Eigentlich war der Superhelden-Hype auch bei mir weitestgehend abgeebbt. Filme der Phase III des Marvel Cinematic Universe habe ich schon weitestgehend nicht mehr im Kino, sondern per Leih-DVD geschaut. Auch der Trailer zu „Infinity War“ hat mich nicht nicht abgeholt. Ein Hype-Opfer zu sein mag ich eigentlich nicht: aber in dem Fall hat die große Maschine des Entertainment-Geschäfts gewirkt. Nachdem plötzlich alle um mich herum den Film schauten und darüber sprachen, wollte ich auch. So einfach ist das manchmal. Mit der Vorbereitung hinkte ich hinterher – Black Panther fehlte mir als einziger der MCU-Filme (was aber nicht hinderlich ist, wenn man „Infinity War“ sehen will). Und wie war nun der gehypte Film? Review ist spoilerfrei für „Infinity War“, aber nur bedingt für „Thor: Tag der Entscheidung“ (Thor 3).
Nach den Geschehnissen in Asgard werden die flüchtenden Asen, Thor (Chris Hemsworth), Heimdall (Idris Elba), Loki (Tom Hiddleston) und Bruce Banner/Hulk (Mark Ruffalo) von Thanos (Josh Brolin) und seinen Handlangern überrascht. Die fordern von Thor und Loki den Tesserakt ein, der zweite von insgesamt sechs Infinity-Stein, die Thanos sucht. Die ersten Minuten fordern bereits Opfer und Thanos zieht eine Schneise der Verwüstung nach sich, deren nächstes Ziel u.a. die Erde ist. Dort verbirgt sich in Vision (Paul Bettany) und bei Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) ein weiterer Stein. Bruce Banner schafft es diesen und Tony Stark aka Iron Man (Robert Downey Jr.) vorzuwarnen. Aber Thanos ist schnell und während für die einen die Information zu spät kommt, rüstet man sich an verschiedenen Orten im All für einen Kampf, vor dem sich die Helden seit den Ereignissen vor sechs Jahren, beim ersten Aufeinandertreffen der Avengers, gefürchtet haben. Denn wo der Schrecken von damals herkam, gibt es noch viel mehr.
„Marvel Studios‘ Avengers: Infinity War Official Trailer“, via Marvel Entertainment (Youtube)
Dass der Schauplatz des Schreckens im Grunde das ganze All ist, ruft noch weitere Helden als die irdischen (und asgardischen) Avengers auf den Plan. So treffen in Avengers: Infinity War sowohl die titelgebenden Avengers in erweiterter Besetzung (viele viele Nebencharaktere) als auch die Guardians of the Galaxy aufeinander. Das sorgt dank der Guardians und ihren variablen Moralvorstellungen und Charme für den oftmals nötigen comic relief 🙂 . Ich sage nur: Weltraum-Piraten-Engel. Das erinnert ganz angenehm an den culture clash als die Avengers vor vielen Jahren im ersten Film aufeinandertrafen und sich damit abfinden mussten, dass es einen Thor, einen Captain America und v.A. einen Hulk gibt. So verschafft uns der Film auch die eine oder andere (manchmal schmerzhafte) Hommage: Hulk Smash wird dieses Mal durch Thanos etwas uminterpretiert. Thanos selber ist überhaupt ein gerissener und enorm starker Gegner. Er hat das Label Super Villain verdient, v.A. durch seine Radikalität und seinen moralischen Standpunkt, der Diskussionen auslöst. Er hält es für valide die Bevölkerung eines Planeten auf die Hälfte herunterzudezimieren, sobald die Überbevölkerung das Leben für einzelne schwer macht. So stark er als Ober-Bösewicht sowohl physisch als auch mit seiner Totschlag-Moral agiert, so einfach ist er doch aus Sicht des Storytelling gestrickt. Gegen ihn scheint kein Kraut gewachsen zu sein. Nichts und niemand kann ihm scheinbar das Wasser reichen. Es ist spannend anzusehen, dass die Avengers ordentlich rudern müssen und überraschend, dass die Geschehnisse große Verluste nach sich ziehen – bitter, aber spannend. Das umschreibt den Film ganz gut. Es bricht mit der ungeschriebenen Regel, dass die guten immer siegen. Aber Thanos Überlegenheit wirkt für Zuschauer die hohe Ansprüche an ein Drehbuch stellen letzten Endes doch noch deutlich zu einfach. Auch die Alien-Warfare- bzw. Herr-der-Ringe-Schlachtfeld-Momente wirken wie eine Wiederholung des ersten Avengers-Films. Ein Effekt, den das MCU scheinbar über Jahre nicht abschütteln kann, wenn man an Ultron zurückdenkt.
Lässt man das außen vor, bleiben auch noch einige offene Fragen. Was zum Beispiel hat Thanos die ganze Zeit zwischen dem ersten Avengers-Film und dem dritten gemacht? Wahrscheinlich gechillt und gewartet, dass die Einnahmen aus Phase zwei und drei heranreifen. Tatsächlich liegt (für mich? Vielleicht für euch auch?) der Reiz des Films eher in den unerwarteten Momenten, den komischen und der Mammutaufgabe dermaßen viele Storylines, Entwicklungen von Charakteren und Staff in einem Film zu vereinen. Denn auch wenn Infinity War immer noch sehr einfachen Mustern folgt, ist diese Mammutaufgabe gelungen. Es ist u.a. am Beispiel von Vision, Scarlet Witch (Elizabeth Olsen), Tony Stark und Doctor Strange sogar Charakterentwicklung zu merken, was man bei einer Schlacht von Film mit über 70 Haupt- und Nebencharakteren kaum zu hoffen wagte.
Avengers: Infinity War, USA, 2018, Anthony Russo/Joe Russo, 149 min, (8/10)
Bevor ich es vergesse: ein wunderbarer Nebeneffekt ist, dass Peter Dinklage in dem Film endlich mal der Größte ist, was seine Statur betrifft. 🙂 Es ist ja hinlänglich bekannt, dass Infinity War mit dem vierten Avengers-Film abgeschlossen bzw. fortgesetzt wird. Aber ich frage mich doch sehr, was das für alle MCU-Filme bedeutet, die bis dahin erscheinen. Es wird schwer die Geschehnisse in „Avengers: Infinity War“ zu umschiffen. Es sei denn alle kommenden Veröffentlichungen spielen davor, was für Timeline und Fans unter Umständen wenig attraktiv wird. Soweit ich weiß, betrifft das im Moment aber auch nur „Ant-Man and the Wasp“ und „Captain Marvel “ und in einem Jahr gehts dann weiter mit den Avengers.
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