Q nicht erklärt. Obwohl es der eigentlich epischste und größte Aspekt der Serie sein sollte, ist es leider der am schlechtesten gehandhabte. Da ich ja nun einige Jahre später dran bin – sehe nur ich das so? (9/10)
Trotz meiner Kritik am Ende ist TNG einfach eine hammergute Serie, die bei Weitem nicht so schlecht gealtert oder kitschig (oder manchmal fragwürdig) ist wie TOS. Ich hatte richtig Bock mit der siebten und letzten Staffel gleich weiterzumachen. Und das habe ich auch – dementsprechend folgt auch die Besprechung bald. Wie hat euch die sechste Staffel gefallen? Was waren eure Höhepunkte und was hat euch nicht überzeugt?
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