Neulich im Kino … Filmbesprechung zu „Don’t Worry Darling“

Eigentlich fand ich den Trailer ganz spannend. Und das war’s. Achso, und ja: Florence Pugh und Olivia Wilde sind außerdem Argumente! Spätestens im Kinosaal sollte ich dann merken, dass ein beträchtlicher Teil des Publikums einen anderen, ganz bestimmten Grund fand, um den Film zu besuchen: Harry Styles. Harry Styles Fangirls umzingelten uns. Es war wie in einem blubbernden Kochtopf zu sitzen, der immer dann zischte und überkochte, wenn Styles den Mund aufmachte. Es war ein interessanter Abend. ^^ Die Besprechung ist spoilerfrei.

Alice (Florence Pugh) und Jack Chambers (Harry Styles) leben in der idyllischen Siedlung des Victory Projects, irgendwo in der Wüste. Palmen säumen die Straßen, die Ehemänner fahren in ihren pastelligen, blitzblanken Autos zur Arbeit, ihre Frauen winken ihnen aus der Einfahrt heraus zu. Wenn sie abends heimkommen, warten sie auf ihre Männer bereits mit dem Abendessen, in einem süßen Kleid, und vielleicht gibt’s auch Sex. Alles scheint perfekt. Aber ist es? Sie alle sind zu Verschwiegenheit über das Projekt verpflichtet. Trotzdem kann Alice die Frage nicht abschütteln, was Jack wirklich arbeitet und was außerhalb der Stadtgrenze in der Wüste passiert? Als ihre Nachbarin Margaret (KiKi Layne) bei einer der blendend durchinszenierten Poolpartys die falsche Frage stellt, weiß Alice, dass sie mit ihren Zweifeln nicht allein ist.


DON´T WORRY DARLING – Trailer #2 Deutsch German (2022), Warner Bros. DE, Youtube

Olivia Wildes Film nach einem Drehbuch von Katie Silberman, Carey und Shane Van Dyke funktioniert am besten, wenn man so wenig wie möglich weiß. Dann setzt die Neugier und der Spieltrieb ein, ergründen zu wollen, was hinter dem Victory Projekt steckt. Zudem lässt der Film recht bald keine Zweifel daran, was dort nicht passiert. Oder anders ausgedrückt: man kann relativ früh erahnen in welche Richtung es geht und so verfliegt der Zauber des alptraumhaften Don’t Worry Darling relativ früh und weicht dem Bodensatz an Interesse, noch die letzten Details rauszubekommen. Wovon der Film dann massiv profitiert sind die Darsteller. Allen voran trägt Florence Pugh den Film und auch die Suspense. Ebenso wie Chris Pine als Frank, der Gründer des Victory Projekts. Wenn die beiden sich ein Starrduell à la „Wer blinzelt zuerst?“ liefern, dann brennt die Luft. Harry Styles bleibt daneben relativ blass und ich maße mir nicht an über seine Leistung zu fachsimpeln. Seine Rolle ist nicht unwichtig, er hatte aber einfach keine wirklich signifikanten Schlüsselmomente. Auch Olivia Wilde ist hier in ihrer Funktion als Regisseurin noch in einer Nebenrolle zu sehen, in der sie die lustige Nachbarin spielt, die das Victory Projekt lieber nicht hinterfragt und sich stattdessen noch einen Cocktail nimmt. Charmant, dass sie obwohl selbst Darstellerin jemand anderem die Bühne überlässt.

Und die Bühne ist fantastisch, was das Visuelle betrifft. Das 50er Jahre inspirierte Setting des Films inszeniert die klar aufgeteilten Geschlechterrollen in einen sich langsam entwickelnden Albtraum. Zuerst sind da perfekt lackierte Fingernägel, rauschende Partys in durchgestylten Häusern, nicht zu vergessen Palmen und Sand vor strahlend blauem Himmel. Aber auch nicht zu übersehen sind die Plakate des Victory Projekts und Werbesprüche wie „What you see here, let it stay here“. All das perfekte weicht dem Horror im Eigenheim. Alices Visionen beinhalten häufig den Horror im Banalen, das Grauen in den eigenen vier Wänden, zwanghafte Symmetrie und das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und zu ersticken. Metaphorisch meisterlich.

Alices surrealen Albträumen steht dann der Blick hinter die Kulissen des Horrors gegenüber, der dann eher etwas unspektakulär ist. Beginnt alles mit der Realismus suchenden Brille zu hinterfragen, dann raubt man sich allen „Spaß“ an dem Film. Interessanter ist die Moral und Bedeutung hinter all dem Symbolismus zu hinterfragen, der eine gewaltige, feministische Botschaft und Leere über Selbstbestimmung zu Tage fördert. Auch wenn Don’t Worry Darling also etwas zu schnell entschlüsselbar ist, macht Olivia Wildes zweite Regiearbeit (bei einem Langspielfilm) nach Booksmart Spaß. Fast jede dritte Szene hat dank Cinematograph Matthew Libatique und Katie Byrons Szenenbild eine Gesamtästhetik voller denkwürdiger, atemberaubend schöner und manchmal auch erschreckender Bilder.

