So kann’s gehen – seit der Crunchyroll-Zeitenwende habe ich deutlich mehr Lust dort zu streamen. Als eines der Ergebnisse schaue ich nun tatsächlich mehr Anime verglichen zu den Vorjahren. Neulich war darunter einer, der mir besonders gefallen hat. „Golden Kamuy“ basiert auf einem Manga, der schon über zwanzig Bände zählt und ist damit nicht gerade „brandneu“. D.h. ich bin „late for the party“. Und oh, was habe ich verpasst! Es verspricht Schatzsuche, Comic Relief, Abenteuer, Krieg und einen Einblick in das Leben der Ureinwohner im Norden Japans, den Ainu. Die Besprechung ist spoilerfrei.
Nach dem Ende des Russisch-Japanischen Krieges versucht der Soldat Saichi Sugimoto das Versprechen an seinen Kameraden einzuhalten und für dessen Witwe zu sorgen. Wo aber soll das Geld herkommen? Er versucht es in Hokkaidō mit dem Goldschürfen, was nur mäßig erfolgreich ist. Da erzählt ihm ein anderer Mittelloser im Suff von einem legendären Goldschatz, der einst den Ainu gestohlen wurde. Der Dieb hat ihn versteckt, das Geheimnis aber im Gefängnis mit anderen geteilt. Genauer hat er die Karte zum Versteck auf die Körper anderer Insassen tätowiert und ihnen ein Stück vom Schatz gegen ihre Unterstützung beim Ausbruch versprochen. Leider wollen aber alle alles und beginnen die anderen Tätowierten zu jagen um die Karte zusammenzufügen. Klingt nach einer tollen Lagerfeuer-Geschichte, denkt Sugimoto. Dann aber bemerkt der Alte, dass er Sugimoto zuviel erzählt hat und versucht ihn umzubringen. Muss also was dran sein!? Sugimoto beschließt den Schatz zu suchen oder viel mehr die „Träger“ der Karte. Doch sein akutes Problem ist v.A. das Überleben in der Wildnis Hokkaidōs im Winter. Vor einem offenbar zu früh aus dem Winterschlaf aufgewachten Bären rettet ihn ein Ainu-Mädchen namens Asirpa, deren Fähigkeiten bei der Suche nützlich sein könnten und die als Ainu ein gewisses Interesseam Schatz ihrer Ahnen hat. Sugimoto und Asirpa sind vom Schicksal zu Verbündeten gemacht und durchaus sehr fähig – v.A. sind sie aber auch nicht alleine hinter dem Schatz her.
„Golden Kamuy (Anime-Trailer)“, via KAZÉ Deutschland (Youtube)
Wer Golden Kamuy schauen möchte, sollte einen starken Magen haben und muss leider die Darstellung von Tiertod und Jagdszenen abkönnen (Triggerwarnung, auch für den Rest dieser Review). Denn Asirpa weist Sugimoto von der ersten Folge an in das Überleben in der Wildnis ein. Da werden Bären ausgetrickst um tödlichen Attacken zu entgehen; Füchse, Hasen und Eichhörnchen in Fallen gelockt und hinterher zubereitet und verspeist. Nahrung und Überleben gehen hier Hand in Hand und werden im Detail auf die Mattscheibe gebracht. Wer das aber abkann, wird dazu mit zahlreichen Einblicken in die Bräuche und den Glauben der Ainu belohnt. Daher leitet sich auch der Titel der Serie ab. Ein Kamuy ist nach Ainu-Glauben ein gottgleiches Wesen, oftmals eine Art Tiergott. Die können aber auch dämonische Züge annehmen, sofern sie beginnen sich von Menschen zu ernähren (Wen Kamuy). Nicht ganz unähnlich dem japanischen Wort kamui – Gott. Asirpa ist eigentlich noch im Teenageralter, aber tough und sehr bewandert in der Jagd. Wenn es sein muss auch auf Menschen, die ihr Böses wollen. Sugimoto ist nicht weniger zäh. Er hat aus dem Russisch-Japanischen Krieg nicht nur eine stattliche Anzahl an Narben davon getragen, sondern auch den Beinamen „Der unsterbliche Sugimoto“.
