7ème art: Französischer Film

Heute soll es sich um den französischen Film drehen. Der Grundgedanke ist sehr simpel: der letzte Film den ich gesehen habe, war auch ein französischer: „Der Nächste, bitte!“. Heute soll es mal um französische Filme gehen, die viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommen haben oder relativ neu sind.

Die fabelhafte Welt der Amélie

Im Jahr 2001 wurde Jean-Pierre Jeunets Die fabelhafte Welt der Amélie zu einem Riesenhit. Betrachtet man die Einspielergebnisse (insgesamt & weltweit: 140 Mio. $) ist er verglichen mit Hollywood-Effektschlacht-Blockbustern nur halb konkurrenzfähig, wurde aber aufgrund der liebevollen Umsetzung zu einem regelrechten Geheimtipp. Mir ging es wie vermutlich vielen anderen Filmfans – ich habe durch Amélie das französische Kino erstmal für mich entdeckt. (Und wer jetzt spottet, dass das spät sei, muss bedenken: 2001 war ich erst 13. ;))

In Die fabelhafte Welt der Amélie begleiten wir die namensgebende Titelheldin Amélie Poulain sozusagen bei der Suche nach Glück. Zuerst widmet sie sich dem der Anderen. Sie findet in ihrer Wohnung eine kleine „Zeitkapsel“. Scheinbar hat ein Junge früher in der Wohnung gelebt, einige Schätze zusammen gepackt, versteckt und dort vergessen. Es muss schon sehr lange her sein aber Amélie denkt sich, dass der Besitzer an diesen Erinnerungen bestimmt sehr hängt. Sie beschließt ihn ausfindig zu machen. Ist er gerührt, wenn er seine Schätze zurück erhält, so will Amélie es sich zur Augabe machen von nun an das Schicksal anderer ein wenig zu lenken und dem Glück etwas nachzuhelfen. Und es kommt tatsächlich so! Amélie hat von nun an einige Baustellen – die meisten davon sind Personen aus ihrem näheren Umfeld. Egal ob Kuppelaktionen oder fiese Tyrannen zurechtrücken, sie wird dabei sehr erfinderisch. Nur wie steht es um ihr eigenes Glück? Amélie muss einsehen, dass es viel mehr Mut und Überwindung kostet, sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen.

Die Liebe zum Detail, das zauberhafte Drehbuch, Audrey Tautou als verletzliche Heldin und die Musik von Yann Tiersen – hier haben wir ein fabelhaftes Märchen bei dem Große und Halbstarke wieder träumen können.

(9/10)

Sternchen-9

Nichts zu verzollen

Die französisch-belgische Grenze in den 1990er Jahren demonstriert wie Völkerverständigung nicht funktioniert. Die Grenzposten der beiden Seiten sind sich spinnefeind und sticheln wo es nur geht. Die Nachrichten sorgen für noch mehr Zündstoff: das Schengener Abkommen und der EU-Binnenmarkt sorgen für das Wegfallen der Kontrollen und Grenzen wie man es bisher kannte. Von nun an arbeiten die Grenzposten zusammen. Ausgerechnet der belgische Grenzer Ruben Vandevoorde wird mit dem Franzosen Mathias Ducatel in ein Team gesteckt, und das wo er super Anti-Frankreich ist. Ducatel hingegen hat nur eins im Kopf: die Schwester Vandevoordes. Er ist schon lange heimlich mit Louise zusammen. Wie soll man das dem frankophoben Belgier beibringen? Die Zusammenarbeit der Beiden wird auch nicht unbedingt leichter, als Kriminelle und korrupte Kneipenbesitzer ins Spiel kommen.

Nichts zu verzollen ist eine franko-belgische Komödie aus dem Jahr 2010. Danny Boon führte Regie und verkörpert Mathias Ducatel im Film – zuvor führte er bereits bei dem vielfach kopierten Hit Willkommen bei den Sch’tis Regie und das hat schon ausgereicht um Nichts zu verzollen von der breiten Masse als den Nachfolger zu küren. Abgesehen von dem Thema Vorurteile gibt es aber wirklich nicht viele Gemeinsamkeiten. Nichts zu verzollen hat ein ganz anderes Tempo und einen anderen Charme. Willkommen bei den Schti’s war stellenweise fast Slapstick, wohingegen dieser Film etwas braucht, um sich zu entwickeln. Scheinbar für mich etwas zu lange – bei mir hats nicht gezündet. Ich denke es liegt nicht an dem Kernthema Französisch-Belgische-Beziehungen. Dass man solche Konflikte ortsunabhängig transportieren kann, sieht man an dem Nord-Süd-Konflikt bei den Sch’tis. Ich schätze hier hätte es einfacher etwas mehr statt etwas weniger sein können und ein bischen lauter statt leiser.

