Neulich im Kino … Filmbesprechung zu „Downton Abbey II: Eine neue Ära“

Kann mich noch gut erinnern wie mir eine liebe Freundin einen Artikel schickte, in dem angekündigt wurde, dass es einen zweiten Downton Abbey Film geben wird. Das war relativ kurz nachdem wir den ersten Downton Abbey Film schauten und ich war nicht besonders aufgeregt. Klar, ich bin ein Riesen Downton Abbey (DA) Fan und der erste Film war … okay! Die Rückkehr nach Downton hat schon was von Feelgood und sogar ein paar Wünsche erfüllt wie es für die ans Herz gewachsenen Charaktere up- und downstairs weitergehen soll. Aber nicht alles war relevant. Macht das nun ein zweiter Film anders? Vor Allem wenn er mit dem Titel „Eine neue Ära“ große Erwartungen schürt? Die Besprechung ist spoilerfrei.

Da schaut die Familie Crawley/Talbot/Pelham/Branson nicht schlecht: Granny Violet (Maggie Smith) hat eine Villa im Süden Frankreich. Die wurde ihr einst von einem Bekannten überschrieben. Nun ist der Bekannte gestorben und dessen Familie stolperte über den kleinen Fakt, dass ihnen die Villa offenbar gar nicht mehr gehört. Sie fechten die Besitzansprüche an. Robert (Hugh Bonneville) und Cora Crawley (Elizabeth McGovern) beschließen die Angelegenheit zu klären und reisen nach Frankreich u.a. samt den frisch vermählten Tom (Allen Leech) und Lucy Branson (Tuppence Middleton), Edith (Laura Carmichael) und ihrem Mann Bertie (Harry Hadden-Paton). Die Flucht in den Süden könnte trotz des schwierigen Anlasses kaum gelegener kommen, denn auf dem Anwesen soll ein Film gedreht werden und nicht alle sind von dem Gedanken begeistert, dass Fremde in ihrem Wohnzimmer ein- und ausgehen. Obwohl einige anfangs dagegen waren, wittert Mary (Michelle Dockery) hier eine Chance. Das Anwesen wird zunehmends marode und die Finanzspritze käme gelegen. Als Cast und Crew anrollen, herrscht eingermaßen Aufregung in Downton.


„DOWNTON ABBEY: A NEW ERA – Official Trailer [HD] – Only in Theaters May 20“, via Focus Features (Youtube)

Beide Parallelhandlungen komplementieren sich tatsächlich sehr gut. Durch die Südfrankreich-Flucht dürfen wir mal unsere Lieblingscharaktere in einem anderen Umfeld beobachten. V.A. Carson (Jim Carter) darf hier für Comic Relief sorgen, da er, na sagen wir mal „very british“ ist. 🙂 Zudem ist Robert sehr interessiert daran herauszufinden in welcher Beziehung seine Mutter Violet zu der Familie in Frankreich steht. Violet selber hält sich vornehm bedeckt. Währenddessen ist die Handlung in und um Downton durch den Bezug zu Film sehr meta. Es ist als ob sich Downton Abbey für seine Filmfortsetzungen teils selber parodiert. In der Rolle des Regisseurs Jack Barber tritt außerdem Hugh Dancy auf und erinnert mich daran wie cool es ist mal Lieblingsdarsteller:innen in einem anderen Lieblingsfranchise zu sehen. Dominic West und Laura Haddock mimen die Hauptdarsteller des Films, den Barber auf Downton drehen will.

Wests Charakter ereckt mit einigen Anspielungen den Eindruck, als ob er Thomas Barrow (Robert James-Collier) besonders interessant findet – oder ist das nur Einbilding? Seine Schauspielkollegin fällt hingegen besonders durch ihr unhöfliches Verhalten auf. Ganz nebenbei zeigt der Film auf angenehme Weise den Wechsel vom Stummfilzeitalter zu Talkies, die Technik die damit einhergeht und die Ängste von Cast und Crew nicht mehr relevant oder gut genug zu sein. Die Handlung hat auch einige Parallelen zu dem wunderbaren Singin’ in the Rain mit Gene Kelly und Debbie Reynolds, in dem sich Darsteller:innen auch am aufkommenden Tonfilm aufreiben. Was Downton Abbey II: Eine neue Ära recht gut, aber nicht exzellent meistert, ist viele Charaktere einzubeziehen, zu entwickeln und eine Storyline zu geben. Zumindest ein bisschen. Denn viel mehr bleibt ja nicht übrig, wenn man das für soviele Charaktere versucht, oder? So scheinen bei all den Bemühungen die beiden Handlungsfäden Südfrankreich und Filming @ Downton zwangsläufig die echten Protagonisten zu sein.

