Animeserien-Besprechung: „Spriggan“ & „Vampire in the Garden“

„Spriggan“ ist eine Original Net Animation (ONA) des gleichnamigen Mangas von Hiroshi Takashige und Ryōji Minagawa, der ab 1989 erschien und auch gerade im Sammelband sein Deutschland-Release erlebt. Kindern der 90er ist „Spriggan“ aber wahrscheinlich mehr durch die Umsetzung als Animefilm aus dem Jahr 1998 bekannt. Der actionreiche Take auf Mythen und Supersoldaten war damals einer meiner Lieblings-Animefilme. Als dann die Serie aus dem Hause David Production als Netflix Original angekündigt wurde, konnte mein Hype kaum größer sein. Dann wurde der Termin um ein Jahr verschoben. Aus 2021 wurde 2022 und nun war es endlich soweit. Hat sich das Warten gelohnt? Die Trailer sahen jedenfalls großartig aus. Ähnlich verhält es sich mit dem dystopischen Fantasy-Anime „Vampire in the Garden“, der zu einem ähnlichen Zeitpunkt auf Netflix veröffentlicht und zuvor um ein Jahr verschoben wurde.

Spriggan

Eine uralte, hochtechnologisierte und zivilisierte Kultur verschwand fast spurlos vom Planeten Erde. Sie hinterließen der Menschheit eine Warnung. Würden ihre Waffen und Hinterlassenschaften zu Tage gefördert, sollten sie unbedingt versiegelt oder vernichtet, aber auf keinen Fall benutzt werden. Sonst droht den Nachfahren der sichere Untergang, so wie es den Ahnen erging. Yuu Ominae arbeitet als sogenannter Spriggan für die ARCAM Corporation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat solche Relikte zu finden und gemäß der Warnung zu versiegeln oder zu vernichten. Regelmäßig stellen sich ARCAM aber Nationen und Gruppierungen entgegen, die die Artefakte für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollen und oftmals nicht in der Lage sind zu bändigen, was sie entfesseln. Gegenstand des Interesses sind in den nur sechs Episoden beispielsweise verschwindende Inseln, antike Berserker und die Arche Noah.


Spriggan | Offizieller Trailer | Netflix, Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz, Youtube

Spriggan ist wohl dem Keltischen entliehen und bedeutet soviel wie Geist. Tatsächlich haben alle ARCAM-Agenten scheinbar übermenschliche Fähigkeiten. Entweder durch die Ausrüstung und Ausbildung, die sie genossen haben oder durch ihre angeborenen oder erlernten Fähigkeiten. Protagonist ist in allen Episoden der Oberschüler Yuu Ominae, der so oft von ARCAM abbeordert wird, dass er wegen seiner Abwesenheiten droht sitzen zu bleiben. Yuu trägt während seiner Einsätze eine Spezialrüstung aus einem antiken Material und bekommt Unterstützung von anderen ARCAM-Spriggans wie Jean-Jacques Monde. Von dem hätte ich gern mehr gesehen, auch wenn mich eine seiner Spezialfähigkeiten etwas befremdet hat und mehr Fantasy hinzufügt als ich für nötig befunden hätte. Für Comic Relief sorgt außerdem die Grabräuberin, der Yuu einige Male begegnet und die nicht selten die Mission in Gefahr bringt. Ähnlich wie Yuu ist sie selber noch Schülerin. Eins von vielen Details, die man einfach hinnehmen muss.

Nicht nur das jugendliche Alter unserer wehrhaften Protagonist:innen, sondern auch die Musterhaftigkeit der Episoden nimmt man hin, aber nicht ohne auch etwas die Nase zu rümpfen. So sind die Bösewichte recht zuversichtlich den USA oder Russland zuzuordnen oder es handelt sich bei ihnen um, was? Nazis natürlich. Mal abgesehen von den immergleichen Feindbildern, die wenig Grauschattierungen kennen, haben sie meistens auch mindestens einen Supersoldaten auf ihrer Seite, der Yuu und Co. (fast) das Wasser reichen kann. Während die Formelhaftigkeit aufgeschlossenen, modernen Zuschauenden sicherlich aufstößt, ist Spriggan ansonsten schon der rasanter Hingucker, auf den ich gehofft habe. Der Anime macht Gebrauch von verschiedenen Animationsstilen, beispielsweise 3D-Sequenzen, die es dankbarerweise auf Waffen, Transportmittel und andere eher statische und technische Elemente anwendet. Die Animation der Charaktere und Actionsequenzen ist größtenteils sehr hochwertig. Leider merkt man dem Anime an, dass nachgearbeitet werden musste und nicht 100% die durchgängig gleiche Qualität geliefert wird. Insbesondere in den ruhigen Charaktermomenten fällt die Qualität im Charakterdesign ab. Da die Veröffentlichung von April 2021 auf Juni 2022 verschoben wurde, hätte man sicherlich erwarten können, dass wir hier keine Brüche erleben, aber andererseits sehe zumindest ich wenige mit dem bloßen Auge.