(4/10)

Sternchen-4

Willkommen bei den Sch’tis

Philippe Abrams leitet eine Postfiliale und will nur eins: ab in den Süden! Als er versucht die Versetzung zu beeinflussen, hier und da etwas trickst und schauspielert, geht alles schief was schief gehen kann. Statt in den schönen, warmen Süden gehts ab in den Norden. Seine Bekannten machen ihn darauf aufmerksam, dass dort doch die Sch’tis wohnen – die sprechen diesen seltsamen Dialekt. Und ist es dort nicht so furchtbar kalt? Kein Wunder, dass Depressionen und Alkoholismus dort an der Tagesordnung sind. Die stereotypen Bilder werden mehr und mehr und sorgen für finsteren Unmut bei Philippe. Aber es hilft alles nix – und so scheinen die ersten Tage so seltsam wie alle sagen. Zumindest bis Philippe nach und nach den Norden entmystifiziert und dass so lustig, dass es einem vor Lachen Tränen in die Augen treibt. „Poscht isch da!“

Willkommen bei den Sch’tis wurde 2008 einer der erfolgreichsten französischen Filme in Frankreich und bei uns an den Kinokassen hat es auch mächtig geklingelt, vor Allem aber bei den DVD-Verkäufen. Ich selber habe in einer Matinee-Vorstellung eines Sonntags mit einer meiner besten Freundinnen gar nicht gewusst was mir passiert und letztendlich vor Lachen auf dem Boden gelegen. Dany Boon – selber ein Sch’ti – führte Regie und bescheerte uns allen ein Meisterwerk der naja… regionalen Völkerverständigung. Ein Feel-Good-Movie, das uns alle etwas näher zusammen rücken läßt. Eigentlich eine 10/10, aufgrund der langatmigen und extrem abwägigen Sequenzen bei dem Besuch von Philippes Frau aber nur eine 9/10 von mir. Ein Fantastischer Film ist es trotzdem. 😉

(9/10)

Sternchen-9

Der Nächste, bitte!

Machen wir mal gleich mit Dany Boon weiter. In Der Nächste, bitte! versucht Isabel einen Familienfluch zu umgehen. Jede erste Ehe scheitert in ihrer Familie – Isabel hat aber ihren Traummann gefunden und die innere Uhr tickt. Es wird Zeit sich zu entscheiden wie es mit ihr und ihrem Pierre weitergeht. Sie fällt kurzerhand die Entscheidung irgendjemanden zu heiraten, einen Scheidungs-Quickie einzulegen und schon ist das Problem gelöst. Dabei sucht sie sich den erstbesten (Verzeihung) Trottel aus, der ihr über den Weg läuft. Jean-Yves wird von ihr bezirzt, sie macht alles mögliche mit, um ihn um den Finger zu wickeln und hat Erfolg. Das Problem ist nur, dass sich Jean-Yves sehr wohl in sie verliebt hat und ziemlich anhänglich wird. Wie wird man den jetzt los?

Man muss kein großer Filmkenner sein, um zu erraten wie der Film ausgeht. Unterhaltsam ist er allemal. Was mich besonders begeistert hat, ist die Internationalität des Films. Der Zuschauer wird nach Frankreich, Russland und Afrika geschickt und wir beobachten den Franzosen Dany Boon als Jean-Yves und die Deutsche Diane Krüger beim Rumblödeln und es sieht aus, als hätten sie viel Spaß. Anfangs kam mir der Film sehr sehr zäh vor und die Lacher blieben lange aus. Die Anfangsszene und Rahmenhandlung mit dem Weihnachtsessen wirkte auf mich regelrecht unsympathisch und der Musikfetisch von Isabels Schwager hat mir auch nicht so viele Lacher abgerufen. Man muss Durchhaltevermögen beweisen und auch die eine oder andere Logiklücke macht es dem Zuschauer schwer. Irgendwann kommt aber dieses besondere Filmfeeling, bei dem man dasitzt und nur denkt hoffentlich kriegen die sich und deshalb gibts von mir eine Empfehlung.

