Vielleicht geht es ja nur mir so, aber ich habe das Gefühl dieses Jahr brauchen wir ein bisschen Fest der Liebe, Frieden, Besinnlichkeit … eben Weihnachten. Zumindest ist es das was ich damit verbinde. Joy to the world. Have a merry little christmas. Heimkommen und so. Sicherlich – es gibt einige Leute, die sagen jetzt: Ich brauch dieses Kommerzfest nicht. Und wieder andere sagen: das hat was mit Religion zutun, aber ich nicht und deswegen lehne ich es ab. Und irgendwo sitzt bestimmt einer der sagt: ich kann immer besinnlich sein und mit meinen Lieben zusammensein, wenn ich will, dafür brauche ich Weihnachten nicht. Es gibt ‚zig Meinungen da draußen. Fakt ist aber: manchmal brauch es dieses Datum im Kalender, um uns einfach daran zu erinnern, das wir besinnlich sein können. Ich brauch Kommerz auch nicht. Aber ich brauche die Lichter in den Fenstern, die Stille auf den Straßen zu Weihnachten und dass alle mal zur Ruhe kommen und über den Tellerrand denken. Und ja, ich bin der festen Überzeugung, dass das alles nur wegen dieses Datums im Kalender möglich ist. Und wenn es das nicht gäbe, gäbe es auch nie dieses zur Ruhe kommen. Und wenn wir so die Nachrichten anschalten und zurückblicken was 2015 alles gewesen ist, dann brauchen wir dieses Datum im Kalender alle besonders. Das ist der zweite 7éme-art-Artikel mit Weihnachtsfilmen, schaut auch gerne in den ersten rein, der 2013 im Blog erschienen ist.
Ist das Leben nicht schön? (1946)
Am Weihnachtsabend beten viele Menschen aus dem beschaulichen Örtchen Bedford Falls für einen gewissen George Bailey und irgendwo ganz weit draußen am Sternenhimmel werden ein paar Stimmen wach und erhören die Gebete. Dieser George Bailey hat seinen Lebensmut verloren und sie schicken einen Engel, um das schlimmste zu verhindern. Der etwas tollpatschige und wunderliche Clarence (Henry Travers) soll es richten und wirft zuvor einen Blick auf das Leben von George Bailey. Der hat seit frühester Kindheit andere Menschen wortwörtlich gerettet, sich selbst aufgeopfert und seine eigenen Pläne und Wünsche für das Wohl anderer hinten angestellt. Man kann auch sagen, dass manchmal ein bisschen Pech dazukam. Als an einem Weihnachtsabend alles zusammen kommt und das Leben George Bailey (James Stewart) letztendlich zermürbt hat, wünscht er sich, er wäre nie geboren. Just in diesem Moment trifft er auf einen gewissen Clarence, der verrücktes Zeug redet und ihm mal zeigt wie es in Bedford Falls wäre, wenn George Bailey nie geboren worden wäre.
Kaum zu glauben, aber ich habe den Film tatsächlich erst gestern gesehen. Warum ich ihn solange nicht auf dem Radar hatte, kann ich euch nicht sagen. Auf jeden Fall war ich sehr überrascht von der Machart des Films. Dass die Stimmen aus dem Off (die Engel) erstmal George Baileys Leben auseinandernehmen und zurückblicken und man dann erst zum eigentlichen Konflikt kommt, erscheint mir wie eine recht moderne Erzählform. Auch der Witz des Films und aller Beteiligten ist herrlich spontan und sorgt dafür, dass der Film alles andere als bedrückend ist. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass man einen so fein platzierten, kurzen, pointierten Witz in heutigen Filmen kaum findet und das ist sehr schade. Alle Beteiligten liefern ein schönes Spiel ab und Henry Travers als Clarence, der immer davon redet, dass er sich jetzt seine Flügeln verdienen will und auf andere wie ein Geisteskranker wirkt, macht unheimlich viel Spaß. V.A. wenn er in der Bar einen Glühwein mit ein bisschen Zimt und Nelken bestellt und der Barkeeper ihn am liebsten auffressen will. Ebenso ist es mit Patrick Stewart, der die unterschiedlichen Lebensabschnitte von Bailey punktgenau rüberbringt. Den jungen, energischen Mann mit großen Plänen, der durch einen Schicksalsschlag gezwungen ist alles anders zu machen. Der Mann, der unpopuläre Entscheidungen treffen muss, aber das beste daraus macht. Der mürrische, der auf sein Leben zurückblickt und sich bewusst wird, das nicht alles so gut lief. Und dann den Mann, den das Leben kaputt gespielt hat, der Frau und Kinder anblafft. Und dann … seht selbst. Das einzige, was ich an dem Film nicht so ganz gelungen finde ist die Lauflänge. Ca. eineinhalb Stunden schauen wir uns das Leben Baileys an, erst dann tritt Clarence in Erscheinung und ich empfand den ersten Teil tatsächlich einen Tick zu lang. Aber nichtsdestotrotz: ein wunderschöner Film.
