Aaaach, es gibt zwei Dinge, die mich an Serien so richtig gut in Fanrage versetzen können. Erstens, persönliche Trigger. So zuletzt gesehen, wenn Serien(schöpfer) beispielsweise meine Heimatregion als versifftes Drogennest darstellen. Oder zweitens Queerbaiting. Aber bei letzterem leide ich ja gern mit. Deswegen dachte ich, dass ich anlässlich des Pride Month mal meine Topliste von Queerbaiting in Serien zusammenstelle. 🙂 Achtung, dieser Beitrag enthält Ironie und Sarkasmus. Aber immerhin keine Spoiler.
Mein Top 5 Queerbaiting
- Destiel (Dean x Castiel, Supernatural)
- Johnlock (John x Sherlock, BBCs Sherlock)
- Supercorp (Lena x Kara, Supergirl)
- SamBucky/Stucky (Sam x Bucky, Steve x Bucky, MCU)
- Geraskier (Geralt x Jaskier, The Witcher)
Ja, natürlich steht Destiel an der Spitze des Queerbaitings für mich. 🙂 Immerhin lief die Chose fünfzehn Jahre lang. Zehn davon mit einem stetigen Anstieg von Destiel-ness. Wie kann ich das ignorieren? Getoppt wurde es mit … achso, ich wollte ja nicht spoilern. Naja, es gibt hier im Blog Artikel über die Ausmaße die das Thema Destiel annahm. Nicht nur bei mir. In der Welt. 😉 Sherlock mit Martin Freeman und Benedict Cumberbatch habe ich ja wiederum hauptsächlich geschaut bevor ich angefangen habe zu bloggen, weswegen sich meine Fanrage über das Queerbaiting da schon wieder gelegt hat. Trotzdem fand ich es sehr lange sehr faszinierend wie hervorragend die Serienschöpfer Bromance und Queerbaiting vereinbar machen. Über Supergirl hingegen habe ich eigentlich nicht das Recht zu reden, schließlich habe ich die Serie nicht gesehen(!). Aber neulich habe ich zufällig alle(!) Supercorp-Clips auf Youtube gesehen. ^^ Und so aus dem Kontext gerissen ist das ausgezeichnetes Queerbaiting zwischen Lena Luthor und Super-Kara. Das Internet bestätigt mich dahingehend. Dann muss es ja so sein, oder? Oder?
supercorp out of context part 1, baebeale, Youtube
John and Sherlock being a couple, Nicole Sonagere, Youtube
Alle Ships, die Bucky bzw den Winter Soldier aus dem MCU betreffen, habe ich mir mal erlaubt zusammenzufassen. Denn der Mäusekonzern hat sich ja letzten Endes nicht getraut Bucky trotz mancher Andeutungen (Tiger Fotos, hallo?) als bisexuell zu labeln. Dann kriegt man die Filme wieder nicht vor konservativem Publikum vermarktet und in China wird wieder alles zensiert, damn. Aber wie versucht wurde die „Bromance“ (=das Queerbaiting) in The Falcon and the Winter Soldier wiederzubeleben war schon ein sehr müder, wenn auch spürbarer Versuch. Mein persönlicher Favorit der letzten zwei, drei Jahre ist aber Geraskier. Vor Allem weil es so hemmungslos offensichtlich ist, dass das kein Ding wird mit Jaskier und Geralt. RIP. Sanft mögen meine Hoffnungen ruhen.
Netflix – Geralt – Bath Scene – The Witcher – Bastards and Burials, The Witcher`s, Youtube
Hier noch ein paar Honourable Mentions. Teenwolf! Teenwolf hat hervorragend mit Queerbaiting gespielt und das inszeniert wie man in dem Video unten sehen kann. Meine Teenwolf-Tage sind aber sehr lange vorbei. Ich habe nicht mal mehr das Ende der Serie verfolgt. „Sterek“ (Stiles x Derek), so der Ship-Name, hat aber definitiv alle Register gezogen. Ein bisschen hin- und hergerissen bin ich mit dem Vorwurf des Queerbaitings in Killing Eve. Die Charaktere bekommen immerhin genug Chancen sich auszuprobieren, ob nun mit- oder ohne einander. Dass es relativ frei von Labels bleibt ist (unironisch gesprochen) okay! Aber vieles an dem sehr langen Hin und Her zwischen Eve und Villanelle channelt tatsächlich auch bei mir den Vorwurf des Baitings. Ob auch des Queerbaitings? Das dann wohl doch nicht.
