Während die Superheldenverfilmungen um die Avengers leider derzeit immer vorhersehbarer werden und die Storylines von ein- und demselben Reißbrett zu kommen scheinen, machen die ’neuen‘ X-Men vieles richtig. Sowohl First Class / Erste Entscheidung, als auch Days of Future Past / Zukunft ist Vergangenheit waren Filme mit Überraschungsmomenten und v.A. viel Charakterentwicklung. Regiesseur Bryan Singer ist ein alter Bekannter des X-Men-Filmfranchise. Er hat sowohl die ‚alten‘ Filme X-Men und X-Men 2 als Regiesseur begleitet, genauso wie X-Men: Zukunft ist Vergangenheit und nimmt sich einer großen Storyline der X-Men-Comics an. Der Figur Apocalypse. Review ist spoilerfrei.
Mutanten sind die Kinder des Atoms. Ihre speziellen Fähigkeiten wurden angeblich hervorgerufen durch Umwelteinflüsse – das Atomzeitalter lässt grüßen. Zumindest war das noch die gängige Annahme, als sich ein gewisser Charles Xavier (James McAvoy) und Erik Lehnsherr (Michael Fassbender) das erste Mal trafen und folgenschwere Entscheidungen fällten, bevor sie zu Professor X und Magneto wurden. Viele Jahre später lebt Erik zurückgezogenen in Polen mit seiner Familie und Professor X hat seine Schule für ‚begabte‘ Jugendliche gegründet. In Ägypten erwacht aber ein Mutant aus einem langen Koma, der schon zur Zeit der Pharaonen dank seiner Fähigkeiten wie ein Gott verehrt wurde: Apocalypse (Oscar Isaac). Und der sieht auf die neue Weltordnung mit Verachtung und will sie dem Erdboden gleichmachen. Er bedroht die gesamte Menschheit und seinen immensen Fähigkeiten können sich nur Mutanten stellen. Allen voran Professor X und einige seiner Schüler wie die telekinetisch begabte Jean Grey (Sophie Turner); Scott Summers (Tye Sheridan), der seine Fähigkeiten eben erst entdeckt hat und auch alte Bekannte wie Mystique (Jennifer Lawrence), die zu einer symbolträchtigen Heldenfigur der Mutanten geworden ist (gegen ihren Willen). Doch auch Apocalypse hat mächtige Verbündete, die ‚vier Reiter der Apocalypse‘. Unter ihnen Erik Lehnsherr, der wieder einmal Charles im Kampf gegenübersteht.
X-Men: Apocalypse ist der letzte Teil der geplanten neuen X-Men-Filmtrilogie, welche die Vorgeschichte von Prof. X, Magneto und Xaviers Schule für begabte Jugendliche erzählen soll. Das gelingt auch. Zu Beginn des Films nennen sich die Mutanten noch nicht X-Men und ans Kämpfen ist nicht zu denken. Aber die Emanzipation ist da, nur stellenweise mit Vorsicht zu genießen. Seit in Zukunft ist Vergangenheit öffentlich bekannt wurde, dass es Mutanten gibt, trauen sich viele ihre Fähigkeiten anzuerkennen. Sie wissen nun, dass sie nicht alleine sind. Aber vor der Öffentlichkeit einsetzen? Das ist noch mal eine andere Nummer. Um Apocalypse entgegen zu treten, müssen sie plötzlich ein bisschen erwachsener werden und beweisen zu was sie in der Lage sind. X-Men sein. Das wäre dann wahrscheinlich auch das Ende der Vorgeschichte der X-Men. Dabei hält der Film sich aber die Möglichkeit offen, um das Franchise noch ein weiteres Mal auszuschlachten. Nicht nur wegen der Post-Credits-Szene, sondern auch weil Figuren wie Jean Grey, Scott Summers und Storm schon ziemlich gründlich eingeführt werden. Das klingt irgendwie nach mehr. Lassen wir uns überraschen … .
Und dieses erwachsen werden ist es, was X-Men: Apocalypse zu einer der besseren Comicverfilmungen macht. Das große Plus der X-Men war schon immer, dass sie einen wunden Punkt im Zuschauer treffen. Denn jeder kennt das Gefühl anders zu sein. Jeder weiß wie es sich anfühlt ausgegrenzt zu werden. Hebt man dieses Motiv noch eine Ebene höher, dann kann man die X-Men als eine Metapher auf Rassenhass oder andere Formen der Diskriminierung sehen. Ein großes und bitteres Motiv. Die Charaktere, ihre unterschiedlichen Mentalitäten und Hintergründe sind auch hier wieder Trumpf und wie in den anderen ’neuen‘ X-Men-Filmen besonders stark ausgebaut. Storm wird beispielsweise als Diebin dargestellt, die für ihre kleinen Raubzüge auf ägyptischen Basaren ihre Fähigkeiten einsetzt und Mystique als großes Vorbild sieht. Da steckt viel Geschichte. Oder man nehme alleine Erik alias Magneto. Die sich wiederholende Tragödie seines Lebens wird von Michael Fassbender so greifbar gespielt, dass man es verdammt gut versteht, warum er zur Seite der Bösen gezogen wird. Immer und immer wieder. Die moralischen Dilemmata sind perfekt konstruiert und abseits von Schwarz-Denken.
Allerdings kränkelt der Film ähnlich wie andere Comicverfilmungen bei den Punkten Kontinuität und Logik und bleibt damit eine eben nur fast perfekte Comicverfilmung. Plötzliche Kostümwechsel, Explosionen aus dem Nirgendwo und Szenen in denen Apocalypses Kräfte eigentlich den Plan zunichte machen müssten, aber es irgendwie doch nicht tun. Hat Quicksilver (Evan Peters) seine Musik eigentlich auf vielfache Geschwindigkeit beschleunigt oder wie hört er die sonst während er gerade läuft? Ich glaube nicht, dass ein Walkman das hinbekommt. Jaja, ich weiß. Meckern auf hohem Niveau. Man will ja noch Spaß haben und nicht nur über solch Zeug nachdenken. Und unter der Prämisse ist Bryan Singers neuster Streich ein wirklich guter Film. Und ein noch besserer, weil Quicksilver wieder seine musikalisch unterlegte Slow-Motion-Szene bekommt. 🙂 Ein bisschen episch.
X-Men: Apocalypse, USA, 2016, Bryan Singer, 144 min, (8/10)
Habt ihr den Film schon gesehen und wie hat er euch gefallen? Wie gefallen euch generell die neuen X-Men-Filme und denkt ihr, dass wir weitere X-Men-Filme mit der Besetzung zu erwarten haben? Oder ist jetzt erstmal Wolverine wieder dran? Inklusive anderer Mutanten-Solo-Abenteuer wie Gambit? Darüber hört man ja immer mal wieder Gerüchte. Oder habt ihr langsam genug von den Mutanten? Falls nicht … habt ihr einen Lieblingscharakter oder eine Lieblingsfähigkeit?
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