Serienlandschaft: Mehr Futter für die „Neon Genesis Evangelion“-Obsession

Da ist es. Diese Leere nachdem man eine Serie zu Ende geschaut hat, die zu einer Lieblingsserie wurde. Süße First World Problems. Wir geifern doch alle nach mehr, oder? „Neon Genesis Evangelion“ (NGE) wurde vor mehr als zehn Jahren mein Lieblingsanime. Durch die ausgefeilte Darstellung von Technik, die verletzlichen Charaktere, das Abhandensein von Schmalz und den Mythos, den Regisseur Hideaki Anno und sein Team kreiert haben. Ein Franchise und Gedankengut, dass selbst heute noch nicht erschöpft ist. Vor Kurzem wurde NGE nun Teil der Netflix-Familie – vielleicht hat der Anime euch auch mit dem Fieber angesteckt? Auch ich habe einen Rewatch gemacht und mir dürstet nach mehr. Hier gibt es ein paar Anspielhinweise für Fans – bei denen übrigens auch ich noch was Neues gelernt habe. Übrigens: das ist keine Besprechung der Serie. Die gab es schon mal hier. Spoiler sind trotzdem nicht zu erwarten.

Zur Einstimmung: wie sich Neon Genesis Evangelion „anfühlt“:

„Neon Genesis Evangelion Trailer“, via Convincing Anime Trailers (Youtube)

Die Leute vom Channel „Convincing Anime Trailers“ wissen wie wir auch, dass Anime-Trailer zum Großteil leider Bullsh&% sind. Und haben selber bessere gemacht. Danke.

Alte und neue Filme

Wie sicherlich dem einen oder anderen aufgefallen ist, endet der Anime verhältnismäßig kryptisch. Die Ursache dafür ist eine Mischung aus obsessivem schöpferischem Wirken (looking at you Hideaki Anno), Zeitknappheit, Geldmangel, verschiedenen Interessen und Wirtschaftlichkeit. Nach dem teilweise schwer verständlichen und psychedelischen Serienfinale, das rein im Kopf der Protagonisten spielt, wurden Stimmen nach einem greifbareren Ende laut. Dies bekamen sie mit den 1997 erschienenen Filmen Neon Genesis Evangelion: Death & Rebirth (DoR) und Neon Genesis Evangelion: The End of Evangelion (EoE), die Netflix freundlicherweise auch ins Angebot aufgenommen hat. Wer also ratlos vor dem Ende des Anime steht, kann sich die Filme geben. Anzumerken ist dabei, dass DoR mehr ein geraffter Zusammenschnitt des Anime ist. Der Film enthält zwar einige neue Szenen, die sind aber mehr „stimmungsvoll“ als erkenntnisreich. EoE erzählt dann tatsächlich das Ende – und nicht nur aus Shinjis Innenleben heraus betrachtet. Bei wem im Laufe des Films der Groschen gefallen ist, was da passiert, wird auch realisieren, dass das Ende trotzdem ein anderes ist als im Anime. Zumindest lässt es sich damit aber besser entschlüsseln. Aber Überraschung … das ist noch nicht alles. Es gibt auch noch neue Filme. Jepp. Neue.

„EVANGELION 2.22 HD trailer“, via AnimexNxGames (Youtube)

 

Mit Evangelion: 1.11 – You Are (Not) Alone erschien 2007 der erste von insgesamt vier geplanten Remakes. Die Tetralogie schuf Hideaki Anno mit Studio Khara, da durch CGI inzwischen andere Mittel zur Verfügung stehen und er den Original-Anime selber als alt wahrnahm. Der aufgemotzte Look hat was. Aber ich war mir ehrlich gesagt immer unsicher, ob man den Inhalt ohne Kenntnis der Animeserie versteht. Das ist eine Frage, die andere beantworten müssen. In jedem Fall sind die Filme inhaltlich nochmal anders – eine weitere Version des NGE-Universums. Und ein weiterer Mythos in der langen Produktionsgeschichte Evangelions. Die Abstände zwischen den Filmen wurden nämlich immer länger. Von Teil 1 zu Teil 2 dauerte es zwei Jahre, bis zum dritten Teil dann drei und der vierte ist immer noch nicht draußen. Aber es bewegt sich. Der vierte Film Evangelion: 3.0 + 1.0 wurde für 2020 angekündigt und jüngst gab es eine zehnminütige Preview zu bestaunen, die mal einen für NGE ganz anderen Schritt wagt. Sie verlegt das Franchise scheinbar zum Teil. In der Preview nämlich nach Paris.

„Evangelion 3.0 + 1.0 First 10 minutes preview High Quality Sub ENG (Japan + French Streaming Audio)“, via (Youtube)

 

Das war unerwartet. Obwohl ich selber finde, dass die Rebuild-Filme zuviel mit CGI und Action zugepflastert sind, muss ich gestehen, dass ich jetzt neugierig bin. Und bis 2020 kann man es sogar schaffen die Rebuild-Filme nachzuholen. 😉 (Der beste Teil war für mich übrigens der dritte.)

Warte, was? 37 Timelines?

