Serienlandschaft: Kurz-Kritiken – „Sense8“ Season 1 & „Into the Badlands“ Season 2

Frühjahrsputz war gestern. Zum Jahresende versuche ich noch ein bisschen aufzuräumen und haue einige Serien-Reviews draus, die ich zwar schon lange geschrieben habe, aber scheinbar brannte es mir nicht so unter den Nägeln diese auch in die Welt zu schicken. Heute gibt es daher zwei lange ruhende Reviews zu zwei Serienstaffeln aus den Genres Science-Fiction und Fantasy. Und nach so einigen Monaten Abstand kann ich meine Besprechung immer noch vertreten, weiß aber tatsächlich inzwischen, warum ich sie nicht gepostet habe … aber dazu später mehr. Reviews sind spoilerfrei für die Staffel, die ich bespreche. Nicht spoilerfrei für vorangegangene Staffeln.

‚Sense8‘ Season 1

Es sind acht Menschen, die in einer Vision dem tragischen Tod einer Frau bewohnen. Es bleibt aber nicht dabei: Sie beginnen sich gegenseitig zu sehen. Das tuen sie anfangs als Zufall, Halluzination und Streich ihres Unterbewusstseins ab bis sie miteinander sprechen und v.a. dann reinpoppen, wenn sie sich in einer ähnlichen Lage befinden, an Scheidewegen ihres Lebens oder wenn die Emotionen hochkochen. Zu den acht gehören der Berliner Kleinganove Wolfgang (Max Riemelt), die Trans-Frau Nomi (Jamie Clayton), die Inderin Kala (Tena Desae), die Geschäftsfrau Sun (Bae Doona), die DJane Riley (Tuppence Middleton), der Polizist Will (Brian J. Smith), der afrikanische Filmfan Capheus (Aml Ameen) und der Schauspieler Lito (Miguel Ángel Silvestre). Sie alle befinden sich in ihren ganz eigenen Krisen und bekommen unerwarteten Rückhalt bei den anderen „Senseights“, also den Menschen, die mit anderen eine kognitive Verbindung eingehen können. Ihre Fähigkeiten helfen den anderen nicht selten aus der Patsche. Beispielsweise Suns Martial-Arts Fähigkeiten oder Nomis Hackerkenntnisse. Doch bevor sie alle überhaupt vollends begreifen, was für Möglichkeiten sie haben, ist eine skrupellose Organisationen ihnen schon auf den Fersen, um ihre Fähigkeiten für ihre Zwecke zu nutzen.

„SENSE8 Season 1 TRAILER | The Wachowskis‘ NETFLIX Series HD“, via Series Trailer MP (Youtube)

Sense8 alterniert immer zwischen konventionell und mutig. Ein Beispiel? Die Handlung rund um die fiesen Wissenschaftler: konventionell. Die Charaktere und ihre Verbindung zueinander: mutig. Und vielleicht das größte Plus der Serie. Sie alle haben unterschiedlichste Religionen, ethnische Hintergründe oder sexuelle Orientierung. Die Serie traut sich das ultimative Band zwischen den Menschen zu knüpfen und jeden jederzeit an die Stelle der anderen zu stellen und zu erkennen: deine Trauer ist genauso schwer wie meine, deine Lage ist meiner ähnlich ich verstehe: das habe ich auch schon durchgemacht. Bestes Beispiel dafür ist wie Nomi den homosexuellen Lito versucht zu einem Coming-out zu bewegen. Durch hunderte Meilen und viele viele Eigenschaften getrennt, aber im Herzen bewegt uns dasselbe. Eine großartige Botschaft. Und das treibt die Serie gerne auf die Spitze und feiert es mit einer (kognitiven) Massen-Sex-Szene und Flashbacks zu Geburten en masse. Dann stößt die Serie einem aber wieder mit gar nicht mutigen, überstrapazierten Mustern von Fernsehserien vor den Kopf. Beispielsweise die Naivität der Charaktere, die die Erscheinung der anderen Senseights anfangs mitunter überhaupt nicht hinterfragen. Oder warum man soviele Nationalitäten und unterschiedliche Schauplätze abbildet, sie aber nicht in der Landessprache reden lässt, sondern durchweg Englisch. Und um authentisch zu sein, natürlich mit einem fiesen, stereotyp klingenden Dialekt. Muss das sein? Nein. V.A. unter der Flagge der Authentizität nicht. Eine Serie mit einem spannenden Konzept, die aber leider nicht ganz in die Vollen geht.

