Nachdem ich über die fünfte Staffel sagte, dass sie wohl meine Lieblingsstaffel ist, leitet die sechste einen der wohl unbequemsten Handlungsbögen in „The Walking Dead“ (TWD) ein. Aber noch nicht von Anfang an. Diese Review enthält Spoiler für Staffel fünf und vorhergehende.
Schöner wohnen in „Alexandria“
Nachdem Rick (Andrew Lincoln) und seine Gruppe rund um Daryl (Norman Reedus), Maggie (Lauren Cohan), Gabriel (Seth Gilliam) und alle anderen in Alexandria in der fünften Staffel ankamen und aufgenommen wurden, war es wie das Schlaraffenland. Eine Belohnung für die entbehrungsreiche Hungersnot. Das Gesicht wieder vom Bart befreien, fließend Wasser und das Dusch-Erlebnis machten sie etwas übermütig. Rick kündigte an, dass sie Alexandria von innen heraus übernehmen wollen. Die ehemalige Politikerin Deanna (Tovah Feldshuh) und quasi Bürgermeisterin Alexandrias ließ das spätestens dann zu als Rick den prügelnden Ehemann Pete (Corey Brill) hinrichtete.
Das ist nur die Eingangssituation der sechsten Staffel. Die Leute, die auch vorher schon in Alexandria wohnten, trauten den „Neuen“ rund um Rick nun gar nicht mehr. Als Zuschauer:in schwankt man: hat Alexandria wirklich nur Glück gehabt, ist nicht fit für das Zombie-Zeitalter und braucht Ricks Gruppe? Oder sind Rick und die anderen zu den Tyrannen geworden, zu denen die Entbehrungen und Gewalt sie gemacht haben?
Immerhin gibt es mit Maggie und Michonne (Danai Gurira) Personen, die sehr wohl an Deannas Idee vom Aufbau einer neuen Gemeinschaft und Instandhaltung von Zivilisation glauben. Die sechste Staffel wird aber offenbaren, dass Alexandria tatsächlich einfach viel Glück hatte, als klar ist, dass alle Zombies einfach zwischen der Umgebung und Alexandria in eine alte Mine gelaufen sind. Dort ist nun quasi eine Zombie-Grube aus der sie drohen auszubrechen. Wenn die Horden nun auf diesen friedlichen Ort mit gepamperten Anwohner:innen trifft – das kann man eine Herausforderung nennen.
Haben Sie schon von diesen „Saviors“ gehört?
Nach all dem leidlichen und Opfer fordernden hin- und her fühlt man sich als Zuschauer:in in der sechsten Staffel schon deutlich weniger engagiert. Hat man das nicht inzwischen zehn Mal in TWD gesehen? Dann gibt es eine Folge, die ich besonders schätze, weil sie Comic Relief hat, der jetzt dringend nötig ist. In 6×10 „The Next World“ treffen sie auf einen Typ, der sich Jesus (Tom Payne) nennt und Rick und Daryl herrlich outsmartet. Das macht mal richtig Spaß zu sehen. Als man sich wieder verträgt, führt er sie nach Hilltop, eine andere Gemeinde, die sich in der Zombie-Apokalypse geformt hat. Das ist tatsächlich das, was ich lange in TWD sehen wollte. Organisiertes Überleben.
Es ist nur der Anfang hin zu Vernetzung zwischen verschiedenen Gruppen Überlebender. Zumindest könnte das so sein. Denn Hilltop hat ein Problem mit einer Gruppe namens Saviors, die „Schutzgeld“ erpressen. Und sie suchen Hilfe bei Rick & Co., um ihr Saviors-Problem zu lösen. Wie wir ja schon gelernt haben, sind die etwas übermütig und sehr selbstbewusst geworden. Der Anfang vom Ende, nur dass sie es noch nicht wissen.
Zombies werden immer unwichtiger, Menschen sind spätestens seit der fünften Staffel, ach was, schon seit dem Governor, die eigentliche Herausforderung. Das ist wohl auch sowas wie die Essenz und große Schlussfolgerung innerhalb TWDs darstellen soll. Und das ist auch wenig das Problem. Die erste Hälfte der Staffel ist deutlich zu uninteressant und erweckt den Eindruck, dass die gesamte Staffel der Brückenschlag zwischen einem Ereignis und dem nächsten ist. Zu Allem übel endet die sechste Staffel mit einem Cliffhanger aus der Hölle. Ich wusste an dieser Stelle noch nicht, dass ich The Walking Dead spätestens aber der nächsten Staffel sehr übel nehmen würde, was es mit den Charakteren macht und den Zuschauer:innen. Negan (Jeffrey Dean Morgan) eilt seinem Ruf voraus. Sowohl in der Serie als auch für alle, die TWD schauen, nachdem der Hype verebbt ist.
Natürlich ist nicht alles schlecht, sonst würde ich hier nicht (7/10), d.h. „sieben von zehn“ ranschreiben. Es ist ein gewisser Build-Up da, was die Spannung betrifft. Und obwohl wenig Neues passiert, ist da Platz für die Entwicklung der Charaktere und die moralischen Fragen wie die Philosophie Morgans (Lennie James), der nicht mehr töten will, sondern zu bekehren versucht. Viele rollen sicherlich darüber die Augen, aber ich sage: richtig so. Es kann nie nur einen Weg geben wie man die Dinge macht. Dementsprechend empfand ich die Folge mit Eastman (John Carroll Lynch), 6×04 „Here’s Not Here“, echt klasse.
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Wenn ihr heraushört, dass ich mit der Staffel nicht nur zufrieden war, dann habt ihr das richtig herausgehört. Sie ist eben voller „notwendiger Entwicklungen“ was sie durchschnittlich interessant macht. Tatsächlich frustrieren mich Serien, die Charaktere so offensichtlich in das Unglück laufen lassen einfach sehr und es wäre normalerweise der Punkt an dem ich vielleicht sogar aufgehört hätte TWD zu gucken, wenn da nicht der fiese Cliffhanger gewesen wäre. Wo auf der Skala liegt die Staffel für euch?
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