Bei all dem liegt der Fokus unter den Charakteren noch am ehesten auf Violet, Robert und Cora während der Südfrankreich-Episoden. Außerdem viel um Mary und den Filmdreh in Downton. Julian Fellowes ist auch hier wieder für das Drehbuch zuständig und hat sich sichtlich bemüht allen ihre 5 Minuten Ruhm zu geben, aber ja, manches hätte eben noch 5 Minuten mehr verdient. Marys Storyline bekommt zwar Screentime, fühlt sich aber nicht so relevant und etwas stark bemüht an. Matthew Goodes andere Projekte verhinderten, dass er dabei sein kann und so ist Henry Talbot, Marys Mann, sogar noch abwesender als im letzten Film. Da sind manche mit wesentlich weniger Screentime bedachte Handlungen besser und relevanter wie Ediths Rückkehr in den Job als Journalistin oder auch wie sich Joseph Molesley (Kevin Doyle) ans Filmset schleicht, als großer Filmfan outet und in seine persönlichen Weiterentwicklung investiert wird. Gerade letzteres war eins meiner Highlights während des Films, weil es Comic Relief bietet, aber auch Schwierigkeiten damaliger sozialer Klassen aufzeigt. Sehr gefreut habe ich mich auch, dass die Handlung des einzigen queeren Charakters, des Butlers Thomas Barrow, wie auch schon im letzten Film nochmal thematisiert wird. Gerade hier wären aber ein paar Minuten mehr sinnvoll gewesen um vollends Sinn zu ergeben.

Alles in Allem ist der zweite Downton Abbey Film in meinen Augen lohnenswerter als der erste, weil er relevantere und interessantere Storylines schafft, die sich weniger an den Haaren herbeigezogen anfühlen als die des ersten Films. Es gelingt für die Masse an Charakteren gut sie weiterzuentwickeln und immerhin vielen eine Bühne zu geben. Schade ist allerdings, dass beispielsweise Südfrankreichs Potential als Schauplatz nur sehr mäßig eingesetzt wurde und sich auf wenige kurze Szenen beschränkt. Der Rest könnte auch genausogut irgendwo spielen. Ansonsten hat der Film alles was man sich davon erwartet. Lieblingscharaktere, bissige Oneliner, die Heimeligkeit des bekannten und geliebten, ein bisschen Schmerz, aber ein bisschen mehr Happy Ends. Wie immer stellt sich jetzt noch die Frage: kann man den Film auch schauen, wenn man die Serie oder den ersten Film nicht verfolgt hat? Ich behaupte: man kommt rein. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht zuviel Erklärbärsätze für die Auskenner:innen gibt und ausreichend Unterfütterung für die Downton-Newbies. Da aber die Serie inzwischen schon mal auf diversen Streamingplattformen verfügbar ist, kann man Downton wahrscheinlich auch nachholen. Als Kostümdrama, altert die Serie auch vermutlich nicht schlecht. 😉

Downton Abbey II: Eine neue Ära (OT: Downton Abbey: A New Era), UK/USA, 2022, Simon Curtis, 125 min, (8/10)

Sternchen-8

Ein paar Details der Handlung muss ich dann doch nochmal diskutieren – Achtung Spoiler!

Wie ich oben versucht habe zu erklären, gibt es schon einige Handlungen, bei denen mir die paar Minuten Screentime nicht ausgereicht haben, um die Themen zu behandeln. Ediths Ambitionen zum Schreiben … war schon okay, aber hätte man sicherlich noch etwas mehr unterfüttern können. Etwas lieblos wurde anfangs erwähnt, dass Barrows Freund nun heiratet und damit eine Art Scheinleben oder Scheinehe eingeht. Vielleicht wäre es doch besser gewesen das Unhappy End noch in den ersten Film einzubauen, denn die Pläne existierten schon. Das sei mal dahin gestellt. Etwas schwierig finde ich, dass Thomas am Ende dem Angebot des Schauspielers Guy Dexter (Dominic West) folgt sein „Assistent“ zu werden. Dexter macht deutlich, dass das Angebot mehr als das bedeutet. Was mich aber aufreibt ist: er kennt den Kerl doch nur wie lange? Der Dreh sollte wohl einen Monat dauern. Ihre Szenen sind zwar schön aufgebaut, aber sie erscheinen mir relativ wenig. Was, wenn die beiden nicht miteinander auskommen? Was, wenn sich Thomas in eine Abhängigkeitsbeziehung begibt und es dann nicht funktioniert?

