Neulich im Kino … Review zu „Deadpool“

Egal, wie gut oder schlecht ich den Film fand, Deadpool ist so oder so eine Erfolgsgeschichte. Schließlich wurde der Figur erstmal übel mitgespielt. Eine geplante Verfilmung im Jahr 2004 wurde nicht weiterverfolgt, stattdessen gab es einen desaströsen Auftritt als Nebencharakter in ‚X-Men Origins: Wolverine‘. Dabei hat sich Ryan Reynolds sogar noch bemüht, der Figur etwas von dem ursprünglichen Deadpool mit auf den Weg zu geben. Nach dem verhunzten ersten Versuch haben sowohl er als auch Fans das Thema Deadpool immer mal auf den Tisch gebracht. Mit Erfolg. Nach der Superheldenschwemme und den erfolgreichen Marvelfilmen haben die Studios Mut bewiesen und gezeigt, dass sie Selbstironie können und haben den Film rausgebracht. Ausschlaggebender Grund war auch das Testmaterial mit Ryan Reynolds aus dem Jahr 2012, das Fans feierten. Alleine den Umstand, dass man die verhunzte Einführung einer Figur in ein Comic-Universe gerade gezogen hat, feiere ich sehr. Genauso wie den Fakt, dass Reynolds nun endlich den ‚richtigen‘ Deadpool spielen konnte. Immerhin wird der Schauspieler inzwischen sogar in den Comics erwähnt. Das ist so als ob die Comicfans und der Teenage-Nerd in uns gewonnen hätten. Und wie ist der Film jetzt? Review ist spoilerfrei.

Der Ex-Special-Forces-Mann Wade Wilson (Ryan Reynolds) verdient seinen Lebensunterhalt als Söldner, hat eine große Klappe, zweifelhafte Freunde und Arbeitskollegen und seine hübsche Freundin Vanessa (Morena Baccarin). Jetzt kommt das obligatorische Aber, ohne das die Geschichte zu Ende wäre. Bei ihm wird Krebs im Endstadium diagnostiziert. Er will nicht, dass Vanessa ihn in dem Zustand sehen und den Krankheitsverlauf mit ihm durchstehen muss und geht deswegen auf das Angebot des Anzugträgers ein, der ihn aufspürt und behauptet ihm helfen zu können. In einem grausamen Experiment wird bei Wade eine Mutation forciert. Sein Peiniger Ajax (Ed Skrein) quält ihn wegen seiner großen Klappe besonders bis Wade ausbricht und dabei das ganze Labor in Schutt und Asche legt. Entstellt, aber mit übermenschlichen Heilungskräften, steht er vor der Frage, ob er in sein normales Leben zurückgehen kann, entscheidet sich aber dafür Ajax aufzuspüren und ihn zu zwingen das Experiment rückgängig zu machen.

Was man bei der kleinen Inhaltsangabe schnell unterschlägt ist der Humor, den Deadpool an den Tag legt. Der macht vor nichts Halt und strotzt nur so vor sarkastischen Seitenhieben auf Superheldenverfilmungen und Action-Blockbuster, die mit einer wahnwitzigen Geschwindigkeit abgespult werden. Zur Figur gehört außerdem, dass er die vierte Wand durchbricht und mit dem Zuschauer redet wie auch schon in den zugrunde liegenden Comics und Games. Genauso wie Deadpool in den Comics ‚weiß‘, dass er eine fiktive Figur ist, wurde angekündigt, dass der Film-Deadpool weiß, dass er eine Filmfigur ist und von Ryan Reynolds verkörpert wird. Letzteres habe ich nicht bemerkt, aber bei der Gagdichte kann schon mal was untergehen. Die Action ist absolut over-the-top und Eltern sollten ihre Kinder einschließen oder so, denn den Film wollen sie unter Garantie sehen, wenn sie auch nur ein bisschen in der Comicschiene drinstecken. Es werden außerdem sehr viele Witze auf Konto der X-Men und Marvelverfilmungen gemacht (und Green Lantern, ha). Es treten sogar einige X-Men in Erscheinung, die Wade davon überzeugen wollen, dass er ein Held sein und für das Gute kämpfen und seine Kräfte sinnvoll einsetzen soll. Ober-Prediger ist Colossus (Andre Tricoteux & Stefan Kapičić), der seinen Schützling Negasonic Teenage Warhead (Brianna Hildebrand) mitbringt – und die finde ich extrem cool. Ich bin eigentlich der Meinung, dass wir nicht mehr soviel Superheldenfilme brauchen, aber kann sie bitte ihren eigenen Film bekommen?

