Serien-Besprechung: „Vigil – Tod auf hoher See“ Season 1

Ah wie habe ich mich geärgert, dass ich „Vigil“ verpasst habe, während die Serie auf Arte ausgestrahlt wurde bzw. in der Mediathek verfügbar war. Aber so leistete ich mir die BluRay und habe es nicht bereut. 🙂 Worum geht’s? Um Mord an Bord eines U-Boots. Übrigens: Anlässlich des Pride Monats Juni erscheint die Besprechung hier im Blog außerdem als Teil einer ganzen Reihe von Serien mit queeren Protagonst:innen. Die Besprechung ist spoilerfrei.

Detective Chief Inspector Amy Silva (Suranne Jones) hat in ihrem Job bestimmt schon einiges gesehen. Aber selbst für sie dürfte es eine Überraschung sein als die Royal Navy an die Tür ihres Chefs klopft und die Notwendigkeit einer Ermittlung in einem Todesfall an Bord des U-Boots HMS Vigil meldet. Und das noch mit der Fußnote, dass die Ermittlung auch an Bord geschehen muss. Die Vigil ist ein Atom-U-Boot im Dauereinsatz und wird nicht anlegen. Also muss Amy auf das Boot, was schon alleine den Puls hochtreibt. Dazu kommt die Enge und die ganz eigenen Regeln und Hierarchien des Subkosmos Navy. Als Amy feststellt, dass es sich bei dem Todesfall Craig Burkes (Martin Compston) um einen Mord handelt, tangiert das empfindlich das Miteinander der Crew. Denn das bedeutet offenkundig, dass der oder die Mörder:in noch an Bord sein muss. Und das ist noch längst nicht alles. Die Vigil und ihre Crew wird scheinbar sabotiert.


„Vigil | Trailer – BBC“, via BBC (Youtube)

Währenddessen untersucht an Land ihre Kollegin DS Kirsten Longacre (Rose Leslie) den Fall außerhalb der Vigil, u.a. Burkes Umfeld und ein Aktivisten-Camp, das sich gegen den Trident-Deal zwischen den USA und Schottland bzw. Großbritannien ausspricht. Da Amy an Bord der Vigil auf eine Wand aus Verschwiegenheit und Pflichtbewusstsein läuft, funkt Kirsten ihr nicht selten Informationen, die ihr vorenthalten wurden. Das geht nur über Codewörter, da zig andere Personen die Nachrichten lesen können, die zwischen Vigil und Außenwelt gesendet werden. Nix mit Instant Messaging. Die verschlüsselten Hinweise funktionieren deswegen so gut, weil Amy und Kirsten einst ein Paar waren. Die Zusammenarbeit weckt Erinnerungen an früher, ihr Kennenlernen und gegenseitig Halt geben und warum sie getrennte Wege gingen. Dabei wird ihre gemeinsame Vergangenheit empfindsam aufgearbeitet, aber nimmt nie gegenüber des Kriminalfalls über Hand. Zuschauende müssen für sich selber entscheiden, ob ihnen das zu wenig ist. Generell beweist Vigil damit aber eben auch, dass echte Repräsentation ist, wenn eine Beziehung natürlich in eine Genre-Erzählung verwoben wird.

Unsere Protagonistinnen sind dabei tough im Job und menschlich-verletzlich gleichzeitig, wenn es um ihre Liebe und ihr Leben geht. Die Chemie zwischen Amy und Kirsten ist perfekt und der Kriminalfall an Bord der Vigil zu Wasser wie an Land atemberaubend spannend. Ich saß nicht selten auf der Sofakante und habe gebangt. Zumal das Leben der Protagonist:innen und Crew der Vigil einige Male auf dem Spiel steht und die Serie hervorragende Arbeit geleistet hat, sie uns liebgewinnen und um sie fürchten zu lassen. Nicht zuletzt wegen der Herausforderungen, die sie durchlitten haben. Und das alles in nur sechs Episoden. Auch der Einblick in die Widmung und das enorme Pflichtgefühl der Navy und das Arbeiten und Leben auf einem U-Boot ist faszinierend. Wenn der Captain zu Amy sagt, dass Frieden eine Illusion sei und sie in Wirklichkeit die ganze Zeit im Krieg waren, tangiert das empfindlich unser Sicherheitsgefühl. Vielleicht ist das so. Jetzt gerade. In diesen Zeiten nicht von der Hand zu weisen. (9/10)

