Neulich im Kino … Filmbesprechung zu „Dune“ (2021)

Vorher noch nicht, aber als Denis Villeneuve ins Gespräch kam, war ich dann auch gehyped über die Nachricht einer Verfilmung von Frank Herberts Erfolgsroman. Und von Anfang an relativ sicher, dass Villeneuve das wuppen wird und der Dune-Community die Filmadaption gibt, die ihnen bisher verwehrt blieb. Mein Wissen über Frank Herberts „Dune“ und seine Verfilmungen (und Beinahe-Verfilmungen) beschränkte sich bisher auf Hörensagen und das Wissen einer Betrachterin von außen. Bis ich jetzt neulich das erste Buch gelesen habe und just in time fertig wurde, einen Tag bevor ich dann ins Kino ging. Und wie war es nun? Die Besprechung ist spoilerfrei.

Fear is the Mindkiller. Viele tausende Jahre in der Zukunft herrscht erneut ein feudalistisches System, nun aber interplanetar. Haus Atreides wird angeordnet den Spice-Abbau auf dem Planeten Arrakis, genannt Dune, zu übernehmen. Spice ist eine für das Imperium enorm wichtige Ressource, ohne die interplanetare Reisen über große Distanzen nicht möglich sind und die nebenbei gesagt abhängig macht. Die Bedingungen könnten aber kaum schwieriger für Herzog Leto Atreides (Oscar Isaac),  seine Familie und Untertan*innen sein. Zum Einen war vor ihnen das verfeindete Haus Harkonnen unter Baron Vladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) auf Arrakis an der Macht und hat einen Kleinkrieg gegen die Einheimischen Fremen geführt. Sie hinterlassen den Atreides den Stützpunkt in einem suboptimalen Zustand. Hinzu kommen die lebensfeindlichen Bedingungen auf dem Wüstenplaneten. Leto Atreides, seine Partnerin Lady Jessica (Rebecca Ferguson) und ihr gemeinsamer Sohn Paul (Timothée Chalamet) laufen in eine offensichtliche Falle.

Sie laufen trotzdem hinein, denn Befehl ist Befehl. Die Aufregung aller offenbart auch, dass der eine oder andere ganz spezifische Pläne für Paul hat. Lady Jessica gehört dem Orden der Bene Gesserit an und lehrt Paul ihre Künste wie Beeinflussung, Kontrolle über das Selbst – sowohl physisch als auch psychisch und Resilienz. Was Paul klar wird: sie wollten ihn anfangs nicht als Erlöser, aber seine Veranlagung spricht für sich. Man versucht ihn als eine Erlöserfigur zu platzieren. Und das nicht mal besonders subtil und gegen seinen Willen. Tatsächlich beginnt er bereits weit vor ihrer Ankunft Visionen über Arrakis zu haben. Nicht alles, was ihm diese Zukunft zeigt, will er. Und schon gar nicht unter der Flagge des Hauses Atreides. Lässt sich aber verhindern, was Paul sieht? Können die Leben noch gerettet werden, deren Tod er schon vorhergesehen hat? Fest steht, dass seine Zukunft ihn zu den Fremen führt, die an das Leben in der Wüste angepasst sind und deren Augen vom Konsum des Splice durchgehend blau sind.


„DUNE Trailer German Deutsch (2021)“, via KinoCheck (Youtube)

Selbst mir als (bis vor Kurzem) Nicht-Kennerin der Bücher war klar: Dune verfilmt man nicht leichtfertigt. Was bis dahin nur eine Vermutung (geboren aus den Flops der Vergangenheit) war, bestätigte sich beim Lesen. Die Mythologie der Serie ist so ausgefeilt und reich an logischen Zusammenhängen, Begriffen und Motiven, dass es kein Wunder ist, dass das Unterfangen alles in einen Film zu pressen zum Scheitern verurteilt ist. Denis Villeneuves Entscheidung und Bedingung das erste Buch in zwei Filme zu adaptieren statt alles in einen zu quetschen, sorgt für eine atmosphärische Aufbereitung des Stoffs. Der Film nimmt sich so Zeit das Flimmern des Spice im Sand von Arrakis zu zeigen, Pauls Visionen und Vorahnungen Raum zu geben, die unterschiedlichen Häuser zu skizzieren genauso wie das Leben in dieser Galaxie des Jahres Zehntausend-Irgendwas.