Ist das Leben nicht schön?, USA, 1946, Frank Capra, 125min, (9/10)
Das Wunder von Manhattan (1947)
Skandal auf der alljährlichen Thanksgiving-Parade von Macys: das Aushängeschild, der Weihnachtsmann, ist betrunken und kann sich kaum auf den Beinen halten. Die Organisatorin Doris Walker (Maureen O’Hara) sucht händeringend nach einem Ausweg. Da kommt ihr der gutmütige alte Herr (Edmund Gwenn) ganz recht, der den Trunkenbold entlarvt hat. Sie engagiert ihn, kein Wunder — er sieht auch aus wie der Weihnachtsmann höchstpersönlich. Und die Kinder lieben ihn, auch als er später den Kaufhaus-Weihnachtsmann bei Macys gibt. Als sie aber bemerkt, dass er sich wirklich für den einen, einzigen Weihnachtsmann hält, sich Kris Kringle (in der deutschen Synchro Christ Kindl) nennt und seinen Wohnort mit Nordpol angibt, wittert sie Ärger. Noch schwieriger ist es aber für sie, dass ihre Tochter Susan (Natalie Wood) durch Kris wieder beginnt an den Weihnachtsmann zu glauben. Doris glaubt an die Wahrheit und nich an Märchen und möchte das auch an ihre Tochter weitergeben. Als aber publik wird, dass sich Kris für den echten Weihnachtsmann hält, nimmt ein Skandal seinen Lauf. Ist es möglich? Kann er der Weihnachtsmann sein oder ist Kris ein liebenswürdiger Spinner?
Wie vermutlich die meisten da draußen habe ich zuerst die Neuverfilmung aus dem Jahr 1994 kennengelernt und geliebt. Aber das Original hat einen ganz eigenen Charme, auch wenn der Hauptteil der Handlung relativ ähnlich verläuft. So ist der Film von 1947 wesentlich bodenständiger und etwas weniger verkitscht und nimmt sich an manchen Stellen weniger ernst. Beispielsweise wenn es darum geht Susan mal etwas Fantasie beizubringen und Kris Kringle mit ihr übt wie man Tiere nachäfft oder sich Kris seinen Bart ganz wunderbar mit einem von Susans Kaugummis verklebt. Die Liebesgeschichte zwischen Doris Walker und ihrem Nachbarn Fred Gailey steht weniger im Vordergrund und wird weitaus weniger dramatisch inszeniert. Kleine Bemerkung am Rande (Achtung Ironie): beobachtet mal wie unglaublich liebevoll und mütterlich Doris mit Susan in dieser Version umgeht. Wahrscheinlich der einzige Widerspruch zur Aussage des Films — das war wohl damals einfach so. 😉 Die Auflösung und finale Beweisführung vor Gericht finde ich im Original wesentlich gelungener und schlüssiger. Somit ist auch das Original ein Film, der ans Herz geht und weniger verkitscht den Gedanken des Wehnachtsfestes lehrt und als Botschaft mit auf den Weg gibt, dass es gut ist an etwas zu glauben. Was, dass muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber ich muss sagen — ich liebe sie beide. Das Original und die Neuverfilmung.