Dylan O’Brien and Tyler Hoechlin Get Freaky On Boat, DivaliciousChristina, Youtube
Warum das ein Problem ist
Ok, lassen wir die kleinen Rants und spitzfindig-salzigen Bemerkungen. Queerbaiting ist eine Marketingmasche, die sich in der Medienbranche über Jahrzehnte mit verschiedenen Geschmacksrichtungen etabliert hat. Denkbar ist, dass Bromances und Gal Pals der Anfang der Masche waren? Die galten lange als Gag, weil sie irgendetwas implizieren und irgendwie keck oder herzlich wirken sollen. „Haha, wie lustig, die beiden Kumpels verhalten sich fast wie ein Ehepaar“ – so in die Richtung. Irgendwann muss film- und fernsehproduzierenden Unternehmen aufgegangen sein, dass queere Zuschauende und deren Verbündete darin queere Liebesbeziehungen wittern und es ihnen eine Möglichkeit gibt LGBTQ+ Repräsentation anzudeuten, aber sich nie wirklich darauf festlegen zu müssen. Scheinbar ist aus der Annahme heraus, dass Zuschauende queere Protagonist:innen ablehnen, die Angst größer Verlust zu machen. Traurig. Man kann darüber eben sehr viel Gemunkel und Spekulationen finden (s. Video von Bob Wess unter dem Absatz). Aber wer gibt das schon öffentlich zu? Das würde ja bedeuten ein Armutszeugnis einzugestehen. Vielleicht bin ich jetzt zynisch und klinge altklug, aber wir leben eben leider nicht in einer Welt, in der immer die moralische Entscheidung vor die wirtschaftliche gestellt wird. Mindestens da sind wir uns einig, auch wenn wir es bei Queerbaiting nicht immer sind, hm liebe Öffentlichkeit?
Bankruptcy Killed Destiel, Bob Wess, Youtube
Queerbaiting wird vor Allem dadurch ermöglicht den Subtext des Skripts und der Darstellung zweideutig genug darzustellen. Es wäre nicht nötig gewesen Sam und Bucky eine Paartherapie machen zu lassen oder sie auf einer Wiese übereinander rollen zu lassen, nur weil man eine Buddy Comedy machen will. Die Zweideutigkeit findet den Nährboden in der Wahrnehmung, Wünschen und Hoffnungen der Zuschauenden. Aller Zuschauenden. Wer die Aussicht der queeren Beziehung ablehnt, sieht sie nicht. Wer sie befürwortet, bekommt genug Futter, sie zu begründen. Und dann haben wir da zwei aufeinanderprallende Wahrnehmungen und Weltsichten. Infolge dessen Shipping-Wars und Fankriege auf Twitter bis das Blut spritzt, alle heulen und jede Menge Scherben auf dem digitalen Boden liegen. Produzenten, die behaupten, dass Fans sich das alles einbilden, gießen dann das Öl ins Feuer und die Welt brennt. Zumindest ein Teil der Welt. 😉 Wer sich all dessen bewusst ist, könnte ja auf die Leinwand bringen, was auf die Leinwand gehört und einfach mal „ja“ sagen zu beispielsweise bisexueller, homosexueller Repräsentation.
Queerbaiting ist einfach ziemlich kacke, weil es kein klares Bekenntnis zu der queeren Community ist. Es ist eine Masche ist, ein billiger people-pleaser. Und es funktioniert, leider auch immer wieder bei mir. Stellt sich jetzt auf die Frage wieviel ich deswegen auf den Putz haue. In meinen Besprechungen und Artikeln wie diesen? Reichlich. Es ist ein sehr kleiner Akt der Revolte. Ich bin leidenschaftlicher Fan, weswegen mir das manchmal nicht reicht.