Dafür arbeitet Villeneuve wie schon zuvor für Blade Runner 2049 mit dem deutschen Spezialeffektdesigner Gerd Nefzer und Hans Zimmer für den Score zusammen. Und das macht sich bemerkbar. Das CGI des Films ist auf einem Level, auf dem man längst nicht mehr so einfach erkennen kann, was hier aus dem Computer kommt und was nicht. Der Soundtrack von Zimmer arbeitet einzelne Elemente heraus wie die mit einem Dudelsack-beginnende Ankunft des Hauses Atreides auf Arrakis, die optisch und kulturell die an die Hebriden angelehnte Herkunft und Inspiration aufgreift. Aber nie zu sehr unsere Realität beansprucht, sondern einen neuen Sound gestaltet. Und das ist dringend notwendig, um Dune die nötige Atmosphäre zu geben. Viele Chöre gleichen religiösen Gesängen und erzeugen neben der Optik des Films das Gefühl etwas unübertrieben episches zu schauen.

Das erste was ich aber nach dem Kinobesuch im Internet nachgeschlagen habe: von wem stammen das Production Design und die Kostüme? Beides formt die Vision von Arrakis, Atreides, Harkonnen und dem Imperium maßgeblich und macht einen großartigen Job. Szenenbild bzw Production Design geht auf die Kappe von Patrice Vermette. Er hat etwas gemeistert, das im Kino heutzutage schwer zu treffen ist – er hat neue Impulse geliefert. Gibt so beispielsweise dem Haus Atreides ausgedrückt in Wandbilderm, Raumschiffen, Architektur und cross-kulturellen Anleihen (Stierkampf vs Hebriden) ein Profil. Genauso werden aber auch Raumschiffe gestaltet, die sich wie vieles in dem Film nicht vorwerfen lassen müssen, dass man das schon zig Mal gesehen hätte. Die Kostüme von Jacqueline West und Robert Morgan sind von Stillsuit bis Roben der Bene Gesserit fantastisch, dem jeweiligen Personengruppen und Zwecken angemessen und wirken authentisch.


„Dune (2021): The Royal Houses Featurette“, via Secrets of Dune (Youtube)

Bei all dem hält sich Villeneuves Dune stark an seine Vorlage, was meines Erachtens nach nicht mal sein muss. Eine Adaption ist eben genau das, was der Name ausdrückt. Sie kann nie das Original sein, weil es ein anderes Medium ist. Aber dass was Villeneuve hinzugefügt oder weggelassen hat, sind gute Entscheidungen. So ist die Darstellung Vladimir Harkonnens zumindest eines häßlichen Vorurteils beraubt worden und verletzt damit weniger Zuschauer*innen. Auch werden starke Bilder hinzugefügt wie die Dattelpalmen, die soviel Wasser wie 100 Personen benötigen. Etwas das wie Paul und wir als Zuschauende lernen auf Arrakis eigentlich ein Unding ist, denn Wasser ist kostbar. Aber sie gelten als heilig. Später werden wir sie brennen sehen, wenn auf Arrakis in diesem Konflikt um Vormachtstellungen nichts mehr heilig ist. Dune macht in diesen Momenten die Vehemenz und Grausamkeit der menschlichen Gier nach Macht greifbar. Was dem Film besser als das Buch gelingt ist zu zeigen wie sehr sich Paul gegen seinen Prophetenstatus sträubt und damit einen sogar noch sympathischeren, weil widerwilligen und „nahen“ Protagonisten schafft. Was dem Film weniger gut gelingt als das Buch ist zu erklären, warum das Imperium diese Materialschlacht in Kauf nimmt, nur um sich des verhassten, populären Hauses Atreides zu entledigen. Dune atmet alles was die Vorlage erzielen will mit jeder Faser, mit jedem Frame. Vom Abspann, der wirkt wie wenn man mit geschlossenen Augenlidern der Sonne begegnet bis hin zu angemessener Epicness der „kleinen“, wichtigen Momente wie als Paul das erste Mal Fuß auf den Wüstensand von Arrakis setzt. Großartiger Film.

Dune, USA, 2021, Denis Villeneuve, 155 min, (10/10)

Sternchen-10

Übrigens beweist schon der oben verlinkte Trailer, was die Spatzen von den Dächern pfeifen. Dass es insgesamt vier Stunden Filmmaterial allein für den ersten Teil geben soll, der hier auf knapp zweieinhalb Stunden zusammengestellt und -geschnitten wurde. Also den 4h-Dune hätte ich ja lieber als den Snyder-Cut von irgendwas, allerdings hat Denis Villeneuve jüngst angegeben, dass es einen solchen 4-6h-Cut nicht gibt oder geben wird (Quelle Screenrant, 20.08.21). Würdet ihr den schauen? Wie hat euch der Film gefallen? Und im Vergleich zu den Büchern oder zieht ihr den eher ungern?