Das Wunder von Manhattan, USA, 1947, George Seaton, 92min, (9/10)
Kevin – Allein in New York (1992)
Sein Kind einmal Weihnachten zu vergessen ist die eine Sache. Aber ein zweites Mal …? Im ersten Film Kevin – allein zu Haus, wurde Kevin McCallister (Macaulay Culkin) wenigstens einfach nur zuhause vergessen, während die Familie über die Feiertage wegfuhr. Im heimischen Umfeld musste er sich dann gegen Einbrecher wehren und mit Waschmaschinen kämpfen. Sehr zur Freude der Zuschauer. Wer hat als Kind nicht davon geträumt alles tun zu können, was man will? Im zweiten Teil nun verliert sich die Familie auf dem Flughafen und Kevin fliegt aus Versehen nach New York, während der Rest der Familie in Florida landet, wo sie eigentlich alle zusammen Weihnachten verbringen wollten. Selbstredend, dass sich seine Mutter für die schlechteste Mutter der Welt hält. Aber auch dieses Mal schlägt sich Kevin irgendwie durch. Dank Kreditkarte hat er bald ein Hotelzimmer und hält diesmal noch mehr Leute auf Trab und muss irgendwie in der großen Stadt klarkommen.
Das Erfolsgrezept geht weiter. Das lautet nämlich: der freche Junge, der seine Familie ärgert wo es nur geht und der plötzlich auf sich alleine gestellt ist und beide Seiten merken wie sehr sie den anderen vermissen. Dabei muss sich Kevin wieder gegen die Einbrecher wehren und allerlei Leute, die nicht wissen sollen, dass er im Moment elternlos ist. Schlau mogelt er sich durch alle Situationen, bastelt Fallen für seine Verfolger und macht Bekanntschaft mit einer Obdachlosen, vor der er sich anfangs fürchtet wie vor seinem Nachbarn im ersten Teil. Und auch hier wird er merken, dass es manchmal nicht so ist wie es scheint. Bewährtes Rezept. Beim zweiten Teil funktioniert es noch. Man spürt zwar deutlich, dass die Geschichte mächtig aufgewärmt ist und dem Schema des ersten Teils 1:1 folgt, aber noch ist es witzig. Kaum zu glauben, dass es insgesamt 5 der Home Alone – Filme und einige Nachahmer gibt. Für Macaulay Culkin wars das übrigens, Kevin allein in New York ist sein letzter Auftritt als Kevin, obwohl es im vierten Teil der Reihe wieder um die Figur geht. Allerdings dann mit einem anderen Darsteller. Kevin allein in New York ist ein schöner Weihnachtsfilm für die ganze Familie, der mich sehr an meine Kindheit erinnert. Nicht, weil ich Weihnachten irgendwo vergessen wurde 😉 , sondern weil ich Kevins Abenteuer in der großen Stadt und zuhause sehr gern gesehen habe. Gewitztheit und ein bisschen Besinnlichkeit gehen hier ganz gut Hand in Hand. Nur wie das eben so mit zweiten Teilen ist, fragt man sich ein wenig wo die Lernkurve war, nachdem Kevin das Weihnachten zuvor schon Mal vergessen wurde. Ist Kevin netter geworden? Und seine Familie weniger chaotisch? Eigentlich nicht. Dazugelernt hat irgendwie keiner. Naja … und die Gags sind auch dieselben.