(6/10)

Sternchen-6

Ziemlich beste Freunde

Driss weiß sofort, dass das nichts für ihn ist. Die Stelle die ihm das Arbeitsamt vermittelt hat – als Pfleger in einem piekfeinen Haus? Was auch immer, er wird es eh nicht bekommen und will nur die Unterschrift, die beweist, dass er es versucht hat. Aber falsch gedacht. Gerade dass er gegenüber dem Querschnittsgelähmten Philippe kein falsches Mitgefühl zeigt und nichts heuchelt, bringt ihm die Stelle als sein Pfleger ein. Der Senegalese aus einfachsten perspektivenlosen Verhältnissen wäre für die meisten wahrscheinlich nicht die erste Wahl. Er stammt aus dem Pariser Banlieu, ist vorbestraft und hat einen Migrationshintergrund. Viele würden diese Biografie lesen und dem Menschen den entsprechenden Stempel aufdrücken und Adieu sagen. Kenntnisse als Pfleger hat er auch nicht – egal. Driss trifft auf den reichen schwerstbehinderten Philippe und bringt sein Leben ein bischen durcheinander. Unverblümt reißt Driss die Klappe auf und beschehrt dem Zuschauer dabei unendlich viel Spaß und Philippe neuen Lebenswillen.

Ziemlich beste Freunde ist die Verfilmung der Biografie des echten Philippe Pozzo di Borgo und im Jahr 2011 erschienen. Läuft aber noch heute erfolgreich in vereinzelten Kinos! Warum? Es ist schlichtweg das so ziemlich perfekteste Feel-Good-Movie, das die Welt gesehen hat. Große Worte – ich weiß. Für einen großen Film eine große Bewertung: Perfektes Timing, Charme, spitzen-Casting, stille und laute Momente (der Kinosaal und ich haben gebrüllt vor Lachen) und hinzu kommt: basierend auf einer wahren Geschichte, ganz klar eine 10.

(10/10)

Sternchen-10

Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft

Gabrielle Coco Chanel (Audreay Tautou) und ihre Schwester schlagen sich gemeinsam als Gesangsduo durchs Leben. Sie leben in ärmlichen Verhältnissen, arbeiten nachts auf den Bühnen von Kneipen und wurden nie richtig gewollt. Auch nicht von dem eigenen Vater, der sie einst im Waisenhais absetzte. Das Gaffen der Männer, die simplen kleinen Lieder, Chancenlosigkeit und Armut. Cocos Nebenjobs als Näherin waren der Beginn ihrer Leidenschaft und ihr Ansporn auszubrechen und mehr vom Leben zu wollen. Sie findet in Etienne Balsan einen Gönner – es widert sie an aber durch diese Beziehung hangelt sie sich mühsam hinauf in die feinere Gesellschaft. Mehr als eine Gefangene, weniger als eine der feinen Leute. Sie rebelliert, zieht Männerkleidung an und sticht aus der Masse. Doch als sie sich verliebt, ändert das alles. Wie weit sie gekommen ist, wo sie herkam und wo es sie hinführen wird.

Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft ist für mich ein sehr starkes Portrait des Werdegangs einer Frau. Coco Chanel musste aus zwei Welten ausbrechen: der Armut zum Einen, dem klassischen Frauenbild zum Anderen. In Cocos Welt waren Frauen Gespielinnen, die schön aussehen aber keine eigene Meinung haben durften. Sinnleeres Rumgekicher und bombastische Kleider. Nicht nur mit ihrer Mode wird Coco Grundmanifeste erschüttern und dabei oft zurückstecken müssen, wenn es um Würde oder das persönliche Glück geht. Und auch wenn Coco eine starke und distanzierte Persönlichkeit ist, macht der Film sie im richtigen Maße menschlich und bringt sie dem Zuschauer näher. Audreay Tautou spielt keine Amélie. Coco ist eine junge Frau, die dreckige Facetten des Lebens kennen gelernt hat. Sie erwartet sich nicht viel märchenhaftes mehr und geht bestimmt und zielstrebig ihren eigenen Weg. Sie hat Würde und einen gewissen Gossenstolz, den sie mit hoch erhobenem Haupt trägt – wobei man ihr nur zustimmen kann. Bei der Recherche nach dem Sehen des Films hätte ich mir aber gewünscht, dass man versucht hätte auch andere Aspekte ihres Handelns zu erklären.