15 Antworten

  1. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Ich fand den Film auch großartig. Ich hoffe, der wird erfolgreich genug sein, dass wir auch wirklich noch einen zweiten Teil kriegen.

    Was die neuen Impulse angeht, gebe ich dir auch Recht. Die Designs, Sets, Kostüme… alles fernab von den Schauspielern und der Kamera ist einfach nur unglaublich. Da entsteht wirklich eine neue und aufregende Welt.

    Das hätte von mir aus auch 4 Stunden gehen. Stoff genug dafür gibt es ja.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Dass es eventuell keinen zweiten Teil geben könnte … ich weiß nicht. Ich habe dass jetzt mehrfach gelesen, aber irgendwie stellt sich mir die Frage gar nicht. Hältst du es für möglich, dass *kein* zweiter kommt? Ich dachte schon im Vorfeld, dass der zweite sicher sei, wenn alle Fans und Interessierte des Dune-Franchise ins Kino gehen (oder online kaufen) und allein auch durch den Ruf Denis Villeneuves. Aber deswegen ist es ja auch toll über Filme zu reden und sich auseinanderzusetzen statt Filme allein im Kämmerchen zu gucken. Ich denke jetzt zumindest ernsthaft darüber nach wie die Chancen stehen. Aber ich rechne ziemlich fest damit …

      Und ich wünsche mir die Fortsetzung natürlich auch. Die Gefahr, dass es danach nicht weiter geht, halte ich für größer. Und damit bieben dann die weiteren Teile des Franchise wahrscheinlich auf ewig unverfilmt. Natürlich nur bis die Serie dann kommt … ^^“ irgendwann … über die Bene Gesserit wurde meine ich auch tatsächlich schon mal eine angekündigt!?

      1. Avatar von donpozuelo
        donpozuelo

        Ich denke auch, dass der zweite Teil kommen wird. Aber wie gesagt, sicher ist der halt wirklich erst, wenn Dune jetzt gute Zahlen macht. Wäre ja leider auch nicht der erste Film, der gerne mehr hätte sein wollen.

        Aber ja, ich hoffe, es wird alles gut und ja, die Bene Gesserit bekommen eine Serie. The Sisterhood. Haben wohl auch schon mit der Produktion angefangen.

  2. Hmhmhm. Muss ich mir überlegen, ob ich ins Kino gehe. Mach ich normalerweise gar nicht mehr, weil ich ja immer alles im Original sehen möchte. Aber visuell würde sich das wahrscheinlich lohnen. Hab halt leider kein richtig gutes Kino in der Nähe. (Mein Faible für den alten Film hängt eventuell damit zusammen, dass die Musik von meiner damaligen Lieblingsband Toto ist ;-))

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Achso … hm, schwierig. Ich denke schon, dass es sich lohnt. Ich schaue ja via DVD oder im Streaming auch so gut wie immer die Originalversion, aber ich bin jetzt auch nicht gegen Synchro. Hat halt beides seine Vorteile. Da ja jetzt auch immer mal Filme verfrüht z.B. beim großen A zum Streaming gegen Kauf angeboten werden, gibt es die Möglichkeit ja vielleicht auch noch den im Originalton zu schauen?
      Das kommt dann wenigstens dem Film und der möglichen Fortsetzung zugute, aber leider nicht den Kinos, die ja auch um ihr Überleben kämpfen.

      Ansonsten fand ich die Synchro aber schon angenehm. Das ist ja quasi ein Monumentalfilm mit den Totalen über der Wüste, den Sandwürmern, den Raumschiffen … und der Soundtrack! Na, na? Hab ich dir das jetzt schmackhaft gemacht!? 😉

      Den alten schaue ich auch die Tage mal 🙂 Bin schon gespannt auf Kyle Mclachlan und irgendwo springt da Sting rum, soweit ich weiß!?

      1. Ja, Sting und Captain Picard, äh, Patrick Stewart 😉
        Vielleicht nächste Woche, falls er dann noch läuft. Früher liefen solche Filme viele Wochen lang…

  3. Das klingt großartig! Bin nun auch richtig heiß auf den Film. Habe mir nun auch das Buch zugelegt und möchte es im Zuge der Neuverfilmung endlich einmal lesen. Hast mir Lust darauf gemacht… 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ha! Mission accomplished! 🙂 Freut mich. Und was ist zuerst dran!? Film oder Buch!? Oder parallel? Dürfte bei den beiden hier ganz gut gehen. Bei anderen Adaptionen, die sich mehr Freiheiten erlauben, wäre die Gefahr durcheinander zu kommen wohl größer.

