Neulich im Kino … Filmbesprechung zu „The New Mutants“

Das klingt jetzt vielleicht nicht besonders nett, aber ich nur so semi aus Interesse in „The New Mutants“ gegangen. Vorrangig wollte ich mal wieder ins Kino und „The New Mutants“ war zu dem Zeitpunkt das einzige, das lief und mich und meine Begleitung gleichermaßen interessierte. Außerdem hat der Film durch seine bewegte Produktionsgeschichte gewissermaßen ungewollten Ruhm erlangt, der neugierig macht. Besprechung ist natürlich spoilerfrei.

Danielle Moonstar (Blu Hunt) wacht in einer ihr unbekannten Forschungseinrichtung auf – das letzte woran sie sich erinnern kann ist wie ihre Familie vor einem gewalttätigen Monstrum flüchtete. Die Aufseherin und Leiterin des Instituts Dr. Cecilia Reyes (Alice Braga) teilt ihr mit, dass ihre gesamte Familie und Reservat infolge der Katastrophe verstorben sind. Nur Danielle hätte überlebt. Außerdem wäre sie eine X-Men, nur ihre Fähigkeit noch unbekannt. Sie würde zu ihrem eigenen Schutz im Institut bleiben, wo sowohl ihre als auch die Fähigkeit anderer Teenager untersucht wird und man ihnen beibringen würde sie zu kontrollieren. Ähnlich wie in Professor X Schule!? Danielle bleibt, merkt aber auch schnell, dass sie keine andere Wahl hat. Sie und die anderen sind im Institut eingeschlossen. Zusammen mit Rahne (Maisie Williams), Charlie (Sam Guthrie), Ilyana (Anya Taylor-Joy) und Roberto (Henry Zaga) muss sie außerdem schnell feststellen, dass irgendetwas im Institut ihre Ängste und Geheimnisse kennt und sie herausfordert. Mit schwerwiegenden Folgen.


„NEW MUTANTS Trailer German Deutsch (2020) X-Men“, via KinoCheck (Youtube)

Die Konfrontation mit den eigenen, innersten Ängsten fördert im Menschen unterschiedliches zutage. Einerseits vielleicht Heldenhaftigkeit oder doch das schlechteste im Menschen? Diese Theorie wird mit einer Indianerweisheit untermauert, die ich als die Geschichte vom weißen und schwarzen Wolf kenne. Im Film ist es die des weißen und schwarzen Bärs und die Frage welcher von beiden gewinnt lautet: der, den du fütterst. Die Parabel erstreckt sich durch den ganzen Film und war eine Steilvorlage, um sie mit teenage angst zu unterfüttern. D.h. den Unsicherheiten, die besonders junge Erwachsene begleitet. Zugehörigkeitsgefühl, erweckende Sexualität, etc – um mal nur zwei Beispiele zu nennen. All das löst Angst aus, ist aber eher weniger in die Geschichte eingeflossen als die spezifischen Biografien der jungen X-Men. So wurde Rahne beispielsweise als Hexe verschrien, weil sie sich in ein Wolf-Mensch-Mischwesen verwandeln kann. Ihre Angst ist dementsprechend beispielsweise die vor Verfolgung, während auch andere der „Insassen“ Schuldgefühle verbunden mit den eigenen Fähigkeiten mit sich herumtragen.

Mit Das Schicksal ist ein mieser Verräter hat Regisseur Josh Boone Erfahrung gesammelt wie man empathisch die Gefühlswelt von Teenagern auf die Leinwand bringt. Vor Allem in Anbetracht von Sorgen, Ängsten oder allgemein Faktoren, die die „normale Coming-of-Age-Story“ übersteigen. Was das betrifft, hat er in The New Mutants mit den sehr spezifischen Traumata und Background-Storys der jungen Mutanten sicherlich Angriffsfläche, aber doch keinen Platz die auszuarbeiten. Statt Ursachenforschung zu betreiben und bspw. nochmal mit mehr Augenmerk auf Ilyanas Geschichte zu schauen, die offenbar bei Weitem nicht zu Ende erzählt ist, muss die indianische Weisheit als Allheilmittel herhalten. So schließt sich zumindest auf sehr stimmige Weise der Kreis der Erzählung. Alles andere wird nur angerissen.