Don’t Worry Darling, USA, 2022, Olivia Wilde, 123 min, (6/10)

Sternchen-6

Ähm, hat hier irgendjemand style over substance gesagt? 😉 Nein, durch die schauspielerischen Leistungen und die spannende Botschaft möchte ich das dem Film nicht vorwerfen. Worüber wir bei all dem auch absolut nicht reden müssen sind die diversen Skandale rund um den Film, wer wann ausschied, wer mit wem rumgemacht hat. Die Fangirls und Fanboys im Kinosaal wollten darüber auch nicht reden, aber sehr viel über Harrys Haare und überhaupt alles an Harry Styles. In der Reihe hinter uns zeigte man sich gegen Ende außerdem sehr erzürnt und Olivia Wilde hassen sie ja sowieso, weil die ist ja jetzt mit Harry zusammen. Verstanden haben sie den Film nicht – das ist nicht mein Urteil, das haben die Mädels hinter mir in der Reihe gesagt, sehr laut, und sich sehr laut über den Film aufgeregt. Ich glaube was Harry tut oder was andere in dem Film mit Harry tun ist an der Reaktion nicht ganz unschuldig. Unterhaltsam. Habt ihr „Don’t Worry Darling“ gesehen und hat er euch besser gefallen als mir? Wann wart ihr zuletzt mit Leuten im Kino(saal), die deutlich größere Fangirls:boys sind als ihr?

10 Antworten

  1. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Doch, ich finde man kann dem Film schon ein bisschen style over substance vorwerfen. Und ich liebe Florence Pugh in diesem Film. Aber es gibt so viele spannende Aspekte, die der Film leider nur anreißt. Ich bleibe bei dem, was ich in meiner Review schrieb: man hätte den Twist des Films früher offenbaren sollen und daran dann mehr aufzeigen, was es mit Frank auf sich hat, wie das ganze Victory Projekt entstanden ist, wie es um Alice und Frank wirklich bestellt ist… und was Franks Frau damit zu tun hat oder nicht zu tun hat. Da liegt so viel guter Stoff rum und am Ende bleibt das Ganze leider viel zu oberflächlich… was echt schade ist. Gerade auch bei dem Cast.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Deine Review habe ich noch vor mir. Naja – dafür war mir wahrscheinlich noch genug substance da. Alle Motive dienen ja letztendlich der Botschaft der Unterdrückung. Dem Wunsch nach einem Gesellschaftsbild, in dem die Rollen ganz klar verteilt sind. Frauen haben schön zu sein und zu putzen und Männer sind die gefeierten Macher. Würde sich das nicht in den Visionen und Symbolen niederschlagen, dann wäre ich bei dir.

      Aber ja, ein wenig habe ich mich auch geärgert als der Screen schwarz wurde und klar war: da kommt jetzt nix mehr. Ich hätte da gern noch gesehen was das Ende für Wellen schlägt – im Film. Aber das ist wahrscheinlich ganz klar nicht das, was man sich zum Ziel gesetzt hat. Dann wären die technischen Erklärungen des „Victory Projects“ auch etwas intelligenter. Denn so wie gezeigt würde das wohl kaum funktionieren. Halt ein plot device. Junge ist das schwierig zu schreiben ohne derb zu spoilern.

      Dass der Film es sich an vielen Stellen zu einfach macht, habe ich ja oben auch erwähnt. Ob wir uns nächstes Jahr noch an den erinnern werden? Ich höchstens wegen meines Aufeinandertreffens mit einem Kinosaal voller Harry Styles Fangirls..

  2. Zu deiner Frage: als ich in Edinburgh die Muppets-Weihnachtsgeschichte sehen wollte und nicht wusste, dass es sich um eine Kindervorstellung mit Moderation und Animation handelt.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Moderation UND Animation!? Wow. 🙂 Das klingt nach einem … interessanten! Erlebnis.
      Hatte ich noch nicht im Kino. Also Moderation ja, mal bei einem Filmfest. War das dann im Nachhinein ein gutes oder schlechtes Erlebnis?

      1. Sagen wir mal, es hat mir eine peinlich-lustige Erinnerung beschert 😉

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Die Geschichten sind die Besten

  3. Komme gerade aus dem Kino und er hat mir deutlich besser gefallen als erwartet. Florence Pugh fand ich großartig. Fühlte mich gut unterhalten, die Darsteller*innen waren gut, die Story war ok für mich – hab wenig zu meckern. Hatte aber auch keinerlei Harry Styles oder andere Fangirls im Publikum.

    Ich kannte Harry Styles bisher kaum und habe ihn bislang für einen Sänger gehalten. Habe auch sonst wenig von dem ganzen Klatsch drumherum mitbekommen, hätte jetzt aber gerne einen Martini mit Schirmchen und das hübsche Haus – ich liebe den Midcentury Style…

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Beim Martini und dem Haus bin ich bei dir!
      Harry Styles ist ja auch ein Sänger 🙂 War wohl mal bei One Direction und macht jetzt sehr erfolgreich sein eigenes Ding nach dem was ich so mitbekomme. Ich hatte sogar mal einen Song von ihm in der Playlist. Als Fashion-Ikone wird er wegen genderbending wohl auch ziemlich gehyped. Mehr weiß ich aber nicht. Außer die Skandale. Ich musste schließlich rauskriegen, warum die Fangirls gebuht haben, als Olivia Wildes Name am Schluss eingeblendet wurde. ^^

  4. Würde den Film ähnlich einschätzen wie du. Es bleiben wahrscheinlich wenige Szenen wirklich in Erinnerung (mit dem schauspielerischen Höhepunkt des Dinner-Schlagabtauschs zwischen Pugh und Pine) und der Style (nicht Styles ;-)) nimmt meiner Meinung nach doch ab und an Überhand.

  5. […] Menu ist in einem ähnlichen Fahrwasser unterwegs wie Don’t Worry Darling. Beide äußern eine im Grunde starke Kritik, lediglich substance droht zwischen dem style und den […]

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