Auch wenn es etwas überstürzt wirkt und ich mir nicht sicher wäre, ob man nach so wenigen Interaktionen wissen kann, dass man miteinander klarkommt, ist es vielleicht einfach mein Bias. Klar kann ich mir das schwer vorstellen. Thomas macht im Gespräch mit Mary deutlich, dass es seine beste Aussicht auf ein Leben ist, in dem er sich nicht komplett verneinen und verstecken muss und ein Leben führen könnte, wie er es sich erträumt. Hier macht der Film einen fantastischen Punkt indem er die unfaire Lage von LGBTQ+ Personen der damaligen Zeit aufzeigt. Schließlich leben wir in einer Welt, die zwar auch noch weit davon entfernt ist perfekt zu sein, aber ich stelle die kühne Vermutung auf, dass wir viel viel leichter das Leben führen können, das wir führen wollen als wie hier ein Thomas Barrow. Bisher. Was ich wiederum sehr mochte ist die Szene, in der Dexter downstairs geht und Thomas sucht. An den Reaktionen der anderen Bediensteten sieht man was für ein Tabubruch es für die damalige Zeit ist. Sozusagen das Durchbrechen der „Klassen“. Das fand ich sehr erfrischend.

Wer sich übrigens fragt: „Na wenn du das anfangs so blöd fandest, dass es einen zweiten Film geben wird, warum bist du dann reingegangen?“ Klare Antwort: Es ist halt Downton Abbey! In den Jahren zwischen der Ankündigung und dem ersten Trailer bin ich schon neugierig geworden. Außerdem kann ich doch einfach nicht widerstehen, wenn es die Aussicht auf ein Wiedersehen mit all den lieb gewonnenen Charakteren gibt. Wie hat euch der Film gefallen? Seid ihr Downton Newbies oder wollt es werden? Denkt ihr, dass es einen dritten Film geben sollte und wenn ja, wer und was muss dort passieren? 🙂 Ich denke der Film wäre ein guter Abschluss. Also jetzt wirklich mal. Außerdem möchte ich eigentlich nicht unbedingt sehen wie sich das Aufkeimen des Nationalsozialismus in Europa auf Downton und seine Menschen auswirkt. Das ist einfach ein Fass, bei dem ich denke, dass sie das nicht unbedingt aufmachen müssen. V.A. bei dem Feelgood-Kurs, den die beiden Filme einschlugen.

10 Antworten

  1. Klingt gut – schaue ich mir vielleicht auch noch an 🙂

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Kennst du den ersten oder auch die Serie!? 🙂 Aber wie gesagt … ich denke man kommt auch so rein.

      1. Habe ich alles gesehen! Und letztes Wochenende auch den neuen Film mir angeschaut und ich fand ihn fantastisch!

        1. Avatar von Miss Booleana
          Miss Booleana

          Cool Und … besser als der erste oder gleichauf oder …?

  2. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Bislang noch nichts von Downton Abbey gesehen… aber immerhin spannend zu lesen, dass der Sprung von der Serie zum Film durchaus funktioniert. Haben ja schon einige Serien mal besser und mal schlechter gemacht.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das stimmt allerdings 😀 Und ja, ich war ja anfangs auch sehr skeptisch. Aber die Filme hatten dann durchaus die Chance doch noch das eine oder andere ausstehende Happy End zu bescheren und haben die auch genutzt. Der zweite Film ist dann tatsächlich nochmal besser als der erste. Der war so okay. Macht nix kaputt, ist aber auch nicht der Knaller. Finde es auch mal erfrischend. Auch vom Gedanken her mal wieder in die Atmosphäre einer einstigen Lieblingsserie abzutauchen.

  3. Mir hat der Film sehr gut gefallen, die Idee vom Film im Film hatte was.

    1. Avatar von Miss Booleana
      Miss Booleana

      Das stimmt! Das hat mir auch sehr gefallen. Auch wenn ich den „Film im Film“ nicht spannend genug finde, um ihn schauen zu wollen. 🙂

  4. […] anderes. Ich habe im Mai eher weniger Filme geschaut. Aber immerhin einige im Kino wahrgenommen. Downton Abbey – eine neue Ära hat mir besser gefallen als der erste Film. Everything Everywhere all at once wird sicherlich einer […]

  5. […] Downton Abbey II: Eine neue Ära (für mich) total unerwartet besser als der erste […]

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