Image copyright is believed to belong to the distributor, the publisher or the graphic artist. Found on: dailydot.com, link to Image Source
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Alle Beteiligten gehen absolut in ihrer Rolle auf und beweisen viel Mut sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Ryan Reynolds ist quasi Wade Wilson – das Mundwerk hat er offensichtlich. Das Promo-Material zum Film und alles, was man im Vorfeld an Clips und witzigen Gastauftritten sehen durfte ist fast beispielhaft. Dass Release-Datum so gegen Valentinstag anzusetzen und in der Promo schön drauf rumzureiten – sehr witzig. Tatsächlich versucht der Film sogar ein Liebesfilm zu sein. Ich sage ja … es ist als ob die Nerds gewonnen hätten. (Endlich mal.) Allerdings überzeugt mich das Drehbuch nicht. Die Geschichte bleibt flach und oberflächlich. Es werden zwar jede Menge Zugeständnisse gemacht und Fehler der Vergangenheit vermieden. In Superheldenfilmen ist man selten so konsequent wie in den Comics: ich hatte gar nicht erwartet, dass man den entstellten Wade sehen würde, aber das tut man. Sehr oft sogar. Die Figur Deadpool wirkt aber etwas weichgespült dahingehend, dass er gar nicht hinterfragt, an was für einem Experiment er teilnimmt und auch später lediglich ‚Ajax‘ verfolgt. Er versucht gar nicht rauszukriegen, ob da nicht möglicherweise mehr Personen dahinterstecken. Als Zuschauer kann man nur vermuten, dass es das Weapon-X-Programm ist. Dahingehend ist Deadpool ziemlich halbherzig und denkt kaum weiter, dabei ist der Kerl ja nicht blöd. Man könnte sagen: plot hole! Außerdem wirkt es streckenweise albern, dass er sich nicht traut sich seiner Vanessa zu stellen und sein Antlitz wieder hübsch machen lassen möchte. Echt jetzt? Ein Söldner, der sich so durch die Welt schnetzelt? Auch die Gags sind eher etwas flacherer Humor. Ich musste viel lachen und habe während des Films sehr gefeiert, aber mir hat nicht der Bauch vor Lachen weh getan oder so. Deadpool ist ein guter Film für einen witzigen Abend mit Freunden und v.A. ein würdigerer Auftritt für den Merc With a Mouth, aber für den Charakter Deadpool hätte es gern noch etwas abgründiger sein können. Ach übrigens: sitzen bleiben nach dem Abspann.

(7/10)

Sternchen-7

Deadpool, USA, 2016, Tim Miller, 109min

Habt ihr den Film schon gesehen? Wie hat er euch gefallen? Was sagt ihr zu dem schwierigen Weg bis zur Verfilmung? Hatte ja einige schräge Etappen. Hbt ihr das Desaster im Wolverine-Film ebenso verstörend aufgenommen wie ich damals?

3 Antworten

  1. Ja, die Story ist wirklich ziemlich lahm, wenn man es genau bedenkt. Und ich fand es auch ein bisschen schade, dass die Nebencharaktere neben Deadpool nicht so gut zur Geltung kommen – zumal der Bösewicht ja echt einmal mehr absolut austauschbar war.

    Aber dank der guten Ryan-Reynolds-Show kann man das irgendwie auch verschmerzen 😀

  2. Ich kann dem vorherigen Kommentar nur zustimmen. Mir waren die Nebencharaktere auch zu blass. Und die Story, ja, die war halt auch nicht außergewöhnlich.

    Trotzdem hat auch mir der Film sehr viel Spaß gemacht, deswegen kann ich auch gut mit den Kritikpunkten leben 😉

  3. […] Die Ferien des Monsieur Hulot, Deadpool […]

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