(7/10)

Sternchen-7

La vie en rose

Nochmal ein Biopic: Édith Giovanna Gassion, besser bekannt als Édith Piaf, hatte keine Bilderbuchkindheit. Von der Mutter weggestoßen, gibt der Vater sie notgedrungen bei ihrer Großmutter ab. Die führt ein Bordell. Die Prostituierten werden ihre Ersatzmütter und stehen mit ihr schwere Krankheitsphasen durch. Bis ihr Vater sie diesem Umfeld entreißt und als Schausteller mit ihr unterwegs ist. Er gibt sie nichtsahnend als Attraktion aus und erkennt ihre wunderschöne Stimme. Doch ein Happy End wird ihr lange verwehrt bleiben. Sie singt später als Jugendliche für Geld, um sich Schnaps zu kaufen. Ihr Leben ist vom Feiern, Hungern und Saufen geprägt. Sie denkt nicht viel über den nächsten Tag nach – bis sie beim Singen auf der Straße entdeckt wird. Ihr rasanter Werdegang nimmt seinen Lauf – sie wird bekannt als la môme piaf. Der kleine Spatz. Doch sie muss einige Schicksalsschläge verkraften. Sie feiert, pöbelt und trinkt, um vergessen zu können. Dieses Leben fordert viel von ihr und trotzdem erklärt sie uns in la vie en rose, dass sie nichts bereut.

La vie en rose ist ein beeindruckendes Portrait. Marion Cotillard verkörpert die Piaf mit einer beeindruckenden Intensität und hat dafür verdient einen Oscar bekommen. Nichtsdestotrotz war ich ein wenig schockiert von dieser Édith Piaf. Ich kannte sehr viele Lieder von ihr aber kein bischen ihre Biografie. Wo ich also ganz naiv eine zarte, verletzliche Person erwartete, zeigte mir dieser Film eine von der Gosse abgehärtete und selbstzerstörerische Frau, die sich ganz offen daneben benimmt und ihre Gesundheit aufs Spiel setzt. Ihre Liebe zur Musik trifft aber mitten ins Herz und man begreift, dass es das einzige Unantastbare ist. Das was ihr nie jemand nehmen konnte. Geht sie auf die Bühne, strahlt sie und zieht alle in ihren Bann. Der Film tat etwas weh, ist aber vermutlich gerade deswegen ehrlicher als manche andere Biopics.

(7/10)

Sternchen-7

Der französische Film hat sich unzählige Male als vielseitig und authentisch bewiesen. Nicht umsonst wurde Willkommen bei den Sch’tis schon von den Italienern aufgegriffen und geremaked. Plakativ und weniger originell – nahezu eine 1:1-Kopie. Selbst die USA bedient sich angeblich demnächst bei Ziemlich beste Freunde. Das französische Kino hat sein Herz am rechten Fleck und bei dieser Bandbreite an Produktionen und Genres kann sich die deutsche Filmindustrie mal ein paar Scheiben abschneiden. Bitte.

„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.

3 Antworten

  1. […] “So, little Amelie, your bones aren’t made of glass. You can take life’s knocks. If you let this chance go by, eventually your heart will become as dry and brittle as my skeleton. So… Go and get him, for pete’s sake!” (Raymond Dufayel, “Le fabuleux destin d’Amélie Poulain”) […]

  2. […] Beispiel, dass es drei Artikel gab, die sich Filmen aus spezifischen Ländern widmen (Deutschland, Frankreich, Japan). Meinen Lieblingsfilmländern – Dänemark fehlt noch. Außerdem gab es bisher fünf […]

  3. […] Taxi‘ und wahrscheinlich leider nicht beachtet. Und dann war da plötzlich Midnight in Paris und La vie en rose und die Leute redeten über die Schauspielerin, die einen Oscar für ihre Transformation zu Edith […]

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