Serien-Besprechung: ‚Lore‘ und ‚Stranger Things‘ Season 2

Den Oktober haben wir inzwischen hinter uns gelassen und damit der eine oder andere auch die Grusel- und Mystery-Filme und -Serien. Wer am Horrorctober teilgenommen hat, ist jetzt wahrscheinlich etwas übersättigt was die Genres betrifft. 😉 Horrorfilme brauche ich auch erstmal keine mehr, aber im Zuge des Horrorctober hatte ich mir vorgenommen auch mehrere Mystery-Serien zu schauen und das habe ich auch jetzt noch gerne getan. Zur Zeit kann man sich vor guten Serien-Veröffentlichungen auf den gängigen Streamingportalen kaum retten und da es draußen zunehmend kälter wird (‚Winter is coming‘-Witze kann man sich derzeit kaum verkneifen 😉 ), habe ich hier zwei Serien-Besprechung der besagten Horrorctober-Ausläufer. Der gemeinsame Nenner der Serien ist also, dass sie zum gruseln einladen. Die eine Serie haben wahrscheinlich inflationär viele von euch geschaut, die andere ist wahrscheinlich noch ein Geheimtipp. Reviews sind spoilerfrei.

„Lore“ Season 1

Lore ist der einzige mir bekannte Vertreter eines Podcasts, der als TV-Serie umgesetzt wurde, obwohl man immer mal wieder Gemunkel hört. Dahingehend war Lore eindeutig: schon vor Monaten hat es Aaron Mehnke im Podcast kund getan. Und soviel sei bereits verraten: die Umsetzung ist mehr als gelungen und unterstreicht perfekt was Lore ist, macht das im Podcast erzählte als Serienadaption sogar noch besser und immersiver. Lore handelt genau von dem, was im Titel mitschwingt: Geschichten und Überlieferungen, gern von dem Unerklärlichen. Wie auch im Podcast fungiert Aaron Mehnke als Erzähler und verknüpft Sagen und Geschichten mit möglichen Erklärungen, die nicht selten auf die Ängste und Unsicherheiten normaler Menschen zurückgehen. Der Ton unterscheidet sich aber immer graduell: mal sind es Geschichten, die ratonal erklärbar sind; manchmal menschliche Tragödien, die nichts übersinnliches haben und einem dennoch das Blut in den Adern gefrieren lassen. Manchmal kann man das Übersinnliche auch schlichtweg nicht erklären. Mehnke findet dabei immer einen abwechslungsreichen Ton, der der eigenen Fantasie genug Platz lässt.

Lediglich auf das semi-dokumentarische muss man sich einlassen können. Lore ist kein Splatter, kein Gore. Es ist ein dezenter Grusel, der nicht selten menschliche Abgründe als Anlass hat. Begleitend zum Thema der jeweiligen Episode werden Fälle querbeet aus der Geschichte gegriffen und in einen Zusammenhang gesetzt, was interessante Parallelen schafft. Im Gegensatz zum Podcast passiert das in der Serie mit Original-Bildmaterial, Videosquenzen aus bspw. Gerichtsverhandlungen oder Interviews. Eine Adaption mit einem so mächtigen Namen wie Amazon im Hintergrund öffnet scheinbar Tür und Tor für Rechtediskussionen und Budget. Aufgegriffen wurden übrigens laut Aaron Mehnke einige der beliebtesten Podcast-Episoden. Hauptsächlich welche aus Lores Anfängen. Und die sind sogar noch gut, wenn man den Podcast schon kennt. Vor- und gleichzeitig auch Nachteil der Serie ist die nicht-serielle Darbietungsform. Jede Episode ist in sich geschlossen. Zuschauer wie mich, die gern einen episodenübergreifenden Zusammenhang haben, fesselt das eventuell wenig. Wiederum gut ist aber, dass man jede Episode wann auch immer man möchte schauen kann ohne Zusammenhänge zu verpassen.