Kevin – Allein in New York, USA, 1992, Chris Columbus, 120min, (6/10)
A Christmas Carol – Die Nacht vor Weihnachten (aka „A Christmas Carol – Die drei Weihnachtsgeister“) (1999)
Charles Dickens Die Weihnachtsgeschichte (A Christmas Carol) wurde schon so oft verfilmt. Ob als normaler Spielfilm in klassischer Manier so wie der hier vorgestellte mit Patrick Stewart oder auch als moderne Variante mit Bill Murray, als Zeichentrick, als 3D-Animation, mit Dagobert Duck, mit den Muppets … quasi alles da. Aufgrund der zahlreichen Variationen und Interpretationen finde ich es gerade schön eine Kostümdrama-Variante davon zu sehen, die strikt dem Buch folgt. Und Patrick Stewart gibt den Scrooge mit soviel Inbrunst und so überzeugend, dass ich alle anderen Scrooge-Personifikationen direkt vergesse. Für alle, die doch nicht so recht wissen wovon die Rede ist: Der Unternehmer Ebenezer Scrooge (Patrick Stewart) ist ein Geizhals und alles andere als ein Wohltäter. Sein ehemaliger Geschäftspartner Marley (Bernard Lloyd) war sein einziger Freund, aber der ist schon längst tot. Eines Nachts bekommt er Besuch von Marley – oder vielmehr von seiner gequälten Seele. Er will, dass Scrooge geläutert wird und kündigt ihm den Besuch drei weiterer Geister an. Und so begegnet Scrooge auch in dieser Version des Weihnachtsklassikers dem Geist der vergangenen, gegenwärtigen und künftigen Weihnacht und blickt zurück auf sein eigenes Leben, das der Menschen um ihn herum und was ihn in Zukunft erwartet, wenn er weitermacht wie bisher. Ich liebe Dickens Die Weihnachtsgeschichte sehr und kann euch sagen, dass sich die Umsetzung hier peinlich genau an die literarische Vorlage hält. Inklusive des Wortlauts der Dialoge. So sieht man Szenen, die in anderen Umsetzungen ganz fehlen wie Marleys Beerdigung. Das große Plus: eine runde Geschichte mit tollen Kostümen und Kulissen und überzeugenden Darstellern bei denen lediglich die Effekte nicht mehr ganz überzeugen können. Der Nachteil: so manche Reaktion wirkt etwas überspannt und gestelzt. Fraglich wo dafür die Ursache zu suchen ist: möglicherweise die synchro. Aber alles in allem ist es für mich die überzeugendste, originalgetreue, klassische Verfilmung, obwohl es ’nur‘ ein Fernsehfilm ist und nie die Kinos gesehen hat. Patrick Stewart als geläuterter Scrooge, der sich öffnet, macht sehr viel Spaß.
A Christmas Carol – Die Nacht vor Weihnachten, USA, 1999, David Hugh Jones, 95min, (8/10)
Der Grinch (2000)
Die Whos aus Whoville feiern fröhlich, bunt und mit viel Pomp und Geschenken ihr Weihnachtsfest, während ein grünes, pelziges Wesen garstig vom Mount Crumpit auf sie herabschaut. Es ist der Grinch (Jim Carrey). Und er will der Freude ein Ende machen, spielt ihnen ständig Streiche. Vor Allem Weihnachten will er ihnen so richtig vermiesen und sabotiert nach und nach das Weihnachtsfest. Die kleine Cindy Lou (Taylor Momsen) sieht die Weihnachtsfeier in Whoville ebenfalls kritisch. Ist das nicht alles etwas zuviel? Vergessen sie nicht, worum es bei dem Fest wirklich geht? Sie erfährt von dem Grinch und warum er so ist wie er ist und will ihn dazu bringen mit ihnen allen friedlich ein beschauliches Weihnachten zu feiern. Ungefähr da beschließt der Grinch ihnen Weihnachten kurzerhand … zu stehlen.
Ich verstehe die Begeisterung für Dr. Seuss Geschichten absolut, obwohl ich lange Zeit überhaupt nichts von ihm kannte. Erst nach und nach habe ich immer mal ein, zwei Geschichten von ihm kennen gelernt. Er ist wohl nicht so recht über den Ozean geschwappt? Seine Geschichten sind wunderbar menschlich. Wofür ich aber nicht so ganz viel Begeisterung aufbringen kann ist die Ron Howardsche Verfilmung, die für mich wie eine knallbunte, überdrehte Karikatur wirkt. Möglich, dass das im Sinne von Dr. Seuss‘ Geschichte ist. Die Whoville-people sind schon recht speziell. Und ich meine ja nur … so weit weg vom Krampus ist dieser Grinch auch nicht. So rein optisch auch. Aber der Grad der Gemeinheit und Hinterlistigkeit, die hier gezeigt wird ist etwas überproportional zu dem Leid des Grinchs. Heißt: sie haben zuviel Mühe darin investiert ihn fies wirken zu lassen. Das Fratzenziehen und die Mimik schreit förmlich nach Jim Carrey, ist mir aber ein touch too much. Gegen Ende hat mich die Geschichte dann doch noch ein wenig gekriegt, auch v.A. wegen der Vergangenheit des Grinchs und der tragikomischen Geschichte und eigentlich ganz schönen Botschaft. Aber es wird wohl nie mein Lieblingsweihnachtsfilm werden oder die Art Klassiker, die wohl in den USA der Grinch-Zeichentrickfilm ist. Vielleicht stattdessen lieber den schauen, ich werde es auf jeden Fall mal nachholen.
