Endlich mal wieder Anime! Es gibt wahrscheinlich keinen besseren Zeitpunkt als diesen, um meine zwei zuletzt geschauten Anime zu reviewen, da einer davon bald im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wird. ‚Psycho Pass‘ feiert sein Debut Ende Februar auf ProSieben MAXX. Der andere, ‚Yuri!!! on ICE‘, wurde kürzlich sehr gehypt. Beide sind sehr erstklassige Anime, die etwas unterschiedlich sind, sich aber auch an ein erwachsenes Publikum richten und die Bandbreite von Anime ganz gut wiedergeben. Während der eine eine düstere Dystopie schildert, widmet sich der andere mit viel Comedy dem Eiskunstlauf. Sie sind bestens für Anime-Einsteiger geeignet. Nicht zuletzt weil beide keine ewig langen Episodenanzahlen haben. Aber lest selber … Reviews sind selbstverständlich spoilerfrei.
„Psycho-Pass (Anime) — Trailer HD“, via KAZÉ Deutschland (Youtube)
‚Psycho Pass‘ Season 1
Als Psycho Pass wird in der Welt des Anime ein Wert bezeichnet, der die psychische Gesundheit und Stabilität von Menschen angibt. Ermittelt wir er durch das sogenannte Sybil-System, das seine Daten u.a. aus der Überwachung der Bevölkerung generiert. Die Menschen werden regelmäßig gescannt und ihr Psycho Pass bewertet. Falls ein Mensch mit einem bedrohlich schlechten Wert gefunden wird, schalten sich die Behörden ein. Im besten Fall muss man zu einer Therapie. Aber in besonders schlimmen Fällen, werden die Personen gesucht und ggf durch die ausführenden Organe der öffentlichen Sicherheit aufgegriffen oder sogar ausgeschalten. Ein solcher Inspektor der Behörden ist die frisch der Universität entschlüpfte Akane Tsunemori. Sie gehört bald zu einem Team, das auch von Vollstreckern unterstützt wird. Eben jene, die vom System als gefährlich eingestuft wurden, die aber im öffentlichen Sektor unter bestimmten Auflagen arbeiten dürfen. Das System und die Arbeit verlangt ihr aber einiges ab und stellt sie nicht selten vor moralische Fragen. Vor Allem als ihr Team und sie mit Fällen konfrontiert wird, die scheinbar einen tieferen Zusammenhang haben und insbesondere für den Vollstrecker Shinya Kōgami relevant sind.
Man kann zu Beginn des Anime leicht skeptisch werden. Dass irgendein System den Psycho Pass ermittelt und damit über den kompletten Werdegang von Menschen entscheidet ist mehr als schwierig. Selbst die Waffen der Inspektoren wie Akane oder der Vollstrecker werden nur zwischen betäubend oder tödlich umgeschalten, je nachdem ob man einen Menschen mit entsprechend gefährlichem Status fokussiert. Der Psycho Pass eines Menschen kann einen als potentiellen Straftäter brandmarken, noch bevor man sich irgendwas geleistet hat. Klingt nach der idealen Welt, aber bringt Menschen auch in einen schwierigen Abwärtsstrudel. So wird den Menschen ein Pfad vorgegeben. Welche Berufe sie nicht erwägen können beispielsweise. Und dann die Überwachung – irgendwoher muss die Bewertung ja kommen. Und dann das Verunreinigen des Psycho Pass. Wird jemand psychischem Stress ausgesetzt, verschlimmert sich bei vielen automatisch der Wert. Puh. Das ist eine ganze Latte an Dingen, die für die Charaktere im Anime anfangs normal sind, für den Zuschauer aber nicht. Vor Allem da die ersten Episoden eine ungesunde Mischung aus ultra-brutal und naiv-niedlich sind – wie passt denn das zusammen? Das liegt wohl etwas an dem Nesthäkchen Akane. Aber bald offenbart sich, dass der Anime von Anfang an als Dystopie vom feinsten angelegt ist. Die Kritik am Sybil-System wird lauter und die einzelnen Handlungsstränge werden interessanter und schaffen den Spagat zwischen einer offensichtlichen episoden-übergreifenden Handlung. Beurteilt man rein die ersten zwei, drei Episoden, bekommt man den Eindruck, dass Psycho Pass ein Anime ist, der einen naiven Hauptcharakter und eine überdimensional brutale Handlung hat und somit eher gedankenlose Unterhaltung ist, die rohe Gemüter ansprechen soll. Aber die moralische Komplexität der Fragen und Charaktere nimmt stark zu, die Handlung wird vielschichtiger. Obwohl der Anime aus einer der größten Animationsschmieden Japans stammt, nämlich Production I.G (The Vision of Escaflowne, ×××HOLiC, Ghost in the Shell 2: Innocence), konnte er Sparmaßnahmen scheinbar nicht umgehen. Während das erste und letzte Drittel mit hoher Qualität animiert sind, gibt es in der Mitte einen Durchhänger mit ab und zu schiefen Augen, recycelten Standbildern o.Ä. gruseligen Nebeneffekten der Anime-Branche. Ein weiteres kleines Manko: so wirklich glaubwürdig wird es ja nicht erklärt wie der Psycho Pass ermittelt wird. Nichtsdestotrotz ein höllisch guter Anime für Zuschauer, v.A. für die erwachsenen.