(8/10)

Sternchen-8

„Lore – Official Trailer [HD] | Amazon Video“, via Amazon Video (Youtube)

„Stranger Things“ Season 2

Nach dem fiesen Cliffhanger der ersten Staffel sahen viele Fans der zweiten mit gemischten Gefühlen entgegen. Eine tolle Serie darf auch gerne mal enden. Zweite Staffeln vergeigen es dagegen oftmals, gute Stoffe werden lange künstlich gezogen und gedehnt und ruinieren einem den Spaß. Die zweite Staffel schafft es aber sehr gut das aufrecht zu erhalten, was in Staffel eins begonnen wurde. Eine wunderbare Hymne auf die 80er, Freundschaft, Nerd-Stuff und auf Familie. Leider beginnt sie aber etwas träge und konventionell. Ein Jahr nach den Geschehnissen aus Staffel eins hat Will (Noah Schnapp) immer noch mit Albträumen zu kämpfen und wird Zombie Boy genannt und gehänselt. Mike (Finn Wolfhard) hat Elevens Verschwinden bisher nicht losgelassen und er schickt noch jeden Abend Nachrichten an sie in den Äther – ohne Antwort. Währenddessen sind Dustin (Gaten Matarazzo) und Lucas (Caleb McLaughlin) schwer empört darüber, dass in der ortsansässigen Spielhölle jemand ihre Highscores knackt und entdecken ein seltsames Lebewesen, dass sie eigentlich stutzig machen sollte. Nancy (Natalia Dyer) hat immer noch an Barbaras Verschwinden zu knabbern und irgendwie scheint die Zeit seit dem Endkampf mit dem Demogorgon stehen geblieben zu sein. Nur äußerlich geht es irgendwie weiter. Als Will aber von einem Schattenwesen träumt, dass bedrohlich über der Stadt lauert und seine Visionen sich bedrohlich häufen, wird klar, dass das Upside Down doch noch nicht so Geschichte ist wie erwartet. Dabei ahnen sie nicht, dass Eleven (Millie Bobby Brown) noch lebt, sich aber verstecken muss und als sie sie dringend brauchen, ist sie meilenweit weg auf der Suche nach ihren Wurzeln.

Das alles klingt verdächtig nach einem allzu bekannten Muster. Es ist wieder Will, dem es an den Kragen geht und der Gefangener einer anderen Welt ist. Auch wenn er diesmal nicht spurlos verschwunden ist. Es ist wieder Joyce (Wynona Rider), die in ihrem Eigenheim-Albtraum durchdreht und versucht Rätsel zu entschlüsseln und dabei ihr Wohnzimmer umdekoriert. Es ist wieder Eleven, die den Laden retten muss – zeitweise auch Chief Hopper. Und Nancy und Jonathan stellen sich wieder der Frage, ob sie jetzt endlich was miteinander anfangen. Alles was in der zweiten Staffel passiert klingt wie eine aufgewärmte erste Staffel, was eine deutliche Schwäche der Serie ist und mit Sicherheit einige Zuschauer frustriert. Insbesondere, weil die erste Hälfte sehr gediegen voranschreitet. Aber alles was in der zweiten Staffel passiert ist auch eine direkte Folge der ersten und gibt dem Zuschauer oftmals was er sehen will. Am Beispiel Nancy und Jonathan und der sich anbahnenden Vater-Tochter-Beziehung zwischen Hopper und Eleven werden einige Handlungsfäden aufgeschnappt, die sich die meisten wünschen. Das ist vorhersehbar. Aber es ist gut. Es ist der Stranger-Things-Charme. Letzten Endes steigert sich die zweite Staffel und wird extrem spannend, legt sich ins Zeug und bietet alles was man in der ersten Hälfte vermisst hat. Charaktere entwickeln sich – so gesehen v.A. an Steve (Joe Keery), der auch einige coole Aktionen reißen darf, wofür es dann einen neuen Arsch an der Schule gibt. Und die Frauen/Mädchen bekommen mit Max(ine) (Sadie Sink) tatkräftige Unterstützung, damit der Nerdkram nicht Jungs-Kram bleibt. Richtig so! Inklusive Prom, einem gefräßigen Haustier, Verschwörungstheorien und einem Helden, der schwer vermisst werden wird, beweist die zweite Staffel denselben Charme wie die erste. Mit ein bisschen weniger Dungeons & Dragons-Mythologie, dafür aber mit anderen genialen One-Linern und Referenzen. Allerdings sollte Steve meiner Meinung nach niemandem Dating-Tipps geben und: Das funktioniert für eine zweite Staffel, aber vielleicht nicht mehr für eine dritte.