Der Grinch, USA, 2000, Ron Howard, 101min, (5/10)
Tokyo Godfathers (2003)
Man hat ja schon von Western gehört, die sich bei asiatischen Filmen Inspiration holen. So beispielsweise Die glorreichen Sieben bei Die Sieben Samurai. Beim Anime des leider viel zu jung verstorbenen Regiesseurs Satoshi Kon (Perfect Blue, Millennium Actress) ist es mal andersrum. Sein 88-minütiger Film basiert auf dem John-Ford-Western Three Godfathers, hierzulande bekannt als Spuren im Sand. Darin fühlen sich drei Viehdiebe verantwortlich für ein Neugeborenes, dessen Mutter gerade gestorben ist. In Tokyo Godfathers sind es drei Obdachlose, die im Müll ein Baby finden. Sie beschließen sich um das Kind zu kümmern und die Eltern zu suchen. Die einzigen Hinweise: eine Notiz, gut auf die Kleine aufzupassen und ein Yakuza. Während dieses Abenteuers in den Parks, Straßen und vergessenen Ecken Tokios erfährt der Zuschauer mehr über die Drei und warum sie auf der Straße leben: die junge Ausreißerin Miyuki, die Transsexuelle Hana und Gin, der seinen Kummer im Alkohol ertränkt.
Tokyo Godfathers ist nicht die fröhlichste Weihnachtsgeschichte und unser Trio sind Antihelden par excellence. Sie sind alle vor etwas in ihrem Leben davongerannt und stellen sich ihren Dämonen eher nicht. Sie sind trotzig und dickköpfig und liebenswert menschlich und prügeln sich auch mal. Wo wir oft zu Weihnachten eher Bilder von gedeckten, reichen Weihnachtstafeln, geschmückten Tannenbäumen und Geschenken sehen, macht Satoshi Kon einen Ausflug zu denen, die nichts haben und die mehr oder weniger freiwillig irgendwann aufgegeben haben. Ein krasser Kontrast, der zeigt wie schwer das Leben auf der Straße ist, aber die Obdachlosen als Menschen mit einer Geschichte zeigt, die von irgendetwas aus der Bahn geworfen wurden. Mit anderen Worten: ihr Schicksal ist uns nicht so fern wie wir glauben. Dabei begeistert Satoshi Kons realistischer Stil. Das ab und zu etwas schwermütige Thema versucht er mit viel Slapstick aufzuhellen, was größtenteils gelingt, manchmal aber wie ein touch too much wirkt. Ich sage nur: Gesichtsfasching. Cinematografie und Schnitt bieten vielleicht nicht soviele außergewöhnliche Beispiele für sein Know-How wie seine anderen Werke, sind aber immer noch großes Kino. Und gegen Ende des Films gibt es vielleicht Erlösung für die Tokyo Godfathers.
Tokyo Godfathers, Japan, 2003, Satoshi Kon, 88min, (8/10)
Verrückte Weihnachten (2004)
Luther (Tim Allen) und Nora Krank (Jamie Lee-Curtis) sind für ihr perfektes Weihnachtsfest bekannt. Perfekte Beleuchtung, tolle Party, wunderbarer Weihnachtsbraten. Friede, Freude Eierkuchen. Als Tochter Blair (Julie Gonzalo) aber wegen eines Auslandsaufenthalts nicht zuhause Weihnachten feiern kann, will insbesondere Luther ausbrechen und statt des üblichen Weihnachtszirkus‘ eine Reise machen. Weihnachten ausfallen lassen? Für seine Nachbarn undenkbar. Und wehe jemand zieht nicht mit. Während die Reisevorbereitungen voranschreiten und regelmäßig sabotiert werden, ereilt die Familie kurz vor der Angst noch eine Nachricht: Blair kommt überraschend doch noch nach Hause. Schaffen sie es noch das Fest vorzubreiten?