Neben den Einblicken in die Bräuche der Ainu und das Leben der Soldaten nach dem Ende des Krieges voller Sinnsuche, Verarbeitung und Traumabewältigung, sind die Episoden aber auch an sich sehr abwechslungsreich. Sie bekommen es mit Söldnern und ganzen Gruppierungen korrupter Elemente zutun, die ebenfalls an die Tattoos ranwollen. Sogar Serienmörder, Möchtegern-Wahrsager und Jäger auf der Suche nach ausgestorbenen Tieren kreuzen ihren Weg. Der „Ausbrecherkönig“ wird einer ihrer Weggefährten und sorgt für jede Menge Comic Relief. Wobei da auch schon Asirpa und Sugimoto reichleich in Vorleistung gehen, alleine durch die einen oder anderen, kleinen kulturellen Unterschiede und Missverständnisse. 🙂 Sagen wir mal Asirpa hat ein gestörtes Verhältnis zu Miso. Hokkaidō nach dem Ende des Russisch-Japanischen-Krieges ist ein hartes Pflaster, in dem viele versuchen ihre Schäfchen ins trockene zu bringen. Und das auch schon mal auf Kosten anderer. So braucht es neben all den Glücksrittern und Söldnern auch diesen Comic Relief. Das Gesamtpaket aus Wildnis, Abenteuer, Schatzsuche, Götterglaube und Gefängnismär ist aber schon eine einzigartige Mischung, die ich in der Form noch nirgends erlebt habe.
Dazu gesellt sich ein durchgängig ansprechender Animationsstil, dessen rasante Wildtierszenen oftmals durch 3D-Animation unterstützt werden. Okay, gegen Ende der ersten Staffel gibt es einige etwas billige Frames und Standbilder, das ist aber die Ausnahme. Die Charakterzeichnung ist großartig und es gelingt allen Akteuren Alleinstellungsmerkmale mit auf den Weg zu geben – sowohl optisch wie auch erzählerisch und was ihre individuellen Ziele betrifft. Hier sind die Bösen noch angsteinflößend und fast alle Charaktere vielschichtig. Die Rechercheleistung rund um den Krieg, die Ainu und den Zeitgeist an sich, wirkt enorm. Für vieles, was ich nachschlug, fand ich Belege – sogar für den Charakter des Sugimoto selber! Das einzige, was ich an Golden Kamuy kritisieren kann oder will oder muss ist, dass sich einige Wendungen einen Tick zu früh absehen lassen. Generell ist der Anime aber schnell erzählt, spannend und macht schlauer. So mag ich das! Während der Manga kürzlich in 29 Bänden abgeschlossen wurde, läuft der Anime gerade mit bis dato 3 Staffeln. Eine vierte soll es noch geben. Golden Kamuy erscheint hier bei KAZÉ Deutschland (synchronisiert) und im Stream auf Crunchyroll in der Originalfassung mit deutschen oder englischen Untertiteln. Ein Live-Action-Film ist in Planung. (Quelle: ANN) (9/10)
„Golden Kamuy – Ending Theme – Hibana“, via Crunchyroll Dubs (Youtube)
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Wie entscheide ich eigentlich, ob ich den Manga lese oder den Anime schaue? Puh, da spielt vieles rein. In dem Fall hat (wie so oft) eine kurze Webrecherche gezeigt, dass der etwas grob wirkende Stil des Manga vielleicht nichts für mich ist und so fiel die Wahl auf den Anime. Mich interessiert wie ihr das für euch ausmacht, ob es Manga oder Anime wird? Kennt ihr „Golden Kamuy“? Als Manga oder als Anime? Und wie gefällt euch die Reihe?
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