Offen gestanden: ich war etwas überrascht als angekündigt wurde, dass es eine weitere Staffel von „Black Mirror„ geben würde. Obwohl ich stets ein großer Fan war, hat mir die sechste Staffel nicht gefallen und auch flächendeckend eher negative Kritiken erhalten. Aber offenbar hatte Netflix Vertrauen und hat nicht so vorschnell gecancelt wie sie das in anderen Fällen taten. Immerhin gab es zuvor fünf großartige Staffeln. Und was kann die siebte?
In der Episode Common People verlässt sich eine Frau (Rashida Jones) auf eine hippe neue Technologie, um trotz einer schlimmen Krankheit „normal“ weiterleben zu können. Die kommt aber mit immer mehr Kleingedrucktem, das sie und ihren Ehemann (Chris O’Dowd) zunehmend in die Bredouille bringt. In Bête Noire arbeitet Maria (Siena Kelly) für einen Süßwarenhersteller und wird stutzig als eine ehemalige Klassenkameradin (Rosy McEwen) scheinbar zufällig auch dort anfängt. Und plötzlich läuft nichts mehr für Maria. Um sie herum häufen sich Zufälle, die sie sich nicht erklären kann, aber für alle anderen vollkommen normal wirken.
Hotel Reverie adressiert das Thema KI und Deepfakes, indem darin Filmklassiker mit bekannten Darstellern (Emma Corrin) und einer Darstellerin (Issa Rae) aus der Gegenwart nachgedreht werden soll. Wie so oft bei Black Mirror – es läuft nicht ganz so wie es soll. In Plaything wird ein Mann (Peter Capaldi) festgenommen, der des Mordes bezichtigt wird. Während seines Verhörs erzählt er eine erstaunliche Geschichte rund um ein Videospiel. In Eulogy erfährt ein Mann (Paul Giamatti), dass die Liebe seines Lebens verstorben ist und erinnert sich für einen digitalen Andachts-Service an die Stationen ihres gemeinsamen Lebens bis die Beziehung in die Brüche ging. USS Callister: Into Infinity ist eine Fortsetzung der Episode USS Callister aus der vierten Staffel, in der gezeigt wird wie es den digitalen Klonen an Bord des an die Enterprise angelehnten Schiffs ergeht.
Neugierig geworden? Ja, in Zusammenfassung klingt das wieder alles gut. Aber wie das eben so mit allen Anthologien ist, es gefällt natürlich nicht jede gleichermaßen. Wem was gefällt ist wahrscheinlich so unterschiedlich und individuell wie die Menschen an sich. Allerdings findet Black Mirror schon zu seiner Form vor der sechsten Staffel zurück und bietet einen bunten Strauß an Genres, Stimmungen und visuellen Stilen. Was neben den dystopischen, technischen Aufhängern der Episoden doch das ist, was die Black-Mirror-Formel ausmacht.
Die Episode Eulogy beispielsweise hat bei mir keine Auge trocken gelassen und einen ziemlich coolen visuellen Kniff. Die dort vorgestellte Technik soll es dem Protagonisten erlauben aus Fotos Erinnerungen zu rendern, d.h. als Video für andere Hinterbliebene aufzubereiten. Schöne Idee, mit der auch viel Mist passieren kann. Darum geht es aber nicht. Stattdessen macht hier die Lücke den Aufhänger der Serie aus. Paul Giamattis Charakter hat nämlich aus allen Fotos das Gesicht der Verstorbenen rausgebrannt, -geschnitten oder geschwärzt. So wird das dann auch in den digitalen Foto-Welten gehandhabt, die er durchläuft – mal sieht man da über ihrem Gesicht nur schwarze Kringel. Ansonsten atmet die Episode die Stile vergangener Jahrzehnte und ja natürlich sind wir ganz gespannt, ob wir die Verstorbene noch zu Gesicht bekommen. Es ist eine wunderschöne Episode, die von folgenschweren Missverständnissen und der Hoffnung auf zweite Chancen handelt. Ganz nebenbei ist sie für Paul Giamatti eine schöne Bühne. Er spielt authentisch und brilliant.
Ganz anders Bête Noire, das wie eine Art Mystery-Zickenkrieg anmutet und bis zu einem bestimmten Grad fast etwas von Comedy hat mit den Black-Mirror-eigenen Tendenzen von „Was würde ich in der Situation tun?“ Plaything versprüht auch Retro-Charme und zeichnet gleichzeitig immer mehr das Bild einer großen Verschwörung, was man anfangs vielleicht noch gar nicht erwartet hätte. Nicht ganz so haben mich die anderen Episoden bekommen. Hotel Reverie beispielsweise soll wohl eine Mischung aus Drama und Comedy sein, aber der Comedy-Aspekt zündete bei mir nur in wenigen Szenen. Awkwafina wirkt außerdem verschenkt in der Episode. Was ich ihnen aber hoch anrechne ist die LGBTQ-Repräsentation. Auch die Fortsetzung um die USS Callister hat für mich nicht funktioniert. Zwar trifft sie den Zeitgeist mit ihren irren Tech-Bros und deren Allmachtsfantasien, aber sowohl was deren Atmosphäre als auch Handlung betrifft, ist sie weder Fisch, Fleisch noch Gemüse. Sie versucht zu viel und wirkt zu bemüht. Wäre es nicht witziger gewesen zu zeigen wie sich die digitale Crew durch Subscription-Modellen, Ingame-Achievements, anderen Spieler:innen, Updates, Bugs usw. navigiert?
Das für mich einerseits am meisten enttäuschende, andererseits wohl notwendige ist, dass Technik hier oftmals eine Black Box ist. Während noch jeder mit Subscription-Modellen wie in Common People dargestellt was anzufangen weiß, sind in einer anderen Episode Quantencomputer dann wirklich nur noch ein Begriff, mit dem die Serie um sich wirft und die rätselhaften Geschehnisse erklärt. Faktentreu dargestellt wird hier nichts, nicht mal versucht. Ein bisschen müde macht mich das schon. Aber es ist wohl notwendig, denn niemand will in der Episode einen Vortrag über Quatencomputer oder KI hören, nicht mit technischen Details belastet werden, die für die meisten unverständliches Tech-Gibberish sind. Oder? Trotzdem hinterlässt es bei mir einen faden Beigeschmack. Um beim Quantencomputer Beispiel zu bleiben – die waren nun inzwischen in der Presse und man weiß wie die so aussehen. Warum nicht zeigen? Auch gibt es inzwischen einen gewissen Überhang zu „Knöpfchen am/im Kopf“, die als Auslöser für die moralischen Debakel und Black Box für die technische Umsetzung dienen. Ein bisschen mehr Kreativität und „Körperlichkeit“ der Technik wünsche ich mir schon für die Zukunft. (7/10)

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Besonders der letzte Aspekt interessiert mich sehr: seid ihr zufrieden mit der Darstellung technischer Aspekte in „Black Mirror“? Und davon abgesehen: habt ihr die Staffel gesehen und welche Episoden gefallen euch am besten? Nebenbei gesagt ist es ja inzwischen auch ein Sport die Easter Eggs und Referenzen auf andere Episoden zu finden – da hat die Staffel jede Menge Potential.
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