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Wenn das alles so toll ist, warum dann keine 10 von 10? Weil ich bis Schluss nicht ganz die Gründe Amys für das Verlassen ihrer Tochter ergründen konnte. Zumindest die unmittelbare Ursache, nicht die Ereignisse die alles ins Rollen brachten, klar. Vielleicht gelingt euch das? Wie hat euch die Serie gefallen? Anfang des Jahres konnte man sie in der Arte Mediathek streamen. Weil ich das verpasst habe, gönnte ich mir die BluRay. Der Vorteil: die herrlichen schottischen Dialekte erleben. 😉 Eine zweite Staffel wurde bereits angekündigt. Ob die dann wieder an Bord der „Vigil“ spielen wird oder wieder Amy und Kirsten zentriert, ist bisher nicht bekannt. Ich würde beides begrüßen. Welche Serien kennt ihr, die queere Hauptfiguren hat, aber trotzdem eine Genreserie ist? Und warum ist das lohnenswert – oder nicht?

10 Antworten

  1. Ich fand die Serie auch gut, auch wenn ich etwas Schwierigkeiten mit der Hauptfigur hatte. Sie war etwas anstrengend fand ich.
    War die Tochter nicht die ihres verstorbenen Freundes? Ich kann mich kaum noch erinnern, aber ich denke, sie sind im Guten auseinander gegangen, hatten sich aber nicht mehr viel zu sagen.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Was ich anstrengend finde, sind die Ermittler-Figuren und ihre Traumata … scheint ein inzwischen fest etabliertes Muster zu sein. Aber in „Vigil“ gab es wohl genug, das mich davon abgelenkt hat. ^^

      Ich habe mir das dann auch so zurecht gelegt, dass sie die Tochter des Freundes sein muss. Ansonsten wäre es sehr schwierig zu erklären gewesen, warum das Sorgerecht so ein Riesenthema ist. Aber ich fand das etwas seltsam gehandhabt und verwirrend.

  2. Eine wirklich tolle Serie!
    Eine andere Krimierie mit queerer Hauptfigur ist ‚The long call‘ mit Ben Aldrige. Vielleicht icht ganz so spannend wie ‚Vigil‘, aber trotzdem sehenswert, wie ich finde.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Oh vielen Dank für den Tipp 🙂 „The Long Call“ kann oder konnte man wohl bei ITV schauen. Nur im deutschen Streaming oder auf Disc habe ich es noch nicht gefunden – oder evtl übersehen!?

      1. Es gibt eine englische DVD (https://amzn.to/3OaicTB), aber ansonsten sieht es bisher in Deutschland leider duster aus. Vielleicht erbarmt sich irgendwann das ZDF oder Arte fürs FreeTV?!

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Danke! Das hoffe ich auch 🙂 ansonsten wirds wohl mal die auch nicht ganz billige DVD.

  3. Ich hab sie auch verpasst. Nur noch die erste Folge erwischt, dann war sie weg. Vielleicht sollte ich mir auch die Blue Ray leisten, bin ganz schön angefixt von der ersten Folge und deinem Artikel 🙂 Liebe Grüße, Sabine

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja irgendwie war auch mein Eindruck, dass die Serie nur kurz in der Mediathek war!? Was habe ich mich geärgert, als sie weg war. Hatte gefühlt erst 3 Tage vorher gelesen, dass sie da ist. (Was jetzt andererseits auch nichts zu bedeuten hat)

      Könnte mir vorstellen, dass die dir gut gefällt. 😀

  4. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Noch nie was von gehört, muss ich gestehen. Klingt aber wirklich sehr spannend.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ist es auch! 🙂

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