Es gibt so Filme, bei denen kann man sich selber kaum entscheiden, ob man sie jetzt gut oder schlecht findet. So einer ist Verrückte Weihnachten. Auf der einen Seite ist der Film eine nette Abrechnung mit dem Weihnachtstrubel, fast eine Satire, auf der anderen Seite v.A. gegen Ende hin dann doch noch ein schöner Familienfilm, der im Abgang dann den Kitsch streift. Der Abgesang auf typische gesellschaftliche Zwänge („Wann findet eure legendäre Weihnachtsparty statt!?“) mag viele ansprechen, die Weihnachten überdrüssig sind und damit noch nie so recht was anfangen konnten. Ich bin da eher so gepolt: lass es halt einfach sein. Feier das Weihnachten, was du feiern möchtest. Und wenn du mit Weihnachten und der ganzen Nächstenliebe-Sache gar nichts anfangen kannst: dann fahr doch einfach in den Urlaub. Deswegen kann mir die Familie Krank gar nicht so recht leid tun und die Nachbarn finde ich verrückt. Der Tim-Allensche Humor über Sonnenstudio- und Botox-Missgeschicke funktioniert bei mir auch nicht so recht. Als ich später erfahren habe, dass der Film auf dem Roman Das Fest von John Grisham basiert, wollte das nicht so recht in meinen Kopf. Ist das Buch genauso? Läuft dort Mrs Krank auch einem wegrollenden Weihnachtsbraten hinterher? Kann ich mir nicht so recht vorstellen. Auch dass die Familie ihrer Tochter vorgaukelt, dass sie Weihnachten wie jedes Jahr feiern und das Drama extra für sie inszenieren: hat nicht soviel mit dem Fest der Liebe zutun, wenn soviel gelogen wird, oder? Andererseits hat der Film gegen Ende eine sehr menschliche Botschaft, ob ich die Familie Krank nun mag oder nicht.
Verrückte Weihnachten, USA, 2004, Joe Roth, 98min, (6/10)
Welche Weihnachtsfilme schaut ihr am liebsten? Und gibt es welche, die eurer Meinung nach das Thema verfehlt haben? Welche Filme, die eigentlich keine klassischen Weihnachtsfilme sind, schaut ihr trotzdem jedes Jahr zum Fest? Aschenbrödel? Das letzte Einhorn? 😉 Ansonsten möchte ich diesen Artikel nochmal mit einem Zitat abschließen, was ganz gut wiedergibt, was ich im Weihnachtsfest sehe und warum ich diese Zeit des Jahres wichtig finde.
„Ich bin nicht nur eine wunderliche Gestalt die einen hübschen Anzug trägt und sich eines fröhlichen Gebarens befleißigt, verstehen Sie, ich bin ein Symbol, ein Symbol der menschlichen Fähigkeit durch die es möglich wird sich frei zu machen von Selbstsucht und hasserfüllten Neigungen, die den größten Teil unseres Lebens bestimmen. Und wenn Sie überhaupt nichts allein durch Glauben anerkennen, dann sind Sie verurteilt zu einem Leben, das von Zweifeln beherrscht wird.“ (‚Kris Kringle‘ aus: ‚Das Wunder von Manhattan‘, 1994)
„7ème art“ (Sprich: septième art) heißt „siebte Kunst“. Gemäß der Klassifikation der Künste handelt es sich hierbei um das Kino. In dieser Kategorie meines Blogs widme ich mich also Filmen – evtl. dehne ich den Begriff dabei etwas. Regulär stelle ich zwischen dem 1. und 5. jeden Monats jeweils 7 Filme in kurzen Reviews vor.
Schreibe einen Kommentar