(8/10)
„Yuri!!! on ICE Anime – OFFICIAL HD English Trailer“, via Crunchyroll (Youtube)
https://www.youtube.com/watch?v=Gcbnm-vkg4U
‚Yūri!!! On Ice‘ Season 1
Sport-Anime haben schon immer begeistert. Es war Volleyball in Mila Superstar, Basketball bei Slam Dunk, rhythmische Sportgymnastik bei Hikari und Fußball bei Tsubasa oder den Kickers. Wenn sich Leute dem Wettkampf und/oder ihren Träumen hingeben, hart auf Ziele hinarbeiten und von Verletzungen oder Herausforderungen eingeschüchtert werden, dann reißt das einfach die Menschen mit und berührt in uns allen einen gewissen Punkt, egal ob wir Sport mögen oder nicht. Das Thema Sport ist ein enorm populäres unter den zahlreichen Genres, die japanische Animationsserien bedienen. Mehr noch als so ziemlich alle anderen Animationen, siehe hierzu auch Wikipedia. Und nun erfreuen sich die Sport-Anime eines neuen Hypes, u.a. dank des sehr gefeierten Yūri!!! On Ice, der sich um Eiskunstläufer dreht. Der titelgebende Yūri ist Yūri Katsuki, ein japanischer Eiskunstläufer im Herren/Einzel, der gerade erfolgreich seine Laufbahn verbockt hat. Eigentlich ein exzellenter Läufer, versagt er stetig wegen seiner Nervosität bei den großen Wettkämpfen. Als Freunde von ihm ein Video zu Youtube hochladen, in dem er eine Kür seines Idols Victor Nikiforov läuft, passiert etwas unerwartetes. Victor sieht das Video und beschließt Yūris Trainer zu werden. Von da an ist Yūri aber auch der Erzfeind des russischen Newcomers Yuri Plisetsky, der sich ebenso die Unterstützung Victors erhofft hatte.
Yūri!!! On Ice richtet sich deutlich an ein weibliches Publikum und eins, das homoerotische Andeutungen und Seitenhiebe mag. Andererseits ist er kein expliziter Anime, man kann ihn also eher dem Shounen-Ai-Genre zuordnen (Genre, dass sich homosexuellen Beziehungen zwischen Männern widmet, die nicht grafisch explizit dargestellt werden), obwohl es hauptsächlich bei einigen kitschigen Szenen zwischen Trainer und Schützling bleibt und einigen Scherzen. Das macht auch den Charme des Anime aus, der einen großen Comedy-Faktor hat und sehr witzig ist. Ein richtiger Gute-Laune-Anime mit einer gewissen Menge an Fanservice. Die Macher aus dem Studio Mappa wussten offensichtlich was der Zielgruppe gefällt. Eine Ansprache des nackten Victor in den heißen Quellen hier, eine peinliches Handyvideo mit nackter Haut da. Ein weiteres großes Plus ist die Aktualität und Internationalität des Anime. Die Sportler haben Instagram-Accounts und sehen sich Videos auf Youtube an und stammen aus allen möglichen Ländern. Japan, Russland, der Schweiz, Kanada, etc. Einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Erfolg ist aber auch dem Veröffentlichungsmodell zu verdanken. Parallel zur Ausstrahlung in Japan wurde der Anime über Crunchyroll in verschiedensten Ländern per Streaming angeboten und ermöglichte damit auch den jungen Animefans mit eingeschränkten Mitteln den Zugang zu der Erfolgsserie. Es gibt also nicht viel bei dem Anime zu kritisieren. Er ist aktuell, mitreißend, weltoffen, hat sehr herzliche Charaktere und ist über lange Strecken wirklich gut animiert. Leider geht dem Anime was die Qualität betrifft in der Mitte etwas die Puste aus. Die anfangs hochqualitativen und dynamischen Eiskunstlauf-Sequenzen (die wirklich sehr anstrengend zu produzieren sein müssen), verlieren sich in der Mitte in etwas ulkigen, undynamischen Strichmännchen-esquen Figürchen auf dem Eis. Aber das gibt sich. Storytechnisch überzeugt der Anime fast vollständig – lediglich die Motivation der anderen Läufer wirkt etwas zu extrem künstlich oder comedy-mäßig. King JJ? Wirklich? Autsch, das tut weh. An manchen Stellen hätte der Anime aber gern etwas kritischer sein können. Was ist mit Verletzungen? Mit sportlichen Rand-Wichtigkeiten wie dem Ködern von Sponsoren oder miesen Presse-Stimmen? Aber das wäre vielleicht auch etwas zuviel für einen so locker-flockigen, sympathischen Anime. Yūri!!! On Ice unterhält in jedem Fall ausgezeichnet und man wird nicht dümmer, denn man lernt so einiges über Eiskunstlauf, was verdeutlicht wieviel Herzblut in dem Projekt steckt.
(8/10)
Kennt ihr die Anime schon? Und wenn ja, wie haben sie euch gefallen? Ich habe ja bei beiden erwähnt, dass sie eine schöne Animationsqualität haben, aber eben leider meistens nur zu Beginn und gegen Ende der jeweiligen Staffel. Es ist sehr offensichtlich und scheinbar common practice, dass man anfangs gute Qualität präsentiert, um die Zuschauer zu ködern, aber ich störe mich doch zunehmends daran. Geht es euch ähnlich? Oder seht ihr das nicht so eng? Welche Anime der jüngeren Seasons könnt ihr empfehlen? Und kennt ihr vielleicht den Psycho-Pass-Film und könnt mir sagen, ob der sich lohnt?
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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