Unter dem Strich ist Spriggan v.A. in seinen dynamischen Actionszenen sehr vorn dabei. Lobenswert ist die feine Note von Moral und der mythische Unterbau der Episoden, sowie die abwechslungsreichen Schauplätze aus aller Welt. Trotz der Musterhaftigkeit der Handlung ist Spriggan mit der Mischung aus Indiana-Jones-Feeling, Söldnerdrama, Mythen & Legenden gepaart mit Oberschüler-Sorgen eine supercoole Mischung, die sogar ein Alleinstellungsmerkmal in dieser Kombination findet. Klar sind manche Episoden runder als andere – die Arche Noah als Terraforming-Device ist schon eine geniale Idee. Nochmal besonders hervorzuheben ist auch der energiegeladene Soundtrack von Taisei Iwasaki. Würde Spriggan die genannten Schwächen in einer vielleicht ja kommenden zweiten Staffel überwinden, könnte das verdammt gut werden. (7/10)

Sternchen-7

Vampire in the Garden

In 5 Episoden zeichnet Vampire in the Garden eine Welt, in der Vampire und Menschen im ständigem, gegenseitigen Konflikt stehen. Die junge Momo lebt in einer Stadt, die von Lichtschranken umgeben ist, damit Vampire nicht eindringen können. Ihr Alltag ist der von Menschen, die im Krieg sind. Eigentlich will Momo doch aber nur Frieden. Ein Lied aus einer Spieldose verkündet ein Utopia, in dem Menschen und Vampire friedlich koexistieren können. Als Tochter der Generalin, die die Militäreinsätze gegen die Vampire befehligt, scheint das alles weit weg. Dann begegnet sie Fine, niemand geringerem als der Thronfolgerin der Vampire. Fine ist dieses Leben ebenso leid. Und sie fliehen gemeinsam.


Vampire in the Garden | Official Trailer | Netflix, Netflix, Youtube

Wie würde eine Welt aussehen, in der die Menschheit das Haupt-Nahrungsmittel einer anderen Spezies ist? In der das Machtgefüge mit der Nahrungskette fällt? Gäbe es die friedliche Koexistenz? Wie würde das aussehen? Bevor man nun hier aber mit Szenarien von Blutspende und Wissenschaft ankommt, demoralisiert die harte Realität des Anime. Schließlich beginnt die Serie mit der Räumung des Wohnhauses einer Vampir-Familie und Auslöschung aller durch Menschenhand. Wenn man wegen der kyrillischen Schrift erkennt, dass der Schauplatz ein russischsprachiger bzw. dem verwandter Ort ist, holt einen die Gegenwart dieser Tage ein weiteres Mal ein. Vor Allem in Bezug auf den Wunsch nach friedlicher Koexistenz. Davon mal abgesehen liefert Momos und Fines Reise mehrere Ansätze wie Menschen und Vampire koexistieren können, die alle erschreckender sind als die vorherigen.

Was dem Anime besonders gut gelingt ist eine glaubhafte, konfliktierte Gesellschaft zu beschreiben, aus der es aber eben auch leider keinen Ausweg zu geben scheint. Vampire in the Garden ist ganz offensichtlich nicht gemacht worden, um eine Lösung anzubieten. Sondern die Geschichte derer zu zeigen, die nicht aufhören wollen an das „Paradies“ zu glauben. Die Beziehung Fines und Momos steht dabei also klar im Vordergrund und wird wunderschön erzählt. Wenn man auch über vieles hinwegsehen kann. Manches davon notwendig, manches nicht. Nicht: warum sind alle so vernarrt in die Mission Momo zu finden? Sollen sie sie doch weglaufen lassen. Wen interessiert’s, dass sie die Tochter einer Befehlshaberin ist!? Schon eher notwendig sind die gefühlvoll erzählten Etappen der Geschichte Momo und Fines. Beginnend bei Feindschaft bis hin zu platonischer Liebe, die keine Schubladen braucht. Natürlich ist nicht alles davon überraschend. Natürlich entdeckt Fine ihre Veranlagung und ihren Durst, obwohl sie sich normalerweise weigert Menschenblut zu trinken. Aber wären wir nicht eher verwundert, wenn das fehlen würde?

Studio Wit hat das optisch ausgezeichnet und durchgängig hochwertig umgesetzt, von den zarten Momenten bis zu den actionreichen Kämpfen zwischen Mensch und Vampir. Für viele Zuschauende wird es ein enttäuschendes Erlebnis sein, dass der Anime nicht die Lösung aufzeigt, die doch alle so verzweifelt suchen. Aber es ist auch wichtig aufzuzeigen, was entsteht, wenn wir einfach Gewalt hinnehmen. (7/10)

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Jetzt erklärt sich vielleicht auch, warum ich die beiden Anime in einem Beitrag besprochen habe. Obwohl beide im Trailer optisch und actiongeladen dicht gepackt daherkommen, ist noch etwas Luft nach oben. Nichtsdestotrotz habe ich beide gern geschaut und würde sie in jedem Fall weiterempfehlen. Stand heute können beide auf Netflix geschaut werden, sind gar Netflix-Produktionen bzw. Exklusiv-Einkäufe. Obwohl bei „Spriggan“ eine zweite Staffel angedeutet wird, gab es bis jetzt noch keine offizielle Ankündigung. Ich hoffe, dass sie kommt! Ich hatte meinen Spaß mit der Serie. „Vampire in the Garden“ erscheint mir abgeschlossen. Bei beiden Serien gilt: bis nach dem Abspann der letzten Episode sitzen bleiben!

3 Antworten

  1. Vampire in the Garden hab ich noch auf der Watchlist

  2. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Auf diese Spriggan Netflix Serie bin ich auch gespannt. Würde gerne mal aber noch die Original Serie sehen…

  3. […] Außerdem gesehen habe ich endlich The Handmaid’s Tale Season 4, Stranger Things Season 4, Spriggan, The Expanse Season 6 … ja, ich habe Dinge aufgeholt. Auch Supernatural Season 10 habe ich […]

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