Queerbaiting, Fanrage und das Überschreiten der Linie
Queerbaiting gibt es nicht nur in Film und Fernsehen. Die Debatte wird auch auf Personen des öffentlichen Lebens allgemein ausgedehnt (siehe hierzu beispielsweise Queerbaiting in der Popkultur: Die Projektionsflächen taz vom 23.06.21, Queerbaiting: Wie ein Ausdruck sich ins Gegenteil verkehrte Watson vom 09.02.2023). Man könnte sagen, dass sich Queerbaiting leider immer besser verkauft. Soll die Community jetzt als Geldesel verstanden werden? Es ist ein schwieriger Widerspruch, Offenheit zu verteidigen, aber Labels zu fordern. Dessen bin auch ich schuldig. Wenn ich da oben fordere, dass man Destiel ganz offiziell Kanon gemacht hätte, Dean zu einer Bi-Ikone gemacht hätte, dann verlange ich Labels und Outings. Wer bin ich denn das zu verlangen? Vielleicht gibt es die geschickten Zwischenlösungen wie in Killing Eve, in der Labels nicht ausgesprochen, aber Repräsentation trotzdem sichtbar ist. Vielleicht ist mir das sogar die liebste Lösung zwischen offensivem Labeln oder dem scheu bis dreisten „lass sie doch denken was sie wollen“-Ansatzes typischen Queerbaitings.
Letzten Endes müssen wir alle selber entscheiden, wo uns das Marketing von Harry Styles zu gewollt ist oder das Queerbaiting in Film und Fernsehen zu offensiv. Das schöne ist wir können Serien, Studios, Konzernen jederzeit vorwerfen zu flach zu sein. Ich gucke aus Prinzip keine The CW-Serien mehr (u.a. wegen Supernatural, Supergirl, etc.), weil ich weiß, dass mich ihre Masche einfach nur aufregt. Ist das Cancel Culture? Vielleicht. Vielleicht habe ich aber auch einfach gelernt, dass ihre Art Serien zu scripten einfach nicht mein Ding ist. Denn Cancel Culture hält uns auch davon ab darüber zu reden, was besser werden muss.
Aber Labels im echten Leben von echten Personen zu verlangen ist das Überschreiten einer Grenze. Kit Connor wurde Queerbaiting vorgeworfen, weil er in Heartstopper eine queere Person spielt und Leute der Meinung waren, dass er ein Heuchler ist, wenn er sich im echten Leben nicht labelt. So sah er sich gezwungen sich via Twitter als bisexuell zu outen. Ist das fair? Ich denke nicht. (Siehe hierzu auch Warum ist Queerbaiting oft ein missverstandener Begriff? thred vom 21.09.22) Wir können Queerbaiting scheiße finden, aber deswegen müssen wir keine Labels verlangen. Es gibt viele Wege auch abseits der cancel culture zu vermitteln, das Stoffe billiges Marketing anwenden, indem wir zum Beispiel (respektvoll) darüber diskutieren. Vielleicht merken dann Content Creator, Personen des öffentlichen Lebens, Medienschöpfer:innen, das sie das, was sie tun, bewusster und cleverer machen können und müssen.
Top 5 Serien mit queeren Hauptcharakteren, die man stattdessen schauen kann
Zum Abschluss noch eine Liste mit Serien, die den Umgang mit ihren Charakteren besser im Griff haben. Besprechungen sind (soweit vorhanden) verlinkt, wenn ihr wissen wollt, warum die Serien so toll sind. 😉
- Heartstopper Ist er oder ist er nicht? Charlie Spring (Joe Locke) verliebt sich in seinen Mitschüler (Kit Connor).
- Vigil – Tod auf hoher See Eine Polizistin ermittelt einen brisanten Mordfall an Bord eines U-Boots. Ihre Ex ermittelt an Land.
- Schitt’s Creek Feelgood-Serie um eine reiche Familie, die in mittellos in einer ländlichen Gegend neu anfangen muss. Lahmer Anfang, aber spätestens ab der dritten Staffel eine großartige Feelgood-Serie mit einem Happy-End für ihre queeren Protagonisten.
- Killing Eve Ermittlerin verliebt sich in eine Auftragsmörderin – oder ist es nur der Thrill, der Eve anzieht?
- Yellowjackets Die Serie handelt von einer Gruppe von Teenagern, die nach einem Flugzeugabsturz in der Wildnis überleben muss – und ihrem Leben zwanzig Jahre später.
Bei welchem offensichtlichen Queerbaiting stehen euch die Haare zu Berge? Wo steht ihr was die Marketingmasche betrifft? Hooked, aber auch verärgert? Nur hooked? Oder nehmt ihr das ganz anders wahr? Welche Serien empfehlt ihr, die viel besser mit dem will „they won’t they“, queeren Charakteren oder Bromance/Gal Pals umgehen?
Immer zwischen dem 5. und 10. eines jeden Monats mache ich einen kleinen Ausflug in die Serienlandschaft. Ob aktuelle Serien, all-time-favorites, irgendeine TOP-5 oder einfach ein paar zerstreute Gedanken: es ist alles dabei :).
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