(8/10)

Sternchen-8

„Stranger Things | Season 2 Comic Con „Thriller“ Trailer [HD] | Netflix“, via Netflix (Youtube)

Vier Staffeln soll es insgesamt von ‚Stranger Things‘ geben – das finde ich schon sportlich. Inzwischen tendiere ich eher zu ‚liebe ein frühes Ende einer guten Serie als ein spätes Ende einer zunehmend schlechter werdenden Serie‘. Meine Review mag nicht durchweg begeistert klingen, aber in den letzten drei Folgen habe ich bei Stranger Things Staffel zwei kaum ausschalten können. Die Zutaten sind bewährt und gut, aber viel mehr als vier Staffeln sollten es wirklich nicht werden. Auch bei Staffel zwei denke ich wieder: könnte auch ein Ende sein. Aber noch gibt es einen Teil von mir, der auf ein Wiedersehen mit den Nerds aus Hawkins hofft. Wie seht ihr das? Habt ihr die besprochenen Serie gesehen? Und wieviele Staffeln ‚Stranger Things‘ wünscht ihr euch?

4 Antworten

  1. 3-4 Staffeln ist gut glaube ich, würde es auch nicht übermässig länger ausdehnen. Stimmt schon, lieber kurz und gut – als dieser schleichende Tod. Schöne Zusammenfassung 🙂

  2. Vier Staffeln für „Stranger Things“ klingt eigentlich vernünftig, finde ich. Ich habe die zweite Staffel ähnlich wie du empfunden, auch wenn ich die ersten paar Folgen gar nicht so langweilig fand – ich mochte es eigentlich sogar fast, dass sie so schön normal waren, ehe alles wieder ins Katastrophale abdriftete. Von Will war ich besonders begeistert – irgendwie war es ja fast klar, dass er nochmal leiden muss. Die schauspielerische Leistung war aber der Wahnsinn, gerade dieser „Exorzismus“ am Schluss, ich konnte gar nicht wirklich hinsehen. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht und hoffe sehr, dass die Serie auf dem Level, auf dem sie gerade ist, bleibt und jetzt nicht abnimmt, das wäre zu schade!

  3. Mich hat die 2. Staffel von Stranger Things mehr als überzeugt. Anfangs ging es mir ein bisschen wie dir – ich fand die ersten Folgen gut, es hatte den „schön, die liebgewonnenen Figuren wiederzusehen“-Charme und einige wunderbare Momente; so richtig gecatched hatten mich die ersten Episoden aber noch nicht, das passierte bei mir auch erst später. Dafür konnte ich die letzten Folgen dann aber auch nur mit viel Disziplin auf mehrere Tage verteilen (diese fiesen Cliffhanger haben´s echt nicht leicht gemacht). Die Serie hat viel Neues gehabt, viel Vertrautes aber auch beibehalten. Ein wenig vermisst habe ich die Jungs-Momente der ersten Season (die Spieleabende z.B.) und insgesamt waren mir zu viele Love Interests im Fokus. Aber was die Charakterentwicklungen angeht – wow. Steve ist so ein besonderer Charakter geworden und einer meiner Favoriten der Staffel. Aber auch Dustin hatte viele starke Auftritte. Jim war schon in Season 1 einer meiner „heimlichen Helden“ und ist es nun noch mehr. Und Bob? Den fand ich anfangs fast schon anstrengend, aber mit jeder weiteren Episoden hat er mich mehr überzeugt. Dacre – ist heftig, hat aber viel Potenzial für gute Storylines. Ansonsten hat Season 2 mir wieder das gegeben, was ich an Season 1 mochte und was mir meine Lieblingsserien aus Kindheitstagen in Erinnerung rief.

    Für Staffel 3 wird es, meiner Ansicht nach, noch viele gute Ideen geben. Bei Staffel 4 bin ich mir gerade noch unsicher, ob diese noch Bahnbrechendes bereithalten kann. Mehr Staffeln sollten es dann aber auch nicht werden – ansonsten würde es nur zu so einem Fail führen wie mit Big Bang Theory. Wenn es am Schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören und ich bin dafür, lieber eine Serie mit wenigen, dafür denkwürdigen Staffeln zu haben, als eine Serie, die sich über ein Jahrzehnt hinstreckt und irgendwann nur noch so sehr anödet, dass auch für die ersten Staffeln nur noch ein fader Nachgeschmack bleibt.

  4. Ich kenne nur die erste Staffel. Eigentlich wollte ich nach der ersten Episode aufhören, weil sie meinen Geschmack nicht ganz getroffen hat, aber aufhören scheint bei der Serie wirklich schwierig zu sein…

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