(8/10)

Sternchen-8

‚Into the Badlands‘ Season 2

Into the Badlands erzählt eine Version der Zukunft, in der sich die Menschen vom technischen Fortschritt losgesagt haben und wieder in ein feudales System zurückgefallen sind. Die Gebiete sind unter sogenannten Barons/Barone aufgeteilt. Clipper sind deren Privatarmee und vertreten ihre Interessen. In der ersten Staffel hat der Genre- und Stilmix sowie der Look überzeugt, die Mischung war etwas frisches, anderes. Da traf New Orleans French-Quarter-Look auf asiatische Kampfkunst und wirklich gute Martial Arts Einlagen. Einen gewissen trashigen Beigeschmack kann man der Serie nicht abstreiten, aber ihre guten Aspekte wurden in der zweiten Staffel nur ins Positive ausgebaut. Nachdem Sunny (Daniel Wu), Clipper des ehemaligen Barons Quinn (Marton Csokas), von seiner Familie getrennt wurde, findet er sich in den titelgebenden Badlands wieder, die man immerhin endlich mal kennenlernt. Zusammen mit dem vorlauten Bajie (Nick Frost) versucht er zurück zu seiner Familie zu kommen. Währenddessen versucht MK (Aramis Knight) im selbst ausgewählten Exil seine Kräfte zu kontrollieren und die Barons führen ihren persönlichen Privatkrieg weiter. Hier offenbart sich ein großes Plus und großes Minus der zweiten Staffel. Erstens: der Zuschauer bekommt auch noch andere Facetten der Welt zu sehen. Die Badlands, die Kloster, die verwahrlosten Reste der Welt die mal gewesen ist und das feudale Schön einer gemachten, neuen Welt. Die vielfältigeren Kulissen machen Spaß, die Handlung etwas weniger. Totgeglaubte kommen wieder, die Meinungen werden gewechselt wie die Unterwäsche und so mancher Konflikt wird quälend in die Länge gezogen. Beispielsweise MK und das Rätselraten um seine Fähigkeiten oder auch der multiple Wahnsinn um mehrere Ehefrauen im Untergrund. Schade, macht aber trotzdem noch Spaß, auch wenn die Vorhersehbarkeit eine Eigenschaft ist, die in der dritten Staffel dringend weg muss.

(8/10)

Sternchen-8

„INTO THE BADLANDS Season 2 Official Trailer (HD) AMC Martial Arts TV Show“, via JoBlo TV Show Trailers (Youtube)

Ja so ein Rückblick ist manchmal gar nicht schlecht, um später nochmal zu reflektieren, was man da gesehen hat. Was mich an ‚Sense8‘ störte ist, dass es was die Charaktere betrifft so fortschrittlich ist und die LGBT-Community kompromisslos und geradlinig einbindet, aber eine Handlung wie vom Serien-Schneidbrett bietet, die gar nicht fortschrittlich ist, sondern Massenware. Dabei will ich ‚Sense8‘ gut finden. Bei ‚Into the Badlands‘ ist es ähnlich. Ich fand es grandios mehr von der Welt zu sehen, in der die Dystopie spielt, aber der Zirkus um die Charaktere und das Hin und Her wecken Erinnerungen an Telenovelas. Dabei wollte ich die Serie noch viel besser finden als „8/10“. Seufz. So ist das manchmal. Bei welchen Serien ging es euch zuletzt so?

Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).

3 Antworten

  1. Ich mag beide Serien recht gerne, allerdings muss ich zugeben dass du recht hast. Vor allem der Umstand mit den jeweiligen Landessprachen ist mir vorher noch nie aufgefallen… Schade eigentlich. Ich denke einfach, dass es vlt. schwierig geworden wäre dafür Schauspieler zu akquirieren.

    Um ehrlich zu sein geht es mir fast mit allen mainstream Netflix-Serien so. Stranger Things, Jessica Jones, Mindhunters, selbst Black Mirror. Mir wird alles irgendwann zu langweilig, eintönig und ich breche ab und fange nie wieder an. Weil ich sie alle nicht vermisse… und mich zwingen eine komplette Staffel anzuschauen nur damit es besser wird? Neeeee, dafür ist mir meine Lebenszeit zu schade.

  2. […] verloren geht. Auch da gibt es allerdings schwarze Schafe – zum Beispiel Sense8, das mit derart schlecht gefakten Englischen Akzenten daherkommt, um seine international angelegte […]

  3. […] Ideen auf die Mattscheibe birngen. Dabei spreche ich nicht nur von Matrix, sondern auch von Sense8. Von Cloud Atlas. Sie treten außerdem ohne sich beirren oder den Mund verbieten zu lassen in die […]

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