Neulich im Kino … Filmbesprechung zu „Bombshell – Das Ende des Schweigens“

Eigentlich hätte ich den gern vor der Ausstrahlung der Oscars gesehen, aber es sollte nicht sein. Der deutsche Kinostart lag nach der Verleihung der Academy Awards. Der Film selber hat mich allerdings auch ohne Oscar-Ehren ins Kino gelockt wegen der wahren Begebenheiten auf denen er beruht. Die Besprechung ist spoilerfrei.

Megyn Kelly (Charlize Theron) legt sich mit dem Trump an. Während der Fernsehdebatte der Republikaner vor der Präsidentschaftswahl der USA 2016 sprach sie ihn auf seine mysogynen Tweets und Äußerungen der Vergangenheit an. Sehr zum Missfallen des späteren Präsidenten der USA. Daraufhin schlägt Kelly eine Welle des Hasses entgegen. Anfangs wird sie von ihrem Chef Roger Ailes (John Lithgow), seines Zeichens Chef von Fox News, für ihre herausfordernde Art gelobt. Als aber Kelly weiterhin ins Rampenlicht gezogen wird und sich Trump weiter und weiter negativ äußert, scheint für Ailes die Unterstützung Trumps wichtiger zu sein als der Schutz seiner Mitarbeiterin. Zeitgleich kritisiert Ailes zunehmend die Methoden der Moderatorin Gretchen Carlson (Nicole Kidman), deren feministische Note ihm nicht mehr in sein Senderkonzept zu passen scheint. Carlson hat aber einiges gegen Ailes in der Hand und strebt eine Klage wegen sexueller Belästigung an um ihm spät aber doch die Quittung für Jahre der Erniedrigung auszustellen. Ein langwieriger und schmutziger Prozess, der eventuell für New Hires wie Kayla Pospisil (Margot Robbie) zu spät kommt.

Als Bombshell bezeichnet man eine Sexbombe. Schlank muss sie sein, sexy ist sie. Lange Beine soll sie haben. Das ist der Typ von Ailes. Seine zahlreichen Moderatorinnen tragen gern eng-anliegende Kleider und werden in der Totale gezeigt. Nicht selten an Tischen, die auf die Hüften und langen, sonnengebräunten Beine den Blick freigeben. Seriös? Scheint nicht das zu sein, was Einschaltquoten bringt. Aber Carlson traut sich auszusprechen, was sich bisher keine getraut hat. Dass Ailes sexuell belästigt und seine Mitarbeiterinnen unter Androhen der Kündigung zum Sex nötigt. Carlsons Klage treibt einen Keil in die Belegschaft. Ein Dilemma, dass der Film von verschiedenen Seiten betrachtet. Den Titel finde ich persönlich trotzdem nicht gelungen, auch wenn das Wort Bombshell „bomb“ beinhaltet. Hier kann man schon fast für den überflüssigen deutschen Zusatz zum Titel dankbar sein.


„BOMBSHELL – DAS ENDE DES SCHWEIGENS | Offizieller deutscher Trailer | Ab 13.02.2020 im Kino!“, via Wild Bunch Germany (Youtube)

Einerseits stellt sich jetzt für die betroffenen Kolleginnen erneut die Frage, ob sie ihren Job aufs Spiel setzen, indem sie sich gegen Ailes wenden und als Betroffene melden. Zugunsten der Gerechtigkeit die Hölle erneut durchleben? Andererseits ist es fast unglaublich mit welcher Vehemenz andere Frauen auf ihre Kolleginnen Druck ausüben, um regelrechte Pro-Ailes-Kampagnen zu starten. Wer sich nicht zu ihm bekennt, wird ausgegrenzt, eingekesselt, hat die Blicke und das Gezische auf seiner Seite. So wie Megyn Kelly. An ihrem Beispiel wird aber wiederum demonstriert, welches Bereuen, Bedauern und welcher Druck damit einhergeht sich nicht zu melden. Es gibt als Opfer sexueller Nötigung keinen einfachen Weg.

Jay Roachs Bombshell lebt aber v.A. von der wahren Begebenheit und nicht von filmischer Rafinesse. Es ist ein Tatsachen- und Faktenfilm, der keine Kunstgriffe brauch, aber geschadet hätten sie ihm auch nicht. Zusammen mit den realen Begebenheiten tragen die drei Hauptdarstellerinnen und John Lithgow als fassungsloser Ailes, der sich keiner Schuld bewusst ist, den Film mit ihren Darstellungen. Dabei ist Margot Robbies Kayla ein Mashup aus verschiedenen Betroffenen. Charlize Theron ist in ihrer Maske als Megyn Kelly kaum wiederzuerkennen Nicole Kidman als Gretchen Carlson schon eher. Kein Wunder, dass Kazu Hiro, Anne Morgan und Vivian Baker den Oscar für das beste Make-Up und Hairstyling einheimsen durften. Natürlich macht der Film beklommen aufgrund der Geschichte, die er erzählt. Aber von seinen filmischen Merkmalen wird er eher weniger von sich reden machen, da er abgesehen von den darstellerischen Leistungen und Make-Up keine herausstechenden Merkmale hat. Wenn man sich etwas mehr mit dem Fall „The Women against Roger Ailes“ beschäftigt wird auch schnell klar, dass das Drehbuch nicht mal ansatzweise in die Vollen geht was Ailes widerliche Praktiken betrifft. Der stellenweise semi-dokumentarische Stil ist Geschmackssache. Ein bisschen macht der Film mit der klaren Stellungnahme zu trumpscher Mysogynie wieder gut und der Note, dass man bestimmte Tendenzen nicht nur durch das Entmündigen eines Anzugträgers aus einer Firma herausbekommt. Eine bittere Wahrheit.

Bombshell – Das Ende des Schweigens (OT: Bombshell), USA, 2019, Jay Roach, 110 min, (7/10)

Sternchen-7

An der Stelle muss ich übrigens gestehen, dass ich mehr von Megyn Kellys Aneinandergeraten mit Trump gehört habe als von dem Fall der Frauen gegen Ailes, was irgendwie traurig ist. Das wäre auch in Deutschland mehr Berichterstattung wert gewesen. Kelly und Kolleginnen haben übrigens den Film öffentlich diskutiert und sind dabei u.a. auch darauf eingegangen, dass eine bestimmte Szene victim blaiming wäre und dass deutlich wird, dass ein Mann das Drehbuch geschrieben hat. Dabei fiel mir auch etwas unangenehm auf wie männlich der Produktionsstab ist, habe aber zu wenig Wissen über die Produktion um mir eine Meinung zu bilden, ob ich das als negativ werten sollte oder nicht. Habt ihr den Film gesehen oder den Fall verfolgt? Was sind eure Gedanken dazu?

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