Der (un)mögliche Dezember
Eigentlich fing der Dezember sehr ruhig an. Langsam legten sich die Schwangerschaftstodos, die wichtigsten Dinge sind angeschafft, in der Klinik bin ich vorstellig geworden. Ich redete meinem Bäuchlein gut zu, bis einschließlich Weihnachten und Silvester noch auszuhalten, wenn es geht. Tatsächlich war ich nicht so wahnsinnig scharf darauf die Feiertage im Krankenhaus zu verbringen. Sich mit Themen wie Elterngeld, Elternzeit und Unterlagen zu beschäftigen, hatte etwas ernüchterndes und doch irgendwie Sicherheit spendendes – immerhin gibt es das alles in Deutschland. Obwohl ich inzwischen alles andere als mobil bin und mir jeden Tag was anderes weh tut (ich weiß jetzt wo im Körper das Kreuzbein ist …), gingen wir zu einem Weihnachtsmarkt. Dubai-Kaiserschmarrn für knapp über 15€, hmmm, „interessant“. Kotlin lernen schreitet voran, ich nahm am Advent of Code teil – das erste Mal! Und an unserem Buchclub, bei dem gegen Weihnachten die vollen Terminkalender häufig die Runde etwas einschrumpfen lässt. Dann kam eines Abends die Frage mit Link zu einem Nachrichtenportal: „Ihr seid sicher, oder?“
Magdeburg mag eine Landeshauptstadt sein, aber doch habe ich die Stadt nie als eine Metropole innerhalb Deutschlands erlebt, die attraktiv als „Ziel“ sein könnte. Als Ausflugsziel. Ja. Zum Leben, ja. Und so dachte ich nie, dass so etwas jemals hier passieren würde wie es am 20.12.24 passierte. Ich verstehe nicht, was der Täter sich dabei dachte. Ich finde es nur unglaublich tragisch, traurig und es macht mich wütend, dass Menschen sterben mussten, Angehörige leiden, so viele traumatisiert sind (sicherlich auch Helfer:innen und Rettungskräfte!), dass bestimmte Parteien das für ihre Agenda nutzen und dabei sogar noch versuchen unter den Tisch zu kehren, dass er ein Fan von ihnen war. Dass alles was man über seine Motivation weiß, verdreht wird und am Ende migrierte Personen oder solche, die als welche angenommen werden, angefeindet und angegriffen werden. Magdeburg ist verwundet. Und mit jedem Böller der gerade hochgeht (am helllichten Tag und seit gestern und vorgestern und das wider des Aufrufs der Oberbürgermeisterin es dieses Jahr zu lassen), frage ich mich, ob Magdeburg das vielleicht selber noch nicht verstanden hat?
Aber es gibt auch eine Welle des Mitgefühls. Ich selber und die mir nahestehenden Personen waren nicht da – ein Glück. Aber für manche war es ein Fall von „um Haaresbreite“. Ich kenne Menschen, die waren 100m entfernt, gerade auf dem Weg zum Weihnachtsmarkt oder kamen gerade von dort, sahen noch die Einsatzwagen. Es ist furchtbar und ich weiß nicht wie ich die Mischung aus Gefühlen nennen soll, die ich über all das empfinde. Sehr wohl aber setzte ein wenig Selbstschutz ein. Ich wusste, dass ich mich nicht aufregen darf (weniger um meiner selbst willen) und habe mir Regeln gesetzt, wann und welche Bilder und Nachrichten ich konsumiere. Der Rest dieses verwundeten Dezembers war auf eine unwirkliche Weise ruhig.
