Zuerst kommt eine überwältigende Trauer. Tränen und ein Gefühlsausbruch. Dann verschwindet der Geruchssinn. Scheinbar ist es ansteckend und leider ist der Verlust des Sinns nicht rückgängig zu machen. Die Epidemiologin Susan (Eva Green) sitzt an der Quelle, findet aber wie ihre Kollegen keine Erklärung. Fast zeitgleich lernt sie den Koch Michael (Ewan McGregor) kennen. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen, obwohl sie der Liebe quasi abgeschworen hatte. Michael hingegen hat seine vergangene Beziehung noch nicht richtig verarbeitet und stürzte sich in zahlreiche Gelegenheitsbekanntschaften. Aber zwischen den Beiden ist es anders. Doch die Welt um sie herum bleibt nicht stehen, die Epidemie (dieselbe? eine Neue?) fordert einen weiteren Sinn und die Welt fragt sich wie lange das noch so weitergehen kann? Die Liebenden haben sich gerade erst kennen gelernt und werden den Geruch und Geschmack des Anderen vergessen und nie wieder spüren. Von welchen Aspekten ihres Lebens müssen sie sich noch verabschieden und was bleibt danach übrig von der Welt und von Beziehungen? Werden sie letzten Endes alle im Dunkeln sitzen und nichts hören, fühlen, schmecken? Sind dann alle quasi tot?
„PERFECT SENSE | Trailer deutsch german [HD]“, via vipmagazin (Youtube)
Das geniale Drehbuch stammt von dem dänischen Autor und Illustrator mit dem klingenden Namen Kim Fupz Aakeson. Und der erzählt die eigentlich globale Geschichte über Sinne und das Zusammenleben der Menschen mit dem Blick auf Susan und Michael, die sich alles was sie an dem anderen wahrgenommen haben, besser gut einprägen sollten, bevor die Sinneseindrücke und damit verbundenen Erinnerungen gehen. Es ist ein Film der neben dem Drama der Liebenden mit nur wenigen Elementen eine globale Katastrophe adressiert. Man bekommt am Rande das Chaos mit und das Szenario löst eine tiefe Unruhe im Zuschauer aus. Was würde ich tun? Welchen Sinn kann ich entbehren? Welchen nicht? Wie würde ich klarkommen? Wie funktioniert eine Welt voller Menschen ohne Sinneswahrnehmungen? Ist das das Ende? Trotzdem ist es kein Endzeitfilm. Die Anfangs- und Endsequenzen sind gar die lebensbejahendsten und faszinierendsten die man in einem Film sieht.
David Mackenzies Film steckt voller Weisheiten über Beziehungen, die vollkommen unverkitscht erzählt und in das große Ganze eingefügt werden. Es ist ein Film voller Hoffnung. Er zeigt wie die Menschen in Krisen ausbrechen und sich hinterher alles legt. Und dann von vorn. Krise. Anpassung. Ruhe. Krise. Anpassung. Ruhe. Die Welt und das Leben in drei Worten. Obwohl das Szenario so beängstigend wirkt, die Ausbrüche der Menschen kurz vor den Sinnesverlusten irre und erschütternd sind, das Leben danach so entbehrungsreich – alles kehrt zur Normalität zurück und es gibt wieder Hoffnung. Perfect Sense gibt einem das Gefühl, dass man alles schaffen und durchstehen kann, solange man zusammenhält. Das Gefühl, dass es einen Sinn gibt, den man uns nicht nehmen kann. Sei es auch der Sinn füreinander.
Perfect Sense, Dänemark/Deutschland/Irland/Schweden/UK, 2011, David Mackenzie, 92 min
Jeden Monat stelle ich einen Film vor, den ich für einen fantastischen Film halte – losgelöst von Mainstream, Genre, Entstehungsjahr oder -land. Einfach nur: fantastisch. 😆
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