  4. Freue mich schon riesig auf den Kinobesuch nächsten Mittwoch 🙂 Danach gebe ich Dir Bescheid, ob ich auch eine 4h-Version schauen würde. Tolle Rezension die noch mehr Lust auf den Film macht, als ich vorher schon hatte 🙂 Liebe Grüße, Sabine

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja prima – da wünsche ich dir viel Spaß! 😀 Das wird auch toll. 🙂
      Und ich bin schon sehr gespannt wie du den findest.
      Liebe Grüße

  5. Ich habe ihn heute gesehen. Als meine Mutter davon erfuhr, kam sie spontan mit. Das Kino war unruhig, aber wegen der Pandemiebedingungen hatte man kaum Zeit, lange vor dem Film anzukommen. Oder sie waren einfach zu faul, rechtzeitig auf Toilette zu gehen.

    Leider fand ich, auch wenn die Romanvorlage echt anspruchsvoll ist, den Film nicht so überzeugend. Zum einen störte mich, dass er ab 12 freigegeben wurde. Ich bin vielleicht von der alten Verfilmung zu stark beeinflusst, aber der Baron ist doch eigentlich kein FSK 12-Material. Da eh mit Stichwaffen und Schilden gekämpft wird, trug das zum relativ harmlosen Look bei.

    Der Schnitt war mir manchmal zu schnell. Wenn ein Kampf oder eine Gefahr zu sehen war, wurde mir manchmal nicht lang genug draufgehalten. Das war schade.

    Die Musik fand ich leider irgendwie nicht passend. Ich hätte gerne etwas ganz anderes gehabt. Sie hat mich aber nicht herausgerissen.

    Leider kenne ich die Romane nicht, aber ich war doch etwas erstaunt, dass der Arzt echtes Chinesisch spricht. Dann erfuhr ich, dass die Bewohner wohl auch echtes Arabisch sprechen. Das finde ich in einem Film, der so weit in der Zukunft spielt, doof.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ach stimmt, das habe ich gar nicht erwähnt, aber bei mir war das Kino leider auch sehr unruhig. Teilweise aus „guten“ Gründen, teilweise aus schlechten. Ein paar Leute haben sich umgesetzt was entgegen der Hygienemaßnahmen des Kinos war und ein Kind hat immer relativ laut das Geschehen auf der Leinwand ausgewertet ^^ das waren die „guten“ Gründe, der Kleine war offenbar schwer begeistert. Irgendwann haben die Eltern dann aber mal daran erinnert, dass man vielleicht flüstern solle …

      Warum findest du, dass der Baron kein FSk12-Material ist!? Zu gruselig? Oder seine Entscheidungen zu menschenverachtend?
      Im Buch ist er tatsächlich kein FSK12-Material. Da bringt die Figur aber noch ganz andere Probleme mit sich, die ich hier besser gelöst finde.

      Das mit dem Arzt und Chinesisch kann ich leider nicht bewerten, weil ich kein Chinesisch spreche. Aber auch im Buch sind viele Begriffe dem Arabischen und ich vermute auch Deutschen entliehen. Das mag Ansichtssache sein, aber ich finde es nicht so abwegig, dass die Sprachen oder einzelne Worte nach weiteren 8.000 Jahren noch existieren. Auch unsere Sprache hat sich aus anderen entwickelt und wir benutzen noch viele Worte, deren Ursprung und eigentlich Bedeutung unglaublich alt ist.
      Für die fiktiven Sprachen wie die der Fremen wurde aber wohl bspw. ein „Sprachendesigner“ eingestellt sagt das Internet. Soll wohl derselbe sein, der auch bei Game of Thrones mitgewirkt hat.

      Schade, dass er dir nicht so gut gefallen hat. Ich hatte da auch subjektiv mehr Glück. Der Score gefällt mir echt gut. Höre den auch gerade auf Spotify und Konsorten immer mal hoch und runter.

  6. […] hatte noch ein paar Tage frei, habe viel gelesen, viele Filme geschaut, viel gebloggt , war zu Dune im Kino und habe meine Todo-Liste leerer geräumt und Geburtstag […]

  7. […] hat eine gewisse Fantasyreihe, deren erster Teil jüngst prominent besetzt verfilmt wurde, mich ein wenig bei der Geschichte beeinflusst. Evtl auch gewisse an Kolibri-angelehnte […]

  8. […] eigenen Lebensrealität wäre. Ein Mitglied meines Buchclubs äußert sich abfällig über den Dune-Film, weil er nicht versteht, warum man „unbedingt“ weiße Buch-Charaktere mit People […]

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