Weltgeschehen
Nachdem ich nun schon dem Weltgeschehen voraus gegriffen habe, ist es immer noch unwirklich, dass der Ort an dem ich lebe auf diese Weise ein Teil davon werden musste. Aber hey … der Dezember lässt sich auch so nicht lumpen. Was mich wütend macht: immer mehr Manga werden in US-Schulen verboten, was mich glücklich macht: Notre Dame ist jetzt auch offiziell wiedereröffnet. Assad wurde gestürzt, jetzt ist er derjenige, der flüchten muss und na klar, sucht Asyl bei den Bros in Moskau. Alle Welt schaut darauf wie es jetzt für Syrien weitergeht. Die Kriecherei vor Donald Trump ist kaum auszuhalten. Ich stimme zu – für mich ist eine andere Person des Jahres und hätte auf das Times-Cover gedruckt werden müssen:
Im Vergewaltigungsprozess in Avignon wurden die (bekannten) Täter und ihr Ex-Mann verurteilt. „Scham muss die Seite wechseln“ und Gisèle Pelicot gehen um die Welt! FIFA verkündet die Austragungsorte künftiger WMs und die 2034 findet in Saudi-Arabien statt und ohne eine wirkliche Wahl – sollte das nicht inzwischen vorgeschrieben sein? Pfff, was ein Witz! VW einigt sich – erstmal keine Werksschließungen! Olaf Scholz stellt die Vertrauensfrage und die Wahlen am 23. Februar sind nun amtlich. Die großen Parteien schließen ein Fairness Abkommen für die bevorstehende Wahl, BSW und AfD machen (natürlich) nicht mit. Habe auch nichts anderes erwartet. Das Deutschlandticket wird zwar teurer, aber wird es weiter geben. 👏
Filme, Bücher, Serien, IT und alles andere was Spaß macht
Vielleicht die einfachen Sachen vorweg. Ja, ich spiele immer noch The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom. Auch ansonsten war Eskapismus im Dezember Trumpf. Trumpf, weil erarbeitet (weil viele wichtige Dinge erledigt) und dann notwendig (weil s.o.)
Dieses Mal war der Eskapismus gleich verteilt. Und nicht nur zum eskapieren. Tag für Tag durch meine Schwangerschaft kann ich als Buch für die „anderen Umstände“ sehr empfehlen. Four Thousand Weeks ist ein guter Take auf den Produktivitäts- und Zeitmanagements-Wahn. Nur habe ich jetzt auch nicht so viel Neues gelernt. Es ist eben ein Mindset-Buch, das aber sicherlich hilft die Perspektive mal wieder in realistische Bahnen zu rücken. Das achte Leben (für Brilka) war die Empfehlung eines guten Freundes und dementsprechend konnten wir viel darüber reden, was auch nötig war. Tolles Buch. Danach brauchte ich etwas leichteres und meine Wahl fiel auf Jane Austens Verstand und Gefühl. Es ist das letzte Buch meiner 24 für 2024 Liste und ich werde es mit in das nächste Jahr nehmen. Um Weihnachten rum habe ich Dickens Eine Weihnachtsgeschichte gelesen, in einer tollen illustrieren Ausgabe. Ich mag Lisa Aisatos Bücher sehr! Ansonsten habe ich noch ein paar Manga gelesen.
Serien betreffend war The Rig Season 1 größte Pleite. Keine zehn Pferde kriegen mich dazu die zweite Staffel zu schauen. Ansonsten hat mir eigentlich alles gefallen: Der Pass Staffel 1, Single Bells, Spy x Family habe ich nachgeholt, etc. Unter den Filmen waren natürlich einige Weihnachtsfilme, wobei ich gerade die Actionfilme eher enttäuschend fand. Namentlich Red One und Carry-On. Ersterer macht wenigstens noch etwas Spaß, letzterer ist einfach absoluter Quark, der sich mühselig von einem Plot Device zum nächsten hangelt. Lasst uns lieber positive Worte für anderes finden. Die Weihnachts-RomCom Hot Frosty war absolut schräg, aber immerhin witzig und warmherzig. Holdovers war so schön, dass es gleich Fantastischer Film wurde. Ich habe einige Klassiker nachgeholt wie Flucht in Ketten mit Sidney Poitier (großartig!), The Umbrellas of Cherbourg kann man vielleicht noch in der Arte Mediathek sehen und Soylent Green kenne ich nun endlich auch.
Und sonst so?
Ich hatte ja nicht den Anspruch es schaffen zu müssen, aber am Ende hat es doch geklappt den Booleantskalender, d.h. einen Beitrag pro Tag in der Vorweihnachtszeit, zu schreiben. Und das hat großen Spaß gemacht. Fairerweise waren auch einige Beiträge fertig oder fast fertig. Ich glaube aber auch ansonsten hätte ich es gar nicht gemacht. 😅 Gegen Ende des Jahres genieße ich außerdem das Schnitzen der Filmliste für den Japanuary, die Rückblicke anderer zu lesen und meine eigenen zu schreiben. Spannend, was so alles in einem Jahr los war, was man gesehen und gelesen hat. Dementsprechend wisst ihr, was ihr in der nahen Zukunft hier zu lesen bekommt … .
Was für ein Dezember! Und nun stehen wir an der Pforte zu einem neuen Jahr. Lasst uns nicht vergessen, dass das alle Chancen hat großartig zu werden. Rutscht gut rein! 🍀
Schreibe einen Kommentar