Eine Sache, die mir über Evangelion nicht so ganz klar war ist, dass es wohl 37 verschiedene Timelines gibt. Der Titel des Youtube-Videos, das Crunchyroll da rausgehauen hat, war schon fast click bait. Aber ganz Unrecht haben sie nicht. Darin wird in einem epischen, fast einstündigen Video erklärt, dass alles mögliche Merch, diverse Manga und Games jeweils eine mehr oder weniger stark abgewandelte Form der Geschichte von „Neon Genesis Evangelion“ erzählen. Und einige davon sind regelrecht hanebüchen. Neben seichten Schulstorys, Spielen in denen man die Apocalypse verhindert oder auch mal als Engel spielt, gibt es auch Dating-Games und Version mit einem netten Gendō, der deutlich glücklicher ist, wenn er sich rasiert. Was? Ja. Seht selbst.

„All 37 Evangelion Timelines Explained“, via Crunchyroll (Youtube)

 

Das Video und der Moderator sind mir nicht nur deswegen sympathisch, weil die Umgebung vor NGE-Anspielungen nur so strotzt (Misatos Wohnung lässt grüßen). Sondern auch, weil ich den Hinweis, dass alle Zeitlinien verbunden sein könnten, beim Verfolgen des Franchise bisher vollkommen ignoriert habe. Beziehungsweise mir die Option gar nicht auffiel. Dass das rote Meer in den Rebuild-Filmen mit viel Interpretationsvermögen aber andeutet, dass sich die Geschichte wiederholt (in der Serie war das Wasser anfangs noch nicht kontaminiert) ist ein Kniff, der die existenziellen Fragen NGEs untermauert. Ich war geflasht. Nebenbei bietet das Video eine Menge Ideen, was man sich vorknöpfen kann, wenn man von NGE (und Shinji) nach all dem immer noch nicht genug hat. Teenage angst galore. Und wem das immer noch nicht reicht, kann sich der Herausforderung von Red Bard stellen:

„Can You Live Entirely Off of Evangelion Merchandise?“, via Red Bard (Youtube)

 

Mein Favorit ist eindeutig der Evangelion Shinkansen. Ich kann aber den üblen Beigeschmack nicht abschütteln, dass von den Einnahmen all dieses Merch kein einziger der kreativen Köpfe profitiert.

Den Vergleich wagen: Nadia

Immer noch nicht genug? Schon alles Merch gekauft und versucht davon zu leben? Alle Filme gesehen? Alle Manga gelesen und 37 Timelines durchdacht? Ok. Ok, ok. Eins habe ich noch: Die Macht des Zaubersteins. Der Anime rund um das mysteriöse Mädchen Nadia, das keinen Hinweis über ihre Eltern oder Herkunft hat, von einem blauen Edelstein mal abgesehen, und den jungen Erfinder Jean entstand vor Neon Genesis Evangelion und wurde auch vom Studio GAINAX und Hideaki Anno produziert. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht an die Geschichte, weil der Anime einst im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Ähnlich wie NGE wird auch Nadia (mein Alternativtitel für den Anime) ab einem gewissen Punkt deutlich düsterer und existenzialistischer. Manche Themen ähneln gar sehr stark den Motiven NGEs wie die Frage nach der Herkunft der Menschen und moralischen Dilemmas wie den Mitteln, die zum Erreichen eines „höheren Ziels“ erlaubt sind. Hui. Man brauch ein bisschen Atem für „Nadia“, weil der Anime echt schlechte Filler-Episoden hat, aber hey, er hat auch Nemo und die Nautilus. Jules Verne lässt grüßen.

„Nadia: The Secret of Blue Water – Opening [HD Remastered]“, via kakihara0 (Youtube)

 

Ich hoffe, dass euch der Artikel den einen oder anderen Ansatz gegeben hat, was ihr mit eurer Freizeit noch anfangen könnt, falls ihr zuviel davon habt. Oder der Hype um Evangelion und Durst nach mehr Material zu groß ist. 🙂 Habt ihr die alten oder neuen Filme gesehen? Wie ist eure Meinung dazu? Kamt ihr beim ersten schauen mit dem Ende der Animeserie klar? Übrigens fällt mir noch was ein … manch einer behauptet, dass der Anime „RahXephon“ das „bessere Evangelion“ wäre. Den Vergleich habe ich noch nicht gewagt. Ihr? Und stimmt es?

Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).

8 Antworten

  1. Puh, na da hast du mir ja was „aufgebürdet“. Wann soll ich das alles nur schauen?

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Jetzt

      1. XD Meine Watchlist wird nie kleiner. Aktuell stecke ich mitten in Stranger Things. Und Love, Death & Robots steht auch noch an. Von den zu lesenden Blogbeirägen ganz zu schweigen *seufz*

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Klarer Fall von too much internet too few time … geht mir auch so

          1. Exakt. Und ich hab noch zu viel nachzuholen und gleichzeitig möchte ich aber viel Zeit draußen verbringen. Geht dir das im Sommer auch immer so, dass du ein regelrecht schlechtes Gewissen bekommst, wenn du einem sonnigen Tag in der Wohnung verbracht hast?

            1. Avatar von Miss Booleana
              Miss Booleana

              Jaaaa so halb und halb. Wenn ich viel „produktives“ machen will, dann nicht. Dann habe ich sogar schlechtes Gewissen zuviel zu unternehmen. Aber manchmal ist es auch andersrum, so wie du beschreibst. Dann bereue ich eben das Gegenteil. Abee der Mix machts …ein bisschen so, ein bisschen so 🙂

  2. Große NGE Liebe <3
    Ich lasse mal ganz viele PenPens da :3

  3. […] Mehr zu Evangelion hier im Blog: Besprechung der ersten drei Rebuild-Filme Besprechung der Serie Mehr Futter für die Evangelion-Obsession […]

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