Was ist das Institut eigentlich? Wie wurden die Jugendlichen gefunden? Selbst was genau das für eine seltsame Kraft ist, die Ilyana hat, wird nur am Rande thematisiert und dem Zuschauer einfach vor die Füße geworfen. Ein klares Zeichen von „viele Köche verderben den Brei“ und dafür, dass hier ganz unterschiedliche Dinge gewollt wurden und das letztendliche Team versucht hat das Ding rund zu kriegen. Wer mehr von der bewegten Produktionsgeschichte erfahren will, denjenigen empfehle ich die Podcast-Episode von Leinwandliebe zu dem Thema. Außerdem hört man da mal Bloggerkollegen bzw einen Bloggerkollegen zur Abwechslung – so richtig mit Audio und so. 🙂

Was ich dem Team hoch anrechne ist der sehr diverse Cast. Die Figuren bestechen durch Diversität wie sie im Inklusions-Handbuch steht. Da werden verschiedene Nationalitäten repräsentiert (Danielle beispielsweise als amerikanische, indigene Ureinwohnerin; wohingegen Ilyana Russin bzw Osteuropäerin ist) und auch verschiedene soziale Schichten („Rich boy“- und „Poor boy“-Trope) sowie auch Diversität in Liebe. Die Anziehung und erste Liebe zwischen Rahne und Danielle wird wunderbar zart dargestellt. Blu Blunt beispielsweise hält hier außerdem auch die Fahne für die Authentizität hoch – sie spielt Danielle und stammt tatsächlich von Lakota ab.

Nun wäre es natürlich schön gewesen, wenn man sich für all diese Geschichten noch ein wenig mehr Zeit nimmt – Charlie beispielsweise hat schmerzhaft wenig screen time. Auch das Verweben der Angst und Gruselelemente gelingt nur teilweise. Rein ästhetisch hat man zudem schmerzhaft wenig aus dem Institut als Schauplatz gemacht. Die Einordnung in den X-Men-Kosmos gelingt wahrscheinlich nur Hardcore-Fans und ein allgemeiner Handlungsfaden, der es mit Professor X und allem anderen verbindet, fehlt nahezu komplett. Zwei, drei Namedroppings sind wenig. Zumal auch noch ein Gastauftritt einer bekannten Figur gestrichen wurde. Das tut weh. Im Großen und Ganzen erinnert der Film angenehm an X-Men: Erste Entscheidung („First Class“) und schafft es seine Botschaft zu vermitteln, aber wenig Tiefe außerhalb dessen zu erzeugen.

The New Mutants, USA, 2020, Josh Boone, 94 min, (5/10)

Sternchen-5

Ihr habt euch sicherlich schon gedacht, dass ich nicht gerade eben im Kino war, schließlich ist Lockdown. Viel mehr war ich ca. zwei Wochen vor dem Lockdown im Kino und sah dann keine Dringlichkeit sofort den Artikel zu veröffentlichen … . Auch mit etwas Abstand betrachtet, bin ich kein riesiger Fan des Films geworden. Habt ihr den zufällig auch gesehen? Wie hat er euch gefallen? Und was habt ihr bei eurem letzten Kinobesuch vor dem Lockdown gesehen?

4 Antworten

  1. Hach…. Kino 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Ja ne …? Es fehlt mir … 🙁

  2. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Ja, schade… ich finde, man merkt dem Film schon an, dass da gutes Potenzial drin steckte, aber durch das ganze Drumherum hinter den Kulissen vieles nicht gut genutzt wurde…

  3. Also ich fand den Film ganz gelungen, vor allem in Anbetracht der chaotischen Produktionsgeschichte.
    https://www.kino.vieraugen.com/kino/the-new-mutants/

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